Nr. 231

Donnerstag, 4. Oktober 1934

108. Jahrgang

elelllcli alter

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Sie kirGilhe Neuordnung iu Württemberg

Berlin, 3. Oktober.

Durch Kirchengesetz vom 28. September hat das geistliche Ministerium der Deutschen evangelischen Kirche einige Organe der Lan­deskirche Württemberg umgebildet, wie dies auch bei den Eingliederungen der übrigen Landeskirchen erfolgte.

Der Landeskirchentag wird umgebildet in die L a n d e s s y n o d e, die aus dem Lan­desbischof als Präsidenten, 18 Mitgliedern ! und einem Vertreter der theologischen Fa­kultät der Universität Tübingen besteht. 12 ! Mitglieder der Landessynode werden vom Landesbischof aus den bisherigen Mitglie- ! dern des Landeskirchentages berufen. Für die Berufung wird die Zusammensetzung des ! bisherigen Landeskirchentages nach ' der j Wahl vom 23. Juli 1933 zu Grunde gelegt.

I Sechs weitere Mitglieder werden vom Landesbischof ernannt. Die Hälfte der Mitglieder müssen Laien sein. Nach Bildung der Landessynode gilt der bisherige ! Landeskirchentag als aufgelöst.

Der Landeskirchenausschuß besteht in Zu- kunst aus dem Landesbischos und zwei Mit­gliedern. von denen eines vom Landes- bischos ernannt, das andere von der Landrs- shnode aus ihrer Mitte gewählt wird. Der Landesbischof ernennt weiter die Mitglieder des kirchlichen Disziplinargerichtes, den Vor­sitzenden, zwei Mitglieder aus der kirchlichen Berwaltuna. zwei Mitglieder aus der Lan­dessynode und zwei Mitglieder, die ein kirch­liches Hauptamt bekleiden müssen.

Tie Befugnisse des Landesbischofs über- nimmt bis aus weiteres der von der Deut- schen evangelischen Kirche bestellte geist­liche Kommissar.

Die Verfassung der evangelischen Landes­kirche Württembergs ist nunmehr der Ver­fassung der übrigen Landeskir­chen innerhalb der Deutschen evangelischen Kirche angeglichen.

!Wir Mi IMe M Wißen sei»!"

Die Rede des Reichsbischofs Müller

Stuttgart, 3. Oktober.

Der amtliche Text der Rede des Neichs- bischoss Müller, die dieser in der Stutt­garter Stadthalle hielt, lag seinerzeit bei Nedaktionsschluß nicht vor. Nus diesen, Grunde tragen wir ihn heute nach.

Nach der Rede des Leiters der Deutschen Christen, Dr. Kinder, ergriff der Reichs­bischof Ludwig Müller, von der Versamm­lung mit Heilrufen begrüßt, das Wort. Er dankte zunächst für die Liebe, die ihm im Schwabenland entgegengebracht worden sei. Sie gebe ihm neue Kraft für den Weg, den er zu gehen gedenke. Ausgehend vom Erlebnis des Frontkämpfers zeichnete der Reichsbischof das Wachsen und Werden des neuen Volksbewußt­seins, das in der nationalsozialistischen Bewe­gung und zuletzt im nationalsozialistischen Staat seinen Ausdruck gefunden hat. Er kam dann auf jenes große Erlebnis zu sprechen, das ihm durch die Bekanntschaft mit dem Führer und Reichskanzler Adolf Hitler wurde. Solange er lebe und arbeite, 'leibe er an der Seite des Führers, treu bis zum letzten. In der Kampf­zeit habe, so führte der Reichsbischof weiter aus, die nationalsozialistische Bewegung im Kampf gegen Marxismus und Bolschewismus das Werk der deutschen evang. Kirche getan. Deshalb bedaure er, daß Pastoren aus dieser Kirche den Weg zu Adolf Hitler immer noch nicht gefunden hätten. Wenn die evangelische Kirche an dieser Volksbewegung vorbeigehe oder wenn diese Volksbewegung an der evangelischen Kirche vorbeigehe, dann sei es mit ihr und mit der evang. Kirche aus. Deshalb sei cs notwendig geworden, das nationalsozialistische Erlebnis in die Kirche hineinzutragen. Wir wollen mit Be­wußtsein Deutsche und Christen sein!

