Nr- 154
Freilag, 6. Juli 1934
108. Jahrgang
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Geständnis des Sicherheitsdirektors von Oberösterreich — Sprengstoffattentäter sind Marxisten — Unerhörte Ausschreitungen der Sturmscharen
Sas Neueste in Kürze
Wie „United Preß" aus gut unterrichteter Oirelle mitteilt, stand Schleicher mit Frank reich in Verbindung. Frankreich dementiert diese Meldung.
In Eisenach begann die Reichstagung dcc RS.-Kulturgemeinde, bei der u. a. auch Rcichsleiter Rosenbcrg sprach.
Aus Oesterreich werden vertrauliche Briese an die Dollfuß-Negierung veröffentlicht, aus denen hervorgeht, daß der Nationalsozialismus immer weiter anwächst.
Dr. Leh, der Führer der Deutschen Arbeitsfront, wird demnächst nach Württemberg kommen.
Weicher staub mit Frankreich in Verbindung!
Sensationelle Enthüllungen der „UnitedPreß" Schon im Januar 1933 Geheimverhandlungen mit dem französischen Generalstab
. London, 5. Juli.
Von glaubwürdigen diplomatischen Vertretern einer großen nichtdeutschen europäischen Macht erfährt der „United Preß", daß Frankreich bereits Vor einigen Wochen über das groß aufgezogene Komplott Schleichers gegen Hitler unterrichtet gewesen sei. Die offizielle deutsche Mitteilung, daß Schleicher mit einer ausländischen Macht in Verbindung gestanden habe, wurde anfänglich im Ausland nicht sehr ernst genommen. Sie beginnt aber jetzt in offiziellen Kreisen mehr und mehr Glauben zu finden und man ist der Ansicht, daß eine Reihe von Umständen aus Frankreich hindeuten. Ein sehr bekannter deutscher Journalist in Paris soll, wie bestimmt versichert wird, der Mittelsmann zwischen Schleicher und der französischen Regierung gewesen sein.
Die Schleicher-Verschwörung soll angeblich B a r t h o u vor kurzem veranlaßt haben, dem Vertreter einer europäischen Macht mit- zuteilcn, daß Frankreich nicht bereit sei, Deutschland irgendwelche Konzessionen in der Rüstungsfrage zu machen, da die Tage des Hitler-Regimes in Deutschland gezählt feien. Wie der „United Preß" weiter mitgeteilt wird, soll Varthou bei dieser Gelegenheit erklärt haben, daß in Deutschland ein Komplott gegen Hitler bestehe, dessen treibende Kraft der frühere Reichskanzler General von Schleicher sei.
Diese Zusammenhänge erscheinen setzt in diplomatischen Kreisen um so wahrscheinlicher, als man wissen Will, daß Schleicher während seiner Kanzlerschaft mit dem französischen Generalstab in Gehcimverhandlun- gen gestanden habe, die zurzeit seines Sturzes einer Vereinbarung sehr nahe gewesen seien.
Londoner Finanzkreise zur Säuberungsakkion
„Herald Tribüne" veröffentlicht einen Be- i richt ihres Londoner Finanzkorrespondenten > Hirsch, der u. a. betont, daß die deutsche , Säuberungsaktion auch in Londoner Finanz- j kreisen als notwendig und in ihrer weiteren Auswirkung als günstiger Faktor bei der Stärkung des geschäftlichen Vertrauens angesehen werde.
Dementi
des französischen Botschafters
Paris, 5. Juli.
Die französische Botschaft erklärte aus eine Anfrage hinsichtlich der von der Berliner Presse heute nachmittag in sensationeller Aufmachung wiedcrgegebenen Depesche der „United Preß" über die Rolle, die Frankreich angeblich bei den Ereignissen vom l80. Juni gespielt habe, daß sie in der Lage lei, diese widersinnige Fabel auf das entschiedenste zu dementieren.
elr. Wien, 5. Juli.
In kurzen Abständen haben die österreichischen Sicherheitsdirektoren dem Bundeskanzleramt v ertrauliche Berichte über die tatsächliche Lage in ihrem Bundesland zu erstatten. Ein solcher Bericht des Sicherheitsdirektors von Oberösterreich, des berüchtigten Ochsenziemer-Barons Hämmerst e i n, vom 3. Juni trägt die Nummer 8V /.I. 2166/8 1934, konnte — ein Be
weis für die Unter Höhlung des Dollfuß-Systems — von einem Nationalsozialisten eingesehen werden. Einige wenige Sätze aus dem Bericht vermögen die Lage in Oesterreich besser zu kennzeichnen als tausend andere Dinge.
Sprengskoffattentäker sind Marxisten
So heißt es u. a.: „Die an sich gespannte allgemeine Lage hat in der ersten Berichtswoche durch die vorgekommenen schweren Sprengstoffanschläge an öffentlichem Gute und durch heimtückisch inszenierte Uebersälle aus Heimatschützer eine wesentliche Verschärfung erfahren. Wenn es auch noch nicht gelang. die Täter dieser Sprengstoffanschlüge einwandfrei zu ermitteln, so liegen Anhaltspunkte vor, welche dieselben früheren Mitgliedern des Republikanischen Schutzbundes und Kvm in u nisten zus ch r e i b>e n."
