Sette k - Sk. S07

De« Sesellschafter

Donnerstag, de« S. September 1884,

Ae Auferstehung der Lelnpflaim

Die uralte Flachsfaser war schon in der Steinzeit in Kultur und ist in den Wick­lungen ältester Mumien nachgewiesen. Leinen stand als Festgewand für Könige und Hohepriester wie als Bauernkittel in Ehren. Als starker Panzer im Krieg wie aus Raub­tierjagd war es ebenso berühmt wie die feinsten Batistspitzen. Zu Tauen, Netzen. Segeln, Zelten wurde die Flachsfaser ver­arbeitet, nicht minder wie zu zarten Schleiern. Und selbst nach deren Verbrauch lieferte sie noch das beste Papier. Nach ihrer Einfuhr aus Babylon und Aegypten wurde sie im deutschen Norden so heimisch, wie eine echt bodenständige Pflanze. Man schätzte sie wegen ihrer geschmeidigen Festigkeit, ihrer Sauberkeit (kein Ungeziefer wie in Pelz- und Wollkleidern) und wegen ihrer Generationen überdauernden Solidität, die sie zum Fami­lienkapital der Bürger machte, zum Ehren­kleid der deutschen Frau. Die Kunst der Handweberei ist allerdings im Aussterben begriffen. Zwar ist es bis heute nicht ge- lungen. auf den maschinellen Webstühlen die Schwere und die Unverwüstlichkeit der mit der Hand gewebten Damastleinen zu er­reichen, und die besondere Schönheit der handgewebten Bildleinen kann überhaupt nicht übertroffen werden, aber andere Vorzüge, nicht zuletzt der der Billigkeit, haben das maschinelle Leinen über das handgewebte Leinen siegen lassen.

Am Steinhuder Meer, nicht weit von Han­nover, gibt es noch eine alte Weberzunft. Ihre Zunftgeschichte reicht bis ins 17. Jahr­hundert zurück und Steinhuder Bildweberei war einst berühmt. Zwölf alte Meister ge­hören ihr heute an und treiben in aller Stille das alte Handwerk der Bild- und Damastweberei. Da die Zunft keine Gesellen und Lehrlinge mehr hat, wird sie mit dem Tode des letzten Meisters aufgehört haben zu bestehen. Solange die alten Meister aber noch leben, halten sie fest an den Regeln der Zunft, und daß sie ihre Kunst verstehen, zeigen sie mit jedem Stück, das sie weben. Zugunsten der Baumwolleinsuhr wurde der Flachsanbau bei uns vernachlässigt und erst in jüngster Zeit ist der hohe Wert der Flachsfaser wieder erkannt worden. Nun soll die Leinenpslanze wieder auferstehen. Wenn es gelingt, sie zur vollkommenen Trägerin von Samen und Faser zugleich zu züchten, so wäre damit durch Gewinnung von Fett, Eiweiß und wertvollster Faser ein un­geheurer Fortschritt erreicht. E. L.

Kutterkohl

lieber die drei Hauptarten läßt sich sagen:

1. Dickstrunk (Ammerländer, Diepholzer usw.; hierher ist auch der rote Markstamm- kohl zu rechnen, da er nur einen geringen Blattanteil besitzt und dem Ammerländer sehr ähnlich ist). Der Kohl wird im Herbst geerntet und die Stämme zum Winterbedarf in geeigneter Weise eingemietet. Der Futter- wert (Stärkewert) des Stammes ist etwa

bis Vr höher zu veranschlagen als der von Wruken. Der Eiweißgehalt ist ungefähr 2 3mal so hoch, was immerhin schon eiüe gewisse Rolle spielt. Die Blätter stehen in ihrem Futterwert dem von Zuckerrübenblät­tern ziemlich nahe, wenn sie diese auch nicht erreichen. Das Verhältnis von Blatt zu Stamm ist etwa 20:80. also stark zuungun­sten der Blätter verschoben.

2. Blätter- und Kuhkohl liefert bei dauern- dem regelmäßigen Abblatten nennenswerte Mengen eines hochverdaulichen eiweißreichen Futters, das in seinem Futterwerl dem von Zuckerrübenblättern ziemlich ähnlich ist

3. Fester grüner Markstammkohl (Kale Marrow Stem Green) wird grün vom Felde gefüttert und eingesäuert. Der Futterwert von Stamm und Blättern ist ähnlich zu be- urteilen wie bei den beiden vorhergehenden Kohlarten. Zu berücksichtigen ist aber, daß mit zunehmendem Alter eme stärkere Aus­bildung des Stammes stattsindet.

