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De» «eseMchafter
Die erste« Rugver» suche in Württemberg
Haas Vollmoeller hielt sich damals 8 Minuten in der Luft
Das Deutsche Luftfahrt-Museum in Böblingen, im Besitze der ältesten in Württemberg geflogene Flugapparate, veranstaltet, wie schon bekannt gegeben wurde, auf dem Cannstatter Volksfest eine historische Flugzeugschau. Unter anderem ist auch der Aeroplan von Hans Vollmoeller, dem Sohn des ehemaligen Kommerzienrats Robert Vollmoeller von Vaihingen a. F. zu sehen. Es ist interessant, mit welchen Schwierigkeiten die Flugzeugbauer in den damaligen Zeiten zu kämpfen hatten. Ein Mitarbeiter von Hans Nollmöller erzählt darüber folgendes:
Der junge Hans Vollmoeller hatte schon von Jugend auf ein ungeheures Interesse für die Fliegerei. Mit 18 Jahren begann er mit seinem Bruder Dr. Karl Vollmoeller den längst gehegten Plan, nämlich einen Flugapparat zu bauen, in die Tat umzusetzen. Von dem Bau eines Flugapparates durfte der Vater nichts erfahren, weil sonst wahrscheinlich sein Plan zunichte gemacht worden wäre. Eine Scheune bei der väterlichen Fabrik, die übrigens heute noch steht, war als Werkstatt wie geschaffen. Bald waren auch einige Freunde von dem werdenden Flugapparat so begeistert, daß sie seine eifrigen Mitarbeiter wurden. Man darf nicht denken, das; die Ausführung dieses Werkes so einfach gewesen wäre. Vollmoeller mutzte ja seine Konstruktionen ohne jede praktische Erfahrung anfertigen. Dabei war er geradezu von einer fanatischen Ausdauer und Zähigkeit. Oftmals versagten die Geldmittel. Als aber das Geheimnis dem Vater nicht mehr verborgen blieb, konnte dieser dem Eifer seines Sohnes nicht mehr Einhalt tun und wurde so wider Willen der finanzielle und damit wichtigste Helfer an der „gro- tzen Sache".
Im Jahre 1909 war der Apparat nach Meinung aller Eingeweihten startbereit. Wie aber starten? Vollmoeller wollte mit seinem 3-Zylin- der Anzani-Motor vom Standplatz aus in die Luft steigen. Wiederholt wurde er auf die gefährlichen Obstbäume, die den Platz umgaben, aufmerksam gemacht. Schließlich mutzte auch Vollmoeller selbst die Unmöglichkeit seines Planes einsehen und sich nach einem geeigneteren Gelände umsehen. Diess fand er auf dem Cann- statter Wasen. Nicht weit von der König-Karl- Brücke baute er einen Schuppen und brachte seine Flugmaschine dorthin. Jetzt erst begannen die Hauptschwierigkeiten, nämlich das Ding zum Fliegen zu bringen. Unermüdlich wurden Rollversuche gemacht, um festzustellen, wieviel Anlauf und Geschwindigkeit der Apparat benötige, um sich vom Boden wegheben zu können. Bei diesen Versuchen wurde das Publikum von etlichen Helfern durch Winken mit roten Flaggen vom Platz getrieben.
Trotz der Flaggensignale blieben die Leute öfters in der Rollbahn stehen. Dadurch kam es auch zu diesem bedauerlichen Unfall, indem einmal ein Kind nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte und vom Propeller tödlich getroffen wurde. Dieser Vorfall brachte den Flugbegeisterten weitere Schwierigkeiten — auch die Behörde verschärfte noch ihren von vornherein nicht wohlwollend gezeigten Blick — aber Vollmoeller und seine Getreuen blieben zäh und ausdauernd. Als Propellerzugprüfmaterial diente damals in Ermangelung besserer Mittel eine Sackwaage, so wie sie heute noch bei den Lumpensammlern zu sehen ist.