Das stetige Wachsen
der nationalsozialistischen Bewegung
Der Sicherheitsdirektor wendet sich dann gegen die Verhaftungen von Nationalsozialisten anläßlich dieser Anschläge und stellt fest:
„Die Tätigkeit der NsDAP. geht im Verborgenen u n g e h i n- dertweiter .... Tic Ueberstellung von Regierungsgegnern ins Anhaltelager aus Anlaß der vorgekommenen Gewalttaten, die voraussichtlich mit diesen Anschlägen nichts gemein haben, sondern nur zum Anträge gelangen, weil die Betreffenden vor der Parteiauflösung Führerstellen innehatten, halte ich nicht sür besonders g n n- st i g, weil sie fast immer der Anlaß zu neuen Anschlägen mar."
Deutsch-österreichische Jugend — nationalsozialistisch
Nicht minder wertvoll sind folgende Bekenntnisse: „Besonders rege gestaltet sich die Werbetätigkeit unter der reiferen Jugend für die NSDAP., wobei Erfolge nicht geleugnet werden können . . . "
.daß der National sozial« s-
»der OrairLenkrKri K
In allen ihren Teilen dient die „NS.- Presse" dem großen Ganzen. Echter Nationalsozialismus ist es, stets aus dem Geiste der Verantwortung heraus zu handeln. So wollen wir auch mit dem Abdruck der Tatsachenberichte aus dem Konzentrationslager Oranienburg nicht einem billigen Sensationstrieb Raum geben, sondern mithelfen, Lüge und Verleumdung niederzuzwingen. Die Berichte sind dabei so interessant, daß sie mit Spannung von jedem gelesen werden. Sie zeigen, wie geordnet die deutsche Revolution vor sich ging, mit welchem Vorteil sie sich von anderen abhebt, in denen Ströme von Blut stoffen. Es geht auch hier um die Erziehung des deutschen Menschen zum neuen Staat. Tausende von Schutz- Häftlingen fanden durch eine achtunggebietende Behandlung zurück zu ihrem Volk. Die Berichte über die Konzentrationslager stellen ein Ehrenblatt in der Geschichte der SA. dar. Wir sind gewiß, daß unsere Leser diese erste Veröffentlichung mit Spannung erwarten und bis zur letzten Zeile mit Teilnahme verfolgen werde«.
mus seine Abgänge immer wieder ersetzt und an Bedeutung keine Einbuße erleidet."
„Die Auswirkung des von der NSDAP, ins Leben gerufenen Raucherstreiks läßt sich noch nicht erfassen, wird aber stellenweise im Absatz deutlich fühlbar."
Der Herr Sicherheitsdirektor scheint also schon der Auffassung zu sein, daß der Kampf des Systems Dollfuß gegen die nationalsozialistische Bewegung so gut wie aussichtslos ist. Und wenn am 1. Juli gerade in Linz 42 Eisenbahnbeamte wegen nationalsozialistischer Gesinnung in den Ruhestand versetzt worden sind, beweist das nur, daß der Herr Baron sich auch nicht mehr zu helfen weiß.
Skrafexpeditionen der „Oelberg-Kosaken"
Dieser Verzweiflung entspringen auch die ganz unerhörten Ausschreitungen der Wehrverbände. Nachdem in der Nacht zum 26. Juni vor dem Haus der Vaterländischen Front in Mureck (Südsteiermark) ein Böller explodiert war, erschienen am nächsten Nachmittag etwa 80, mit Stahlhelmen, Gewehren und Revolvern ausgerüstete Sturmschärler — die der Volksmund schon lange „Oelberg-Kosaken" nennt — unter Führung des Regierungskommissars Quan- ditsch im Ort, rissen Männer, Frauen und Mädchen in" brutalst er Weise aus den Häusern, bedrohten sie mit Revolvern und Bajonetten und verprügelten sie. Die Gendarmerie, die Ordnung schaffen wollte, wurde von den Banditen selbst bedroht. Dann hoben sie sechs als Nationalsozialisten bekannte Personen als Geiseln aus und drohten, beim nächsten Zwischenfall den Ort, der schon 1932 zehn Nationalsozialisten in den insgesamt zwölf Köpfe starken Gemeinderat entsendet hatte, in vlündern.
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Ist ein französisch-britisches Bündnis möglich? — Hetzfeldzug der Freimaurer, Marxisten und des französischen Generalstabes
c§. London, 5. Juli.
Am Sonntagnachmittag trifft der französische Außenminister Barth ou in Begleitung des Kriegsmarineministers Pi 6 tri in London ein, offiziell, um die für die Vorbereitung der Flottenkonserenz notwendigen Fragen zu besprechen, in Wahrheit, um das Programm fortzusetzen, das er mit der Reise nach Bukarest und Belgrad begonnen hatte.
