Seite 2 Nr. 107

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter"

Mittwoch, den 10. Mai 1833.

Die Vorgänge in Oesterreich

Wien. 9. Mai. Auf dem christlich-sozialen Parteitag in Salzburg erklärte Bundeskanzler Dr. Dollfuß, die Regie­rung werde, wenn nötig durch Verordnung, die Durch­führung von Neuwahlen in den Gemeinden in der nächsten Zeit verhindern. Gegen Sabotierung der Gemeinderäte usw. durch Mandatsnioderlegungen werde mit Strafen vorgegangen und nötigenfalls in den Gemein­den Kommissare der Landes- oder Bundesregierung ein­gesetzt werden.

Zurzeit befinden sich ungefähr 900 Kommunisten in Oesterreich in Haft. In einer Kolonie bei Eggenberg (in der Nähe von Graz) wurde eine kommunistische Geheim- druckersi entdeckt und viel aufreizendes Material, darunter auch sowjetrusfische Schriften, beschlagnahmt.

Mische Lüge

ms der AMstilWdmfereuz

London. 9. Atai. Die Genfer Berichterstatter der Morgen­blätter berichten über die dortige Lage in der bisherigen Weise. So sagt der Korrespondent derMorningpost", Deutschlandsunversöhnliche Stellungnahme" habe die Ar­beiten wieder aufgehalten, aber das einzige Ergebnis fei gewesen, die Entschlossenheit der Vertreter zum Widerstand gegen Deutschland zu stärken. Die britische Haltung sei energischer geworden. Die Neigung fei deutlich, alle Zu­geständnisse zu verweigern und auf eine schnelle Entscheidung hinzuarbeiten. In einerTimes"-Meldung heißt es u. a., wenn es aus Herrn Nadolny ankäme, so würde der Haupt­ausschuß aushören, sich über eine Vereinbarung zur Be­grenzung der Rüstungen zu unterhalten und seine Haupt­aufgabe darin erblicken, eine Kollektioermächtigung zum Auf­rüsten Deutschlands zu erteilen. Geduld ist eine Tugend, aber wenn Herr Nadolny weder einen Abänderungsvorschlag zum Vereinheitlichungsplan macht, noch etwas anderes an die Stelle der Artikel zu setzen weiß, deren Streichung er wünscht, dann wird eine Abstimmung heute zu entscheiden haben, was zu tun ist

Der Berichterstatter desDaily Telegraph" bemerkt, die Hornung auf ein Ab'.-üstungsabkommett auf Grund des bri­tischen Entwurfs scheine von Stunde zu Stunde geringer zu werden. In maßgebenden Kreisen herrsche die Ansicht, entweder solle durch eine Abstimmung entschieden werden., daß die Meinung der Welt gegen die jetzige Obstruktion Deutschlands sei, oder die Konferenz solle sich vertagen, bis man Verhandlungen zugänglicher geworden ist. Die Lage sei sehr ernst. Großbritannien. Frankreich und die Bereinigten Staaken seien entschlossen, die Frage der Effektivbestände zu entscheiden.

Der Berichterstatter desDaily Expreß" ist der Meinung, der tote Punkt könnte nur überwunden werden, wenn Deutschland seinen Widerstand gegen viele Punkte des bri­tischen Plans aufgsbe. Cs handle sich augenblicklich um die schwerste Krise der Abrüstungskonferenz.

Der Reichskanzler in Königsberg

Königsberg. 9. Mar. Reichskanzler Adolf Hitler und Reichswehrminifler o. Blomberg trafen heute vor­mittag im Flugzeug in Königsberg ein, um an Ort und Stelle mit Persönlichkeiten Ostpreußens wirtschaftspolitische Fragen der Provinz zu besprechen. Beide Herren waren Gäste des Befehlshabers im Wehrkreis I, Generalmajor von Brau chitsch, Bereits am Nachmittag wurde der Rückflug nach Berlin angetreten.

Nach der Landung fuhren die Herren, begeistert von der Bevölkerung begrüßt, zur Kaserne, in deren Hof Reichswehr Aufstellung genommen hatte. Die Stadt war reich beflaggt.

