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Hauptmann leugnet weiter — Wer bekam das Lösegeld?
»euyork, LS. September.
Rach viertägigem, fast ununterbrochenem Verhör, während dessen er nur wenig Nahrung erhielt, verblieb der im Zusammenhang mit der Entführung des Lindbergh-Kindes verhaftete Hauptmann bei seiner Aussage. daß er weder mit der Entführung, noch mit dem Lösegeld etwas zu tun habe.
Ein Handschriftensachverständiger hat eine große Anzahl von Schriftproben des verhak- teten Hauptmann geprüft und sie mit den Erpresserbriefen verglichen, die Oberst Lind- bergk nach der Entführung seines Kindes erhalten hat. Der Sachverständige ist der Ansicht. daß alle Erpresserbriefe von Hauptmann geschrieben worden sind.
Der Tole auf dem Leipziger Friedhof
Der seinerzeit für Lindbergh als Vermittler tätige Dr. London äußerte am Samstag die Ansicht, daß wenig st ens drei Personen an dem Entsührungsplan beteiligt gewesen seien, und daß eine davon später ermordet worden sei.
London erklärte, daß der bereits mehrfach erwähnte Isidor Fisch, ein anderer! Mann und eine Frau sich von den Vereinigten Staaten nach Deutschland begeben hätten. Rach Amerika zurückgekehrt seien jedoch nur die Frau und der andere Mann. Fisch sei in Deutschland gestorben und liege aufdem Leipziger Friedhof. Condon regt an, die Leiche Fischs wieder auszugraben, um di» Todesursache festzustellen. Im übrigen hätten Hauptmann, Fisch und der andere Mann in unmittelbarer Nachbarschaft im Stadtteil! Bronx gewohnt und seien häufig zum Kartenspiel zusammengekommen.
Hauptmann wird weiter belastet durch dH Aussagen eines Arztes, der im Stadtteil Bronx wohnt und der Hauptmann wenig« Tage nach dem Verbrechen wegen eines st a ril verstauchten Fußgelenkes beham delt haben will. Die Ergebnisse der seinerzeit geführten Untersuchung nahmen bekanntlich an, daß der Entführer des Kindes beim Herabsteigen von der Leiter gefallen sei und das Kind dabei den Tod gefunden habe.
War es Hauptmann wirklich?
Wie die „Los Angeles Times" erfahrenhaben Agenten des Bundesjnstizamts in Los Angeles der Polizei in Neuyork Mitteilungen gedrahtet, die voraussichtlich zu der Verhaftung eines Mannes in Neuyork führen werden. der an der Entführung des Kindes LindberghS beteiligt sein soll. Die Agenten behaupten. ermittelt zu haben, daß sich Hauptmann im Jahre 1981 mit einem ihm fehl ähnlich sebenden Manne in Los Am geles aufgehalren habe. Daß mindestens noch ein Zweiter an dem Verbrechen beteiligt ifh geht ja auch aus einer Aussage Dr. Com donS, des Mittelsmannes Lindberghs, hervor.
Allerdings äußert» Condon bei seiner Gegenüberstellung mit Hauptmann am Donnerstag Zweifel hinsichtlich der Sehnlichkeit Haupt, manns mit der deS Mannes, dem er das Lvfegeld seinerzeit übergeben hatte.
Ei« weiterer Beweis, daß außer Haupt- mann mindestens noch eine Person eine Teillumme des Lösegeldes besessen haben muß. wird darin erblickt, daß im Frühjahr 1933 nach dem Erlaß des Verbotes des Besitzes
von Goiozerlisiralen em unoerannier oei oer Federal Reserve Bank in Neuyork erschienen ist und den Betrag von 2^70 Dollar in Goldnoten in Silberzertifikate umwechselte. Dabei hatte der Mann einen falschen Namen und eine falsche Anschrift angegeben, wie sich bei späteren Nachforschungen herausstellte. Außerdem stellte man fest, daß die Goldnoten aus dem Lösegeld Lindberghs stammten. Da der verhaftete Hauptmann sich offenbar nicht der Gefährlichkeit eines Besitzes von Goldnoten bewußt war. liegt die Vermutung nahe, daß diese 2970 Dollar den Anteil eines anderen darstellten. Die Neuyorker Geheimpolizei begann am Samstag mit der Suche nach der Frau, die an der Entführung des Lindbergh-Kindes beteiligt war.
