h. de» 11. Juli 193».

Nr. 159

Donnerstag, 12. Juli 1934

108. Jahrgang

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Württemberg steht treu zum Führer

Sr. Ley tu Stuttgart, Rottweii und Ravensburg Appell -er W. und -er SW.

Stuttgart, 12. Juli.

Der Stabsleiter der PO. und Führer der Deutschen Arbeitsfront, Staatsrat Pg. Dr. Robert Ley weilt am 15. und 18. Juli d. I. in Württemberg und wird dabei in großen Kundgebungen in Stuttgart. Rottweil und Ravensburg sprechen.

Diese Kundgebungen, denen ein Appell der Politischen Leiter und der Amtswalter der Deutschen Arbeitsfront vorausgeht, müssen ein gewaltiges Treuebekenntnis für unseren Führer Adolf Hitler werden. Wir rufen daher die Volksgenossen aus, sich restlos an den Kundgebungen zu beteiligen.

Dieser große Appell wird erneut beweisen, daß die PO. und mit ihr die Deutsche Arbeitsfront und das ganze württembergische Volk in unverbrüchlicher Gesolgschaststreue und Opferbereitschast zum Führer steht.

lgez ) Schulz. (gez.) Murr.

Gaubetriebszellenobmann und Gauamts- Gauleiter und Reichsstatthalter, leiter der Deutschen Arbeitsfront.

Putsch gegen die Verständigung

Starhemberg zu Mussolinigeladen" - Dollfuß bettelt um eine Anleihe Dollfuß bildet sein Kabinett um Todesstrafe sür Sprengstoffbesitz Oesterreichischcr Ec- sandtenposten in Berlin bleibt unbesetzt.

sk. Wien, 11. Juli.

Die österreichische Regierung befindet sich im Krisenzustand. Unmittelbar ausgelöst wurde die Krise durch die bekannten Ereig­nisse in Graz, bei denen das Bundesheer ganz offen gegen die Heimwehr und den Bundeskanzler Dr. Dollfuß demonstriert hat. Die Heimwehr drängt nun darauf, daß der Landesverteidigungsminister, Fürst S ch ö n b u r g - H a r t e n st e i n, sür diese Kundgebung der Heeresangehörigen büßen und seinen Posten verlassen soll. Daß die Heimwehr insgeheim damit rechnete, auf diese Art das Landesverteidigungsministe­rium in die Hand zu bekommen, braucht nicht besonders betont zu werden; daß diese Absicht ihr mißglückt ist, verraten die Mit­teilungen über eine am Dienstag zwischen Dr. Dollfuß, Vizekanzler Starhem- bera und Sicherheitsminister Feh abge- haltKie Konferenz, in der Dr. Dollfuß als kommenden Landesverteidigungsminister den bisherigen Heeresinspektor General Gengg präsentierte.

Der Täuschung des Auslandes dient die beabsichtigte Berufung des seiner­zeitigen Landbundführers und Innenmini­sters Schumy in die Regierung. Die Welt soll den Eindruck gewinnen, daß nunmehr auch dienationalen" Kreise zur Mitarbeit in der Negierung herangezogen werden. Der Landbund, dem Schnmh entstammt, ist aber schon Jahr und Tag vor derDiktatur"

Dollfuß von keinem einzigen nationalen Deutschösterreicher er brauchte gar kein Nationalsozialist zu sein als n a t i o- nale Partei betrachtet worden; damit nicht genug, hat diese Opportunitätspartei vor kurzem Herrn Schumy zum Ausscheiden ver­anlaßt. Im In- und Auslande werden also nur solche Leute Herrn Schumy als Ver­treter derNationalen" im neuen Kabinett anerkennen, die von österreichischen Verhält­nissen überhaupt keine Ahnung haben.