Der Neichsbischof wandte sich sodann gegen die Gerüchte, die sich einerseits mit der Arbeit der Deutschen Christen und an­

dererseits mit seiner Person befaßten, um darauf die Stellung der Deutschen evange­lischen Kirche zum deutschen Staat in kur­zen Worten zu umreißen. Wir schließen, so bemerkte der Reichsbischof, kein Konkordat ab. Wir haben mit dem deutschen Staat keine discordia, denn dieser Staat sind wir selbst. lieber die Erziehung der jungen Theo­logen äußerte sich der Reichsbischof dahin, daß unsere Pastoren nicht über dem Volk stehen und von 0-n Kanzln auf das Volk herab reden dürfen, sondern daß sie mitten im Volk stehen sollen. Hier wandte sich der Reichsbischof noch einmal gegen verschiedene Gerüchte, die sich mit der Maßregelung von Geistlichen befaßten. Kein einziger Pfarrer ist. so betonte er. in Deutschland brotlos geworden und kein einziger Pfarrer ist je gehindert worden, das Evangelium zu ver­künden. Der gesunde deutsche Mensch füble genau, daß wir in einem geeinten Deutsch­land eine geeinte deutsche evangelische Kirche haben müßten.

Am Schluß seiner großen Rede berührte der Reichsbischof das Innenleben der Deut­schen evang. Kirche, das ganz auf Christus gegründet sein müsse. Mit dem RufChri­stus für die Kirche, die Kirche für Christus " schloß Reichsbischof Müller seine Rede, der begeisterter Beifall dankte. Das Schutz- und Trutzlied der deutschen Reformation be­schloß die machtvolle Kundgebung.

Ale Vorgänge in der Kassenverwaltung

Berlin, 3. Oktober.

In Ergänzung der Meldung über die Not­wendigkeit der Einsetzung eines K o m m i s s a r s für die w ü r t t e m b er g i - sehe Landeskirche teilt die Kir chen- amtliche Presse st elle mit:

Nunmehr liegt der Bericht vor, den die bis­herigen Beamten der landeskirchlichen Kassen- oerwaltung über die kassemnäßigen Vor­gänge bei der Evangelischen Lan­deskirche Württembergs gegeben haben. Darnach haben sich bereits im April dieses Jahres der Landesbischos Wurm und Oberkirchenrat Dr. Schauffler die alleini­gen Vollmachten über Guthaben der Landes­kirche in Höhe von 1 621038 RM. übertragen lassen. Es heißt in dem Bericht: Dieser Betrag ist in ungewöhnlicher Weise der ordentlichen Verwaltung durch den Kassenleiter entzogen worden. Ein der­artiges Eingreifen dürfte in einer öffentlichen Verwaltung wohl einzig dastehen. So veranlaßte Oberkir- cheurat Dr. Schauffler auch am 6. September, also nach vollzogener Eingliederung der Lan­deskirche in die Deutsche Evangelische Kirche, die Üeberweisung von insgesamt 230 000 RM. aus landeskirch- lichen Mitteln an die Basler Mis- sionsgesellschaft und an die sog.B e - k e n n . u i s s y n o d e" in Barmen, zu Händen des Superintendenten im einstweiligen Ruhestand, Koch-Oeynhausen. Ein Verwen­dungszweck istnicht angegeben. Der Kassierer des württembergischen Oberkirchenrates machte schriftlich und mündlich Bedenken gegen die Ueberweisungen geltend. Seine Einwendungen wurden jedoch von Dr. Schauffler zurück­gewiesen und die Üeberweisung angeordnet. Gleichzeitig erhielt die Registratur des Ober­kirchenrats den Auftrag den Einlaufvermert für das Schreiben des Kassierers, in dem dessen Bedenken geltend gemacht wurden, so zu löschen, daß er nicht mehr sichtbar sei. (!!)