Nachforschungen in Leipzig und Kamenz
Ein gegenwärtig dienstlich in Wien weilender deutschsprechender Neuhorker Detektiv Arthur Johnson wurde telegraphisch angewiesen, sich nach Leipzig zu begeben, um die Erklärung des verhafteten Hauptmann nachzuprüfen, daß ihm ein Mann namens Isidor Fisch die in der Garage gefundenen 13 750 Dollar zur Aufbewahrung gegeben
Unter dlekrr Rubrik, die wir all« tt Ta»« verSsfentltLen. werbeu sümlliche bei onS etnaebenbe» Schriftprobe» einer genauen aravbologtscheu Prüfung unterzogen und zwar gegen die geringe Gebühr von 78 Pfennig in Briefmarke«. Di« Schriftprobe« müssen immerhin lv—Ltl Heilen um- faßen and ««gezwungen, müaltchft «tt rwte. aeschrteben fei». (Allo keine «blchristen von Gedichte«, ukw.» Den Hulchitlte« ikt et« frankierter Briefumschlag kür bte Rückantwort belzulltae». Da nur einzeln« Beurteilungen hier mm Abdruck komme» kvnnen. erfolgt iakt durchgehend die Beantwortung der Anfragen unmittelbar an bi« Einsender. Strengste Diskretion ift selbstverständlich »ugestchert. Die Erledtaung erfolgt tu der Reibe der Eingänge, meist in etwa ll Tagen, stür umgebe«» gewünscht« Erledigungen erhöhen stch die Bedingungen veS UnkostenbeitrageS von —.78 auf daS Doppelte. Eilauftrage dieser Art find mit dem Vermerk „dringend" M versehen — Die Einsendungen, bt« btegenaue Adrcste des Absenders enthalte» muffen, sind »u richten a«: RS.» Prelle Württemberg. Abteil«»« Sravbsioäifcher Briestkaste». Stnllaart. »riebriMtras« 1L
habe. Johnson hat weiterhin den Auftrag, nach Kamenz zu fahren, um Besprechungen mit den Polizeibehörden auszunehmen, da man annimmt, doch ein Teil des Löse» gelbes von Hauptmann möglicherweise an Angehörige in Kamenz geschickt worden ist.
Humor
Beziehungen
Der Unzufriedene blätterte im Radioprogramm.
Dann meckert er: „Beziehungen sind alles! Glauben Sie, daß Mozart so viel im Radio gespielt würde, wenn er nicht unerhörte Beziehungen zu den Sendern hätte?"
Seemannsgarn
„. . . da fiel der Kapitän plötzlich über Bord und wurde von einem großen Haifisch aufgefressen. Am nächsten Tage fanden wir den Hai tot auf dem Meere treibend!"
„Woran war der denn gestorben?"
„An Alkoholvergiftung natürlich — weil er den Käpten aufgefressen hatte!"
*
Angeklagter: „Herr Rechtsanwalt, wie lange wird es wohl dauern, bis Sie mit meiner Sache fertig sein werden?"
Rechtsanwalt: „Für mich dauert die Sache höchstens eine Stunde, für Sie aber mindestens ein Jahr".
MT. 2 Sie wickeln sich sehr in Unnahbarkeit, damit nur ja niemand es erfährt, wenn Ihr Herz einmal etwas ungleichmäßi- ger schlägt. — Schade. — Denn: aus dieser künstlich aufgerichteten Lebensform, die großartig in der Haltung ist, und doch ganz unecht im Wesen, können niemals hingebende Regungen frei ausströmen. Was sich gelöst nach außen herausbilden sollte, verkrampft sich dann zu sinnloser Einbildung nach innen; und was sich schön, mit lebensvoller Ursprünglichkeit entfalten könnte, das halten Sie in selbstgerechter Eigenbewunderung fest, und schätzen sich noch sehr in dieser repräsentativen Haltung. — Mit der Zeit ist es dann so gekommen, daß Sie gar nicht
mehr wissen, wie unduldsam Sie sind, und kaum mehr zu einem Menschen noch hinaus
sehen können, sondern immer nur hinunter. Wenn dieses auch mit höflichen Worten geschieht, so täuschen Sie doch niemand darüber, daß Sie äußerst vorsichtig, und bedenklich sind, schnell einmal beleidigt, und es sich jederzeit Vorbehalten, den kleinen Mitmenschen immer wieder in die ihm gebührenden Grenzen zurückzuschieben. — Ich kann nur nochmals sagen: schade! Denn, Sie sind eine Frau von großer Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit, dabei ausdauernd und stetig. Nur haben Sie Ihr innerstes Wesen so eingeengt, daß sich weder Gedanken noch Empfindungen frei bewegen können, und dadurch fehlt Ihnen alles, was menschlich liebenswert ist, was freundlich gewinnt und erfreut.
