Nr 223
Dienstag, 25. September 1934
108. Jahrgang
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Wir wollen das Eiaheitsbewutztfein der Deutschen Evangelischen Kirche
Rede des Ministerialdirektors Jäger im Preußenhaus
Berlin, 24. September.
Ministerialdirektor Jäger führte in seiner Rede beim Einführungsakt im Preußen- Haus u. a. aus:
Nach evangelischer Auffassung ist die Einführung des Reichsbischofs nicht ein Akt, durch den erst Pflichten unö Rechte des Amtes begründet werden. Es ist vielmehr ein Akt, durch den sichtbar gemacht wird, daß der rechtmäßige Inhaber des Amtes es ausübt unter dem Schutze des höchsten Herrn und in der Verantwortung vor ihm. Wenn eine solche Stunde einem evangelischen Bischof widerfährt, so verpflichtet sie zu Dank und Demut. Hier schweigt, so sehr es um die Person geht, alles menschlich-persönliche. Es ist eine hohe Gnade, zu dem Amte des Bischofs für den Dienst am Volk und Kirche berufen zu werden. Sie, Herr Reichsbischof, sind am 27. September 1933 durch die Nationalshnode in Wittenberg einstimmig zum Reichsbischof der Deutschen Evangelischen Kirche gewählt worden. Es ist Ihnen dadurch das Führeramt in der Deutschen Evangelischen Kirche in Gnaden Verist,.:: worden. Kraft dieses Führer-
:.l l e s herrschen Sie nicht. Sie sind vielmehr der erste Diener in der Ordnung der Kirche und ein Diener wie alle in der Ausrichtung des Wortes Gottes. Wir mit Ihnen und Sie mit uns sind vereinigt als Glieder der Kirche im Dienste ihres Herrn, vor ihm in Verantwortung und Opserverpslichtnn^ völlig nnterschiedZlos. Tie zu Ende deZ borr- 'gen Jahres einsetzende Bewegung in der Deutschen Evangelischen Kirche ließ es als Forderung erscheinen, die Frage der organisatorischen Ordnung zu klären und möglichst einer Lösung zuzuführen. Zur Hilfe an dieser Aufgabe bin ich selbst im Frühjahr dieses Jahres als Rechtswalter der Deutschen Evangelischen Kirche betraut worden. Ich habe diese Aufgabe als evangelischer Christ und als Nationalsozialist angefaßt. Ich muß es auch hier wieder betonen, daß es weder um religiöse noch um theologische Fragen, sondern lediglich darum geht, die notwendige Form der äußeren Kirche in Einklang zu bringen mit den Erfordernissen einerseits des Sinnes und der Aufgabe der Kirche und andererseits des Volkes und Staates. Den mannigfachen Mißverständnissen gegenüber, die im Laufe dieses Ausbaues der evangelischen Kirche in der Oefsentlichkeit ausgesprochen worden find, daß ich nämlich als Rechtswalter nur eins äußerliche Lösung der Einheit der Deutschen Evangelischen Kirche anstrebe, diesen Mißverständnissen gegenüber möchte ich hier in dieser Stunde mit allem Nachdruck erklären, daß die äußere Ordnung der Kirche nur dienende Ausgabe hat für den eigentlichen und letzten Auftrag der Kirche selber, nämlich Verkündigung des Evangeliums und Verwaltung der Sakramente. Gerade von dieser Verantwortung aus war die Linie der Entwicklung gegeben, wie sie sich dann in diesem Sommer bis heute vollzogen hat. Der völlig ungehemmte Laus der Verkündigung des Evangeliums durch unser ganzes deutsches Volk unterläge Begrenzungen, wenn die Grenzen der Landeskirchen ausgerüstet blieben, die ihre Form doch nur dadurch erhalten hatten, daß sie in ihrem Bestände den früheren Ländern entsprachen. Aus der Not Luthers in dieser Hinsicht kann man, wie neulich vom Führer ge- iagt wurde, heute keine Tugend machen Wölfin. Die Auflösung der Ländergrenzen zur Einheit des deutschen Volkes schasst im Raume des Volkes überhaupt ein viel innigeres und lebendigeres Gefüge, als es je der Fall gewesen ist. Selbst Martin Luther ist die Gnade der Volkseinheit nicht geschenkt gewesen, so müssen wir in unserer heutigen Stunde der Einheit das Werk und Vermächtnis Martin Luthers zur Erfüllung zu bringen suchen.