Die Freude Vollmoellers war natürlich ungeheuer. als es ihm gelang, seinen Apparat drei Minuten lang in der Luft zu halten. Nach diesem Erfolg fuhr er nach Paris und verschaffte sich, einen stärkeren Motor (50 PS. Gnome-Um- luuf-Motor). Zurückgekehrt wurde der notwendige Umbau sofort vorgenommen und am Tag vor dem Volksfest im Jahre 1909 erreichte er während einem „Dauerflug von 8 Minuten" 200 Meter Höhe. Das Landen sollte jedoch nicht
so glatt oonstatten gehen, er drückte die Maschine übertrieben stark nach unten, wodurch der Flugapparat zu stark auf den Boden aufstietz, hierdurch in die Höhe geworfen wurde und dann sentrecht auf den Kopf stürzte. Vollmoeller wurde dabei gegen den Gashebel geschleudert und erlitt eine starke Kopfverletzung, die seine Verbringung ins Krankenhaus notwendig machte. Des Vaters Geduld war nun bei diesem Vorfall ziemlich erschöpft, er veranlatzte selbst den Verkauf des Schuppens. Daraufhin kam die
SS.-Wallfahi
Ter Ausgang des Abstiiiiinuiigskaiiipjes in der deutschen Saar kann für uns keinen Augenblick zweifelhaft sein, auch wenn die Willkürakte gegen die Deutsche Front täglich häufiger werden. Wir im Reich wissen um' dieses zähe Ringen gegen tausend heimtückische Gewalten. Wenn Ende August aus allen Teilen des Reiches das Volk mit dem Führer nach dem Ehrenbeit st ein wallfahrtet?, so war diese Wallfahrt der überzeugendste Beweis dafür, daß wir unseren Brüdern und Schwestern an der deutschen Saar diesen Heldenkampf lohnen werden. Auch die SS., die treue schwarze Garde, hat sich mit einer Sonderveranstaltung an dieser Kundgebung durch eine glänzend durchgeführte Treuefahn beteiligt, die ihren Höhepunkt in der lieber- reichung einer Huldigungsadresse des Reichs- sührers-SS. (durch den Chsfstaffelführer SS.-Obersturmführer Geister) an den Führer erreichte. Jeder Oberabschnitt und Abschnitt, sowie jede Motorftan-darte der SS. war mit einem Personenkraftwagen und jede Motorstasfel mit einem Kraftrad mit Beiwagen an dieser Fahrt beteiligt. Jede Motorstaüdarte brachte eine Huldigungsadresse mit, durch die die Verbundenheit des Standartengebietes mit der deutschen Saar gekennzeichnet wurde.
So strebten denn aus allen Teilen Deutschlands die für treue Pflichterfüllung mit der Teilnahme an dieser Fahrt beschenkten SS.- Fahrer dem Ziele zu. Die schönen Spätsommertage ließen diese Fahrt zu einem besonderen Genuß werden und überall, w o die schwarzen Fahrer Rast machten, wurden sie von der Bevölkerung freudig begrüßt, wurden ihnen Grüße aufgetragen an die treuen Saarländer. Die festliche Ausnahme der Fahrer fand ihren Ausdruck auch darin, daß die Fahrzeuge mit Blumen, Aufschriften über das Ziel der Reise und mit Kundgebungen geziert wurden.
In Montabaur sammelten sich zunächst die Fahrzeuge auf dem Jugend- sportplatz. Trotz der zahlenmäßigen Stärke der SS. ist sie doch wie eine große Familie, in der man sich gegenseitig kennt und Anteil nimmt am Geschicke des Einzelnen. Das war ein frohes Händedrücken ohne Ende. Aus allen Gesichtern strahlte nicht nur die Wiedersehensfreude, sondern auch die innere Befriedigung darüber, an dieser erlebnisreichen Kundgebung mit teilzühaben. Das große Biereck des Sportplatzes war eine bunte Musterkarte von Fahrzeugen. Wer in den Buchstaben und Zahlen der Fahrzeugschilder zu lesen verstand, der kam aus der freudigen Ueberraschung nicht heraus. Die Danziger grüßten die deutsche Saar, die Königsberger ebenso wie die von der Wasserkante, die Schlesier hatten besonders große Opfer gebracht. Es ist nicht möglich, all das auszuzählen, was da auf dem kleinen Stückchen Erde dieses Sportplatzes für das Deutschtum an der Saar in vielerlei Form demonstrierte. Die Huldigungs- rdressen. die von den Motorstandarten mit-
Majchine wieder zurück an ibren Herstellungsort nach Vaihingen und heute steht sie im Deutschen Luftfahrt-Museum in Böblingen.