A. N. Frau Anna, Sie können wirklich reichlich lange stillsitzen, und leben mehr in die Breite als in die Höhe. Dadurch hat Ihre Nähe etwas sehr Friedvolles, was zum Verweilen einladet, man ist gut aufgehoben bei Ihnen, und wird auch unterhaltsam mit zutraulichen Gesprächen bewirtet. — In einer außerordentlichen Gründlichkeit, und mit hingegebenem Vergnügen beschwätzen Sie unwichtige Angelegenheiten, und orakeln gern über Freunde. Nachbarn und desgleichen; auch die kleinsten Schicksale werden romanhaft ausgestattet und schön geschmückt Präsentiert. — Denn, für einfache und nüch- terne Geschehnisse sind Sie gar nicht zu haben, und wenn der Gegenwartsstoff einmal erschöpft ist, dann muß eben die Vergangenheit und das erinnernngsselige Gemüt nachhelfen. Hier sind Sie ja wohl reichlich ver-
sehen, und in der sorgsamen Pflege und dem fantasievollen Ausbau dieser Erinnerungswelt liegt ja Ihr gesamtes geistiges Schwergewicht. Noch dazu verklärt sich dann die eigene Lebenswichtigkeil ganz außerordentlich. Denn, trotz aller zuverlässigen Sparsamkeit im Wissen, sind Sie sich doch Ihrer selbst ganz gut bewußt, können sich im kleinen Rahmen ein wertgeschätztes Dasein schaffen, und zu allem Zeit lassen: zur Arbeit, zum Essen, und sogar zur Lebensfreude.
Oskar K. Einen recht netten Wortzauber entwickeln Sie ja da in Ihrem Brief, und zeigen sich mit dieser vielfarbigen Schaustellung äußerst unterhaltsam und gedankenlos, — Die Funktionen Ihres Gehirns laufen eben reichlich ohne Zweck und Bestimmung ab, und Sie kommen sich schon sehr wichtig vor, wenn Sie nur fühlen, daß die Räder sich doch unentwegt drehen. Bis die Umwelt es klar bemerkt, daß da ^eigentlich alles ziemlich leer läuft, vergeht meist doch dann ziem- gere Zeit. Auch stört es Sie scheinbar wenig, wenn man Sie nicht so ernst nimmt und nicht für so bedeutend hält. — Eher haben Sie den Ehrgeiz für tollkühn zu gelten, und mit Ihrer Sprunghaftigkeit Eindruck zu machen, als besondere Menschenwerte zuverlässig anszubauen. und Einzelheiten gewissenhaft zu behandeln. — Mit ebensowenig Zuverlässigkeit - wird aber auch die Umwelt Ihnen begegnen. Wenn Sie dann wirklich einmal eines Menschen aus tiefster Notwendigkeit heraus bedürfen, dann wird wohl niemand da sein, der neben Ihnen steht, der für Sie eintritt und an Sie glaubt. Denn einmal bekommen auch Menschen Ihrer Art dieses Einsamkeitsgefühl, und wenn Sie sich auch gegenwärtig noch so sehr mit blendenden Gaben aufrüsten, so glitzert das wohl vielverheißend, kann aber weder Sie, noch die Menschen Ihrer Umgebung herzlich erwärmen.