Schutzpolizei und nationale Verbände

Berlin, 9. Mai. Der preußische Innenminister verbietet in einem Erlaß der Schutzpolizei das Tragen von politischen Abzeichen und Armbinden, auch Hakenkreuzarmbinden, zur Uniform. Die Teilnahme von Polizeibeamten in Uniform an Umzügen nationaler Verbände unterliegt in jedem Fall der Genehmigung des Kommandeurs. Eine etwaige Be­tätigung ist nur in geschlossenen Formationen zugelassen. Die vorhandenen nationalsozialistischen Fachschaften bleiben bestehen; irgend eine Einwirkung auf dienstliche Angelegen­heiten ist jedoch verboten. Falls in den Formationen der Schutzpolizei noch Organisationen anderer nationaler Ver­bände vorhanden sein sollten, sind diese sofort auszulösen.

Weiter wird in dem Erlaß ausgeführr: Nachdem dis SA. und SS. zu öffentlich anerkannten Organisationen mit eigenen Dienstgradbestimmungen erhoben sind, ist die Mit­gliedschaft zu diesen Organisationen für die Angehörigen der ^Schutzpolizei, die selbst einen Grundpfeiler der bewaffneten Macht des Staats bilden, unmöglich geworden. Soiveit des­halb Angehörige der Schutzpolizei den genannten Verbänden als Mitglieder angehören, haben sie sofort auszutreten. Das gleiche gilt für die Mitgliedschaft beim Stahlhelm.

Schließlich wird noch ein neues Gesetz über di« Diszipli- narstrafgewalt in der Schutzpolizei angekündigt.

Führerwechsel beim Zentrum

Berlin, 9. Mai. Zum Vorsitzenden der Zentrumspartei an Stelle des zurückgetretenen Prälaten Dr. Kcras ist ein­stimmig Reichskanzler a. D. Dr. Brüning gewählt und mit außerordentlichen Vollmachten ausgestattet worden. Die Germania" sagt: Die politischen Ausgaben haben sich grund­legend gewandelt. Es sei notwendig, nicht etwa sich äußerlich anWLpassen", sondern in einem tieferen Sinn sich in dieser starmbswegten Zeit wieder auf jene Grundelemente des palitischen, sozialen und kulturellen Seins zu besinnen, dis durch keinen Sturm bewegt werden können. Dr. Brüning werde die Unterstützung aller finden, wenn er seine Ausgabe entschlossen in Angriff nehme und sich dabei von keinen an. deren Rücksichten leiten lasse, als jenen, die verpflichtend im Wesen der Sache selbst lägen.

Wehrkreispfarrer Müller über Reichskirche und deutsche Christen

Berlin, 9. Mai. DieTägliche Rundschau" veröffent­licht eine Unterredung mit dam Bevollmächtigten des Reichs­kanzlers für die evangelische Kirche, Wehrkreispfarrer Müller, über die Frage Reichskirche und deutsche

Christen. Auf die Frage,was erwartet der Kanzler Wolf Hitler von Ihnen?", erwiderte Pfarrer Müller:Ich soll dafür sorgen, daß der Kampf um die Zukunft der evangelischen Kirche nicht so geführt wird, wie der poli­tische Kampf. Adolf Hitler will keine Religio ns- krife herausbeschwören." Ueber sein Verhältnis zu den deutschen Christen legte Pfarrer Müller in Anleh­nung an die Kampsrichtlinien der Deutschen Christen Ost­preußens u. a. folgendes dar: Unser Vaterland braucht eine starke evangelische Kirche, welche mehr als bisher im Stande ist, eine Durchdringung des gesamten Volkswesens mit den sich bewährenden Äufbaukrüsten des Evangeliums zu gewährleisten und undeutsche, zersetzende Einflüsse wie Materialismus, Bolschewismus, würdelosem Pazifismus vom deutschen Volkskörper fernzuhalten. Wir fordern u. a. eine neue Kirchenoerfassung, welche den überall bereits erledigten Parlamentarismus und das demokra­tische Wahlsystem vermeidet: die Vereinigung der evangelischen deutschen Landeskirchen zu einer Reichskirche bei pietätvoller Wahrung geschicht­lich begründeter Sonderrechte. Wir treten ein für die völ­lige Wahrung des Bekenntnisstandes der Reformation, verlangen aber eine Weiterbildung des deutschen evangeli­schen Bekenntnisses im Sinne scharfer 'Abwehrmaßnahmen gegen alle modernen Irrlehren.

