Der Gesellschafter

Donnerstag, den 18 . Juli 1881 .

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Filme für die Schuljugend

Ein grobzügiger Plan des Berlin, 17. Juli.

Der Reichserziehungsminister Rust hat sich in einem umfangreichen, an die Unter­richtsverwaltungen der Länder und an die Ober- und Regierungspräsidenten gerichteten Schreiben ausdrücklich für die Förde­rung des Films ln der Schule ein­gesetzt. Reichsminister Rust weist in diesem Schreiben darauf hin, daß der Unterrichts­film eines der bedeutungsvollsten Hilfsmittel der Schule sei, das bisher die ihm gebührende Stellung noch nicht ge­funden habe. Erst der neue Staat habe die psychologischen Hemmungen gegenüber der technischen Errungenschaft des Films völlig überwunden, und er sei gewillt, ihn macht­voll in den Dienst seiner Weltanschauung zu stellen.

Auch die deutsche Schule, die von dem na- tionalsozialistischen Staate vor neue und schwierige Aufgaben gestellt sei, könne auf dieses Unterrichtsmittel nicht verzichten. Der Film, der möglichst unmittelbar im Klaffen- unterricht ern'zusetzen sei, solle nicht andere Unterrichtsmittel verdrängen, er solle aber als gleichberechtigtes Lernmittel überall dort an die Stelle des Buches usw. treten, wo das bewegte Bild eindring­licher als alles andere zum Kinde spreche.

Es ist mein Wille", so heißt es in dem Schreiben weiter,daß dem Film ohne Ver- zögern in der Schule die Stelle geschaffen wird, die ihm gebührt; er wird dann, worauf ich besonderen Wert lege, gerade bei den neuen Unterrichtsgegenständen der Rassen- und Volkskunde von vornherein mit einge­setzt werden können. Zur Erreichung dieses Zieles ist eh nötig, daß innerhalb weniger Jahre die deutschen Schulen mit Filmgeräten ausgerüstet werden und daß aus dem engen Zusammenwirken von erfahrenen Lehrern, Fachleuten und Filmschaffenden die erforder­lichen Unterrichtsfilme entstehen."

Reichsstelle für den Unterrichtsfilm

Reichsminister Rust gibt anschließend hier­an bekannt, daß er zur Leitung und einheit­lichen Durchführung seines Vorhabens die Reichs st eile für den Unterrichts­film geschaffen hat. Dieser Reichsstelle ist ein Beirat beigeaeben, der sie in den wich­tigsten Pädagogischen und filmischen Fragen berät und der die Verbindung zu den haupt­beteiligten Behörden und Körperschaften her­stellt. Dem Beirat werden außer je einem Vertreter des Reichserziehungsministeriums, der vier größten Unterrichtsverwaltungen der Länder, des Deutschen Gemeindetages, der Neichsvereinigung der Lichtspielstellen, des NS-LehrerbundeZ vor allem auch ein Ver­treter des Reichsminister- für Volksaufklä­rung und Propaganda angehören. Reichs­minister Rust beabsichtigt demnach, die Pro- bleme filmischer Art. die aus seinem Vor­haben erwachsen, im engsten Einvernehmen mit den zuständigen Ministerien zu lösen.

Diese Zusammenarbeit hat bereits jetzt da­rin ihren Ausdruck gefunden, daß zwischen den beiden Ministerien neue Richt­linien über die Arbeit der Gaufilmstellen der NSDAP, in den Schulen abgeschlossen sind. Die Richtlinen, denen die Reichspropa- gandaleitung (Abteilung Films zugestimmt

Reichserziehungsministers

hat, werden in dem Schreiben des Minister- Rust ebenfalls bekanntgegeben.

Schließlich enthält dieses Schreiben einge­hende Ausführungen über die Finanzie­rung der Film- und Apparatebeschaffung und über die organisatorische und verwal­tungsmäßige Durchführung des Vorhabens.

Es ist zu erwarten, daß der großzügige Plan nicht nur von großem Nutzen für Schule und Erziehung sein wird, sondern daß er auch nicht unerhebliche Bedeutung unter dem Gesichtspunkte des Arbeitsbesch as- sungsprogramms der Ncichsregierung gewinnen kann.

Wann baut Amerika Uebersee-Luftschiffe?