O. I. a. S. In einem Leben schwerer Erfahrungen haben Sie Ihre Schwungkraft Wohl recht verloren, nicht aber haben Sie aufgegeben: Ihr festgesormtes Selbstbewußtsein, und die stets zusammengefaßte Geistesgegenwart. — Und. dieser zähe Wille, über alle Fährnisse hinaus so gegenwärtig zu sein, fordert sehr viel Spannkraft von Ihnen, verlangt auch eine gute Uebung im Versteckspiel, — Sie sind da fast so weit gekommen, daß Sie selbst nicht mehr wissen, wo sind die Grenzen des eigenen Wesens, und wo gehen Diskretion und gesellschaftlicher Takt in bewußte Geheimhalterei über. — Auch dann noch werden Sie als geistreiche Plauderin
am Teetisch sitzen, wenn das Herz müden Schlag schlägt; werden mit wachen Gedanken und begabten Schilderungen eine ganze Gesellschaft unterhalten, da, wo andere mit ihrem Kummer in die Einsamkeit gehen. Trotz Ihrer sehr natürlichen und durchaus zwanglosen Redeweise haben Sie alle Seelenregungen so gut unter Weltgewandtheit und Anpassung verwahrt, daß sich dem unbefangenen Mitmenschen nur die geistig regsame Seite zeigt, und daß er nur die entschlußbereite Haltung sieht, und nie etwas von dem erfährt, was jenseits dieser hart gebundenen Energien lebt, und auch gelitten hat. Peter Schlich.
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«rosten VOR -Aäkiä
Stille ist plötzlich zwischen ihnen. Einen Augenblick überkommt es Erika wie Reue. Wie konnte sie mit Kernbach, der ihr doch völlig fremd ist, hierherfahren? Wie kam sie dazu, dieser Laune nachzugeben?
Dann sieht sie in die guten, klugen Augen des Mannes und wirb ruhiger.
„Da wären wir", sagte er jetzt und Hilst Erika aus dem Wagen.
Sie treten ein...
„Ja", sagt sie ein wenig unsicher.
„Also, dann fahren wir schnell hinunter", sagt der Gelehrte. „Mir tut es auch einmal gut, wenn ich aus all meinem Arbeitskram herauskomme...!"
Im Wagen sitzen sie schweigsam nebeneinander.
„Eigentlich seltsam", meint Erika Hell- mann Plötzlich und lächelt ein wenig. „Das hätte ich mir als kleine Studentin auch nicht träumen lassen, daß ich mal mit dem ange- jchwärmten Dozenten in den Wintergarten fahren würde..."
Kernbach lacht. „Na, von der Schwärmerei »reiner Hörerinnen habe ich nicht viel gemerkt", meint er bescheiden.
,,O doch, das ist wirklich so", lächelt Erika. „Ihre Vorlesungen waren so interessant, daß sich Ihre Hörer immer um die Plätze gestritten haben; wer vorn sitzen durfte und den Kunstgenuß aus nächster Nähe hatte, der war stolz wie ein König ..."
„Und Sie, Fräulein Dr. Hellmann? Haben Sie sich auch an diesem Wettstreit beteiligt.. .?"
Erika lacht herzlich. „Ich gehörte nicht zur Fakultät und war ein schmählicher Außenseiter, der hatte überhaupt keine Rechte..."
„Um so mehr freue ich mich. Sie jetzt kennen zu lernen", sagte Alfred Kernbach leise und greift nach der schmalen Hand, küßt sie lerse. Erika will abwehren, beklemmende
17. Kapitel
Das große Varietötheater füllte sich schnell. Eine Premiere stand bevor, Artisten aus aller Welt traten im neuen Programm aus, schon schrillte ein Klingelzeichen durch den großen Bau.
Erika stand an der Garderobe und gab ihren Mantel ab.
Kernbach half ihr.
Da fühlte sie einen starken, beobachtenden Blick hinter sich. Erschreckt wandte sie sich um.
Overberg stand mit Evelyn Ostin hinter ihr.
Sie wurde bleich bis unter das schimmernde Stirnhaar. Ueber Overbergs Gesicht zog ein krampfhaftes Lächeln. Evelyn Ostin stand mit leisein, spöttischem Lächeln daneben, ihr kostbares, schwarzes Abendkleid schleppte über den Boden.
Erika hob den schönen, schmalen Kopf und sah kalt über sie hinweg. Ihre Haltung war so stolz und frei, daß sie auf einmal schöner und leuchtender wirkte als die berühmte gefeierte Frau.
