Amerikanische Gasbomben in Taschenformat.

New Aork, 24. Dez. Der chemische Dienst der Armee der vereinigten Staaten hat nach einem Washingtoner Tele­gramm der Newyorker World die Methode zur Verdichtung von giftigen Gasen derart vervollkommnet, daß diese vom Soldaten, wenn er einen Gasangriff zu unternehmen hat, in der Tasche getragen werden können. Die genannte Ab­teilung besitzt eine moderne Versuchsanlage, wo unter Zuhilfe­nahme von zwei Bataillonen Mannschaften, Probeübungen mit Gasangriffen vvrgenommen werden.

Die Pariser Botschasterkonferenz.

Paris, 25. Dez. Die Botschafterkonferenz behandelte das Gesuch der deutschen Schiffahrtskommisston und verzichtete auf das Recht, das die Alliierten sich Vorbehalten hatten, näm­lich auf Grund des 8 5 Abs. 3 des Vertrages von-Versailles die Kriegsschiffe noch Fertigstellung für sich in Anspruch zu nehmen, die Deutschland in Handelsschiffe nmwandeln kann.

Nizza »der Cannes.

Parts, 25. Dez. Die Agentur Reuter veröffentlicht erne Note die im Gezensatz zu HavaS feststem, daß die Zusammen kunft der alliierten Ministerpräsidenten gegen den 28 Dez. in Nizza oder Cannes stattfinden wird. Lloyd George habe wohl die Absicht, mir Leygues zu verhandeln; er könne aber wegen der innerpolitischen Lage, namentlich wegen der Ar beitslosenkrise in England den britischen Boden für den Augen­blick nicht verlassen. Eine Radiomeldung aus Rom bestätigt übrigens, daß die geplante Ministerzusammenkunft bis auf weitere- aufgeschoben worden sei.

Rume.

Rom, 25. Dez. AuS Fiume wird demSecolo" gemel det: Der Finanzminister der Regentschaft des Quarnero, Pantaleoni, der einen vergeblichen Schritt bei d'Annunzio unternommen hatte, um ihn zur Versöhnung zu veranlassen, hat sich nach dem Scheitern dieses Versuches von d'Annnnzio getrennt und hat die Stadt Fiume verlaffen. DerMessag ero" meldet, daß die 50000 Einwohner der Stadt Fiume er unhaltbaren Zustände müde sind. Viele Einwohner ha­ben schon versucht, die Stadt zu verlaffen, um der Hungers­not zu entgehen, was vielen auch geglückt ist.

Erdbeben in China.

Neuyork, 25. Dez. Ein Kabeltelegramm aus Schanghai meldet, daß in der Provinz Kanau, die schon durch Hungers­not schwer heimgesucht worden ist. infolge eines schweren Erdbebens am 16. Dezember 2000 Menschen ums Leben ge kommen sind

Das amerikanische Budget.

Washington, 25. Dez. Der Staatssekretär gab in der Ftnanzkommisston des Senats bekannt, daß das Budgetdefizit dieses Jahr 2 100000000 Dollar, nächstes Jahr 1500000OM Dollar betragen werde.

Verschiebung des russisch-polnischen Abkommens.

Warschau. 25. Dez. Der Abschluß des russisch polnischen Abkommens ist wegen der wirtschaftlichen Klauseln des Ab­kommens verschoben worden.

' Di«Note Fahne- Alleinherrscherin.

Berlin, 25. Dez. Das Berliner Organ der Neutommu- nisten, die Internationale, stellt, wie das Blatt mitteilt, am 8l. Dezember ihr Erscheinen ein. Das Blatt wird mit der .Roten Fatzke" verschmolzen werden.

Aufhebung verschiedener schwedischer Ausfuhrverbote.

Stockholm, 24. Dez. Von 27. Dezember ab wird in Schweden das Ausfuhrverbot für Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Grieß, Wicken. Bohnen. Rot und Weißkleesamen. Heu, Stroh und Zuckerrüben aufgehoben. Die Erlaffe betr. die Aufhebung des Ausfuhrverbots für tierische Erzeugnisse wird demnächst zur Entscheidung gelangen, nachdem gewisse damit in Verbindung stehende Verhältnisse bezüglich der Maul- und Klauenseuche mehr untersucht worden sind.