Barthou hat den Zeitpunkt seiner Reise nach London so gewählt, daß der größte Gegner eines Militärbündnisses mit Frankreich, Ministerpräsident Macdonald, nicht mehr anwesend ist. Die Führung im Kabinett, die nun offiziell Baldwin innehat, besitzt tatsächlich aber der britische Kriegsminister Hailsham, ein alter Anhänger der militärischen Zusammenarbeit beider Mächte.
Vorbereitet wurde der Boden — man leugnet es jetzt auch gar nicht mehr ab — gelegentlich des „Privatbesuches" des sran- zösischen Generalstabschefs Weygand in England. Gleichzeitig hat ein planmäßi - ger Pressefeldzug zur Bearbeitung der öffentlichen Meinung Englands, die von neuen militärischen Verpflichtungen Englands nichts wissen will, eingesetzt. Tie marxistische wie die frei- maurerisch-jüdische Presse Englands ist Plötzlich in den Ton von 1914 zurückverfallen und hetzt in einer kaum mehr zu rechtfertigenden Weise gegen Deutschland, wobei es ihr gar nichts verschlägt, daß sie zu den innerdeutschen Ereignissen vom 30. Juni > am Mittwoch gerade das Umaekehrte von
! dem schreibt, was sie am Dienstag geschrieben hatte. Ter marxistische „Daily Herald" sieht z. B. die „wahre Sicherheit" Englands überhaupt nur noch in einem militärischen Bündnis mit Frankreich.
Diese englische Presse wird naturgemäß von der französischen Presse lebhaft unterstützt. „Petit Parisien" ist zwar Peinlich berührt, daß „Daily Herald" die französischen Absichten so offen ausgesprochen hat, gibt aber zu, daß der Abschluß eines sogenannten „regionalen Sicherheitspaktes" mit England — ein Abkommen, das sich von einem regelrechten Militärbündnis nur durch den Namen unterscheiden soll — in den französischen Absichten liegt. „Temps" wird sogar noch deutlicher, wenn er erklärt, daß die n-anrösisch-britische Zusammenarbeit notwendig sei, „weil beide Länder die ungetrübt« moralische Kraft der gesamten liberalen Zivilisation" gegen die „deutsche Barbarei" darstellten.
Abzuwarten bleibt allerdings, ob Barthou in London den gewünschten Erfolg haben wird. Die breiten Massen Englands sind bis- her nicht geneigt gewesen, Verpflichtungen auf sich zu nehmen, die nur der Stärkung von Frankreichs Stellung m Europa dienen können, ganz abgesehen davon, daß Frank- reichsPläne derFriedenspolitik Englands gerade zuwider- lau f e n.
Verkürzter Aufenthalt
des französischen Außenministers in London
London, 5. Juli.
Zn dem bevorstehenden Besuch des französischen Außenministers Barthou in London macht der Mitarbeiter des „Daily Telegraph" folgende Feststellungen:
Barthou habe beschlossen, bereits am kommenden Dienstag anstatt erst am Mittwoch wieder von London abiureisen. Der Grund hierfür sei, daß der Pariser englische Botschafter Sir Georg Clerk dem französischen Außenminister bereits mitgeteilt habe, daß die englische Politik gegenwärtig endgültig weitere Verpflichtungen auf dem Festlande ablehne. Dies bedeute 1., daß England den von Barthou vorgeschlagenen Pakten der gegenseitigen Unterstützung von Osteuropa, dem Balkan und Mittelmeer nicht beitreten könne und sich möglicherweise nicht einmal veranlaßt sehen werde, eine Platonische Zustimmung zu ihnen auszudrücken; 2., daß England an seinen bestehenden Verpflichtungen unter den Locarnovertrag bezüglich Westeuropa sesthalte und gegenwärtig nicht bereit sei, sie anszudehnen oder zu ändern. Demgegenüber habe Frankreich weiterhin nicht die Absicht, irgendeiner allgemeinen Ab- rüstungsvereinbarung zuzustimmen, die eine deutsche Aufrüstung und die deutschen Gleich- berechtigungsansprnche sanktionieren würde.
Britischer Unterstaatssekretär widerlegt deutschfeindl. Hetzlüge
„Erfahrungen im zivilen Nachtslug, Verkehr militärisch wertlos"
London, 5. Juli.
Die Frage des Nachtflugverkehrs und seiner zivilen und militärischen Bedeutung war am Mittwoch Gegenstand einer Aus- spräche im englischen Unterhaus.
Der konservative Abgeordnete Sim- monds erklärte, daß in Deutschland wöchentlich 98 Nachtflüge durchgeführt würden, während es in England keinen einzigen gebe. Tie Einrichtung britischer Nachtfluglinien sei notwendig. Der Nachtflieger verfüge über eine flugtechnische und navigatorische Erfahrung, die den militärischen Fliegern in Friedenszeiten beinahe versagt sei. Man gebe Deutschland einen außerordentlichen Vorteil im Vergleich mit den englischen Nachtflie- gern.
Der Unterstaatssekretär im Lnftfahrtmini- sterium, Sassoon, erklärte, daß die von Simmonds aufgestellten Voraussetzungen für die Einrichtuna britischer Nachtstnalinien