Aufgabe bewußt gewesen sei und deshalb gewisse schwierige Fragen znriickgestellt habe, um darzutun. daß sie von Anfang an zu einer vorsichtigen Anwendung der ihr zur Versitzung stehenden Rechte entschlossen sei. Die Vertreter Frankreichs seien, wie Vioiani hinzusügte, in der Genfer Versammlung der allgemeinen Sympathie begegnet, aber trotz dieser Sym­pathiebezeugungen hätten die Vertreter der neutralen Länder besonders zu verstehen gegeben, mit welcher Ungeduld sie aus die Erledigung der Entschädigungsfrage zwischen Frank­reich und Deutschland warteten, von der nach ihrer Auffassung die Wiederherstellung der Wirtschaft!. Beziehungen in Europa abhänge. Vioiani stellte weiterhin fest, daß die Zukunft des Völkerbundes von der Aenderung des Artikels 10 des Ver­sailler Vertrages abhänge, gegen den die Vereinigten Staaten Nordamerikas so viele Einwände erhoben hätten Auf diesem Artikel beruhten aber alle in den übrigen Teilen des Ver­sailler Vertrages auf den Völkerbund übertragenen Verwal­tungsmandate, darunter auch die Bestimmungen über die Verwaltung deS Saargebietes. Es würde also im Interesse Frankreichs liegen, sich rechtzeitig mit dieser Frage der Revi­sion des Versailler Vertrages zu befassen.

sIapanische Rüstungen.

London, 28. Dez. Nach einer Reuter Meldung aus Tokio vom 23. Dez. sagte der japanische Finanzminister vor dem Kammerausschuß: Unsere Politik ist darauf gerichtet, die nationalen Kräfte zu vermehren. Der Budgetvoranschlag steht eine Erhöhung der Ausgaben für das Heer um 50 Millionen, für die Marine nm 125 Millionen und für die Verkehrsmittel um 52 Millionen vor. In dem japanischen Kriegshafen Kure hat man mit dem Bau einer neuen Schule für Unterseebootswesen begonnen, die nächstes Frühjahr er öffnet werden soll.

Persien.

London, 28. Dez. Nachrichten aus Persien besagen, daß »m ganzen Lande große Aufregung herrscht, wegen der Zu­rückziehung der englischen Streitkräfte. Der englische und französische Gesandte halten sich bereit, das Land zu verlassen. Die Banken wickeln ihre Geschäfte ab. Die persische Regie­rung hat die russische Zowjetmiffion offiziell anerkannt. GZ ss

Eine Rede Lenins.

Moskau, 28. Dez.'"? Bei Eröffnung des 8. allrussischen Kongresse- der Arbeiterräte sprach sich Kalinin in der Eröff­nungsansprache über die internationale Lage Sowjetrußlands aus, die sich durch die Siege so gebessert habe, daß die west­europäischen Regierungen mit Rußland Beziehungen anzu- knüpfen suchen. Die innere Lage habe sich ebenfalls gefestigt. Lenin erstattete Bericht über die internationale Lage Sowjet­rußlands; Wir wissen alle, daß die poln. Gutsbesitzer und Kapitalisten unter dem Drängen der Kapitalisten Westeuro­pas uns den Krieg aufgezwungen haben. Zur Zeit hat der Krieg sein Ende gefunden Die Zahl der Reiche, welche mit unS Frieden geschlossen haben, wächst andauernd. Man kann sagen, daß der endgültige Frieden mit Polen in der nächsten Zeit bestimmt abgeschlossen wird. Unsere zeitweiligen Nieder­lagen im Kriege mit Polen rührten davon her, daß wir ge­zwungen waren, gegen Wrangel zu kämpfen, der von Frank­reich anerkannt war und von den Westregierungen unerhörte Unterstützungen erhielt. Wir können unS mit vollem Be­wußtsein an das Werk des wirtschaftlichen Aufbaus machen. Wir müssen jedoch immer auf der Hut sein. Die Kriegsbe­reitschaft müssen wir auf jeden Fall bewahren, um uns vor UeberfallSmöglichkeiten zu sichern. Wir müssen die Kriegs- rüchttgkeit des Lande« heben. Unsere FriedenSbereit chaft hat man früher als Schwäche auSgelegt.

Einnahme Fiumes?