Unsere Wertbriefe 1« Frankreich.'

>Dte während des Krieges von französischen militärischen Behörden beschlagnahmten gewöhnlichen, eingeschriebenen und

Wertbriefe werden jetzt vom französischen Kriegsministerium zur weiteren Behandlung an den Sequester abgegeben. Die Absender oder Empfänger können Gesuche um Freigabe solcher Sendungenan die Geschäftsstelle für deutsche Güter, Rechte und Interessen in Frank, eich" richten; die Anfrage sind der Kurierabfertigungsstelle des Auswärtigen Amts. Berlin 8 Wilhelmstraße 75" zur Weiterbeförderung zu übermitteln. Fiir die Nachforschungen würden folgende Angaben zu machen sein: Name des Absenders und des Empfängers, Inhalt der Sendung, wenn möglich die Aufgabenummer und die Be­zeichnung der Aufgobepostanstalt.

Gin Verlust.

Berlin, 25. Dez. Einen schweren Verlust hat die ameri­kanische Quäkerkommission durch den Tod des Organisators der Studentenhilse, Arthur Parsons, erlitten, der vor einigen Tagen plötzlich in Berlin gestorben ist.

Giolitti« Mehrheit.;

Rom, 25 Dez. Bei der Beratung der prooisviischen Budgetzwölftel in der Kammer stellte Gioliiti die Vertrauens­frage. Eine von ihm genehmigte Tagesordnung wurde mit 248 gegen 93 Stimmen angenommen.

Die griechische Zusicherung.

Paris, 25. Dez. Aus Athen wird berichtet, jedenfalls werde am Mittwoch Prinz Georg von Griechenland nach Paris abreisen, um den Alliierten die Versicherung zu geben, daß Griechenland die Politik von Venizelos fvrtsetzen werde. Er werde Garantien geben.

Württembergische Politik.

Konferenz der Fiuanzminister.

Die süddeutschen Regierungen planen in dieser Woche und zu Anfang deS neuen Jahres Besprechungen der Finanz­minister der Länder in Stuttgart. Es sollen die Besoldungs» sätze der Beamten nachgeprüft und die einheitliche Regelung der Beamtenbesoldungen zwischen Reich und Ländern vervoll­ständigt werden. Auf der zweiten Konferenz soll eine Aus spräche der Finanzminister über die Steuergesetzgebung und die Wirkungen des Landessteuergesetzes erfolgen.

Aus Stadt und Bezirk.

Nagold, den 27. Dezember.

-n Tchueeschuhsport. Als Erwiderung auf den Artikel Schneeschuhsport" in der Donnerstag-Ausgabe des Gesell schafter möge dem Einsender folgendes diene. : Seit Be­endigung des Krieges ist bis heute niemand aus den Plan getreten, der den Schneeschuhsporl fördern wollte. Auch hatte der Fußballclub Nagold keine Kenntnis von dem Bestehen einer Schneeschuhableilung der Ortsgruppe Nagold des Wiirtt. Schwarzwaldvereins. Lediglich den, Wunsche seiner Mitglie­der Rechnung tragend, entschloß sich der F C. N. zur Grün düng einer Schneehschuhabteilnng. Eine Zersplitterung soll selbstverständlich nicht herbeigesührt werden und ließen sich in dieser Sache durch eine Besprechung bestehende Zweifel regeln.

* Hufbeschlag. Die Prüfung im Hufbeschlag bat u. a Eugen Springmann von Gültstein OA. Herrenberg mit Erfolg bestanden und dadurch den oorgeschriebenen Nachweis der Befähigung zum Betrieb des Hufbeschlaggewerbes erbracht.

* Kurs über Weinbehandlung. An der Weinbauver­suchsanstalt Weinsberg wird vom 3l. Januar bis 13. Febr. 1921 ein Kurs für Küfer über Weinbehandlung, Heferein zucht und Kellerpflege der Weine abgehalten.

* Kaminfeger zur Baukontrolle. Durch eine Ver­fügung des Ministeriums des Innern wird angeordnet, daß die Beiziehung der Kaminfeger zur Baukontrolle regelmäßig stattfinden muß, namentlich zur Prüfung der Kamine und der mit Rohbauten zusammenhängenden Feuerungseinrichtungcn.