Gmiav-A-olfGerein gmA bov

Führer

Königsberg i. Pr., 3. Oktober.

Die 78. Hauptversammlung des Gustav- Adols-Vereins richtete an den Führer und Reüstskanzler folgendes Telegramm:

,.^ur Hauptversammlung in Königsberg vereint, entbietet Gustav Adolfs Werk aller deutschen Kirchen innerhalb und außerhalb der Grenzen des Rei­ches dem Führer unseres Volkes

und Haupt unseres Reiches ehr­erbietigen Gruß. Wir geloben un­entwegte Gefolgschaft in der Er­füllung der uns durch mehr als ein Jahr­hundert anvertrauten Aufgabe, für die Glaubensgenossen in der Zerstreuung, be­sonders für die bedrängten evangelischen Volksgenossen in aller Welt. Fürsorge zu üben, als Werkzeug des gesamten deutschen Protestantismus. Wir erbitten des Führers Schutz und Förderung für unsere Arbeit.

Parlament

auch in Estland beseitigt

Reval, 3. Oktober.

Staatspräsident Pets hat am Dienstag nacht das e st ländische Parlament aufge- l ö st. Das jetzt aufgelöste Parlament hätte ver­fassungsmäßig bereits am 1. Mai dieses Jahres seine Tätigkeit einstellen sollen. Da aber nach Schaffung der autoritären Regierung Pets-Lai- doner und nach Verhängung des Aus­nah m e z u st a n d e s die Parlamentswahlen verschöbe« wurden, blieb das bisherige Parlament im Amt. Seine Rechte wurden allerdings stark beschnitten. Die Regierung ließ vor Eröffnung der Herbsttagung den Abgeord­neten mitteilen, daß sie zersetzende Kri­tik der Regiernngshandlnngen von der Par­lamentstribüne herab nicht zulassen werde. Als am Dienstag zwei Abgeordnete dennoch in sehr ausgesprochener Form die Re- giernngsmaßnahmen kritisierten und sie als un- vemotratisch bezeichnten, erfolgte die Auf­lösung des Parlaments.

Es ist nicht anzunehmen, daß in absehbarer Zeit Neuwahlen in Estland erfolgen werden. Die Regierung Pcrs dürste vielmehr ohne Parlament weiterregieren. Damit ist der letzte demokratische Anstrich der Regie­rung Pets verschwunden und Estland ist auch ä u ß e r l i ch in die Reihe der v ö l l i g a n t o- ritärregiertenStaatenei^ngetre- t e n.

Französische Hoffnungen

Paris, 3. Oktober.

In politischen Kreisen begrüßt man die Nachricht, daß Titulescus Rücktritt vom rumänijchen Außenministerium wohl nicht als endgültig anzusehen sei und hofft, daß eine Aussprache mit Tatarescu es Titu- lescu erlauben würde, der außenpoli­tische Schiedsrichter Rumäniens zu bleiben.

In amtlichen französischen Kreisen, schreibt derExcelsior", sei man angenehm be­rührt, zu erfahren, daß auf Anregung König Carols Tatarescu und Titulescu zweifellos eine Zusammenarbeit wieder aufnehmen würden, die notwendiger sei denn je in einem > Augenblick, in dem Verhandlungen von grüß- ! ter Bedeutung für die Festigung des Frie- i dens in Mittel- und Osteuropa beginnen, j

Die Versuche, Uneinigkeit in die Kleine Entente zu tragen, würden somit durch den Klarblick und die Energie des rumänischen Herrschers durchkreuzt.

Auch der Außenpolitiker des ..Echo de Paris" erwartet, daß es Titulescu gelingen werde, mindestens für einige Monate die außenpolitische Leitung seines Landes wieder zu übernehmen, was um so begrüßenswerter wäre, als die allgemeine diplomatische Lage keineswegs erfreulich sei.

Finnlsn-Wr Zeitung aus ein AM verboten

Helsingfors, 3. Okt.

Die ZeitungAjan Suunta", das Blatt der Partei der vaterländischen Be­wegung, ist für ein Jahr verboten wor­den. Diese Maßnahme wird damit begrün­det, daß die Zeitung im Zusammenhang mit dem Beitritt Sowjetrußlands zum Völkerbund Artikel veröffentlicht hat, in denen die Rsgw-rung herabgesetzt wird.

