Nr. 167

Samstag, 21. Juli 1934

108. Jahrgang

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GrenzlMdenWW im Werste« K«Ws

Erregung an der Smr§ Die Deutschen Eupen-Malmedys Staats­bürger minderen Rechts Entrechtetes Memelland

Das Neueste in Kürze

Im Saargcbict sind 2V Zeitungen verboten worden, weil sie der Empörung über den Einbruch des Emigranten Matz in die Landesleitung der Deutschen Front Ausdruck verliehen haben.

In Bremerhaven sprach Dr. Leh anläßlich der Dause des neuen UrlauberschiffesDer Deutsche" über die OrganisationKraft durch Freude".

In einer Dhnamitfabrik bei Perpignan in Frankreich ereignete sich ein Explosions­unglück, bei dem zwei Arbeiter getötet wur­den.

In Kleingartach im Leintal brach ein Grotzfeucr aus, dem drei Häuser zum Opfer fielen.

An der Bolivia-Front soll es den paraguayischen Truppen gelungen sein, den stärksten Massen- «mgriss der Bolivianer blutig zurückzuschlagen.

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Myhls -"UM" Wer dasarme, mHMaWM und friedfertige Krankreich

ZI. Paris, 20. Juli.

Obwohl die innerpolitischen Schwierigkei­ten im Augenblick den Vorrang in der fran­zösischen Presse einnehmen, findetJournal" doch Zeit, sich mit dem Vesuchdesdent- fchen Botschafters Köster beim Außenminister Barth ou zu beschäf­tigen. Ter Besuch soll danach rein informa­torischen Charakter gehabt haben. Die Neichsregierung könne zu den Ostlocarno- Plänen kaum in Bälde Stellung nehmen, da es nicht nur zwischen Paris und Berlin, sondern auch zwischen Paris und London wesentliche Meinungsverschiedenheiten gäbe, die vor allem in den Beziehungen zwischen dem Pakt und der von Deutschland geforder­ten Nüstnngsgleichheit bestehen.

Unklar ist auch, wieviel Staaten an diesem Pakt tcilnehmen werden. Barthou wollte in den Pakt das Deutsche Reich, Polen, Sowjet­rußland, Finnland, Estland, Lettland, Litauen und die Tschechoslowakei einbezogen wissen. Die Neigungen in diesen acht Staaten sind aber so verschieden, daß man den Umfang desOstlocarnos noch gar nicht fest stellen kann.

Im nbrrgen herrscht in Paris einige Ver­stimmung über eine zweifellos von hoher Stelle veranlaßte GlossS imPopolo d'Jtalia", die sich mit bei­ßender Ironie gegen Frankreichs angeblich mangelnde Sicherheit" wendet.

Eine neuer SOS.-Ruf, so schreibt derPo- polo", sei diesmal vomPetit Journal" aus­gesendet worden.Petit Journal" teilt mit. daß sich die französische Flugwaffe nur aus veralteten und unschädlichen Apparaten zu­sammensetze. Die nackte Wirklichkeit, bemerkt hierzu Mussolinis Blatt, verbiete, die Frage der Quantität wieder aufs Tapet zu bringen und so orientiere sich der französische Alarm diesmal nach der Frage der Qualität hin. Flugapparate seien genug da, aber was zähle das schon, meint derPopolo" ironisch.

Es handle sich dabei um Material, bas so veraltet sei, daß einem schon der Schauer überkomme bei dem bloßen Gedanken, sich einem solchen Ding nur anvertrauen zu müssen. Mordinstrumente? Wenig mehr als die ältesten Kompasse! Radio? Es funktio­niere nicht! Waffen? Altes Gerümpel! Photo­graphisches Material? Geradezu prähisto­risch! Munition? Aeußerst mangelhaft! Kurz und gut, die französische Aeronautik existiere praktisch nicht, man müsse sie neu schassen. Es seien einige Milliarden nötig, um eine Militärfliegerei zu schaffen, die zwar keineswegs schon vollkommen, aber immerhin annehmbar sei. Dann erst, sagt Popolo d'Jtalia. wird Frankreich, dieses arme, nn- bewaffnete und friedfertige Volk, seine Sicherheit haben, wenn es das mächtigste Heer, die mächtigste Marine und die mach- bgste Luftwaffe der ganzen Welt hat.

