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Der Gesellschafter
Freitag, de« 14. Juli 1838.
Der Heimweg
Berlin, 12. Juli.
In allen Teilen des Reiches marschieren in diesen Wochen Huuderttausende von Menschen unter dem Hakenkreuzbanner, marschieren die Bataillone der deutschen Arbeit, voll gläubigen Höffens einer neuen Zukunft entgegen.
In den letzten Jahrzehnten hatte der deutsche Mensch Zug um Zug seine Heimat verloren, die Verbindung der einzelnen Glieder des Volkes zueinander war gerissen, der alle Gegensätze überbrückende Wille zum Zusammenstehen, zur Einigung fehlte.
Die Arbeiter der Faust wurden von einem selbstgefälligen Bürgertum auf einen Weg gedrängt, an dessen Ende die Loslösung des Arbeiters aus dem Verbände der Nation und schließlich die Frontstellung des arbeitenden Menschen, gegen den diese selbstgefällige Bürgerschicht repräsentierenden Staat stand.
Die anderen Schichten des Volkes schlossen sich als kleine Zirkel hermetisch gegen die Umwelt ab. Sie erhoben den Standesdünkel zu ihrem Gott und sahen in der Erreichung eigensüchtiger Ziele Zweck und Sinn ihres Daseins.
Fremder Geist hatte den Lebensnerv des deutschen Volkes zernagt, hatte den deutschen Menschen gelehrt, nach anderen Normen zu urteilen, als denen, die Risse und Blut in den Deutschen hineingelegt hatten.
Der gesunde Lebenswille versuchte sich zwar gegen diesen artfremden Geist zu stemmen, aber fast nirgends gelang es, Mittel zu finden, größere Teile des Volkes vor der Ansteckung durch diesen Bazillus zu schützen.
Es war ein jammervoller Anblick, wie in den zur Vernichtung Deutschlands organisierten marxistischen Bataillonen deutsche Arbeiter marschierten, Arbeiter, deren rassisches Aussehen allein es für ausgeschlossen gelten lassen mußte, baß sie gegen Deutschland standen. Furchtbar hat der fremde Geist vom deutschen Volke Besitz ergriffen. Von Jahr zu Jahr konnte man die Fortschritte des Krankheitsprozesses schärfer hervortreten sehen, von Jahr zu Jahr feststellen, wie einst stolze, selbstbewußte Menschen heimtückisch und hinterhältig, mißgünstig und neidisch auf das sahen, was das auch ihnen gehörte, was doch ein Teil von ihnen war, und was zu hassen und zu vernichten ihnen ein fremder Ungeist befahl.
Einmal noch, da zeigte sich, daß ein jahrzehntelanger Krankheitsprozeß im Ernstfälle von gesunder Konstitution überwunden wird. In den Jahren des gewaltigen Völkerringens fand der deutsche Mensch wieder zueinander, da besann er sich wieder der Pflichten des einzelnen der Gesamtheit gegenüber, da jagte er den Geist der Zerspaltung aus dem deutschen Lande.
Aber nach diesem Wieüeraufflackern der deutschen Seele, da kam der furchtbare Zusammenbruch, der nur möglich war, weil der Staat von damals es nicht verstanden hatte, Len Einzelnen zu erziehen und zu formen. Nur winzig kleine Nester'deutschen Selbst- behauvtungswillens blieben in dem brodeln
den Ehaos der Auflösung, der seelischen Entmannung und der rassischen und politischen Verseuchung zurück.
Auf einsamem Posten standen damals die Bannerträger der deutschen Sache. Und nur allmählich, da schlugen sie sich zueinander, da bissen sie sich durch die künstlich aufgerichteten Wälle und Hecken hindurch und fanden einander als Hüter der deutschen Nation.
In 14jährigen, Kampf, auf einem Wege, dessen Meilensteine die Kreuze sind, die von Opfer und Blut, von Entsagung und Selbstaufgabe zeugen, legten sie die verschütteten Quellen deutscher Kraft wieder frei und leiteten sie in das Bett des Stromes, der Lebensader unseres Volkes.