Eine Unterredung mit Präsident Litch- field von der Goodhear-Zeppelin-Cor- poration

Friedrichshafen, 17. Juli. Am Sonntag nachmittag traf Präsident Litchsield der amerikanischen Goodyear-Zeppelin-Corpora- tion in Akron in Friedrichshafen ein und hat im Kurgartenhotel Wohnung genom­men. Dem Vertreter des DNB. gewährte er am Montag eine Unterredung, während der er, über denZweck seiner Deutschland- ceise befragt, mitteilte, daß dies seine sech­zehnte Europareise sei. Er komme alle zwei Jahre einmal herüber. Im übrigen sei sein hiesiger Aufenthalt nur privat und gelte dem Besuch Dr. Eckeners und dem Luftschiff­bau, da in Akron auch Luftschiffe gebaut werden. Ferner erklärte er, daß die ameri­kanische Marine vorläufig kein Interesse am Bau weiterer Luftschiffe habe, da zunächst abzuwarten sei, wie sich das jetzige Marine­luftschiff bewähre. Amerika besitze auch noch kein Verkehrsluftfchisf, außer kleinen Ballo- netts für örtliche Rundfahrten.

Amerika sollte Luftschiffe bauen!

Ueber die Lei st ungen derM acon" befragt, sagte Präsident Litchsield: Es ist allerdings nicht viel unternommen wor­den, aber was unternommen worden ist. war von Erfolg. Ich bin der Ansicht, daß Amerika recht bald Luftschiffe bauen soll, und zwar nicht für die Marine, sondern für Handel und Verkehr. Wir brauchen sie weniger für den Verkehr in Amerika selbst, als hauptsächlich für Uebersee. Ich weiß nicht, ob man sich meiner Auffassung an­schließen wird, aber ich hoffe es. Die neuen Luftschiffe sollten etwas größer sein, als die Macon", um dem Gebrauch von Heliumgas Rechnung zu tragen. Dann sollten sie für den Antrieb Schweröl-Dieselmotoren haben

Gute Aussichten fürLZ. 128"

Sehr anerkennend äußerte sich Präsident Litchsield über die Leistungen des Luftschiffes Graf Zeppelin". Das Luftschiff hat sich ja ausgezeichnet bewährt. Vor allen Dingen hat es recht viele Leute von der Ver­wendungsmöglichkeit von Luftschiffen über­zeugt. Die Navigation war und ist vorzüg­lich mit der hier ausgebildeten Mannschaft.

Besondere Beachtung verdient die Regel­mäßigkeit, mit derGraf Zeppelin" zwischen den beiden Kontinenten verkehrt. Gerade dies hat dem Luftschiffbau viele überzeugte An­hänger gewonnen, die früher an seiner Ver­wendungsmöglichkeit zweifelten. Er hat Sicherheit, Komfort und Geschwindigkeit vor­bildlich demonstriert. Ich bin der Ansicht, daß das neue Luftschiff noch größeren Kom­fort bieten wird und dadurch, daß es noch mehr Personen befördern kann, sehr populär werden wird.

lieber die Beteiligung an der Deutsch-Hol­ländischen Linie werden in Amerika Ver­handlungen gepflogen.

Zu den Aussichten der Flugzeuge im Lang­streckenverkehr äußerte sich Präsident Litch- field: Ich glaube nicht, daß das Flugzeug auf lange Strecken mit dem Luftschiff wird konkurrieren können. Es kann entlang den Küsten über Strecken von 700 bis 800 Mei­len eingesetzt werden und bleibt in seiner Verwendung für Passagiere beschränkt.

Neues Wim der HlmlejaMMon

Drei Teilnehmer vermißt

Simla, 17. Juli.

Nach einer hier eingetroffenen Meldung ist die deutsche Himalajaexpedition erneut von einem schweren Unglück betroffen worden. Die deutschen Bergsteiger Merk l, Wieland und Welze nbach werden >eit einigen Tagen nach einem furchtbaren Schneesturm, der sie bei ihrem Angriff auf den Nanga Par- bat überraschte, vermis... Die Suche nach ihnen war bis jetzt er " vlglo . In der glei- chen Meldung w'rd auch der Tod von drei ein­geborenen Trägern mitgeteilt.

Eine Bestätigung dieser Meldung durch die Expeditionsleitung liegt bisher noch nicht vor.