Wenn nun solches Werk in diesem Jahre
unter dem Namen der Eingliederung begonnen und zu einem gewissen Ende geführt worden ist, so handelt es sich hierbei darum, daß das, was bisher Landeskirche war, tatsächlich ein Glied des Ganzen in seiner vollen Bedeutung werde; wie die evangelische Kirche überhaupt in ihrer irdischen Form ein Glied im Organismus des Volksganzen ist, so müssen wiederum die Teile der evangelischen Kirche wahrhafte Glieder der Gesamtkirche sein. Gerade der Wegfall der Landesgrenzen wird, weil hier ein äußeres Schema wegfällt, das möglicherweise der Aufrechterhaltung in erstarrender Form dienen konnte, gerade dieser Wegfall wird erweisen, welche lebendige Kraft den zu hütenden Dingen innewohnt.
Ein besonderer Ausdruck für den unbedingten Willen der Reichskirchensührung, das Bekenntnis zu achten, ist dcw nir
Sicherung des reformierten B e - k e n n t n i s st a n d e s, z» dem vor einigen Tagen die erste Aussührungverordnung ergangen ist. Hierdurch ist ersichtlich, daß die berechtigten Interessen des Bekenntnisses der einheitlichen Zusammenfassung nicht hindernd im Wege zu stehen brauchen.
Nicht minder ernst ist die Verantwortuna
gegenüber anderen Prägungen evangelischer Bekenntnishaltnng. Aus den Beratungen und Verhandlungen des Erfurter Versa s s n n g s a cks s ch u s s e s wird die Einlösung unserer Verantwortung, wie sie demnächst in einem Gesetz über den Gemeinde- aufban und über die endgültige Gestaltung der Gebietskirchen in sich, zueinander und zur Neichskirche erfolgen wird, eine wichtige Tatsache bilden.
Die Zusammenfassung in einer Einheit umfaßt naturgemäß nur die evangelischen Glaubensgenossen. Dieser Grundsatz ist bei Gelegenheit des Weltkongresses der Baptisten von uns klar zum Ausdruck gebracht worden.
Wenn wir so, meine Volksgenossen, die Einführung des Reichsbischofs in dem Bewußtsein geschaffener äußeren Einheit und in dem Streben nach innerer Gemeinschaft erleben, so wissen wir, daß noch ein weiter Weg vor uns liegt. Es wäre unmöglich, zu verlangen, daß es in wenigen Monaten zu einem vollen Einheitsbewußtsein der Evangelischen in der Deutschen Evangelischen Kirche kommt. Diese Aufgabe der inneren Gewinnung wird in der gewonnenen äußeren Einheit erst durch die Bewährung im praktischen kirchlichen Dienst gestaltet werden können. Daran müssen wir alle mithelfen. Hierzu vereinigt uns die Bitte: Gott segne unser deutsches Volk und unseren Führer! Gott segne unsere Deutsche Evangelische >'! Gott segne unseren Reichsbischvs!
Begeisterter Beginn des"' . .'
im Saargebiet
Saarbrücken, 24. September.
Ter Abstimmungskampf im Saargebiet hat am Sonntag begonnen. Aus allen Orten, in denen Versammlungen stattfanden, laufen die Nachrichten über Massenbesuch ein. So waren in Saarbrücken allein sechs Süledichtbesetzt und zahllose Besucher mußten wieder umkehren, da sie keinen Platz mehr finden konnten. Dasselbe wird aus anderen Orten gemeldet. In Saarlouis waren sämtliche Säle zum Brechen gefüllt.