Hans Vollmoeller, der nach seiner Genesung zu Rumpler nach Berlin ging und sich weiterhin in der Fliegerei betätigte, verunglückte am 10. März 1917 in Berlin-Staaken mit einem Riesenflugzeug, das zu einem Persuchsflug aufgestiegen mar und von ihm geführt wurde. Mit ihm fand auch sein Freund, Direktor Klein von der Firma Bosch, den Tod.
t für die Saar
gebracht worden waren, waren zum Teil Jochkünstlerische Leistungen. Vor der Kaserne *oes Arbeitsdienstes wurde durch die NS.- Frauenschaft bei fröhlicher SS.-Musik die Verpflegung vorgenommen.
Um die Mittagszeit waren 142 Fahrzeuge mit 492 Insassen gemeldet. Sie wurden vom Ehesstasselsührer, SS.-Obersturmsührer Geisler, begrüßt und dann noch mit den nötigen Befehlen versehen. Dann formierten sich die Fahrzeuge zu der Fahrt nach Koblenz. In mustergültiger Ordnung wurden die 20 Kilometer bis zur Stadt durchfahren. Unterwegs stieß dann noch der Führer des SS.-Oberabschnittes Rhein, SS.-Gruppenführer He iß ineier, hinzu und setzte sich an die Spitze des Zuges, der über die große Rheinbrücke seinen Einzug nach Koblenz hielt. Die straffe D i s z i p- l i n, die in dem etwa zwei Kilometer langen Zug herrschte, machte auf die Bevölkerung, die die Straßen umsäumte, starken Eindruck. Es ging zur Kartause, wo die Abnah m e der Fahrzeuge durch den TTAC. erfolgte, dann, in der gleichen mustergültigen Ordnung, über den Mttersturz zurück zu der im Festschmuck Prangenden Stadt.
Inzwischen waren auf dem Ast er st ein. gegenüber dem Ehrenbreitstein, die Zelte zum Biwakieren errichtet und die vielen Vorbereitungen getroffen worden, die dazu notwendig sind. Alles war nach dem Eintreffen auf dem Biwakplatz freudig überrascht über die tadellose Organisation. Lustig blähten sich im Winde die große Hakenkreuz- und die beiden SS.-Fahnen, die das Lager beherrschten, die Feldküche duftete vielversprechend, und große Holzstöße harrten des Augenblicks, da sie nach Einbruch der Dunkelheit entzündet werden sollten. Das Lager war wirklich ausgezeichnet gewählt. Es lag auf dem rechten Rheinufer unmittelbar an einem zum Mein führenden Abhang, so daß man dorthin, auf die Stadt Koblenz und auf das Deutsche Eck einen ungehinderten Ausblick hatte, es beherrschte weithin den Bück auf die Schiffsbrücke, die ein besonders interessantes Bild bot.
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Mit eintretender Dunkelheit begann dann das Biwakleben mit all seiner Romantik. Flotte Weisen der SS.-Kapelle sowie die Liebesgaben der Bevölkerung sorgten für gute Stimmung. Das inzwischen entzündete Lagerfeuer beleuchtete mit seinem flackernden Schein die Umgebung des Lagers. Die Silhouetten der Zelte geisterten in den Lagergassen. Vom Rhein heraus klang Marschmusik der vielen ankommenden Sonderzüge, die Stadt Koblenz war festlich beleuchtet, besonders waren die markantesten Punkte wirksam aus der Lichtfülle herausgehoben. Das Deutsche Eck trat plastisch hervor und vom Ehrenbreitstein leuchtete ein Riesenhakenkreuz herüber. Eine ganze Anzahl von Ehrengästen hatte sich in^ Lager eingefnnden und wurde
Freitag, den 28. September 1>U
oori von T-S.-Truppensüyrer Heitzmeier und EheMassekführer Geisler begrüßt und geführt. Achs fie hak, wie auf alle Teil- nehmer. dieses Biwakleben einen bleibenden tiefen Eindruck gemacht. Als würdiger Abschluß folgte um Mitternacht ein Zapfenstreich. dem sich die feierliche Einholung der Flaggen anschloß. Dann trat allmählich Ruhe ein im Lager. Nur von der Stadt heran! drang die ganze Nacht hindurch die Melodie: „T e u t s ch i st d i e S a a r."
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, Mit dem Wecken wurden die großen Ereignisse des Knndgebungstages eingeleitet. Die Flaggen wurden feierlich gehißt.' Nach dem Frühstück wurde zu dem großen Kundgebungsplatz auf dem Ehrenbreitstem mar- schiert. Dort dursten die Teilnehmer der Fahrt mit in der Reihe der Ehrenformatio- neu stehen. Mit tiefer Befriedigung wurde der Vorgang verfolgt, als Obersturmführer Geisler ans Befehl des Reichsführers der SS. dem Führer die Urkunde der SS. über- reichte:
Treu in VHre und Wahrhaftigkeit
unserem Führer und Kanzler,
dem Schöpfer der Gemeinschaft aller Deutschen.