Während junge Pflanzen ein Verhältnis von Blatt zu Stamm wie 60:40 haben ist es bei älteren fast umgekehrt. Junge Pflan- zen haben also, wenn man sie insgesamt be­trachtet. einen höheren Eiweißgehalt als ältere. Allerdings ist zu beachten, daß sie auch einen höheren Wassergehalt besitzen. Man wird also Markstammkohl als Nach­frucht hinter Wickgemenge, Wintergerste usw. anbauen, wenn man Wert aus ein möglichst eiweißreiches Futter legt. Er ist dann etwa grünem Klee von mittlerer Güte zu verglei­chen. Legt man aber Wert auf möglichst hohe Erträge, dann muß man den Mark­stammkohl als Hauptfrucht anbauen. Man bekommt dann allerdings ein Futter, das

einen wesentlich geringeren Eiweißgehalt be­sitzt. Füttert man ihn an Kühe, so wird man zweckmäßigerweise bei Milchkühen mit einer Leistung von mehr als 78 Liter Milch je Tag schon eiweißreiches Beifutter geben müs­sen. Bei 1012 Liter Milch und mehr wird man aber immer Eiweißbeifutter reichen müs­sen, selbst bei Verfütterung von jungem Markstammkohl. Berücksichtigt man, daß in einer Futterkohlernte erhebliche Futtermen­gen vorhanden sind, so leuchtet ohne weite­res ein, daß der Kohl nur auf kräftig ge­düngtem Boden angebaut werden soll. Es ist unbedingt notwendig, für ein kräftiges Wachstum alle erreichbaren Vorbedingungen

zu schaffen. Ist dies nicht der Fall, dann werden nur schwache Pflanzen wachsen, die einen geringen Futterwert besitzen als kräf­tig gewachsene. Sie sind stärker verholzt und deswegen schlechter verdaulich, abgesehen da­von, daß der Ertrag je Flüche zu gering wird.

Man hat im Futterkohl eine Pflanze, die bei sachgemäßer Einfügung in die Wirtschaft sicher in der Lage ist, eine beachtenswerte Rolle zu spielen. Man wird mit dem Mark­stammkohl und den Blätterkohlarten in der Lage sein, bis in den Januar hinein den Milchkühen frisches Grünsutter geben zu können.

Dle ZuMlMlmg

Drillmaschinen und Hackmaschinen brau­chen zu ihrer Bedienung sehr viel menschliche Arbeitskräfte. Der Gespannführer, der Steuermann und schließlich noch eine Person, die die Schare bei Verstopfen anhebt und

aufpaßt, daß der Sämechanismus richtig ar­beitet. Also zusammen drei Mann.

Das Führen der Pferde und das Steuern der Maschinen kann aber bequem von einem Mann ausgeführt werden, wenn die Drill­maschine und die Hackmaschine mit einer F u ß st e u e r u n g ausgerüstet sind. Der

Mann hat nicht mehr die Mühe des Laufens auf dem lockeren Saatbeet, sondern sitzt auf der Maschine m^> benutzt die Füße nicht mehr zur Fortbewegung seiner Person, son­dern zum Lenken der Maschine. Für die Pferde ist die Vergrößerung der Zug­leistung so gering, daß sie nicht ins Ge­wicht fällt. Dafür aber muß der Steuer­mann etwas mehr aufpassen, daß er die Pferde lenken muß und gleichzeitig dar­auf zu achten hat, daß die Maschine Spur hält.

Nun weiß ei« jeder so ungefähr, wie­viel Tage er im Jahre feine Drill­maschine auf dem Felde braucht, also wieviel Tage er mit dem Sohn oder dem Knecht über das Feld laufen muß. Ist es der Sohn, dann kostet er ja kein bares Geld, ist es der Knecht, so kann sich der Bauer genau ausrechnen, wieviel ihn die Bedienung der Maschine kostet. Er kann weiterhin ausrech.ren, wieviel er spart, wenn er einen Mann an der Drillmaschine weniger gehen hat. Aber damit ist es noch nicht getan. Denn als guter Betriebswirt muß er sich fragen, was der freie Mann, sei es der Sohn, der Knecht oder gar der Bauer selbst, wohl in der Zeit an wertvoller Arbeit machen könnte, wenn er nicht mehr wie

früher an die Drillmaschine gebunden ist. Die Gegenrechnung für diese Einsparungen ist dann der Preis für die Fußsteuerung, der ungefähr 15 RM. beträgt. Hier ist also eine Möglichkeit, wo mit einer kleinen Ausgabe vielleicht eine Menge erspart werden kann und wo die Erledigung mancher Arbeit ge­sichert ist, die jetzt durch Mangel an Zeit immer wieder liegen bleibt.