Die Aufgabe der deutschen Himalajaexpedi- tion ist ungeheuer schwer. Durch die Wildheit und Schroffheit der Grate steht sie vor Schwie­rigkeiten, die geradezu unvorstellbar sind.

Die wissenschaftliche Abteilung der Expedi­tion, die unter Führung vor Dr. Finsterwalder (Techn. Hochschule Hannover) steht, geht völlig etrennt von der Merklschen BergsteigerExpe- ition vor, und es ist durchaus möglich, daß beide 100 Kilometer voneinander getrennt sind.

Dr. Finsterwalder nimmt daS gesamte Ge­biet um den Nanga Parbat im Umfang von rund 100 Quadratkilometern wissenschaftlich auf.

Die beunruhigenden Meldungen über das Schicksal der Spitzengruppe der deutschen Himalaja-Expedition trafen am Dienstag mittag aus englischer Quelle ein. Nunmehr liegt ein ausführlicher Bericht vor, der von dem Teilnehmer Bechthold abgesandt wurde. In diesem Kabel heißt es u. a.:

Am 7. Juli wurden wiederum zwei Kulis im Lager 7 höhenkrank. Sie wurden unter größten Anstrengungen von Bechthold über den Rakiot-Peak nach Lager 5 gebracht.

Im Schneesturm verlor man den Weg. Bechthold erreichte allein das Lager 4. Bernard und Müllritter konnten die zusammengebrochenen Kulis retten.

Am gleichen Tage erreichte die Spitzen­gruppe dank der anstrengenden Stufenarbeit von Schneider und Aschenbrenner den Silbersattel am Nanga Parbat. In 7600 Metern Höhe wurde das Lager 8 errichtet, nachdem Schneider und Aschenbrenner vier Stunden lang unter dem Hauptgipsel in etwa 7900 Metern Höhe gestanden hatten.

Nach der späteren Schilderung von Schnei­der und Aschenbrenner erlebte die Spitzen­gruppe furchtbare Stunden in den schneever­wehten Zelten. Immer neue Schneeböen zwangen sie dazu, die Zelte mit aller Kraft f e st z u h a l t e n. In fieberhafter Erwartung des erfolgbringenden Gipfelstur­mes wurde die Nacht in dieser Lage zuge» krackt.

Am 8. Juli versuchten Bernard, Bechthold und Müllritter, von Lager 4 aus Nahrungs» lasten nach Lager 6 und 7 zu bringen. Sie blieben im Pulverschnee und Sturm schon vor Lager 5 stecken. Der Sturm wuchs zum Orkan und riß dem Träger der Spitzen­gruppe die Last vom Rücken. Der Schlafsack slog im hohem Bogen in die Tiefe. Aschen- brenner und Schneider erzwangen in Sturm und Schnee mit äußerster Anspannung den Abstieg vom Lager 8, also aus 7600 Metern Höhe, nach Lager 4.

Am 9. Juli wütete der Schneesturm fort. Am 10. herrschte wechselndes Wetter und strengste Kälte. Der Gipfel hing in schweren Schneefahnen. Vom Lager 4 auS wurde der Abstieg von 9 Kulis über den Ra­kiot-Peak beohachtet. Vier von den Kulis trafen teilweise mit erfrorenen Hän- den und Füßen völlig erschöpft im Lager 4 ein. Sie berichteten, daß Lager 5 und 6 vom Sturm weggefegt seien. Die an­deren 5 Kulis sind wahrscheinlich erfroren, zwei davon sind bestimmt tot.

Seit der Erreichung des Lagers 7 durch Merkl, Wieland und Welzenbach fehlt jede Nachricht von ihnen. Die Ka­meraden sind außerstande, zu helfen, weil die Darjeelingträger fast ausnahmslos krank sind und die Witterung eine Hilfelei­stung durch Europäer unmöglich macht. So ist alles in schwerster Sorge um die drei Kameraden.

Am 11. Juli klarte das Wetter auf. Es herrschte Windstille. Alle deutschen Bergstei­ger stiegen mit den gesunden Kulis von Lager 4 zur Hilfeleistung nach Lager 5 auf. Drei schwererkrankte Kulis würden ins Hauptlager gebracht.

