Seite 6 Nr. 168

Der Gesellschafter

Montag, den 23. Juli 1934.

DI« k'sdrt der 2000 Xüometer

Mtimm und Maschinen im Kamps durch Nacht und Stand

Bessere Durchschnittszeiten als erwartet / Sie württembergischeu Andrer schneiden gut ab

Ms wir uns in der Nacht zum Samstag auf den Weg in die berühmte Stadt der warmen Quellen machten, ließen wir es uns kaum träumen, eine derartige Fülle von Autos und Passanten anzutrefsen, wo sonst gemeinhin die friedliche Geruhsamkeit ihre Stätte hat. Baden-Baden hatte sich wahr­haftig zu einer Art moderner Autobahnhof hastig zu einer Art moderner Autobahnhof, in dessen Wirrwar sich selbst die Eingesesse­nen kaum mehr zurechtsanden, entwickelt. Das nimmt nicht weiter wunder, wenn man erfährt, daß noch nie eine so große Anzahl Volksgenossen mit eigenen Automobilen und Motorrädern an einer so schweren Zerreiß­prüfung, wie es die 2000-Kilometer-Fahrt darstellt, teilnahm.

Es ist gegen 3 Uhr noch liegt die Dun­kelheit über den Vorbergen des Schwarzwal­des als Obergruppenführer H ü h nlei n das Startzeichen gibt, mit dem der erste Wa­gen auf die weite Reise, quer durch Deutsch­land geschickt wird. Polizeigeneral Ta- luege und Dr. Schifserer vom Poli- zeisportvereiu Berlin starten als Erste in der Wertungsgruppe VI, die bekanntlich die Kraftwagen bis 1000 ccm umfaßt. Ju regel­mäßigen Abständen folgen daun die übrigen Wagen der kleinen Klasse, die gleich ordent­lich ausdrehen können, da ja die erste Etappe nur ebene Geraden aufweist. Am Startplatz haben sich natürlich viele Schlachtenbummler angesammelt; vor allem haben es sich dis Kurgäste nicht nehmen lassen, dem Auftakt der einzigartigen Fahrt durch Deutschland beizuwohnen.

Kurz vor 5 Uhr wird der erste Wagen der schweren Klasse in Stellung gebracht. Als Insassen erkennen wir Prinz von Schau mburg-Lippe und M erz- Untertürkheim. 84 Stundenkilometer werden von dem schweren Mercedes-Benz-Wagen erwartet. Wir wünschen den beiden uns nicht UnbekanntenFrohe Fahrt"; wissen Wohl und das Ergebnis des ganzen Ta­ges bestätigte es uns auch daß es gerade die schweren Wagen sind, die aus den weni­ger guten und vor allem kurvenreichen Stra­ßen besonders schwer zu schassen haben. Das­selbe gilt noch mehr von den Wagen der 400-Kubikzentimeter-Klasse, die auch am Schluß einen außerordentlich starken Aus­fall zu verzeichnen hatte. Ueberdies startete in dieser Klasse eine vollständige Mercedes- Mannschaft mit Geyer, Henne und KaPPler am Steuer. Diese Wagen müssen mit 88 St.-Kilometern den höchsten Durch­schnitt aller Wagen erzielen.

Uebrigens kam es beim Start derRiesen" zu einem leichten Zwischenfall. Als einer der letzten war L e h m a n n-Groß-Gestroße ge­startet. Der Fahrer kam aber kaum 100 Me­ter weit, denn bereits an der ersten Kurve kam es zu einer Karrambolage mit einem Chauseestein, der den Fahrer zur Ausgabe zwang.

Um 7.30 Uhr, also bereits 4Ve Stunden nach dem ersten Startzeichen, begaben sich die Wa­gen der Wertungsgruppe IV auf die Bahn. In dieser Klasse starteten die Fabrikmann- schasten und die Mannschaften des Reichs­heeres. Als letzte Wertungsgruppe ging die Gruppe III an den Start. Unter den 41 Wa­gen befanden sich auch 2 Italiener. Der letzte Wagen wurde schließlich um 9.25 Uhr ent­lassen.

Das Feld der 603 Wagen beschlossen zwei Kontrollwagen des DDAC., die bei Un- glückssällen die erste Hilfe leisten und et­waige Zeitüberschreitungen nachzuprüsen hatten.

Auf der Strecke

Tie riesige Zahl der Fahrtteilnehmer in Baden-Baden brachte es natürlich mit sich, daß zu der Zeit, da die letzten Wagen abbe­lassen wurden, die zuerst Gestarteten bereits die erste Kontrollstelle in Freiburg Passiert hatten.