Solcher Maßnahmen gibt es mehrere. Sie sind in jeder Wirtschaft natürlich nicht gleich. Aber in jeder Wirtschaft läßt sich durch oft recht kleine und billige technische Einrich­tungen das Uebermaß an Arbeit Herabdrücken und die Wirtschaftlichkeit erhöhen. Heft 47 der RKTL.-SchriftenErfahrungen und Er­folge mit technischen Hilfsmitteln in bäuer­lichen Betrieben des Kreises Greifenhagen" zeigt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, den Betrieb besser und wirtschaftlicher zu ge­stalten.

Literatur

Die Oelfrüchte. Anbau, Pflege und Verwer­tung. Von Prof. Dr. Johann Wacker, ehern. Vorstand der Württ. Landessaatzuchtanstalt in Hohenheim. Dritte neubearbeitete Auflage. Mit 31 Textabb. (Landwirtsch. Hefte, Heft 32/33).

Verlag von Paul Parey in Berlin SW. 11, Hedemannstraße 28/29. Steif broschiert 2.40 M.

Der Forderung unserer Regierung nach ver­mehrtem Oelfrucht-Anbau will und darf sich heute niemand entziehen. Die große Linie liegt also fest, die technische Durchführung dagegen muß dem Einzelnen überlassen bleiben. Und da wird es Wohl keinen Betriebsleiter geben, der nicht die von Wacker völlig neubearbeitete Schrift über Anbau, Pflege und Verwertung der Oelfrüchte freudig begrüßt. Einer unserer besten Fachmänner auf dem Gebiete des Oel- fruchtbaues zeigt hier in Wort und Bild aus langjähriger Erfahrung heraus, wie man es unter den verschiedenen Verhältnissen anzufan- gen hat, um bei Raps, Rübsen, Senf, Oelret- tich, Mohn, Sonnenblume, Sojabohne und Lein lohnende Erträge zu erzielen. Gerade weil zum Anbau dieser Früchte eine ganze Reihe von Spezialkenntnissen gehört, ist Wsckers Buch heute außerordentlich wertvoll. :

Ser «klintcrii, Kim Ekzeugimg >md seine Bedeutung

Von R. S. Sofmaun, Etndelhos

lieber Herkunft, Anbau und Erzeugung des Grüukerns kann sich der größte Teil der Zeitungsleser meist kein richtiges Bild machen. Wir lassen deshalb im folgenden einen Prak­tiker darüber berichten.

1. Die Erzeugung

Gewonnen wird der Grünkern von Din­kel, auch Spelz genannt, der sich vom eigentlichen oder Nacktweizen bekanntlich da­durch unterscheidet, daß seine Aehrenspindel beim Dreschen zerfallen, während die Körner von den Spelzen fest umschlossen bleiben.

Die eigentliche Erzeugungsstätte des Grün­kerns in Württemberg ist das mittlere Jagsttal mit seinen zehn Anbaugemein­den. Die Ernte des Dinkels zum Zwecke der Grünkernerzeugung setzt dann ein, wenn der Reifezustand so weit vorangeschritten ist, daß sich das Innere des Kornes in wurmähn­lichem Zustand ausdrücken läßt. Spritzt der Inhalt des Kornes noch aus, so kann wohl begonnen werden, jedoch treten dann Ge­wichtsverluste ein. Herrscht während dieses Stadiums hochsommerliche Witterung, die den Dinkel rasch reifen läßt, so muß der Bestand täglich nachgesehen werden. Sonst kann es Vorkommen, daß man statt einem grünen einen gelben oder, wie man örtlich sagt, einenscheckigen" Grünkern bekommt. Um dieser Gefahr zu begegnen, verteilt man vorteilhafterweise den Anbau möglichst auf Süd- und Nordlagen. Durch diese Vertei­lung kommt der Bestand nicht auf einmal zur Reife und es ist infolgedessen möglich, nur erstklassige Ware zu erzeugen. Der Din­kel wird von Schnitterinnen mit der Sichel geschnitten und zwar immer Handvollweise. Bei 4 bis 5 Schnittern sind 2 Reffer, das heißt Mannspersonen, die an einem beweg­lichen Instrument der Resse, stehen, und den Dinkel durch den engen Kamm der Reffe strei­fen, um die Aehren vom Halm zu trennen. Die Aehren fallen in einen angebrachten Sack oder Kasten. So wird fortgefahren, bis man eine Anzahl Säcke voll hat, je nach Fassungs­vermögen der Grünkerndarre.