* Die neue evangelische Kircheüverfafsung. Bon zu­ständiger Seite wird mitgeteilt: Der evangelischen Kirche ist auf ihre Eingabe vom l2. Nov. ein Bescheid der StaatSregie- rung zugegangen. Mit Rücksicht auf den Wunsch der Kirche, ihre neue Verfassung bald in Kraft zu setzen, wird die Re­gierung die Neuordnung des staatsrechtlichen und finanziellen

Verhältnisses der Kirchen zum Staat so sehr als möglich be­schleunigen. Die Regierung gibt die Zusicherung, daß der Gesetzentwurf, der vor Inkraftsetzung der Kirchenverfaffung verabschiedet werden muß, dem Landtag spätestens dis Ende Oktooer l92l vorgelegt wird, wenn die frühere Einbringung der Vorlage nicht möglich ist. Für den Fall, daß in der kurzen Uebergangszeit bis zum Inkrafttreten der Kirchenver- sassung bei dein eoang. Konsistorium ein Wechsel eintreten sollte, gibt der Bescheid der Kirche die Gewähr, daß der Nach­folger von den kirchlichen Organen ohne Einfluß des Staates aus dem Weg gewählt werden kann, den die Vertretung der Kirche wünscht.

* Verkehr mit Luxemburg. Der PostanmeisungS , Post- auftrags- und Nachnahmeverkehr wird am I. Januar IS2I wieder ausgenommen.

* Vergeht die Feuerversicherung nicht I In einem Erlaß des Ministeriums des Innern wird gesagt, daß noch immer ein ganz »verhältnismäßig großer Teil der Bevölke­rung, insbesondere der ländlichen, so ungenügend gegen Feuerschaden versichert ist. daß oft nur die Hälfte, leilweise sogar nur ein Drittel oder Viertel ihres Schadens ersetzt wer­den kann. Insbesondere seien solche Versicherte, die ihre Feuerversicherung in den ersten Kriegsjahren neu geordnet haben, vielfach der irrigen Ansicht, daß sie eine weitere Er­höhung nicht mehr nötig hätten, wobei sie übersehen, daß auch Versicherungssummen, die noch vor 2 oder 3 Jahren als völlig ausreichend gelten konnten, unter den heutigen Ver­hältnissen bei weitem nicht mehr genügen, um die inzwischen eingetretene weitere Verteuerung der Fahrnisgegenstände, Warenvorräte, landwirtschaftlichen Erzeugnisse und des Bieh- stands zu decken. Deshalb werden die Oberämter und Ge meindebehörden wiederholt beauftragt, nochmals eindringlich auf die Notwendigkeit eines ausreichenden Feueroelstcherungs- schutzes hinzuweisen.

* Luxussteuer. Die für >920 ausgestellien zum luxus- steuerfreien Einkauf von Gegenständen berechtigenden Händ- ierbescheinigungeri werden Ende des Monats ungültig. Die Bescheinigungen für 1921 werden »ur auf Antrag ausge­stellt. Die Ämräge sind beim zuständigen Finanzamt ein zureichen.

* Schule und Landwirtschaft. Die landwirtschaftliche Bevölkerung ist an der Erhaltung der ländlichen Latein- und Realschulen ganz besonders stark interessiert. Ohne sie wäre unsere bäuerliche Jugend von dem Besuch höherer Schulen so gut wie ausgeschloffen, nur die wenigsten Bauern bringen das Geld auf, um ihre Kinder von den ersten Jah­ren ihrer Ausbildung an in städtische Schulen zu schicken. Wir begrüßen deshalb, daß die ländlichen Latein und Real­schulen erhalten bleiben sollen, aus denen schon eine ganze Reihe fähiger Köpfe heroorgegangen sind.

* Nebertragung von Schuldbuchforderungen. Von zu ständiger Stelle wird uns geschrieben: Die Zahl der bei der ReichsschuldenVerwaltung eingehenden Anträge auf Ueber- tragung von Schuldbuchforderunaen auf das Konto der Reichs­tage für Reichsnotopfer mehrt sich von Tag zu Tag Eine sofortige Erledigung der vielen Anfragen ist unmöglich. Die Antragsteller werden vielmehr wochenlang warten müssen, bis sie die für die Finanzkasse bestimmten Bescheinigungen erhalten. Eine Bestätigung über Eingang der Anträge kann nur erteilt werden wenn den Anträgen Briefumschläge oder Postkarten beigesügt sind, die mit Freirnarken und der voll­ständigen Adresse des Antragstellers versehen sind. Es emp­fiehlt sich, die Anträge unter Einschreiben einzusendeir und die Postscheine als Ausweis über die Antragstellung zu oer wahren.