Auch hier mußten die Menschen vielfach wieder umkehren. Versammlungen fanden ferner statt in Völklingen, Sulzbach, Hom- b u r g. St. Ingbert, Blieskastel,
St. Wendel. Merzich und in Neunkirchen, ferner in zahllosen kleineren Orten.
In Saarbrücken fand die Hauptversammlung in der „Wartburg" statt. Sic war von etwa 4500 Personen besucht. Der festlich geschmückte Saal gab den Prächtigen Rahmen ab für das frohbewegte Bild. Nach Be- arüßnngsworten de?- Ortsgruppenleiters der Deutschen Front bestieg Landesleiter P irro die Tribüne. Seine Ausführungen waren bäufig unterbrochen von lotendem Beifall der
begeisterten Zuhörer. Er ging in seiner Rede davon ans. daß die Deutsche Front stets und zu allen Zeiten stärkste Disziplin gewahrt habe, daß sie stets legal gekämpft habe und auch weiterhin durch keine noch so schändliche Provokation, >»rch keine Rechtsbeugung und durch keinen Neutralitätsbruch in diesen letzten drei Monaten 'ich aus der Fassung bringen lassen werde. Aber es gehört keineswegs zu unserer Legalitätsverpslicbtung, daß wir uns von hergelaufenem Gesindel, von Emigranten und Verbrechern, verhöhnen und mißhandeln lassen müssen. Will uns dieses in den letzten Monaten e i n gedrungene Gesindel einen Vorgeschmack geben von jenem Status- quo° P a r adre st
Pirro wies dann darauf hin, daß niemand mehr daran zweifle, daß die Saarbcvölkc- rung zu Deutschland gehöre. Der einzige interessierte Staat sogar, nämlich Frankreich, habe jede Propaganda sür den direkten Anschluß an Frankreich aufgegeben und alle Mittel diesen Verrätern und Emigranten zur Verfügung gestellt. Gäbe es wirklich Saarfranzosen, dann hätten wir wenigstens einen würdigen Gegner. Statt dessen mutet man uns in Er- manaeluna von Saarfranwstn m. Vater
landsverrüter, Emigranten und Hochstapler als Ersatz anzusehen. Heute weiß jedes Kind im Saarland, daß der Status qno das letzte, verzweifelt angestrebte Ziel gewisser französischer Politiker, die die Gewalt des französischen Kapitalismus und Imperialismus für alle Zeiten an der Saar zu befestigen. Aber ebensowenig wie sie die deutsche Saarbevöl- kernng und das deutsche Recht dieser Bevölkerung vertreten, ebensowenig vertreten sie die wahren Interessen des französischen Volkes, zu dessen Ehre wir annehmcn dürfen, daß es gar nicht weiß, was hier mit uns gemacht wird. Wenn sie als wirkliche Gegner wahr, klar und ehrlich anftreten, dann hätten wir. weiß Gott, mehr Hochachtung vor unseren Gegnern als bisher. Alles das, was in der lebten Zeit an Terror, Gewaltmaßnahmen, Verdächtigungen, Lüge und Beleidigung von uns ertragen werden mußte, leitet sich von dem unheilvollen Einfluß jener verab- schenungswürbigen Methoden her. Wir aber, so schloß Pirro, werden weiter Disziplin halten.
Trotz strerwer Disziplin der Deutschen Front im Sanrgebiet neue Schikanen
Leider hat sich die Regierungskommission anläßlich der großen Kundgebungen der Deutschen Front am Sonntag nicht versagen können, wieder ans ihr LieblingZsteckenPserd zurückzugreisen, auf die Frage der Polizei. Mit der Begründung, sie habe nicht genügend Polizeikräfte, um in sämtlichen Versammlungslokalen für Ruhe und Ordnung zu sorgen, hat sie nicht nur in Saarbrücken die Uebertragung für drei Säle verboten, sondern auch in Friedrichsthal, und in einigen kleineren Orten konnten die Kundgebungen ans demselben Grunde nicht stattfinden. Dieses Verbot wurde teilweise erst so spät ausgesprochen, daß die Mitglieder der Deutschen Front nicht mehr rechtzeitig benachrichtigt werden konnten.