Finsterwalder, Raechel und Misch sind in­zwischen ebenfalls im Hauptlager eingetrof- fen. Raechel und Misch gingen am 12. Juli zur Hilfeleistung nach Lager 4.

Zu dieser Meldung gibt die Vertretung der deutschen Himalajaexpedition in München folgendes bekannt:

Die Gefahr, in der sich die Spitzengruppe befindet, ist groß. Es besteht noch Hoff­nung, denn Merkl. Wieland und Welzen- bach gehören zu den besten und erfah­rensten Bergsteigern Deutsch, lands. Durch ihr überragendes alpines Können und ihre unerhörte, oft bewährte Energie werden sie sich vielleicht doch noch einen Weg zur Rettung erzwingen. Merkl und Welzenbach sind schon in Lagen gewesen, in denen es für andere kaum mehr eine Ret­tung gegeben hätte."

Die Ras senfrage ist der Schlüffe! zum Verständnis der Weltgeschichte

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7. Fortsetzung.

Erschütternd war es zu sehen, wie sehr sich der deutsche Arbeiter auf diesen Intellektuel­len und seine Art schon eingestellt hatte. Im wohldurchdachten Referat waren bald die Höhepunkte erklommen, und dann setzte eine wahnsinnige Hetze ein. dre mehr als einmal unmittelbar zu jenen Verbrechen führte, von denen dann am nächsten Tage mit wenigen, lapidaren Zeilen die Zeitungen berichteten. Mehr als einmal haben wir ihn in den letz­ten Kampfjahren kennengelernt den intellek­tuellen Hetzer und seine Gefahr tür die von uns so herbeigesehnte völkische Gemeinschaft.

Wie klein, wie verzagt und freiwillig un° lerwürfig war dieser Mann jetzt im Konzen­trationslager. Leider, leider sind diese Ver­treter des Marxismus seltene Gäste bei uns gewesen. Ein großer Teil hatte den Weg über die Grenze genommen. Ich bedaure aufrichtig, daß so wenige von ihnen in Ge­meinschaft der durch sie verführten deutschen Arbeiter in den Konzentrationslagern leben mußten.

Der sogenannte kleine Mann hat nämlich die Gabe in solchen Situationen tretende Vergleiche zwischen sich und demFührer" zu ziehen. Ich denke gerade hierbei an einen ganz großen Führer der SPD., der nicht mehr rechtzeitig das rettende Ausland er­reicht hatte. Eines Tages landete auch er, der einer der übelsten Hetzer der verflossenen Jahre gewesen war in Oranienburg. Ihm zu Ehren hatten die Häftlinge des Lagers Aufstellung genommen. Für viele eine Genugtuung endlich einer der wirk­lichen Drahtzieher. In seiner Gesellschaft be- iaad sich gleichfalls ein rpcht bekannter

SPD.-Führer, der Jahre hindurch eines der übelsten Hetzblätter Brandenburgs als Re­dakteur verantwortlich gezeichnet hatte. Diese beidenFührer" haben in den weni­gen Augenblicken ihres Eintreffens schon allein in ihrem Aeußern einen derart ver­heerenden Eindruck gemacht, daß allein ihr Beispiel gewirkt hat. Während derProlet" mit zerschlissenem Anzug, zerlumpten Stie­feln und fadenscheinigem Mantel noch bis zum Schluß geglaubt hatte, treue Gefolg­schaft diesen Männern leisten zu müssen und dann in diesem Aufzug eingeliefert wurde, betraten ihre beiden Führer das Lager in der Ausstattung des absolut gepflegten,fei­nen" Mannes.

Wie groß die Kluft zwischen ihnen und den anderen Schicksalsgenossen geworden war, mußten sie bald erfahren. Ich habe, das darf ich ehrlich gestehen, einen unbändi­gen Respekt bekommen, als ich sah, daß der Stolz im deutschen Arbeiter noch nicht ganz erstorben war und er jede Gemeinschaft mit dem gepflegten, verweichlichten Genossen ein­fach ablehnte. Auf der anderen Seite war es höchst interessant festzustellen, daß die Män­ner, die vorgegeben hatten, denBourgeois" mit seinem lächerlichen Getue und Gehabe, seiner Gesellschaftsordnung und seinem Dün­kel leidenschaftlich zu bekämpfen, derart in dessen Eigenschaften anfgegangen waren, daß sie beim besten Willen von sich aus keine Berührungsmöglichkeiten mehr mit den von ihnen bislang geführten Schicksalsgenossen hatten.