* Freigabe des Verkehrs mit Nutzholz. Von zustän­diger Seite wird uns geschrieben: Die Verfügung des Ar­beitsministeriums über den Verkehr mit Nutzholz ist mit so fortiger Wirkung aufgehoben. Der Verkehr mit Nutzholz über die württ. Grenze nach den anderen deutschen Ländern ist damit wieder frei. Für die Versendung von Brennholz und von Nutzschichtholz bis zu 2,5 Meier Länge ist abge- stempelier Frachtbrief notwendig. Der Holzausschuß wird in ähnlicher Zusammensetzung wie bisher als begutachtendes und beratendes Organ des Arbeitsministeriums sowie als Ausgleichstelle für die verschiedenartigen Interessen der in ihm vertretenen wirtschaftlichen Kreise bestehen bteiben.

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Wenn Menschen noch so anspruchslos still durch das Leben wandern, in einem denkt doch jeder groß:

Ich bin nicht wie die andern."

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Fm Schatten der Schuld.!

S) Original-Roman von Hanna Fast st er.

I I Sie halte eS mit ernstem Tone gesagt und dabei die alte Frau fest angesehen. Mit Bestürzung bemerkte sie, wie deren Gesicht sich veränderte, wie alle Farbe daraus entwich u»ö in die Hellen Augen «in Ausdruck von Schreck trat.

Graf Hollwangen?" fragte sie mit tonloser Stimme, wohl einer von den Söhnen? Der Graf Oskar ist ja tot."

ES war ein Mann von etwa dreißig Jahren," ant­wortete Renate,also wohl einer von den Söhnen. Liebe Frau Möller, sagen Sie mir doch, weshalb Sie so erschrok- ken find bei Erwähnung dieses Namens? Vollmer machte schon ein ernsthaftes Gesicht, als ich nur den Namen Wildau erwähnte. Lebt Großmama denn in Feindschaft mit diesen Grafen Hollwangen? Und warum wohnen wir eigentlich hier auf diesem Schloß und nicht die Grafen, die seinen Namen führen?"

Mit seltsamer Eindringlichkeit hatte Renate diese Fragen an die alte Frau gerichtet, wobei ihre schönen braunen Au­gen sich fast bang auf deren Gesicht richteten. Frau Möller sah ganz bestürzt aus. Mit zitternden Fingern strich sie ihre schwarzseidene Schürze glatt, als wolle sie Zeit zur Antwort gewinnen. Dabei irrten ihre Hellen Augen wie in scheuer Angst zu den Erkerfenstern im oberen Stockwerk hinaus, wo das Wohnzimmer der alten Fra« von Nehring lag.

Liebe, liebe Frau Möller, sagen Sie mir doch, was da- alles bedeutet. Seit einem Jahr lebe ich jetzt schon hier auf Schloß Hollwangen und habe nicht gewusst, daß Grasen

des gleichen Namens ganz hier in der Nähe wohnen. Auch meine Freundin Hai es mir verschwiegen. Und dem Grafen, den ich heute durch solchen Zufall kennen lernte, schien eS unangenehm zu sein, daß ich nach Hollwangen gehöre. Das alles ist so geheimnisvoll, da muß etwas nicht stimmen. Bitte sagen Sie mir alles, die volle Wahrheit,"

Flehend trafen ihre Augen die alte Frau. Doch Frau Möller antwortete ausweichend:

Kind, was reimen Sie sich da zusammen? Natürlich besteht keine Freundschaft zwischen der gnädigen Frau und den Grafen Hollwangen. Aber wenn ich Ihnen das aus- einandersetzen wollte, wie das so kam, ich könnte es nicht. Was weiß einfache Frau wie ich, von solchen Feindschaften und weshalb der alte Graf seinen einzigen Bruder enterbte? Ach Renatchen, eS ist alles schon so lange her und eS waren schlimme Zeiten damals einmal wird ja doch Gras über diese unselige Erbschaftsgeschichte wachsen. Sie armes Kind,