Im übrigen hat der Verlauf des Sonntags gezeigt, daß die Disziplin der Massen der Deutschen Front jegliches Polizeiaufgebot, das über den normalen Ordnungsdienst hinausgeht, unnötig macht. Tie Polizeiver- waltung hatte wohl noch die Massenkundgebungen der antifaschistischen Front im Ge- düchtnis, wo die Disziplinlosigkeit nach den Versammlungen so groß war, daß lieber- fallswagen und Gummiknüppel in- Tätigkeit treten mußten.
Das Neueste ia Kürze
lieber der Nordsee und Jütland herrschte ein großer Sturm. Mehrere Sportfischer find vermißt.
Im Memelland wurden zehn Geistliche ihrer Aemter enthoben.
Reichsminister Darre sprach im Rundfunk über die Agrarpolitik im ersten nationalsozialistischen Jahr.
Staatssekretär Funk hielt in Breslau eine Rede über den zunehmenden Fremdenverkehr in Deutschland.
Saarbrücken, 24. September.
Wie die „Neue Saarpost" meldet, will die Abstimmungslommission im Saargebiet eine Verordnung erlassen, die eine erneute Begün- srignng der Separatisten darsteill.
Tie Verordnung soll allen Abstimmungsparteien die Möglichkeit geben, alle Lokale zu benutzen. Wenn eine Partei nachweislich nicht in der Lage ist, Räume iür ihre Abstimmungspropaganda zu erhalten, werden ihr solche — gegen angemessene Entschädigung der Inhaber — zur Verfügung gestellt.
Ls ist schwer zu erkennen, inwieweit die zneeite Verordnung noch mit der gebotenen Unparteilichkeit vereinbart werden kann, da sie einseitig die Marxisten und Separatisten begünstigt. Die Verordnung ist auch schwer mit der Willens- und Gewissensfreiheit der betreffenden Lokalinhaber zu vereinbaren, die also in Zukunft gezwungen sind, sich in ihren eigenen Räumen Reden gefallen zu lassen, die, wie schon der tägliche Ton der Emigrantenpresse zeigt, ihre nationalen Gefühle verletzen müssen. Im übrigen zeigt aber auch die Verordnung, wie schlecht es um die Sache der Separatisten bestellt sein muß, wenn sie trotz aller behördlichen Förderung nicht einmal in der Lage sind, Räume für ihre Abftimmungspropaganda zu erhalten.
Sberst von Smdenburg Meidet auß dem Keeresdienft
Berlin, 24. September.
Sbcrst von Hindenburg, der Sohn mw langjährige erste Adjutant des verewigten Reichspräsidenten und Generalfeldmarschalls, scheidet mit dem 30. September 1934 ans seinen Antrag aus dem Heeresdienst aus. Ihm ist der Charakter als Geil e r a l m a j o r mit der Erlaubnis zum Tragen der Generalsunisorm verliehen.
BeimruhigeM Lage in Nvrdasrtka
Paris, 23. September.
Ter marxistische „Populair" behauptet, daß in den Ministerberatungcn dom Frei» tag und Samstag die Lage in Nord-Afrika besprochen und besonders von dem Kriegs» minister Marschall Pvtain als beun» ruhigend bezeichnet worden sei. De« Kriegsminister befürchtet, daß im Falle einer allgemeinen Mobilmachung die eingeborene Bevölkerung nichtmehrwie 1914 und 1915 dem Appell des Mutterlandes folgen werde. Gleichzeitig verlautet, daß Außenminister Barthou an den Generalresidenten besondere Anweisungen habe ergehen lassen. Man behaupte sogar, daß demnächst eine Ministerberatung ausschließlich dem nordafrikanischen Problem gelten werde.
Verschiebung
-es kommunistischen Weltkongresses
London, 24. September.
Wie „Times" melden, soll in Moskau beschlossen worden sein, den geplanten Weltkongreß der Kommunistischen Internationale nicht im Oktober oder November des Jahres, sondern erst anfangs nächsten Iah». r e s abzuhalte.'i. Dieser Beschluß sei eine,