Seite 8 — Nr. 183
Der Gesellschafter
Donnerstag, den 18. Juli 1931.
Kampf -egen -en Kornkäfer;
M Millionen Mark MrliOen Schadens könnten der Wirtschaft erspart werden!
Was ieder Bauer und jede Saussrau von dem Wtrtschastsschädltng wissen muß
Woher stammt -er Kornkäser?
Vor Jahrzehnten ist unseren einheimischen Erntevorräten ein Feind erwachsen, der sie seitdem ständig bedroht hat. In den letzten Jahren aber hat dieser Schädling eine so ungeheure Ausbreitung genommen, daß nunmehr die Regierung zu einschneidenden Maßnahmen greifen mußte. Es ist der Kornkäfer (calandra granaria), in manchen Gegenden auch Kornkrebs oder Wippe! genanm, der den Ertrag der Arbeit unserer Landwirte bedroht
Die Heimat des Kornkäfers ist unbekannt, vermutlich stammt er aus dem
EI« von -er Larve des Kornkäfers zerfressenes Getreidekor«.
Orient. Fest steht lediglich, daß er heute in den gemäßigten Zonen der gesamten Erdoberfläche verbreitet ist. Man findet ihn in einem südamerikanischen Hafenspeicher ebenso wie in der Scheune eines märkischen Bauern, und im Laderaum eines Ueberseedampfers beginnt er an den dort lagernden sietreidevorräten sein Zerstörungswerk ebenso .Re in der künftigen Heimat, wo er sich bald in erschreckender Weise vermehrt. Durch den Ueberseehandel verschleppt, gedeiht er in den gemäßigten Zonen der Erde am besten deshalb, weil ihm die glühende Hitze und Trockenheit des tropischen und subtropischen Klimas nicht zusagt.
Wie Ml er aus?
Der Schädling, der zur Klasse derRüssel - käfer gehört, erreicht eine Länge bis zu 4,7
Der Kornkäfer und seine Entwicklung. 1. Nus- gewachsener Kornkäser, 2. Querschnitt durch ein Weizenkor« mit einem Ei des Kornkäfers, 3. Larve, t. Puppe.
Millimeter und ist von dunkelbraunem bis schwarzem Aeußeren. Ter Halsschild, hinten so breit wie die Flügeldecken, ist punktiert, während die Flügeldecken selbst gestreift-punktiert sind. Die Flügel sind verkümmert. Das Weibchen ist das ganze Jahr hindurch mit der Eiablage beschäftigt, die lediglich in der kalten Jahreszeit und in ungeheizten Räumen eine Unterbrechung erfährt. Solch ein Weibchen legt täglich ein bis zwei Eier ab. Rechnet
man in geheizten Räumen bis zu vier Bruten im Jahr und die Tatsache, daß die neuausge- schlüpften Käfer sich im gleichen Umfang weitervermehren, so ist leicht zu ermessen, wie bald es auf einem Kornboden von Käfern wimmeln muß, wenn erst einmal einige Tiere dorthin verschleppt wurden.
Wie geht -te Vermehrung vor sich?
Die Eier werden stets in das Innere von Getreidekörnern abgelegt, und zwar bohrt das Weibchen meist an der Stelle, au der sich die Keimzellen befinden, ein Loch, das nach der Eiablage sofort mit einem Schleim verschlossen wird, der bald erhärtet. Nach vollendeter Eiablage ist dem Korn von außen nichts anzusehen. so daß der Schaden erst bemerkt werden kann, wenn es schon zu spät ist. Die Eier des Kornkäfers sind von ovaler Form mit einer weißschillernden rauhen Oberfläche und 0,5 bis 8,8 Millimeter lang. Zumeist wird in ein Korn nur ein Ei gelegt, gelegentlich aber auch zwei bis drei. Je nach der Jahreszeit vergehen acht bis zwölf Tage, bis die Larve ausschlüpft, die bis auf einen braunen Kopf ganz weiß und gekrümmt ist. Die ausgeschlüpfte Larve frißt einen Gang in das Innere des Korns, das sie völlig ausnagt, so daß nur noch die äußere Umhüllung wie ein Gehäuse stehen bleibt. Der Inhalt emes Korns reicht zur Ernährung von zwei Larven aus. Wenn die Larve eine bestimmte Größe erreicht hat, verwandelt sie sich in eine Puppe, die schon deutlich die Merkmale des Kornkäfers trägt. Das Puppenstadium dauert ebenfalls mehrere Wochen, so daß man für die gesamte Entwicklung bis zum Käfer zwei Monate rechnen muß. Der entpuppte Käfer, der vor
treidespeicher einmal verseucht, so kann er nur noch mit großer Mühe gereinigt werden. Mit einer einmaligen Ausräumung des Getreides ist nichts erreicht, denn der Kornkäfer hält sich in den Ritzen des Gebälks und der Dielenbretter, in den dortliegenden Getreideresten auf und verseucht immer wieder die neu einge- brachte Ernte. Dabei muß erwähnt werden, daß der Schaden nicht nur durch den eigent
stoff. Die genannten Mittel find die wichtigsten und auch sicher erprobt, während man über die Wirkung vieler anderer noch im unklaren ist. Trockenbeizmittel wirken eben, falls schnell. Von ihnen werden im besonderen Kupferkarbonat, Tutan, Abavit und Höchster Trockenbeize empfohlen. Ferner gibt es ein Streumittel, das, in das Korn gestreut, durch Entziehung von Wasser den Käfer sofort tötet.