Eine Welt hatte sich zwischen ihnen auf- getan.

j EinaetM 1« die gleiche Kompanie der

Schutzhäftlinge, die einstmals fllr >re uno ihre Parolen bereit gewesen waren, ihr Blut hinzugeben, vollzog sich die menschliche Tra­gikomödie. Der intellektuelle Führer der Führer" fühlte sich bei den bisher Ge­führten nicht mehr wohl.

Seit dem Eintreffen dieser Männer lag eine besondere Stimmung über dem Lager. Unter den Häftlingen hatte eine gewisse Be­ruhigung, eine Genugtuung eigener Art Platz gegriffen. Ausgerüstet mit derselben Drillichhofe, demselben Arbeitsstiefel und -rock, mußten sie ihre Arbeit verrichten. Daß ich dem einen von den beidenBerühmthei­ten" in einer kurzen Rücksprache nahegelegt habe, daß es ratsamer, weil anständiger sei, während der Arbeit keine Zigarren zu rau­chen, lei so nebenher berichtet. Ich hätte mich an seiner Stelle geschämt, während neben mir Männer standen und lebten, denen ihre per- sönliche Armut jedes Vergnügen an einer 2-Pfennig-Zigarette vorenthielt, dicke Zigar- ren zu rauchen.

In einem Jahre gehen viel Menschen an einem vorüber ohne Anteilnahme, ohne Ein­druck. Ein Typ aber verdient, daß man sich besonders mit ihm beschäftigt. Das ist der kleineproletarische" Führer, der kleine Mann aus der Masse, der leider zu oft das willige Werkzeug der Intellektuellen wurde. Hier habe ich Männer kennengelernt, um die es mir teilweise recht leid getan hat, sie als Häftlinge im Konzentrationslager anzutref­fen.

Hätte die Gesellschaft der Vorkriegszeit das zu schätzen und zu achten gewußt, was an geistigen Kräften im Volk lebendig war und iiacki Anerkennung und Achtung strebte, wäre

viel seelisches Elend, das nachher Elend über unser ganzes armes Vaterland gebracht hat, vermieden worden.

Enttäuschungen über Enttäuschungen hat­ten in jahrelangem harten Arbeiterdasein in Ne Herzen dieser Männer Eingang gefunden. Allmählich versanken in ihnen alle gesunden Ansichten, die ihnen Glauben und persönliche stärke verliehen hatten, und so landeten sie dort, wo die Idee nur flüchtig war, materia­listisches Denken aber alles bedeutete. Sie, die man richtig erkannt, als Idealisten zum Wohle des Vaterlandes und ihres Volkes noch zur rechten Zeit hätte ansetzen können, glitten ab, geschickt ausgefangen von denen, die sie brauckiten, um leben zu können. So entstand der Typ deskleinen Proletarischen Führers" des Idealisten, der viele, viele andere nach sich zog und uns anderen, den nationalen, wirklich ehrlichen Sozialisten, die um seine seelischen Nöte Bescheid wußten, das Leben so bitterschwer machte.

Warum Schutzhaft?

Viele waren überzeugt worden und ge­kommen, aber viele andere waren so tief in die marxistische Lehre verstrickt, daß sie nicht mehr herausfanden aus dem Labyrinth, auf­gebaut aus Enttäuschungen, eigener Not, Not der anderen, irregeleitet durch die tau­send und aber tausend gleißenden Spiegel jener Lehre, die sie mit ihrem ganzen Denken und Trachten gefangen hielt. Es war eine Not­wendigkeit, zu Beginn der nationalsozialisti­schen Revolution sie in Schutzhaft zu nehmen. Einmal bedeuteten gerade diese hartnäckig ihren Posten verteidigenden Führer eine un­bedingte Erschwerung beim Kampf um die Macht im Reich, auf der anderen Seite ge­hörten sie zu den Menschen, die Schutz bedurf­ten, um nicht in ihrem Wahn Unheil anzu- richien, für das nicht sie, sondern jene Deser­teure verantwortlich gemacht werden muß­ten, die inzwischen das Weite gesucht hatten.

(Fortsetzung folgt).