Rudolf Overberg war blaß. Er suchte in Erika Hellmanns verschlossenen Zügen zu lesen. Ihre Augen glitten nach kurzer, höflicher Begrüßung über ihn fort.
„Ich habe Fräulein Dr. Hellmann hierher geführt", sagte Kernbach jetzt heiter.
„Unsere Plätze sind drüben... wollen wir gehen...?"
Erika nickte.
Rudolf Overberg trat einen Schritt vor, als wolle er etwas sagen. Da traf ihn Evelyns beobachtender Blick. Er schwieg und verbeugte sich nur.
„Ihr hoher Chef ist nicht gerade in menschenfreundlicher Stimmung", scherzte Kernbach, als sie ihren Platzen zngingen.
„Waren Sie mit ihm hier verabredet?" fragte Erika. Ihre Stimme klang tonlos und heiser.
„Ich? Aber nein! Und außerdem — ehrlich gesagt, seine Braut... na, wie soll ich Ihnen das beschreiben... kurzum... sie mag mich nicht. Das ist übrigens gegenseitig. Und deshalb bin ich schon niemals mit Overberg zusammen, wenn die schöne Frau Evelyn dabei ist..."
Langsam verdunkelte sich der Saal. Die Vorstellung begann.
Erika sah nur mit halber Aufmerksamkeit auf die Buhne. Nur mechanisch nahm sie die großen Sensationen aus: die drei berühmten Clowns, die in witzigen Parodien Zeitzustände glossierten, eine berühmte spanische Tänzerin, die mit hinreißendem Schwung alte Volkstänze ihrer Heimat erstehen ließ; atemberaubende Sensationen am Trapez und Reck; Stepptänzer, die bunt dahinwirbelnde Schar eines russischen Balletts, von Heller, zirpender Balalaikamusik begleitet; eine berühmte Berliner Chansonette, deren schmissige Lieder das Publikum immer wieder zu Beifall hinrissen.
In der Pause sah Kernbach nachdenklich in das stille, ein wenig erschöpft aussehende Mädchengesicht.
„Ich glaube, ich tat doch Unrecht daran. Sie hrerhin zu bringen", meinte er besorgt. „Besser aber ists schon, ich bringe Sie heim.
Sie versuchen zu schlafen und sich auszuruhen ..."
Erika nickte stumm und dankbar. „Aber ich möchte nicht, daß Sie die Vorstellung meinetwegen versäumen", sagte sie schließlich bittend.
Kernbach widersprach heftig; selbstverständlich wolle er sie heimbringeul Sie waren bis an den Ausgang des Varietes gekommen; kurz vor der Garderobe trafen sie Overberg, der ihnen gespannt entgegensah.
Mit freundlichem Kopfneigen wollte Erika an ihm vorbei.
Overberg hielt den Freund fest. „Schon heim?"
„Fräulein Dr. Hellmann ist scheinbar übermüdet. Ich will sie heimdringen. Ich meinte es gut, sie hat allerlei Sorgen, da dachte ich, es wäre besser, sie abzulenken, ihr irgendetwas Unterhaltendes zu zeigen. Aber... das beurteilt wohl ein Mann falsch. Was Fräulein Hellmann braucht, wird Ruhe sein... Wir wollen gehen...
Overberg trat entschlossen vor.'
„Ich werde Fräulein Dr. Hellmann heimbringen", sagte er kurz und befehlend. „Bitte. Alfred, benachrichtige meine Braut. In zehn Minuten kann ich wieder hier sein. Hier ist meine Platzkarte. Sage ihr, daß ich für einen Augenblick fortsahre und sofort zurück bin. Ich habe sowieso noch etwas mit Fräulein Dr. Hellmann zu besprechen. Kommen Sie. Fräulein Hellmann..." Er legte sacht den Arm auf Erikas schmale Schultern,
Kernbach sah ihn überrascht an.
„Es ist doch das beste so, nicht wahr?" sagte Overberg. „Fräulein Hellmann kommt in meinem Wagen am schnellsten und sichersten heim. Setz dich zu Evelyn... ich bin gleich wieder da..."
Fortsetzung folgt.