Um 5.25 Uhr, mit 17 Minuten Vorsprung vor der Sollzeit, kam als Erster derKlei­nen" ein DKW.-Wagen durch Freiburg (120 Kilometer) durch. Leider sing es kurz hinter Freiburg zu regnen an. Die Straße wurde dadurch spiegelglatt, was natürlich die der Fahrer aus die schwerste

EigenberichtderNS. -Presse

kamen als Erste zwei Fiat-Wagen um 9.35 Uhr durch die Stadt.

Die Meldung von der Durchfahrt der 2000- Kilometer-Fahrer in Augsburg war sofort in ganz München bekannt geworden. Vor dem Braunen Haus hatte sich inzwischen eine unübersehbare Menschenmenge eingefunden. Um 10.15 Uhr erreichte dann der erste Teil­nehmer München. Sämtliche Wagen, die nach ihm ankamen, gehörten der Masse bis

Hakenkreuz und die schwarz-weiß-rote Flagge empor. Anschließend überbrachte Brigade­führer Dev enter den Motorfahrern die besten Wünsche des Obergruppenführers Hühnlein für einen guten Verlauf der Fahrt. Er betonte, daß diese Fahrt in ihrer Eigen­art einzig dastehe in der ganzen Welt. Iyr Zweck sei nicht die Erzielung von Spitzen­leistungen, sondern von guten Durchschnitts­leistungen,

über das Zielband ging. Inzwischen war di« Zuschauermenge stark angeschwollen und der Prinz wurde mit stürmischen Heilrufen in Empfang genommen, während der Mercedes- Benz mit einem großen Lorbeer versehen wurde.

Die ersten Motorradfahrer ..

in Baden-Baden waren die Stuttgarter Pfisterer und O. Fischer (NSU.). Gleich da­hinter folgte ein ganzes Rudel von Maschinen. Das Abschneider: dieser Seitenwagen (bis 600 ccm) war besonder» erfreulich, waren doch im Vorjahre 4 starke Ausfälle zu verzeichnen. Der erste Wagen der schweren Klasse mit Bernet am Steuer traf 7.35 Uhr ein. Eine Mi­nute nach dem Mercedes langten die drei BMW.-Maschinen geschlossen im Ziel an und waren damit die ersten der Wertungsgruppe V

Oie letzten 8ti>v- deii v»r der 2000- LNoiueter-k'aiirt

keclits: Die usliiiie der ÄIot»r- rüder in I-eipriA. Die Parade der dlarwtiiiien auk dein UeiclisZerictits- plutr dot einen üvervvültizenden Anblick. Iünl<8: Der k'ükrer lies deutselien lirutt- kslirsports, Ober- gruppenkiilirer Hiilinlein, begrüüt in Laden-Baden ciis italisniselien weit- nelnner von der Leivgarde >Iu88o- liniL

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1000 ccm an. Bis 11 Uhr hatten 14 Wagen! Innenminister Dr. Fritsch führte u. a. aus.

Steuerkunst

Probe stellU.^W Freiburg wurden die ge- ^ Flaggenparade und zum letzten Appell forderten Sollzerten gut eingehalten. Mit ^ Fahrt an. Um 12 Uhr traf der

wenigen Minuten Abstand traf eine Maschine des Reichsstatthalters Mutschmann

die Kontrollstelle München passiert.

lieber den weiteren Verlaus der Fahrt be­richtet uns einer der Teilnehmer, daß die Wetterlage im allgemeinen günstig gewesen sei, daß jedoch in der Umgebung von Ber­lin die Straßen von einem kurz zuvor nieder­gegangenen Regen so glitschig gewesen seien, daß die Sollzeiten nicht hätten erzielt wer­den können. Der schwierigste Teil der Strecke war zweifellos die nächtliche Fahrt durch das Harzgebirge, wo es bei verhältnismäßig schlechten Straßen auch zahlreiche Ausfälle gab.

Die Zahl der Ausfälle hielt sich im übri­gen in erträglichen Grenzen. Einer der ita­lienischen Fahrer erlitt bei einer Fahrt über einen Graben einen Rippenbruch, ein anderer einen Oberschenkelbruch und wieder ein anderer eine Gehirnerschüt­terung. Auch Polizei-General Daluege hatte das Pech, einige 100 Kilometer vor dem Ziel aus dem Rennen ausscheiden zu müssen. Leider ereignete sich auch ein töd­licher Unfall. Der Münchener Fahrer Frentzen erlitt in der Nähe von Ingolstadt einen Achsenbruch, wobei sich das Fahrzeug überschlug und der Fahrer so schwere Ver­letzungen erlitt, daß er bald darauf starb.