Mehr RmeW M Kriegsschiffe

London, 3. Oktober.

Times" meldet aus Tokio, das Kriegsmi- nislerium hat 16 000 Exemplare einer Flug­schrift verbreitet, deren Inhalt, wie das Blockt Nitschi-Nitschi" versichert, die persönlichen Ansichten des Kriegsministers, des Generals Hayaschi, wiedergibt. In der Flugschrift wird eine wirtschaftliche Reorgani- sation des Landes gefordert und ein starkesHeer, das der Lage im fernen Osten entspreche. Zur Zeit des Zaren sei Rußland im Niedergang gewesen. Jetzt habe Japan nicht nur Mandschukuo, d. h. ein Gebiet vom drei­fachen Umfang Japans, zu verteidigen, son­dern es stehe auch der Sowjetunion gegenüber, die seit Beendigung des Fünfjahresplans ein mächtiger militärischer Staat geworden sei. Japan müsse deshalb seine militärische Macht ^besonders in der Luft stärken.

Mehr als 6000 Flugzeuge seien iu der Lage, Japan anzugreifen, während Japan nur 1000 Flugzeuge besitze. Eine Streitmacht von 3000 Flugzeugen fei notwendig, um Japan davor zu bewah­ren, in der Lust von einer Anzahl frem­der Mächte aeschlaaen zu werden.

Die Flugschrift kommt auch beiläufig auf die Frage der Seemacht zu sprechen und sagt: Das gegenwärtige System des Stärkeverhältnisses zu anderen Mächten sei für einen selbständigen Staat unerträglich. Wenn die Flottenkonferenz von 1935 fehlschlagen sollte, dann werde es eine Krise geben, die nicht nur diplomatische Verhandlungen, sondern ein Zusammenfassen der ganzen Nation erfordere.

Erfolgreiche deutsche"

Berlin, L. Oktober.

Anläßlich der Arbeitstagen^ ihrer Aus- landsvertreter veranstaltete die Neichsbahnzentrale für den deutschen Reiseverkehr (RDV.) im Edenhotel einen Empfangsabend, an dem neben zahl­reichen Ehrengästen unter anderem der Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn Dr. Dorpmüller und Staatssekretär Funk vom Reichsministerium für Volksauf­klärung und Propaganda teilnahmen. Staatssekretär Funk sprach namens der Reichsregierung der Reichsbahnzentrale den Dank für ihre Mitarbeit am Wiederaufbau des Vaterlandes aus und wies in seiner An- spräche weiter darauf hin, daß es den ver­einten Anstrengungen der deutschen Aus-- landswerbung, an der die Reichsbahnzentrale durch ihre Vertretungen in aller Welt her­vorragenden Anteil habe, gelungen sei, der Lügenpropaganda des Aus­lands erfolgreich entgegenzu­wirken.

Das ttarkeAn ft einen d es Au 8-

länderverkehrsin diesem Som­mer sei der beste Beweis für die gute Arbeit, die draußen in den vorder- stenSchützengräbcnderAus- l a n ds pro p agand a geleistet worden sei.

Deutschland sei mit diesem Wirken aus dem rechten Wege. Die Regierung, und nament­lich das Propagandaministerium, werde nichts unterlassen, um die segensreiche Tätig- keit der RDV. zu unterstützen.

Staatssekretär Vogt führte u. a. aus. daß die Aufgabe dieser Tagung vornehmlich darin liege, den deutschen Verkehrsinteressen, ten ein anschauliches Bild von der Lage ir» Auslande und einen Einblick in die Prak- tisckie Werbearbeit zu aeben. Wenn diele Ar­beit von einem Organ der Deutschen Reichs­bahn geleistet wird, so erfülle diese damit nur eine innere Verpflichtung, denn sie fühle sich nicht als eine Gesellschaft, sondern als ein Werkzeug des Vaterlan­des. das mit dem ganzen Volk innig ver­bunden sei.