Wesentlich wichtiger als diese Regierungs­umbildungspläne ist aber die Nachricht, daß

de nt Mussolini den Führer der Heimwehren, Vizekanzler Star­hemberg. schon für 14. Juli nach Rom eingeladen hat. Für Starhemberg bedeutet diese Einladung einen Befehl, dem nach- gekommen werden muß. In der Unterredung, die 14 Tage vor dem Zusammentreffen mit Dollfuß stattfinden wird, soll die Rolle der Heimwehr in den verwickel­ten österreichischen Verhält­nissen einer eingehenden Unter­suchung unterzogen werden. Die Be­deutung dieser Zusammenkunft sür die wei­tere Entwicklung in Oesterreich kann zunächst noch nicht übersehen werden sie erhöht sich aber dadurch, daß Pariser Politische Kreise zu erzählen wissen, daß Bundeskanz­ler Dr. Dollfuß unmittelbar vor oder n a ch der Romreise gegen Ende des Monats in Paris wegen einer neuen An­leihe sür Oesterreich vorstellig werden wird.

tzll. Wien, 11. Juli.

Die Nachricht, daß der Bundesführer der Heimwehren, SLarhemberg, noch vor dem Besuch des Dr. Dollfuß in Riccione zu Mussolini geladen wurde, um über die. künftige Rolle der Heimwehren in der österreichischen Innenpolitik zu verhandeln, scheint dem Bun­deskanzler ganz mächtig in die Glieder gefah­ren zu sein. Mit überraschender Eile teilte er am Dienstag dem Bundespräsidenten die De­mission des ganzen Kabinetts mit, um eine Umbildung der Regierung vorzunehmen, die gewissen Möglichkeiten vorbeugt.

Der Bundespräsident hat aber um die Schwierigkeiten einer Neubildung des Kabi­netts aus den nicht immer miteinander über­einstimmenden Gruppen zu vermeiden die Gesamtdemission abgelehnt und nur den Rücktritt einzelner Mi­ni st e r g e n e h m i g t. Demnach sind aus dem Kabinett ausgeschieden:

Landesverteidigungsminister Fürst Schön- burg-Hartenstein, dessen Rücktritt trotz de: Vorgabeprivater Gründe" in erster Linie auf die Demonstrationen von Heeresangehöri­gen in Graz gegen die Heimwehren zurückzu­führen ist, der dem Landbund nahestehende Innenminister Dr. Koerber und der gleich­falls aus Landbundkreisen gekommene Staats­sekretär für Justiz, Dr. Glaß, und schließlich der zum Bürgermeister von Wien ernannte Bundesminister ohne Geschäftsbereich, Schmitz, und der Verfassungsminister Dr. E n d e r.

Dollfuß vereinigt alle Macht in seinen Händen

Die Vermutung, daß die Kabinettsumbil­dung nicht nur auf die mit dem ehemaligen Landbund entstandenen Gegensätze zurückzu füh­ren ist, sondern im engen Zusammenhang mit der Romreise Starhembergs steht, findet ihre Grundlage in der Tatsache, daß Bundeskanzler Dr. Dollfuß die mit der Leitung der Exe­kutive befaßten Ministerien selbst übernommen hat. Dr. Dollfuß ist jetzt nicht nur Bundes­kanzler und Landwirtschaftsminister, son­dern auch Außen-, Sicher heit s- und L a n d e s v e r te i d i g u n g s - Minister. Die gesamte bewaffnete Macht des StacucS, Heer und Polizei, ist ihm unterstellt.

Starhemberg bleibt Vizekanzler, wäh­rend der bisherige Sicherheitsminister Fe y, dessen Gegensätze zu Starheinberg offenes Ge­heimnis sind, Bundesminister ohne Geschäfts­bereich bleibt und die Leitung eines G c - n e r a l staa 1 s k o mm i s f a r i a t s zur Be­kämpfung staatsfeindlicher Be­strebungen übernehmen soll. Dieses Gc- neralstaatskommissariat soll aus einem ständi­gen Ministerausschuß und einer außerordent­lichen Staatskommifsion mit besonderen Voll­machten bestehen, und der Regierung schon in den nächsten Tagen Gesetzesentwürfe vorlegen, mit deren Hilfedie letzten Reste staatsfeind­licher Bewegungen beseitigt" werden sollen. So wird schon auf den Besitz von Spreng- ftoff die Todesstrafe gesetzt werden,

wenn nicht innerhalb einer kurzen Frist vre restlose Ablieferung aller Sprengstoffe erfolgt. Von der Heimwehr gehören der Regierung weiter noch an: Neustä^ter-Stürmer als Sozialminister und Berger-Walde li­eg g als Justizminister. Der christlichsozialen Partei entstammen Finanzminister Dr. Bu­re f ch, Handelsminister Stockin ge r, Sicherheits-Staatssekretär Karwinsky.