Sie sind ja ganz unschuldig an diesen Dingen-"

Sie hielt inne, mitten im Satze, als fürchte sie, schon zu viel gesagt zu haben. Renate hatte mit atemloser Span­nung ihren Worten gelauscht. Also der verstorbene Graf hatte seinen Bruder, das war wohl der Vater ihres Retters von heule, enterbt? Und ihre Großmutter, oder richtig ihre Großeltern, denn damals lebte ja auch ihr Großvater noch, hatten das herrliche Schloß geerbt. Seltsam, sie waren doch gar nicht verwandt mit den Grafen.

Renate hätte gern noch viel mehr gefragt, doch das Ge­sicht Frau Möllers, sonst gutmütig, sah mit einem Male undurchdringlich aus, als ob niemand mehr auch nur eine Silbe über jenealten Geschichten" von ihr erfahren könnte. Mit einer energischen Bewegung nahm sie ihr Schlüflelkörb- chen wieder hoch, hängte cs an den rechten Arm und sagte:

Solcher großen Gefahr sind Sie heute entgangen und ich stehe nun hier und schwatze mit Ihnen, statt Sie zu ver­anlassen. sich ein wenig auszuruhen, ehe Sie zur gnädigen Frau gehen. Gleich werde ich Ihnen eine Taffe heißen Tee durch die Lina schicken, und dann legen Sie sich hübsch aufs Ruhebett und schlafen noch ein Stündchen bis zum Abendbrot." Renate merkte, daß sie heute nichts mehr von Frau

Möller erfahren würde. So stieg sie gehorsam die Freitreppe hinauf, schritt durch den mit alten Gemälden und Gobelins begangenen großen Empfangssaal und dann eine gleichfalls mit schweren echten Teppichen behangene Innentreppe zum oberen Stockwerk hinauf. Hier lagen rechts die Gemächer ihrer Großmutter. In der Mitte war eine Flucht von stets verschloffenen Räumen. Hier hatte der verstorbene Graf HanS von Hollwangen zu seinen Lebzeiten gewohnt. Sein Arbeitszimmer und sein Schlafzimmer, die nie von dem Fuße eines Menschen betreten wurden, waren unberührt geblieben wie zu der Zeit, als der Graf gestorben. Hier hatte noch nie jemand gewohnt. Die anschließenden Gemächer hatte dann der einzige Sohn Frau von Nehrings inne gehabt, wenn er, der als Offizier in einer größeren Garnison stand, auf Urlaub nach Hause kam. Seit seinem vor zwei Jahren so jäh durch einen Sturz vom Pferde erfolgten Tode blieben auch diese Zimmer verschlossen die Schlüffe! dazu hatte Frau von Nehring selbst die alte Wirtschafterin durste die Räume nicht betreten. Links bewohnte Renate zwei rei­zende Zimmer, wovon das größere, da- Wohnzimmer, einen kleinen Erker hatte.

Renate begab sich in ihr Schlafgemach, an das sich ein Toilettenzimmer mit Badeeinrichtung anschloß. Da- Schlaf­zimmer selbst war sehr hübsch auSgcstaitet, ganz in Weiß mit leichten bunten Malereien, die dem Ganzen einen heiteren und dabei künstlerischen Eindruck verliehen. Ein wahres Prachtstück war der hohe Ankleidespiegel mit kostbarem, oer goldetem Rahmen.

Jetzt erst fühlte das junge Mädchen, daß der wtlde Ritt mit den mancherlei Aufregungen sie doch angegriffen hatte. Mit einem Seufzer entledigte sie sich, ohne erst Linas Kom men abzuwarten, des Reitkleides und schlüpfte in einen be quemen Morgenrock. Da klopfte eS auch schon an und Lina, ein einfaches, freundliches Landmädchen. daS Zofen dienste bei Renate versah, trat auf ihr Herein ins Zimmer Sie trug ein silbernes Tablett in den Händen, auf dem ein Kännchen mit dampfendem Tee, eine Taffe und etwas Ge­bäck in einem zierlichen Körbchen standen.

(Fortsetzung folgt--