KRom. 28. Dez. Popolo Romano meidet: Caviglia drang in Fiume ein. Der Regterungspalast ist von italie nischen Truppen umgeben. D'Annunztos Schicksal ist un­bekannt. (Die Meldung ist noch mit der größten Vorsicht aufzunehmen D. Red.)

Das Erdbeben am Stillen Ozean.

^London, 28. Dez. Aus Schanghai wird gemeldet, daß das^große Erdbeben, das am 16. Dezember verzeichnet wurde, auch in der Provinz Kansu an der Grenze des Gebiets der großen Hungersnot aufgetreten ist. Pingliang und andere Städte sind zerstört worden. Die Zahl der Toten wird auf

mindestens 2000 geschätzt. Gleichzeitig wird aus Tokio ge­meldet, daß am Tage vorher ein gewaltiger Ausbruch des Vulkan« Asama stattfand. Das Erdbeben ist gleichzeitig in Argentinien, China und Japan aufgetreten.

Die Kurie und die Abstimmung.

Breslau, 28. Dez. DerSchlesischen Volkszeitung" zu­folge erließ Monsignore Ogno, apostolischer Kommissar für Oberschlesien, eine Kundgebung, in der es heißt:Der Hei­lige Vaier, der tief betrübt ist, daß der Friede unter ven Katholiken Oberschlesiens aus politischen Gründen gestört wird, schickt mich zu Euch, um den Frieden wiederherzustellen. Das Weihnachtsfest gibt mir Veranlassung, die Katholiken zu bitten, die Mahnung zum Frieden nicht zurückzuweisen und von der politischen Verblendung abzulassen. Diese Mahnung richre ich vor allem an die Seelenhirten, die ge­lobt haben, ihren heiligen Dienst im Geiste der Liebe und Gerechtigkeit auszuüben. Ich bestimme namens des Heiligen Vaters folgendes: Allen Priestern jedweder Nation wird es 8ub ssravi untersagt, im Abstimmungsgebiet Propaganda zn treiben, ihre Prioalmeinung zu äußern und bei den Wahlen ihre Stimme abzugeben. Allen Pfarrern wird verboten, die Kirchen und Schulen zur Erörterung der Abstimmungsfrogen zu benutzen, da diese Orte allein zur Pflege des religiösen Lebens ausersehen sind. Ich behalte mir vor, vorstehendes Verbot abzuändern, jedoch bemerke ich schon jetzt, daß ich Abänderungen nur aus ganz wichtigen Gründen zulassen werde, wobei ich keine Partei begünstige Falls ein Priester dieses Dekret nicht befolgen sollte, werde ich gegen ihn, wenn auch ungern, mit solchen Strafen oorgehen, die z>- verhängen mich der Apostolisch? Stuhl beauftragt hat."

Wirtschaftskonferenz der einstigen Donan-Monarchie- Staaten.

Wien, 28. Dez. Die Vorarbeiten für die Wirtschafts­konferenz der österreichischen Nachfolge-Staaten sind nunmehr soweit gediehen, daß mit dem Zusammentritt einer Vorkoa ferenz am 15 Jan. etwa zu rechnen ist. Als Verhcmd lungsort käme Genf oder Karlsbad in Frage.

Diebstahl und Hehlerei.

Jena, 28. Dez. Kurz hintereinander hat die hiesige Kri minalpolizei zwei Diebes- und Hehlerbanden aufgespürl und dingfest gemacht, von denen die eine aus acht, die andere aus dreizehn Personen bestand Unter der zweiten Bande befanden sich sechs Eisenbahnbedienstete, die seit anderthalb Jahren die hier durchlaufenden Kurswagen planmäßig be­raubten. Mit den Eisenbahnern standen drei Rollkutscher im Bunde, die die gestohlenen Waren an den Güterschuppen in Empfang nahmen und den Hehlern zustelllen. Als solche kamen mehrere Gastwirte in Betracht. d,e für Zigarrren, Zi­garetten, Lebensmittel. Spirituosen usw. stets Bedarf hatten.

Das Kinderelend.

Dresden, 28. Dez. Von 17 380 ärztlich untersuchten Schulkindern Sachsens ist die Hälfte unterernährt, körperlich zurückgeblieben, rachitisch und blutarm.

Weitere Doravsbezahluag von Beamtengehältern?