Korruption

Berlin. 9. Mai. Der Inhaber der sogenannten Jnlands- bank in Berlin, Max Kunert, wurde wegen fortgesetzten Betrugs verhaftet.

Gegen Vorstandsmitglieder der Charlottenburger Was­serwerke wurde von der Staatsanwaltschaft wegen Ver­dachts der Untreue Antrag auf Eröffnung der Vorunter­suchung gestellt.

Mitte März d. I. wurden sämtliche Kassenbelege der Hauptkasse des Zentraloerbands der Angestellten bis zum 30. September 1932 einschließlich auf Anordnung des Ber- bandsvorsitzenden Urban verbrannt. Ueber die Gründe dieser Maßnahme braucht man sich wohl keinem Zweifel hinzu­geben.

Düsseldorf. 9. Mai. Gegen die Direktoren der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG., Wuppertal, Dr. Sprinqoru m und Benrath, ist unter der Beschuldigung großer Steuer­hinterziehungen Haftbefehl erlassen worden. Beide haben dagegen Beschwerde eingelegt.

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Beim Landgericht 1 Berlin ist eins Sonderkammer zur Bearbeitung von Korrupt io ns- und Sabotagefällen gebildet worden, da derartige Fälle in den letzten Monaten eine außerordentliche Belastung der Gerichte herbeiasführt haben.

Verbot einer deutschen Turnhalle

Saarbrücken, 9. Mai. In Karlsbrunn im Warndtgebiet hatte die Deutsche Turnerschaft mit großen Opfern die Er­richtung einer Turnhalle beschlossen. Als der Rohbau bereits fertiggestellt war, wurde der Ausbau von der völker­kundlichen ReoicrungskommWon verboten, weil der Turn­verein die gesetzlichen Bauvorschriften nicht eingehalten habe. Der wahre Grund liegt darin, daß die französische Bergver- waliung neben dem Grundstück eine französische Turnhalle erbauen will. Trotz Verbots veranstaltete der Turnverein eine Einrveihungsseier, an der fast die ganze Bevölkerung teilnahm.

Die Saar-Gewerkschaften

Saarbrücken. 9. Mai. Der Verband der Bergbau-Indu­striearbeiter, die größte Berussgruppe des Saargebiets, hat beschlossen, die gewerkschaftliche Gleichschaltung abzulehnen und den Verband in sreigewerkschaftlichem Sinn, weiter- zusühren.

' Vorgehen gegen Kommunisten

Paris. 9. Mai. Die kommunistischeHumanste" meldet aus Saigon (franz. Kochinchina), wegen des Proteststreiks dort im Jahr 1930 und 1931 seien acht Kommunisten zum Tod, acht zu lebenslänglicher und eine große Anzahl anderer Angeklagter zu insgesamt 900 Jahren Zwangsarbeit ver­urteilt worden.

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In Spanien soll am Dienstag ein 48stündiger General­streik ausbrechen. Zahlreiche Anarchisten wurden verhaftet.

Japanischer Vormarsch bei Eharbin

Eharbin. 9. Mai. Aus Suifenho in der Provinz Kirin ist eine größere japanische Slreitmachr abgebrochen, um gegen die bei Tungning versammelten chinesischen Truppen zu marschieren. Das Unternehmen wird von den Japanern alsStrasexpedstion" bezeichnet und bat zum Ziel, die Chi­nesen aus dem Grenzgebiet zu verjagen.

Württemberg

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Stuttgart. 9. Mai. In einer Pressekonferenz, die Herste vormittag im Wirtschaftsministerium stattfand, machte der Leiter des Wirtschaftsministeriums, Staatsrat Prof. Dr. Lehn ich, nähere Mitteilungen über die Art der vom Wirtschaftsministerium in der Privatwirtschaft eingeleiteten Revisionen. Der Staat müsse jederzeit in der Lage sein, in alles hineinzuleuchten und sich überall Einblick zu ver­schaffen. Dabei soll es sich keineswegs um Eingriffe in die Privatwirtschaft oder um eine Aufhebung des Privateigen­tums handeln, aber der Staat habe das größte Interesse daran, daß die Privatwirtschaft gesund und sauber arbeite. Zu diesem Zweck habe er bei der Uebernahme des Mini­steriums ein besonderes Revisions- und Organisations- referal unter Leitung der Regierungsräte Stiller und Krimm errichtet, das nun auf Grund der Auskunfts­pflichtordnung von 1923 seine Revisionen anstelle. Das Re­ferat sei von einem Kaufmann besetzt, dem die Privatwirt­schaft nichts vormachen könne, und von einem Juristen, der dafür sorg«, daß der Staat nicht selbst einmal übers Ziel hinausschieht. Die Auskunftspflichtordnung wurde nur dahingehend geändert, daß die Kosten für die Revisionen