Die SS.
In tiefen Tälern, auf sonnigen Auen,-die von Schönheit und Frieden hell erstrahlen, auf luftigen Höhen mit köstlich duftenden Heiden und tiefen Wäldern, allüberall erlebst du den Zauber deiner Heimat. Die Heimat ruft! Wer fie lieb hat, der sucht «ach einem Freund, der ihm diese Heimat aufs Neue offenbart. Dieser Freund ist der neue Volkskalender
mit zwei wertvollen Kunstdruckblättern (Bild des Führers und Reichsstaithalters Murr).
Er ist ein Kalender für das Jahr 1935, der es, wie selten ein Kalender, verstanden hat, unser schönes Schwabenland in Wort und Bild einzufangen und uns das Schwaben der Vergangenheit und den Schwabengeist im neuen Deutschland vor Augen zu führen. Der Kalender
kostet nur SO Psg.
und ist a b s o f o rt durch sämtliche Geschäftsstellen der württcmbergischsu RS.-Presse zu beziehen. Wir bitten Me, schon heute Ihre Bestellung auf diesen Kalender bei Ihren Zeitungsausträgern und unseren Agenturen anzumelden.
Humor
Mißverstanden
„Als ich Sonntag das Konzert gab, habe ich eigemlich nur für meine Braut gespielt."
„Schrecklich! Sonst war niemand da?"
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„Ich weiß schon, was Du sagen willst", meinte sie leise, und was sie sagte, klang wie eine Bitte. „Wir haben uns in der letzten Zeit nicht mehr gut verstanden. Vielleicht bist Tn gar im Zweifel, ob ich die rechte Frau für Tich bin ..." Sie spielte eine Rolle, war ganz bescheiden, ganz mädchenhaft. „Aber Tu darfst mir nicht böse sein... Ich war heute beim Arzt. Er sagte mir, daß meine Nerven in traurigem Zustande seien. Alles wird besser, wenn ich mehr Ruhe habe. Wollen wir nicht bald zusammen einmal fortreisen...? Mein Kontrakt läuft in den nächsten Tagen ab. Ich könnte jetzt schon Urlaub haben, wir könnten zusammen reisen... oder ich würde fortfahren und Du kämest nach ... ganz wie Tu Vas wolltest! ..."
Oververg war blaß geworden. Er hatte Evelyn sagen wollen, daß er sie nicht liebe, er hatte sie bitten wollen, daß sie ihm sein Wort zurückgübe ... „Du bist so verläßlich, so treu und beständig... Du bist mein Halt und meine Stütze", kam jetzt Evelyns weiche Stimme nahe zu ihm.
Er fuhr sich über die Augen. Mit tausend Banden hielt ihn diese Frau. Mit ihrem Vertrauen, mit ihrer Zuversicht ans sein Manneswort. Ta schwieg er endlich. Er sah nur immer ein Bild vor sich, Erika, die stolze. leine Erika Arm in Arm mit diesem jungen Menschen! Er schüttelte sich.
Evelyn beobachtete ihn gespannt.
Er sprach das Gefürchtete nicht ans. Leise ging sie hin und her, brachte ihm eine Erfrischung, legte ihm zärtlich die schlanke Hand auf die Schulter.
„Ich sah übrigens Fräulein Dr. Hellmann eben hier im Treppenhaus", sagte Overberg plötzlich und unvermittelt. „Sie war doch nicht etwa bei Dir?"
Evelyns Herzschlag setzte einen Augenblick aus.
„Nein", sagte sie gefaßt.
„Sie war mit einem jungen Menschen zusammen, mit dem sie sehr vertraut schien fügte er grübelnd hinzu.
„Vielleicht ihr Freund", meinte Evelyn. Ein lauernder, scharf beobachtender Blick streifte den Mann.
„Ich glaube, ich habe die beiden schon einmal hier gesehen", sagte sie nachlässig. Ihre Angst war gewichen. Dies war die letzte Chance, es galt, sie voll auszunutzen. „Der junge Mann wohnt vielleicht hier im Hanse, mir ist, als hätte ich ihn und sie häufiger hier gesehen ..