Berlin, 28. Dez. Da auf Beschluß der Reichsregierung den Beamten das Jannargehalt schon am 15. Dez. ausbe­zahlt worden ist und dadurch die Notlage der Beamten im Januar sich verschärfen muß, besteht, wie dieBoss. Ztg." erfährt, die Absicht, die frühere Auszahlung der Gehälter auch für die folgenden Monate anzuordnen Dies würde im we­sentlichen darauf hinauslaufen, daß im Jahre 1921 die Gehäl- lec für 13 Monate gezahlt werden würden. Die Erwägun­gen hierüber sind jedoch noch nicht abgeschlossen.

Freiburger Festlichkeiten.

Freiburg i. Br.. 27. Dez. Die Stadt Freiburg hat in diesem Jahre die 800jährige Wiederkehr ihrer im Jahre 1120 durch Herzog Konrad von Zähringen erfolgten Gründung durch zahlreiche festliche Veranstaltungen begangen. Den Abschluß dieser Feiern bildete ein volkstümliches Konzert, das heute aoend die Freiburger Bürgerschaft in der städtischen Kunst- und Festhalle vereinigte und bei dem wiederum vor­nehmlich Werke Freiburger Künstler zum Vortrag gelangten. Auch dieser Feier wohnten, nne schon manch anderer, der Reichskanzler Fehrenbach und der Reichsmintster Dr. Wirth bei, die sich zur Zeit in ihrer Heimatstadt auf Urlaub befinden.

8 Soll ein Mensch um seinen guten Ruf gebracht 8 werden, so ist zu diesem Geschäft niemand geeigneter 8 8 als die Verwandten. Jean Paul. 8

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Im Schatte« der Schuld.

7)^ Original-Roman von Hanna Förster.

^ Renate grübelte schon wieder da fiel ihr Blick auf Lina, die noch immer in ihrer bescheidenen Haltung dastand und wartete, ob ihre junge Herrin noch Befehle für sie hätte.

Sie können jetzt gehen, Lina," sagte sie freundlich, klopfen Sie bitte um halb sieben Uhr, damit ich wach werde, und dann helfen Sie mir beim Ankleiden. Was diese Sache mit dem Stöhnen in den verschlossenen Gemächern anbetrifft, so schweigen Sie vorläufig darüber wenn Sie er die näch­sten Tage wieder hören, so machen Sie mir allein Mittei­lung darüber. Ich werde dann ein paarmaal morgens früh aufstehen und an den Zimmern Vorbeigehen, umsmich selbst von der Wahrheit ooer der Grundlosigkeit Jhrer^Erzählung zu überzeugen. Mit Frau Möller will ich auch sprechen, damit Sie wieder bleiben dürfen. Sie hat das natürlich nur im ersten Aerger gesagt."

Da beruhigte sich nun das Mädchen und mit den Worten:

Gnädiges Fräulein sind so gut. das sagend alle im Schloß," verließ sie das Zimmer.

Renate sank ganz ermattet auf den Divan nieder. Sie war jetzt durch all das Reden und Denken so ermüdet, daß sie wirklich gleich ern^chlief-

Frau Mara von Nehring, die Besitzerin des Schlosses von Hollwange» und der dazu gehörenden Ländereien, be- .wohnte im oberen Stockwerk des rechten Seitenflügels eine Flucht von prachtvoll eingerichteten Zimmern Da war «in entzückend im Empirestil eingerichteter Salon, auch der rote

Saal genannt, weil in ihm ein schönes mattes Rot die vor­herrschende Farbe war. Daran schloß sich das Wohnzimmer ebenso elegant wie behaglich ausgestattet mit weichen Tep­pichen. schönen Möbeln aus einer feinen kostbaren gelben Holzart mit dunkleren Intarsien. In dem weitausladenden Erker standen Korbmöbel, mit ihren vielen bunten Kiffen zum AuSruhen.zu einem Plauderstündchen zwischen den grünen Blattpflanzen einladend. Die Gardinen mit ihrer wundervollen Ftletarbeit bewiesen einen erlesenen Geschmack, ebenso die zahlreichen goldgerahmten Bilder, die überall an den Wänden deS Wohnzimmers hingen.

DaS Wohnzimmer stieß an ein ziemlich großes Gemach, wo Frau von Nehring mit ihrer Enkelin stets die Mahlzeiten einnahm und nur der Nachmittagskaffee wurde im Erker des Wohnzimmers getrunken. Der eigentliche altdeutsche Eßsaal lag wie alle Gesellschaftsräume im unteren Stockwerk. Er war riesengroß und wurde schon seit vielen Jahren nicht mehr benützt.