In diesem Zusammenhang ein Wort über die treue Streckenwartung durch die Motor­SA. Weit über 150 000 SA.-Männer hatten den Ordnungsdienst der 2070 Kilometer lan­gen Strecke übernommen. In disziplinierter Bereitschaft trug sie wesentlich dazu bei, den technischen Erfolg dieser Prüsungsfahrt so hervorragend wie möglich zu gestalten. Ohne ihre Mitarbeit wären die Zeiten nicht so vorzüglich geworden; daher gebührt auch ihr trotz aller Würdigung der von den Fahrern selbst gebrachten Anstrengungen, der wohl­verdiente Dank.

Bei den Motorradfahrern in Leipzig

Auf dem sahnengeschmückten Reichs­gerichtsplatz, der seit den frühen Morgen­stunden in ein Heerlager für die an der 2000-Kilometer-Fahrt teilnehmenden Motor­räder verwandelt war, traten am Sonn­abend mittag die Fahrer zur feierlichen

nach der andern ein.

Erfreulicherweise war der Regen, der kurz hinter Freiburg einsetzte, nur von kurzer Dauer. Bis Augsburg (486 Kilometer) lagen immer noch die kleinen Wagen vorne. Dir übrigen Klassen hatten ihre Sollzeiten «tsrtall» aut einaebalten. In Auasburg

und der sächsischen Landesregierung, Innen­minister Dr. Fritsch, ein.

Nach dem Abschreiten der Front der Mo- tor-SA. stiegen unter den Klängen des Horst-Wessel-Liedes an den zu beiden Seiten der Freitreppe errichteten Fahnenmaste« die

daß diese Fahrt unter zwei Gesichtspunkten zu betrachten sei. Einmal sollten die Ma­schinen zeigen, was deutsche Werkmanns­arbeit zu leisten vermag zum andern aber solle die Fahrt eine harte Prüfung für die Fahrer sein.

Der Sportkommissar der 2000-Kilometer- Fahrt, Grunewald, richtete an die Fah­rer die Mahnung, Sports- und Kamerad­schaftsdienst walten zu lassen. Sodann wurde durch Schallplatten die Rede übertragen, die der Obergruppenführer Hühnlein am Frei­tag in Baden-Baden aus Anlaß der sport­lichen Mobilmachung der 2000-Kilomter- Fahrt gehalten hat. Mit einigen Schlußwor­ten des SA.-Gruppenführers Schepmann an die Motor-SA., endete der Appell.

Wieder in Baden-Baden!

Herrschte bereits am Samstag früh in Baden-Baden ein großes Durcheinander, so war dies noch mehr am Sonntag der Fall. Be­reits um 6 Uhr früh war aus Rastatt die Nach­richt gekommen, daß zwischen 6 und 7 Uhr in Baden-Baden die ersten Fahrer zu erwarten seien.

Um 6.08 Uhr traf auch tatsächlich der erste Wagen ein Fiat mit den Berlinern B i- galke und von Tippelskirch am Steuer ein. Da eigentlich noch niemand mit einer so frühzeitigen Ankunft gerechnet hatte, war die Zahl der Zuschauer noch nicht allzu­groß, aber der bei der Ankunft einsetzende Bei­fall war doch nicht weniger herzlich.

Und nun stellte sich eine ganz erstaunliche Tatsache heraus: die Berliner hatten nämlich gegenüber der Sollzeit nicht weniger als 7 Stunden und 13 Minuten herausgeholt. Nun, sie sahen auch danach aus! Das Auto ganz ver- dreckt, die Fahrer nicht minder aber die Hauptsache ist doch schließlich der Erfolg.

Um 6.34 Uhr erschien gleichfalls wieder ein Fiat: der Berliner Neumann mit dem Magde­burger Heime als Beifahrer, welche ebenfalls 7 Stunden gewonnen hatten. Die nächsten Wa­gen mit Jselmaier (Mannheim), K. Reichert (Wiesenthal) und A. Klein (Berlin) mit W. Bohres (Bad Sarrow) kamen nahe an den 7-Stunden-Vorsprung heran. Obgleich es nicht der Sinn der2000 Km. durch Deutschland" ist, und ihm vielleicht widerspricht, eine mög­lichst gute Zeit zu fahren, so ist die gewaltige Leistung dieser Kleinwagen doch anzuerkennen.