DasJnnenministeriumist noch nicht besetzt. Ob es sür den aus dem Landbund ausgetretenen früheren Vizekanz­ler und Innenminister Schumy der vorJahrenAdolfHitler dieEin- reisein seineösterreichischeHei. mat verweigert hat reserviert bleibt, muß abgewartet werden.

Der Putsch

gegen die Verständigungsbereitschaft,

die sich in der letzten Zeit auch in Negie­rungskreisen deutlich bemerkbar gemacht hat, ist Dr. Dollfuß zunächst gelungen und seine dunklen Hintermänner, die den Konflikt zwischen den beiden deutschen Staaten bewußt schüren, werden mit ihm vorläufig zufrieden sein. Eine Befriedung in Oester­reich selbst herbeizuführen, wird das neugebildete Kabinett aber nicht imstande sein. Die nationale Opposition in Oesterreich sieht in dieser Regierungsumbildung nur die letzte Kraft­anstrengung eines Systems, das mit Tscheka- Methoden sich noch einmal an der Macht zu halten versucht. Denn Maschinengewehre, Geschütze und Henker haben noch niemals eine große, aus dem Blute geborene Idee zu besiegen vermocht. Das wird auch Dr. Dollfuß noch erkennen müssen!

Eine amtliche österreichische Darstellung

Amtlich wird mitgeteilt: Der Bundesprä­sident hat die Umbildung des Kabinetts ge­nehmigt. Wie diePolitische Korrespon­denz" erfährt, ist der politische Grund sür die Regierungsumbildung vor allem in der Tatsache zu suchen, daß Bundeskanzler Dr. Dollfuß die für die Innen- und Außen­politik der Bundesregierung besonders wich­tigen Ressorts übernimmt und persönlich führt. Dadurch sollen die letzten Reste staatsfeindlicher Bewegungen in Oesterreich endgültig beseitigt werden. Der Rücktritt der Bundesminister Ender und Schmitz ist auf die neue Bundesverfassung zurück- zusühren, nach der die Funktionen eines. Landeshauptmanns mit denen eines aktiven Bundesministers unvereinbar sind. In der

Sas Neueste iu Kurze

Der seitherige Führer der deutschen Wirt­schaft, Keßler, wurde durch den Reichswirt- schaftsminister sofort von seinem Posten abberufen.

Das Kabinett Dollfuß hat dem Bundes­präsidenten seine Demission eingereicht. Dollfuß wurde erneut mit der Regierungs­bildung beauftragt.

In der Lausitz ist ein neuer Waldbrand entstanden, dem zahlreiches Wild zum Opfer siel.

Berufung des bisherigen österreichischen Ge­sandten in Berlin. Tauschitz, znm Staatssekretär für auswärtige Angelegen­heiten liegt keinerlei Aenderung in der Ziel­setzung der Art der Politik Oesterreichs. Mit besonderem Bedauern wird der Rücktritt des Bundesministers sür Landesverteidigung, Schönburg-Hartenstein, ausgenom­men. der eine der hervorragendsten Persön­lichkeiten der österreichischen Armee ist. Sein Rücktritt ist aus Familienrücksichten erfolgt. Die persönlichen freundschaftlichen Beziehungen Schönburg-Hartensteins zu Bundeskanzler Dollfuß sind allgemein bekannt und nur die von dem Minister vorgebrachten Gründe konnten den Bundespräsidenten und den Bundeskanzler bewegen, seinem Rücktritts­gesuch Folge zu leisten.

Wie verlautet, legt Bundeskanzler Dr. Dollfuß besonderen Wert darauf, die Erfah­rungen Schönburg-Hartensteins dem öffent­lichen Leben Oesterreichs zu erhalten, was in der österreichischen Oeffentlichkeit mit größ­ter Genugtuung begrüßt werden wird.