Eine Tür führte vom Wohnzimmer Frau von NehringS in ihr Schlafgemach, das für eine alte Dame. Frau von Nehring zählte über 60 Jahre, sehr elegant ausgestattet war. DaS große Himmelbett mit den grünseidsnen Vorhängen, der schwellende Teppich, die vielen Felle, und die wunder­baren Krtstallgeräle auf dem großen Toilettentisch offenbar­ten ebenso wie ein anstoßendes Badezimmer, dessen tief ein­gelassenes Marmorbasstn mehr für eine junge, schöne Frau paßte, als für eine Matrone, Neigungen zum Luxus.

ES war so gegen 7 Uhr an dem Tag, wo Renate von Ullmer ihren Reitunfall hatte, als Frau Mara von Nehring aus ihrem Schlafzimmer, wo sie sich für die Abendmahlzeit umzog, in ihr Wohnzimmer trat. Wie schön mußte diese Frau einst gewesen seil»! Noch heute mit 62 Jahren war sie eine geradezu auffallende Erscheinung, eine Erscheinung, die nirgends hätte übersehen werden können.

Ungebeugt vom Alter zeigt« ihre hohe Gestalt noch fast das gleiche wunderbare Ebenmaß, das ihr in ihrer Jugend einen so königlichen Reiz verliehen hatte. Nur wenige Sil-

Riefevhafte Schiebungen-

Berlin, 28. Dez. Nach einer Meldung der Bosstschen Zeitung aus Breslau ist man bei der Hauptdirektion der polnischen Bergämtern riesenhaften Schiebungen auf die Spur gekommen. So sollten nicht nur die Maschinen der Salinen von Bochnia, sondern auch die Kohlengruben in KaluSz und Dolatyn, ja sogar die noch unausgebeutetcn Krakauer Koh­lenbecken. die der galizische Landesausschuß vor dem Kriege für 25 Millionen gekauft hatte, verschoben werden. Es steht eine parlamentarische Untersuchung bevor.

Au» Stadt und Bezirk

Nagold, den 29. Dezember.

-p Freie Schreinerinnung Nagold. Am 27. 12. hielt die Freie Schreinerinnuna Nagold ihre jährliche Generalver­sammlung im Gasthaus z.Traube" in Nagold ab. Ober­meister Gabel begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder, insbesondere den Verbandssekretär Herrn Brönnle aus Stuttgart, welcher uns durch seine Anwesenheit sehr erfreute. Hierauf wurde dem Schriftführer das Work ertcilt zum Vor- lrag des Jahresberichts, aus welchem zu ersehen war, wie vielseitig und umfangreich im abgelaufenen Jahr die Arbeit der Jnnungsleitung war. Im ganzen wurden vier Vollver­sammlungen und sechs Ausschußsitzungen abgebalten. Bei der vorjährigen Generalversammlung waren es 97 Mitglieder. Im Laufe dieser Zeit sind neu eingetreten 14 Mitglieder, ausgetreten l Mitglied, sodaß die Zahl der Mitglieder jetzt IlO beträgt. Der Vermögensstand am 31 12. 20 betrug 554 48, Einnahmen 791.75, denen eine Ausgabe von ^ 1099.^0 gegenübersteht, sodaß ein Abmangel von 307.35 Mark zu verzeichnen ist und der heutige Vermögensstand 247 13 ^ beträgt. Für den ausführlichen Jahresbericht wurde dem Schriftführer der Dank ausgesprochen und Kassier Düttling zum Vortrag des Rechenschaftsberichts das Wort erteilt Nach genauer Detailierung der Ausgaben und Gegen­überstellung der Einnahmen wurde dem Kassier Entlastung erteilt. Köhler Altensteig kritisierte die Auslage für seiner­zeit angefertiqte Baupläne und wollte haben, da"- auch die Pläne von Aliensteig aus der JnnungSkasse bezahlt werten oder die betreffenden Meister das Geld zurückerstatten sollen, fand aber mir seinem etwas ungerechtfertigten Antrag keinen Anklang. ' Hierauf erfolgte die Wahl des Obermeisters. Stellv. Jenne hob die Verdienste des Herrn Gabel heroor und beantragte, die Wahl per Akklamation dnrchzuführen, was allgemein anerkannt und somit Herr Gabel wieder einstimmig als Obermeister gewählt wurde. In gleicher Weile wurde auch Herr Jenne wieder als Stellvertreter gewählt. Herr Sekretär Brönnle brachte nun in beinahe einstündigem Vortrag die Interessen größerer Organisationen für die gegenwärtige Zeit in klaren Worten zum Ausdruck und wies an Hand von verschiedenen Beispielen nach, wie vorteilhaft es ist, einer Zentralorganisation anzugehören. sei es in persönlichen oder Jnnungssachen. Auch die Aufgaben, welche sich der Verband gestellt hat, wurden klar beleuchrel, so daß jedes einzelne anwesende Mitglied genaue Orientie­rungen mit nach Hause nehmen konnte. Auf verschiedene Anfragen aus der Versammlung gab Herr Brönnle klare u. leichtverständliche Antwort. Für diesen lehrreichen Bortrag und für den Besuch besonders sagte Obermeister Gabel im Namen der Versammlung den herzlichsten Dank, worauf sich Herr Brönnle leider schon verabschieden mußte. Die Zeit ist unterdessen weit vorgeschritten und mußten deshalb verschie­dene Punkte auf eine demnächst stattzufindende Vollversamm­lung zurückgestellt werden. Es wurde nun noch die neue Lohnregelung genau besprochen und erläutert, so daß kein Mitglied mehr im Zweifel sein konnte. Mit Worten des Dankes schloß Obermeister Gabel die allgemein anregend ver­laufene Versammlung.