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die Revidierten selbst zu tragen haben. Die Zahl der Be­schwerden. die dem Wirtschastsministerium oorgetragen werden, ist außerordentlich groß. Da es nicht möglich ist, alle Fälle auf einmal aufzufassen, wurde eine Dringlichkeits- ^ste ausgestellt. Die Revisionen werden außerordentlich gründlich durchgeführt. Wenn sie zu einem positiven Er­gebnis führen, dann ist es sicher, daß die Staatsanwaltschaf­ten genau so entscheiden werden. Manches ist so faul, daß wir es kaum zu glauben wagen. Manche Revisionen wer­den aber auch eine Schuhrevision sein für den. gegen den Vorwürfe erhoben worden sind. Man fragt sich, warum frühere Regierungen nicht ebenfalls an solche Revisionen herangegangen sind. Staatsrat Lehnich führte dies auf die völlig anders gearleke Einstellung des Staats zur Wirtschaft zurück. Der Staat wollte die Wirtschaftnicht beunruhigen". Die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten überlies; man den Gerichten. Teilweise hat man auch revidiert, aber es kam nie etwas heraus. Den Beamten selbst ist dabei kein Vorwurf zu machen. Beim künftigen Ausbau des Ständestaats wird das Revisionsreferat auch eine positive Aufgabe haben, in­dem es der Privatwirtschaft mit Rat und Tat zur Seite steht. Erfreulich ist, daß allein das Bestehen des Reoisions- referats viele Firmen veranlaßt hat, selbst eine Prüfung und Umstellung vorzunehmen. Alle Anregungen werden freiwillig befolgt. Große Aktiengesellschaften haben mit- gsteill, daß sie ihren Vorstand und den Aufsichisrai um­gebildet, die Gehälter der Norzeit angepaßt und weiter dafür gesorgt haben, daß der deutsche Einfluß überwiegt. Die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft sei eine aus­gezeichnete.

Staatsrat Lehnich und Regierungsrat Stiller gaben dann Noch nähere Auskünfte über den Fall GLser vom Stutt­garter Milchhof. Staatsrat Lehnich erklärte, daß man dein Vorsitzenden des Aufsichtsrats des Stuttgarter Milchhoss. Frhr. von Stauffenberg, keinen Vorwurf machen könne, da er früher schon Revisionen durch eine Treuhand­gesellschaft und einen Verbandsreoisor angeordnet habe. Bei diesen Revisionen kam allerdings nie etwas heraus. Dies mag sich vielleicht auch daher erklären, daß Dr. Göser vor den Revisionen jedesmal die betreffenden Angestellten, die Aussagen machen sollten, kommen ließ und sie beeinflußte. Im Stuttgarter Milchhof wird jetzt nach Abschließung der Untersuchungen eine Amstellung vorgenommen. Es kommt ein neuer Leiter, auch werden die einzelnen Beamten genau geprüft, ebenso der Aufsichtsrat: aber der ganze Betrieb läuft ruhig weiter und in ein paar Tagen ist die ganze An­gelegenheit, wenigstens rein kaufmännisch, erledigt. Der frühere Wirtschaftsminister und jetzige Rechtsanwalt Dr. Reinhold Maier hat als Vertreter der Familie Göser Scha­denersatz angeboten. Aus eine Anfrage wurde noch mit­geteilt, daß auf der herausgerissenen Seite des Gästebuchs im Wochenendhaus von Dr. Göser aus dem Kniebis die Namen der Skuktgarter demokratischen Ralhausfraklion und eines Revisors des Milchhofs, Franz Kübel, stehen.