Ser Mrer der Wirtschaft, Keßler, abberusen

Berlin, 11. Juli.

Der Reichswirtschaftsminister hat den bis­herigen Führer der Wirtschaft, Generaldirek­tor Philipp Keßler, von seinem Posten als Führer der Wirtschaft mit sofortiger Wir­kung abberufen.

Bis zur endgültigen Regelung ist der stell- vertretende Führer der Wirtschaft, Gras von Goltz, mit der alleinigen Wahrneh­mung der Führung der Geschäfte beauftragt worden.

Was hat Varthaa in London meW?

Die Ostpaktpläne Mittelmeerpakt schon gescheitert?

kk. Berlin, 11. Juli.

Der französische Außenminister Bar - thou ist Dienstag abend wieder in Paris eingetrofsen und hat sich, wie es Diplomaten immer zu tun pflegen,sehr befriedigt" über die Londoner Ergebnisse geäußert. Bei der Jnhaltlosigkeit der in London ausgegebenen Commnnicmes ist Hnian nämlich ans die Prcsst'stimmen aus Frankreich, England und Italien angewiesen, um sich ein Bild von den Londoner Ergebnissen machen zu können.

Daß die Pariser Presse den Wink Barthons verstanden hat und sich ebenfalls sehr befriedigt zeigt, nimmt nicht Wunder. Wenn man ihr glauben darf, so hat Groß­britannien seinen Widerstand gegen ein Ost- loearno aufgegeben und sich bereit erklärt, dafür in Berlin und Rom Propaganda zu machen, wenn Frankreich auf dem Gebiete der Abrüstung nachgibt. Gleichzeitig habe Großbritannien Rußland als Partner im Lvcarnovertrag abgelehnt; Barthou habe auf die Einbeziehung Rußlands in den Pakt von 1925 auch verzichtet. Im übrigen soll man britischerseits von einem Erfolg eines briti­schen Schrittes in Berlin zugunsten eines Ostlocarno wenig überzeugt sein. Im übrigen soll ein schriftliches Abkommen zustandege­kommen sein.

Auch die englische Presse glaubt, daß Barthou nicht mit ganz leeren Händen von London abgereist sei. doch seien die ur­sprünglichen französischen Pläne so weit ab» geändert worden, daß Moskau kaum seine

Zujtimmung werde geben können. Der Mit- telmeerpakt sei so gut wie aufgegeben. Eine Einbeziehung Rußlands in den Locarnopakt komme nicht in Frage.Daily Herald" stellt übrigens fest, daß die von Frankreich vorgeschlagenen Pakte ganz Europa von Frankreich abhängig machen würden. Times" fordern vollständige Gleichheit für Deutschland in diesem Paktsystem. Ueber die Schwierigkeiten der Paktverhandlungen gibt sich die englische Presse keinem unbegründeten Optimismus hin.

In Italien wird die Reise Barthons als glatter FehlsHlag bezeichnet. Italien denke gar nicht daran, einen Mittelmeerpakt zu unterzeichnen.Stampa" geht auf die letzten Reisen Barthons ein, von denen die nach Brüssel keine, die nach Warschau unbe­deutende Ergebnisse gezeitigt hätten. Nach den Besuchen in Prag, Belgrad und Bukarest hätten sich zwar Benesch, Eitulescu und Jef- titsch aufgebläht, Frankreich habe aber das Mindestmaß an moralischer Sympathie bei anderen, in ihren edelsten Gefühlen verletzten Völkern verloren. Die Kleine Entente bilde weiterhin ein negatives Element für den Frieden Europas. Zur Ostpaktfrage sagt das Blatt, daß Barthou endlich begreifen müsse, daß man Pakte nicht mißbrauchen dürfe. Der Locarnopakt vertrage keine Aenderun- gen und könne niemals ersetzt werden. Der Viermächtepakt sei die einzige Rettung aus dem Chaos.

Zusammenfassend kann sestgestellt werden, daß die Aussichten sür die Verwirklichung