Bei heißer Witterung muß das in den Säcken leichter Erhitzung ausgesetzte Korn mit Stroh abgedeckt werden, sonst kann es Vorkommen, daß die Körnerleichenblaß" werden. Ein guter Gedanke war es, die Be­

nutzung der Dreschmaschine für diese Arbeit kn Stelle der Handresse zu verbieten, welche nur auf Kosten der Güte gegangen wäre. Nun kommt das Korn auf die Darre, die in der Hauptsache aus einer seingelochten, eiser­nen Blechpfanne besteht, deren Maße bis zu 14 Millimeter erreichen, unter der ein Feuer unterhalten wird, und die während der Hochbetriebszeit Tag und Nacht benützt wird. In dieser Pfanne werden die Grünähren ge- dört. Die mit dem Dörren verbundene Ar­beit, das 20- bis 30malige Umschauseln in­nerhalb etwa 3 Stunden, ausgeführt zu jeder Tag- und Nachtzeit, ist wohl die schwerste, anstrengendste und unangenehmste. Während und hauptsächlich am Schluß dieser Arbeit beweist sich das Können des Einzelnen, je nachdem zu seinem Schaden oder zu seinem Nutzen.

Das nun so gedörrte Erzeugnis wird, nachdem es abgekühlt ist, mittels Dresch­flegel oder Dreschmaschine gedroschen, aller­dings muß die Umdrehungszahl der Dresch­trommel zu diesem Zweck wesentlich herab­gesetzt werden. Nachdem das Korn noch über die Windfege gegangen ist, wird das Korn in die Mühle gefahren und dort gegerbt, der Kernen vom Spelz getrennt und nun sieht man zum erstenmal das Erzeugnis, wie es geraten ist, ob grün oder scheckig, richtig gedörrt oder verbrannt. Mt dem nun vollständig fertigen Suppenerzeugnis geht es dann zum Lagerhaus oder zur Auftauf­stelle, woselbst die Bonitierung in Ouali- tätsklassen vorgenommen wird und der wirklich sauer verdiente Preis gezeichnet wird.

2 . Absatz und Verbrauch

Was man schon jahrelang angestrebt, ist im Jahr der nationalsozialistischen Erhebung rasch und mühelos erreicht worden, nämlich die Kontingentierung der Grün­kernerzeugung. Durch diesen organi­satorischen Zusammenschluß wurde die wei­tere Ausdehnung der Erzeugung verhindert und uns Landwirten (die meisten haben nicht so viel Grund und Boden, daß sie den Ehrentitel Bauer tragen dürfen) eine feste Erzeugungsmenge zugeteilt und damit eine Existenzgrundlage gesichert. In Anbetracht der seitherigen schwierigen Absatzverhältnisje

war dieser Zusammenschluß höchst notwen­dig. Jedoch konnte auch durch diese Maß­nahme der Verbrauch nur wenig verbessert wenden. Heute noch sind in den Aufkauf­stellen ganz erhebliche Vorräte vorhanden. Dieser Uebelstand hat eine wesentliche Ur­sache in der bis heute fehlenden Werbung; aber auch in der Gleichgültigkeit großer Teile des Verbrauchertums. Kommt man doch immer wieder in Gasthöfe, deren Speise­karten alle Suppenarten in- und ausländi­scher Herkunft aufweisen und bei denen nur die Grünkernsuppe fehlt. Aber auch sonst ist der Grünkern oft noch unbekannt. Dabei ist die Grünkernsuppe in bezug auf ihren Nähr­wert den ausländischen Suppen, wie Reis, Sago weit überlegen. Das beweist auch die nachstehende Gegenüberstellung. Ganz ab­gesehen von dem volkswirtschaftlichen Inter­esse, das mit dem Verbrauch des Grünkerns verbunden ist, und der von anerkannten Wissenschaftlern unterstrichenen Tatsache, daß die Erzeugnisse des Heimatbodens für den Menschen am zuträglichsten sind. Nach den Angaben von Professor Mach, Land­wirtschaftliche Versuchsanstalt Augustenberg, enthält der Grünkern im Vergleich zu Reis folgende Nährwerte:

Grünker» Reis Rohprotein (Eiweiß) .... 11,8 7,88

Fett. 1,85 0,53

Kohlehydrate . 68,22 77,79

Der Deutsche aber ist immer noch für alle hochklingenden und ausländischen Namen sehr empfänglich. Mancher Verbraucher und manche Hausfrau hätten hier noch gleichzu­schalten. Vielleicht wäre es auch gut, wenn man der Grünkernsuppe einen Namen gäbe, der mehr Reiz ausüben würde, zum Beispiel Deutsche Edelkornsuppe" oderDeutsche Vollkornsuppe" oder so ähnlich, und wenn man all den Spitälern, Anstalten, Kasinos, Heeres- und Arbeitsdienstküchen eine gewisse Menge zuweisen würde, dann würde auch dadurch der Verbrauch ganz erheblich ge­steigert. Auch hier kann jeder durch die Tat mithelfen am deutschen Aufbauwerk.

Herausgeber: Lanöesbauernschaft Württemberg und Hohenzollern. Für Len Inhalt verantwort»»:

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