kk. Berlin, 20. Juli. ^

Rings um Deutschland, jenseits der Ver­sailler Grenzen, steht das Deutschtum im schwersten Ringen um seine Lebensrechte. Re­gierungen, die weniger ihrem Lande und ihrem Volke als jenen dunklen Mächten dienen, deren Ueberwindung durch das natio­nalsozialistische Deutschland erst dem deut- 'chen Volke wieder neue Lebenskraft gegeben hat. glauben, den Raub primitivster Rechte an Deutschen begehen zu müssen, die ihrem Schutz unterstellt worden sind.

Die schwere Herausforderung der Saarbevölksrung

durch die nur als Einbruch zu bezeichnende Haussuchung bei der Landcsleitung der Deutschen Front hak im ganzen Saargebiet ungeheure Erregung hervorgcrufen. Die Ne­gierungskommission, die als Beauftragte des Völkerbundes das Saarland zu verwalten hat, hat wieder bewiesen, daß sie dieser Auf­gabe unparteiisch nachzukommen allein An­scheine nach gar nicht den Willen hat. Sonst könnte sie nicht einen Emigranten, den jeder anständige Deutsche ablehnt, mit der Haus­suchung betrauen. Ilebercinstimmend stellt die saarländische Presse fest, daß Matz bei der Bevölkerung nicht eine Spur von Vertrauen besitze. Man dürfe gespannt sein, was man Sem Freiwilligen Arbeitsdienst fürSchand­taten" werde Nachweisen können. Es wäre besser, wcnn man einmalinden Brutstätten der Emigranten und Marxisten Haussuchung hielte, wo man gewiß handgreifliches Material über dis einzig möglichen Quellen einer Gefähr­dung der Ruhe und Ordnung im Saargebiet fände.

Wenig weiter nördlich, in dem 1920 durch die Abstimmung von 271 Personen alle anderen durften nicht abstimmen zu Bel­gien gekommenen

Gebiet von Eupen-Malmedy

hat ebenfalls ein stärkerer Truck auf die 60 000 Deutschen eingesetzt. Mit knapper Mehrheit 85:78 hat die belgische Kam­mer am Donnerstag ein Gesetz angenommen, wonach Personen, die der Abstammung nach nicht Belgier sind, die Staatsbürgerrechte aberkannt werden können.

Es handelt sich hier um eine Vorbeugungs­maßnahme der die Regierung beherrschenden wallonischen Kreise. Die bevorstehende Saar- abstimmnng hat die Frage einer Wieder­holung der Abstimmung von 1920 in Eupen- Malmedv als mögliche Gefahr gerade in wallonischen Kreisen aufgeworfen. Das vor­liegende Gesetz das noch der belgische Senat bestätigen muß bietet nun die Handhabe, allen jenen Heimattreuen Bewoh­nern des Abstimmungsgebietes die Staats- bürgcrreclpe in dem Augenblicke zu entziehen, in dem sie für eine neue Volksbefragung Stimmung zu machen beginnen.

Nicht minder hart ringt im Osten das Deutschtum um sein Recht. Im Südosten Deutschösterreichs, wo der Kampf dem Höhe­punkte nahe sein dürfte, im Nordosten

das Memeldeutschtum.

Planmäßig arbeitet Litauen auf die Ent­rechtung des Memellandes hin. obwohl diese Rechte von den Großmächten garantiert sind. Erst in den wurden wie­

der eine Reihe von Lehrern und Forstbeam­ten ihrer Aemter enthoben, ins Ausland übersiedelte Pensionisten ihrer Ruhegehalte beraubt. Insgesamt hat der gegenwärtige Gouverneur Navakas 175 Memelländer aus dem Staatsdienst, etwa 200 aus dem Dienst der autonomen Organe und etwa 110 reichsdeutsche Beamte und Lehrer entlassen. Nur noch 5 Reichsdeutsche sind im memel­ländischen Staatsdienst tätig. In den näch­sten Tagen schon sollen rund 700 Gemeinde­vorsteher enthoben werden das Memel­land wird litauisiert und die Garantie­mächte schauen tatenlos zu, obwohl die deutsche Neichsregierung erst in den letzten Tagen mehrere Schritte für das Memelland unternommen bat.