* Für Beamte des Landjägerkorps keine Eisenbahn- militärtarife. Nach einer Verfügung des Reichsverkehrs­ministeriums haben die Gendarmeriebeamten fortan keinen Anspruch mehr auf Beförderung zu den Sätzen des Militär­tarifs. Demgemäß treten nunmehr nach einer Verfügung des Justizministerium« für alle Eisenbahnfahrten der Ange­hörigen des Landjägerkorps die Vorschriften der gewöhnlichen Tarife in Kraft. Das gleiche gilt hinsichtlich der dem Land- jägerkorps zugeteilten Angestellten bei den gerichtlichen Straf-

berfäden durchzogen das tiefschwarze reiche Haar, daS ein

klassisch geschnittenes stolzes Antlitz umrahmte. Kalt und hochmütig war jeder Zug dieses blassen Gesichtes, und kalt und hochmütig blickten auch die großen, dunklen Augen, die noch einen Glanz hatten, daß man gleich wußte keine Träne hat je hier trübend gewirkt.

Auch ihr Gang verriet nichts vom Alter. Mit gemesse­ner Ruhe trat sie ins Zimmer. Sie schien verwundert, ihre Enkelin Renate war da« Kind der einzigen Tochter ihres Mannes aus seiner ersten Ehe noch nicht anwesend zu finden. Ungeduldig zogen sich ihre Brauen zusammen. Sie drückte auf den Knopf der elektrischen Klingel. Ein paar Sekunden später stand ein livrierter Diener vor ihr, dem sie den Auftrag erteilte, zu Fräulein von Ullmer zu gehen und ihr mitzuteilen:Frau von Nehring lasse daS gnädige Fräu lein zu sich bitten!" ^ ^ .

Die Art und Weise, wie die alte Dame sprach, bewies, daß sie daS Befehlen verstand, ohne je in ihren Untergebenen etwas anderes zu sehen als bezahlte Leute, die dafür daww ren, um sie, Frau Mara von Nehring, zu bedienen und sich jedem ihrer Wünsche und Launen zu fügen

Sie setzte sich im Erker auf einen der bequemen Sessel, um hier die Enkelin zu erwarten. Ein paar Minuten später klopfte es. und auf ihr Herein kam Renale ins Zimmer. In einem dunkelgrünen, schlicht, doch geschmackvoll gearbeiteten Seidenkleide, dessen «einen viereckigen Halsausschnitt em schmales, feines Spitzchen abschloß. sah sie reizend anmutig aus. Mit dem ihr eigenen, sonnigen Aufleuchten in den schönen braunen Augen trat sie auf die alte Dame zu und ihr die gepflegte weiße Hand küssend, sagte sie:

Bitte, liebe Großmutter, entschuldige, daß ich etwas später komme. Ich hatte Lina gesagt, sie solle mich um »/»? Uhr wecken, sie hat eS auch ge"an. doch ich schlief nochmal« ein und sie wartete eine Viertelstunde, bis sie abermals klopfte Da hat es denn ein wenig länger gedauert, obwohl ich mich sehr beeilt habe. Nicht wahr, du bist nicht böse?"

(Fortsetzung folgt).