„In diesem Hause wohnen ja eine Menge Mietparteien", setzte sie plaudernd hinzu. „Wolltest Du denn etwas von ihr? Ich dachte, sie wäre beurlaubt?"
„Sie hat ihren Urlaub nicht angetreten ... aber ich glaube, jetzt ist es wohl besser, wenn sie ihn antritt..."
Er fühlte nicht, daß er ungerecht war. Zu tief und schmerzlich hatte ihn die Enttäuschung getroffen.
„Komm", sagte er nach einer Weile entschlossen, „wir wollen uns etwas zerstreuen. Ich habe etwas Kopfweh und mochte an die frische Luft. Laß uns dann nachher in irgendein kleines Restaurant gehen, ja?"
Evelyn nickte gefügig. Als sie vor dem Spiegel deS Ankleidezimmers die modische
Pelzkappe ins Gesicht zog. lächelte sie, ein eitles und befriedigtes Lächeln. Wieder einmal hatte sie gesiegt...
19. Kapitel
„Fräulein Dr. Hellmann zu Herrn Direktor Lverberg", sagte die Telefonistin des Bankhauses sachlich.
Erika Hellmann ließ den Hörer fallen. Sie war totenblaß geworden.
Draußen in der kleinen, bescheidenen Garderobe ordnete sie noch einmal mechanisch das glänzende Haar, straffte sich und sah mit erloschenen Angen das Spiegelbild an. Was wollte Rudolf Overberg von ihr? Konnte er sie nicht in Frieden lassen? Dann lächelte sie spöttisch über sich selbst. Wahrscheinlich wollte er nichts weiter als Berufliches, und sie zerbrach sich hier den Kopf...
Ihr kleiner, blaßroter Mund wurde schmal. Ein harter Zug spannte sich über das schöne Mädchengesicht, ließ es noch verschlossener und kühler als sonst erscheinen.
Langsam schritt sie die Treppe herauf.
Rudolf Overberg ging inzwischen rastlos in seinem großen Privatbüro ans und ab. Als er ein leises Klopfen hörte, öffnete er selbst die Tür.
Erika Hellmann stand auf der Schwelle, blaß, schmal und kühl.
Sie neigte höflich den Kopf und begann sogleich sachlicy:
„Sie riefen mich gewiß wegen der Berichte und Statistiken, Herr Direktor?" Sie breitete ein Paar Akten aus dem großen Schreibtisch aus:
„Hier..
Overbergs fiebernder Blick glitt über das schmale, verschlossene Mädchengesichr, das kühl und fremd schien wie niemals vorher.
„Ach, lassen Sie", sagte er heiser. „Ich rief Sie wegen Ihres Bruders. Ich versprach
Ihnen, mich um Ihren Bruder zu küm^. mern. Die Detektei, die ich beauftragte, hat mir heute morgen geschrieben. Sie findet noch immer keine Spur..."
Erika hatte erstaunt den Kopf gehoben. Dann sagte sie leise:
„Ich danke Ihnen sehr für Ihre Mühe. Aber sie ist nicht mehr nötig. Ich habe meinen Bruder gesunden."
Overberg machte eine überraschte Bewegung. „Wirklich? Und...?"
Erika schwieg eine kurze Weile. Beinahe hätte sie verraten... ich traf ihn bei Deiner Braut... Tiefe Scham verschloß ihr den Mund.
„Ich bitte Sie, sich nicht mehr darum zu kümmern", sagte sie tonlos. „Es ist zwecklos ..."
Dann sagte sie mit gesenktem Kopf noch: „Ich nahm ihn mit zu mir, ich wollte ihn pflegen... als ich nach dem Dienst heimkam, war er wieder fort..., nun gebe ich es endgültig auf..."
Overberg sah nachdenklich auf den schmalen gesenkten Mädchenkopf hernieder. Immer wieder wollte es ihm unfaßbar erscheinen, daß er dieses stolze, reine Mädchen im Treppenhaus in zärtlicher Umarmung mit einem jungen, verlebt aussehenden Burschen gesehen hatte.
Wie hatte Evelyn noch gesagt? „Es ist ihr Freund. Ich habe sie schon häufiger zusammen gesehen..."
Konnte man sich denn so in einem Menschen täuschen?
Hatte er sich denn geirrt, als er in ihren klaren Augen eine tiefe, keusche und reine Zuneigung für ihn entdecken zu können glaubte? Eine Zuneigung, die ihn unsagbar froh und glücklich machte...
Fortsetzung folgt.