Es wirkt ganz eigenartig, daß der britische Lordsiegelbewahrer Eden am Freitag auf eure Anfrage im Unterhaus erklärte, daß Sir Simon wohl eine Note des deutschen Bot­schafters überangebliche" Verletzungen des Memel-Statuts erhalten habe, und daß sich die britische Regierung über diese Verletzung schon mit den anderen Garantiemächten ins Benehmen gesetzt hätte. Aber die deutsche Negierung müsse alle ihre Beschwerden an- gemcssenerweise an den Völker­bundsrat richten.

Dem muß entgegengehalten werden, daß die britische Negierung bisher nichts getan hat, um der planmäßigen Entrechtung des Memeldeutschtums entgegenzuwirken. Tie Verweisung an den Völkerbundsrat stellt aber ein Kuriosum dar; denn bisher war es diplomatische Gepflogenheit, daß sich in inter­nationalen Streitfragen ein Staat mit dem anderen ohne Zwischenstationen auseinan­dersetzt. Dazu kommt noch als erschwerend hinzu, daß die Signatarmächte des Memel- statnts ihre Pflicht gröblich vernachlässigt haben.

KM röcht sich

20 Saarzeitungen für drei Tage verboten Saarbrücken, 20. Juli.

Die Verfügung der Negierungskommission über das Verbot einer Anzahl von saar­ländischen Tageszeitungen ist in den Nach­mittagsstunden zugestellt worden. Es handelt sich nicht nur um die drei Saarbrückener Blätter, sondern das Verbot umfaßt ins­gesamt 20 Saarzeitungen. Es erstreckt sich auf die Dauer von drei Tagen.

In der Verfügung wird aus Art. 12 in Verbindung mit Art. 1 Ziff. 4 der Verord­nung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit vom 20. Mai 1933 hin­gewiesen. In den Zeitungen sei ein Artikel enthalten, der diesen Tatbestand dadurch er­fülle, daß die Durchführung von Maßnahmen der Rcgierungskommission durch solche Polizcibcamte, die von einem Teil der Presse lediglich ans Politischen Gründen aufs schärfste bekämpft würden, als eine Heraus­forderung der Bevölkerung hingestellt werde. Derartige Ausführungen, die an und für sich nur zu geeignet seien, die Staatsautori­tät zu untergraben, könnten als eine ver­steckte Aufforderung oder Anreizung zum Un­gehorsam gegen die Verordnungen der Regie­rungskommission oder der ihr unterstellten Behörden angesehen werden. Sie stellten eine ernste Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar.

§MMche Regierungskrise ulloermeiklich?

Einberufung des Kabinettsrates Marxisten fordern Kammerauflöfung

ZI. Paris, 20. Juli.

Die durch den scharfen Angriff Tar- dieus aus Chautemps im Stavisky- Untersuchungsausschuß der französischen Kammer hervorgerufene politische Krisenlage hat sich in den letzten 24 Stunden verschärft. Die radikalsozialistische Par­tei, insbesondere aber Herriot, hat sich schützend vor Chautemps gestellt und fordert die Zurücknahme der Beschuldigungen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten, widrigenfalls sie ihre Minister aus dem Kabinett abberufen würde.

Herriot hat auch die Einberufung des Kabinettsrates für Freitag durchzusetzen ge­wußt, der noch vor der Entscheidung des Vollzugsausschusses der radikalsozialistischen Partei die Lage klären soll. Dem Kabinetts­rat mißt man außerordentlich große innerpolitische Bedeutung bei. Da er nur im Beisein des Ministerpräsiden­ten Beschlüsse fassen darf, rechnet man da­mit, daß Donmergne seinen Mittwoch an­

getretenen Erholungsurlaub unterbrechen und nach Paris zurückkehren wird.