Die eigentlich zuerst wieder erwarteten Wa­gen der Klasse II (3- bis 4000 ccm) wurden von dem Prinzen zu Schaumburg-Lippe (Mer­cedes-Benz) angeführt, der hier um 6.50 Uhr

(Kraftwagen über 10001500 ccm). Dann liefen in bunter Reihenfolge Seitenwagen­maschinen und Fabrikwagen ein. Der erste Ausländer war der Däne Dalsgard auf Ford (3200 ccm). Er lag 48 Minuten unter der Soll­zeit; kann aber immerhin eine Bronzeplakette mit in seine Heimat nehmen. Gegen 9 Uhr kam Obergruppenführer Hühnlein in Baden-Baden ein.

Die vorläufigen amtlichen Ergebnisse:

Wertuugsgruvvc I (Kraftwagen über 4MW ccm)

88 Stdkm. Geschwindigkeit: Von 20 gestarteten Wagen gewannen nur 2 den Preis der 2000-Km.- Fahrt in Gold: 1. H. I. Bernet (Berlin)-Müller (Untertürkbeim auf Mercedes-Benz vlus 42 Min.: 2. Uhlenhaut-Wemmer (Untertürkbeim) Mercedes- Benz vlus 84 Min.: den Preis in Silber erbielt: Frank (Rofenthal)-Graf v. Blatten-Hallermund (Berlin) auf Mercedes-Benz mit 6 Min. unter der Sollzeit. Der Mcrceöesfabrer Geyer (Untertürkbeim), der Lindenmeier zum Weggenossen batte, erreichte mit 1:40 Std. Verspätung das Ziel, während die Koven- kagener Beyer-Clausen und Skiödt auf Ford mit 2:48 Std. Verspätung einkamen. In dieser Klasse war vor allem der Durchschnitt bis zur ersten Zcitkontrolle in München recht öoch und es war eine Unmöglich­keit für die meisten anderen Kabrer, die Zeit, die bei den drei Bergfahrten im Schwarzwalb verloren ging, bis München wieder einzuholen.

Wertungsgruvve H (Kraftwagen über 8000-4000 ccm.) ^ 84 Km. Durchschnittsgeschwindigkcit): Von 48 gestarteten Fahrzeugen holte sich nur Prinz zu Schanmburg-Lipve mit Kuhn auf Mercedes-Benz (plus 19 Min.) den Preis in Gold. Den Silüervreis sicherte sich Hentschel (Hannover) mit Hannemann (Berlin) auf Ford. Zwei Ausländer gewannen den Preis in Bronze. Dalsgard (Kopenhagen) auf Ford (minus 48 Min.), dann der Holländer van de Kamp auf Ford mit minus 81 Min. Auch in dieser Klasse war die Zeitüberschreitung in München beträchtlich.

Wertungsgruvve III (Kraftwagen bis 8000 ccm)

- 80 Stdkm. Durchschnittsgeschwindigkeit): Von

48 gestarteten Wagen erhielten 15 die goldene, 7 die silberne und einer die bronzene Medaille. Die gol­dene erhielten Kippen (Berlin), bester Fahrer, 1:16 Std. unter Sollzeit, auf Mercedes-Benz: Goll-Hin- terlcitner (München) auf Horch, Sanzizell auf Horch: H. und F. Trübschbach (Chemnitz) aus Horch, H. Osfmann (Frankfurt a. M.) auf Adler, Hedderich (München) aus Mercedes-Benz: Natbusius (Magde­burg) auf Mercedes-Benz: Plange (Düsseldorf) ans Mercedes-Benz: Prinz B. H. von Essen (Berlin) aus Mercedes-Benz: Brewitsch (München) ans Stocwer: B. Eberle (Asfenheim) auf Lancia und S. Guten- but (Hannover) auf Hannomag, ferner Hrl. Bach (Berlin) ans Bugatti. , ^

Wertungsgruvve IV (Motorräder mit Seitenwagen über 600 ccm) - 66 Stdkm. Durchschnittsgeschwin- diakcit: Bon 176 gestarteten Fahrern erhielten 80 die goldene, 9 die silberne und 2 die bronzene Medaille. Bester Fahrer war Frey (München), der 1:41 Std. unter seiner Sollzeit blieb.

4v« Aktive starten

Die endgültige Entscheidung, ob Amerika an den Olympischen Spielen in Berlin 1936 teilnimmt, wird bereits in den nächsten Tagen fallen. Wie der Sekretär der Ama- teur-Athletik-Associa.ion von USA. bei seiner jetzigen Anwesenheit in Stockholm mitteilte, ist an der Beteiligung Amerikas nicht zu zweifeln. Es sind auch bereits alle Borde- reitungen getroffen und es ist vorgesehen, rund 400 Aktive nach Berlin zu ent- sende«.