Erprob««« «o« Vernicht««gs- >,litte!« «ege« de« Kornkäfer.
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lichen Verzehr des Mehlkörpers und damit durch die Verminderung der Qualität angerichtet wird, sondern jeder Kornkäfer beherbergt wieder an seinem Panzer zahlreiche Schmarotzer in Gestalt von Spaltvilzen aller Art, die auf dem Getreidespeicher ebenso unerwünscht
So Nebt das von den Kornkäfer« zerfressene Getreide ans.
erst gelbbraun ist und erst später seine dunkle Farbe erhält, verläßt nun seinen bisherigen Aufenthaltsraum, das Getreidekorn, und jetzt auch kann erst das menschliche Auge die Anwesenheit dieses Schädlings feststellen. Kaum ist das Korn verlassen, so beginnt auch das junge Weibchen, so bald es befruchtet worden ist, mit der Eiablage.
Was frißt der Kornkäfer?
Seine Nahrung findet der Kornkäfer, wie schon der Name sagt, in Getreide jeder Art, insbesondere in Roggen und Weizen. Auch Mais und Gerste nimint er gern. Die harte Hülle des Hafers leistet ihm einen gewissen Widerstand, aber in geschältem Zustande ist er ihm ebenso willkommen wie Reis, Hirse, Buchweizen und sogar Eicheln. Aber auch Nudeln und Mackaroni sind nicht vor ihm sicher. In diese Erzeugnisse gelangt er nicht etwa durch die Zutaten wie Mehl usw., sondern er greift das fertiggestellte Material au und setzt dort seine Eier hinein. Nicht ei mal Weizen- und Roggenmehl, Biskuit, Zwieback und Weißbrot sind vor ihm gefeit. SW dienen aber nur dem ausgewachsenen Käser zum Fraß. Ist ein Ge
Uniersuchnn» von Getreide nach Kornkäfer« in der Versuchsstation für Geircideanban in Berlin lOber- reaierunasrat Dr. Zacher mit feinem NMienicn).
sind, Wie er selbst. Diese Schmarotzer machen das Getreide muffig und führen zur Bildung von Klumpen.
M wirksamste Bekämpfung
Soll der Kornkäfer wirksam bekämpft werden, so muß man also zu allererst die dunklen Winkel und Ecken von Getreideresten reinigen. Sauberkeit der Speicher vor Neuaufnahme von Getreidei st Hauptbedingung. Ein fugenloser Fußboden unterstützt weiter die Arbeit aufs beste. Bevor man an chemische Reinigungsmittel denkt, versuche man es mit dem altbekannten Um- schauieln des Getreides, das noch nie seine Wirkung verfehlt hat.
Der Kornkäfer reagiert sofort auf ständige Ortsveränderungen der Getreidemasfen, die er sich zum Wohnsitz erkoren hat, nnd wandert aus. Die schon im Korn befindlichen Eier, Puppen und Larven werden von dieser Maßnahme natürlich nicht betroffen und entwik- keln sich ungehindert weiter. Daher kann das Umschaufeln nur zum Ziele führen, wenn es lange Zeit hindurch ununterbrochen fortgesetzt wird. Dagegen hat sich das bekannte Volksmittel: Ausbreitung von Heu oder Klee vor der Ge- treideeiulagerung als völlig untauglich erwiesen. Wohl befindet sich darin das sogenannte Kumarin. das in großen Mengen aus den Käfer unbedingt tödlich wirkt, aber es ist in Heu und Klee in viel zu geringer Menge enthalten.
Sind die Kornspeicher so verseucht, daß mit diesen einfachen Mitteln nichts erreicht werden kann, so bleiben nur noch chemische Mittel übrig, von denen man sowohl Anstrich- als auch Vergasungsmittel kennt. Erstere sind Anilinöle. letztere Schwefelkohlenstoff und Tetrachlorkohlen»
Merkwürdigerweise hat sich der Kornkäfer gegen Blausäure ungeheuer widerstandsfähig erwiesen.
Auch durch Steigerung seiner natürlichen Feinde — der Käfer ist, wie bereits bemerkt, Träger zahlreicher Schmarotzer und Pilze — haben sich bisher noch keine greifbaren Erfolge erzielen lassen. Selbst die Schlupfwespe, die ein Parasit der Kornkäs rlarve ist, vermehrt sich nicht genügend, um dem Eindringling nennenswerten Schaden zuzufügen. Sehr angriffslustig ist eine bestimmte Milbenart, die aber leider beim Menschen Hautkrankheiten hervorruft und aus diesem Grunde bei der Bekämpfung ausscheidet.
Mklärum lut not!
Bereits im Jahre 1917—18 hatte das Auftreten des Kornkäfers in Deutschland ein bedrohliches Ausmaß angenommen. Heute aber erscheint er in solchen Massen, daß ein rücksichtsloser Kampf notwendig geworden ist. Rund 100 Millionen Mark beträgt jährlich der Schaden, den der Kornkäfer der deutschen Wirtschaft zufügt. Dieser Schaden besteht nicht nur im Substanzverlust des Getreides, in der Verminderung seiner Qualität und der Qualität des Mehles, sondern auch in der Beeinträchtigung der Keimfähigkeit des Saatgutes. Der deutschen Landwirtschaft droht hier wirklich ein Feind, wie er gefährlicher nicht gedacht werden kann. Das wichtigste Mittel im Kampf gegen diesen Schädling sind aber keine Chemikalien, sondern Aufklärung und immer wieder Aufklärung!
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Die Verbreit««« des Schädling»