Damit hat die innerpolitifche Krise, die Frankreich seit vielen Monaten heimsucht, wieder einen akuten Charakter angenommen. Die französischen Marxisten suchen die Ver­worrenheit der Lage auszunützen und haben am Donnerstag in einer scharfen Entschlie­ßung des Verwallungsausschusses der Sozia­listischen Partei Tardieu beschuldigt, für die Parteileitung einer faschistischen Partei zu kandidieren.

Die Entschließung gipfelt in der Erklärung: ..Tie vereinigten Arbeitermassen sagen Tar- dieu den Kampf an. Unter den vorlie­genden Umständen fordern die Sozialisten sofortige Auflösung der Kammer und bekennen sich erneut zu der gemeinsamen Ak­tion mit den Kommunisten."

Nie Aufbauarbeit der deutschen evamslischen Kirche

Berlin, 20. Juli.

In Berlin tagte unter dem Vorsitz des Ministerialdirektors Jäger der in Erfurt gebildete Unterausschuß des Dersassungsans- schusses. dem die Bearbeitung des Verhält­nisses der Landeskirche zur Neichskirche ob­liegt. Außer den grundsätzlichen Fragen der Leitung der deutschen evangelischen Kirche wurde über die Gesetzgebungsgewalt, Ver­waltungsbefugnisse, ferner über die Aufgaben der Landesbischöfe und der verfassungs­mäßigen Organe"der Landeskirchen (Landes­bischof. kirchliche Berwaltungspibs. Synode) beraten. Die Ergebnisse werden in der Form von Leitsätzen zusammengefaßt und den Ende nächster Woche in Erfurt erneut zu­sammentretenden Gesamtausschuß vorgeletzt werden.

KurznacheWm aas dem Reiche

IN. Berlin, 2V. Juli.

Vom NSDIB. wird mitgeteilt, daß entgegen herumlausenden Gerüchten der Verräter von Schleicher niemals dem Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten, angehört hat.

Der Stellvertreter des Führers hat den NS.- Studentenbund sich direkt unterstellt und bis zur Ernennung eines neuen Führers mit der Neu- Organisation seinen Vertrauensmann Pg. Dr. Wagner, München, beauftragt.

Das Propagandaamt der NSG.Kraft durch Freude" teilt mit, daß der Kartenverkauf der NSG.Kraft durch Freude" in den Betrieben »tzw. gestattet ist.

KF. und NdM.

zahlen nur UemalkuaMMbr in der MZ.

kk. Berlin, 20. Juli.

Die Leiter des Jugendamtes und des Schatzamtes der Deutschen Arbeitsfront haben verfügt, daß Mitglieder der HI. und des BdM. an Stelle des Beitrages nur eine Verwaltungsgebühr an die DAF. zu entrichten haben, die bei einem Einkommen bis zu 10 Mk. wöchentlich (40 Mk. monatlich) 20 Pfg., bis zu 25 (100) Mark monatlich 40 Pfg. und bei einem Ein­kommen von 25 (110) Mk. 50 Pfg. beträgt.

Manz des Streikes in San FraaMo

150 Millionen Dollar Schaden, 8 Tote,

197 Verletzte

San Franzisko, 20. Juli.

Der Gouverneur von San Franzisko, M e - r i a m, lehnt es ab, die Nationalgarde aus der Stadt zurnckzuziehen, ehe er nicht Gewißheit hat, daß die Ruhe anhält. Der durch den Streik verursachte Schaden wird bis jetzt auf 150 Mil­lionen Dollar geschätzt. Die Zahl der Opfer be­trägt 8 Tote und 197 Verwundete.

Während in ^ an Franzisko, von dem Hafenarbeiterstreik abgesehen, wieder normale Verhältnisse herrschen, hat sich die Streiklage in Portland (Oregon) weiter verschärft, da die