Die Untersuchungen beim Stuttg. Milchhof

Stuttgart, 9. Mai. Die vom Leiter des Wirtschaftsmini­steriums eingeleitete Untersuchung des Geschäftsgebarens der Milchversorgung GmbH, und der Milchverwertungs AG. in Stuttgart ergaben u. a., daß Direktor Dr. Göser sich im Jahr 1930 im Milchhof für sein Besitztum auf dem Kniebis einen Gartenzaun mit einem Lohnaufwand von etwa 1260 Mark machen ließ. Das Material dazu wurde vom Milchihaf entnommen: dem Milchhof ersetzte Direktor Dr. Güter 110 als Lohnrückerstattung. Dr. Göser hat also neben den Ma­terialkosten hier den Milchhof allein um über 1100il ge­schädigt. Außerdem hat Dr. Göser einen Arbeiter der Milch­verwertungs AG. wochenlang auf dem Kniebis beschäftigt. Dr. Göser ließ sich von der Firma den Arbeitslohn bezahlen. Mit diesem Geld entschädigte er dann wieder den Arbeiter. Dr. Göser hat aber dabei dem Arbeiter die Regenzeit, wäh­rend der er auf dem Kniebis nicht arbeiten konnte, abgezogen und den ihm von der Firma gegebenen Lohn in die eigene Tasche gesteckt. Es handelt sich hier etwa um einen Betrag von 530 -ll. Aehnlich zu bewerten sind Autokaufs- und Ver­kaufs geschäste, die Göser auf Rechnung der Milchversorgung GmbH, machte und ihm schönen persönlichen Gewinn brach­ten. Er hat ferner Kosten für Reisen zu Filialbetrieben usw. berechnet, die er gar nicht machte. Zigarren zu 90 Pf. und Wein amd Sekt, die angeblich für die Aussichtsratssitzungen bestimmt waren, wunderten in sein Wochenendhaus auf dem Kniebis oder in seine Privatwohnung.

Oberbürgermeister Dr. LauLenschlager scheidet ans dem Amte

Skulkgark, 9. Mai. In der heutigen ersten Sitzung des neuen Gemeinderats teilte Oberbürgermeister Dr. Lau­tenschlager, der am 15. Mai 65 Jahre alt wird, mit, daß er infolge Erreichung der Altersgrenze aus dem Amte scheide. Er warf dabei einen interessanten Rück­blick aus seine vieljährige Amtstätigkeit

Staatskommissar Dr. Strölin nahm mit innerer Be­wegung von der Erklärung des Oberbürgermeisters, daß er aus dem Amte scheide, Kenntnis und anerkannte, daß der Aufstieg der Stadt Stuttgart aufs engste verbunden ist mit der Person Dr. Lautenfchlagers. Die Stuttgarter Bürger seien stolz darauf, daß er mit blankem Schild seinen Platz verlassen könne. Der Staatskommissar bat den Oberbürger­meister, den Vorsitz im Ehrenausschuß des Deutschen Turn­festes zu übernehmen.

Dr. Skrölin der neue Skadkvorstand von Stuttgart

Der Stuttgarter Gemeinderat schlug in seiner heutigen Sitzung der Regierung einstimmig den Staatskommissar Dr. Strölin als neuen Stadtvorftand von Stuttgart vor. Der Staatskommissar der Ministerialabteilung für Bezirks­und Körperschastsverwaltung, Landrat Dr. Battenberg, betonte, daß er ermächtigt sei, Dr. Strölin mit sofortiger Wirkung die Ausübung sämtlicher Befugnisse des Orts­vorstehers der Stadt Stuttgart zu übertragen. Die Be­leihung von Dr. Strölin mit Amt und Titel des Oberbür­germeisters erfolge nach Abschluß weiterer gesetzgeberischer Arbeiten.

Zum Schluß der Sitzung wurden Reichspräsident von .^indenburg und Reichskanzler Adolf Hitler zu Ehrenbürgern der Stadt Stuttgart ernannt.

Neubildung der Steuerausschüsse. Nach einem Erlaß des Innenministeriums und des Finanzministeriums sind die Steuerausschüsse bei den Finanzämtern alsbald neu zu bilden. Die Neubildung soll möglichst bis zum 1. Juni 1933 durchgeführt sein. Der Erlaß regelt im einzelnen das Der- fahren bei der Neubildung, insbesondere die Bestellung von Gemeindevertretern und des Obmannes.