Heute stehen wir am Abschluß der Epoche, die die Herrschaft des fremden Geistes und die Möglichkeit zur Verwertung dieses Geistes abschließt. Neue Hoffnung, neuer Glaube hat dort Platz gegriffen, wo hoffnungslose Verzweiflung und tiefste Resignation herrschten. Wir wissen, daß die ungleich größere Aufgabe vor uns steht, auf die äußere Vernichtung des Feindes de» Ausbau der in hartem Kampf gewonnenen Stellung folge« zu lassen. Der nationalsozialistische Staat will die Menschen, die in den letzten Jahrzehnten heimatlos umherirrten, an ihre Heimat fesseln, in ihnen das Gefühl wecken, das tätige und wertvolle Glied einer Gemeinschaft zu sein, die sich der Pflicht, für den Einzelnen zu sorgen, bewußt ist, die aber auch die Kraft und den Willen hat, zu verhüten, daß die Nation wegen der Vorteile einzelner Schaden nimmt.
Heute marschieren in den Kolonnen der deutschen Arbeitsfront die Arbeiter der Faust und die Arbeiter der Stirn, die Männer im blauen Arbeitsanzug, die Männer im Büroleinekittel und die Männer im schwarze« Anzug. Sie alle, Arbeiter und Angestellte, Unternehmer und Arbeitgeber, sie marschieren in einem Tritt.
Noch manchen gibt es, der seinen Fuß zaghaft aussetzt, der wohl innerlich Saiten angeschlagen fühlt, die lange nicht mehr klinge« durften, dem aber das richtige, ehrliche Verstehen um die neue Sache bisher noch versagt blieb.
Wenn man sie sah, wie sie in diesen Tage» marschierten die Hundert- und Aberhunderttausende, der spürte die Sehnsucht dieser Menschen, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich hineingeführt zu werden in daS neue Deutschland, in das Deutschland, zu dem sie gehören, das zu verstehen sie aber in Jahrzehnten materialistischer Verseuchung verlernt haben. Hier an dieser Stelle fetzt der neue Staat ein und sein Werkzeug ist die Deutsche Arbeitsfront, die organisatorische Zusammenfassung aller schaffenden Deutschen, aller irgendwie und irgendwo im Dienste der Gesamtheit tätigen Menschen. Die Aufgaben der Deutschen Arbeitsfront sind oft böswillig, oft unbeabsichtigt falsch ausgelegt worden. Mau will es noch nicht überall wahr haben, daß es eine Organisation gibt, die nicht klassenmäßig aufgebaut ist, daß es eine Organisation gibt, in der der Arbeiter und der Angestellte, der Arbeiter und der Unternehmer in einer Front stehen als
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kowgn von Hein? LteAucveit Lopvriskt 1932 -VIbert I-,nnMn. Alüncüien / kstinteä in Oennnn^
ist. Fortsetzung.
Graf v. Lankwitz dankte mit winkender Hand, und als sich der Troß wieder bewegte, ging er weiter, immer noch stumm, einen schmalen Schritt vor den andern sehend.
Auf der Dombrücke wehten deutsche Fahnen, der Ehrenbogen duftete nach harzigen Tannen, — wie lange hatten wir keine grünen Aeste mehr gerochen. Offiziere der Kölner Garnison säumten den Weg auf der Brücke, immer wieder riefen sie, schon heiser geworden, in die Kolonnen, die Pferde müßten geführt werden, die Truppen hätten ohne Tritt zu marschieren. Wer hinter sich blickte, sah Soldaten. Wer nach vorne spähte, sah Soldaten. Auf der Hängebrücke rechts von uns kroch ein zweiter Lindwurm gepanzerten Kriegsvolks, und da der Rhein von Emmerich bis Straßburg viele Brücken hatte, mußte sich zur Stunde Gewaltiges ereignen. Der lehmig-gelbe Fluß strömte unter uns fort, übermorgen würde er dem Meer alles erzählen. Doch das Strömen des Wassers nahmen die Soldaten in sich auf, die auf zitternden Bohlen heim wollten.
4.
Weib über Bord
Ich dünkte mich ziellos und suchte dennoch ein Gewinnen, obzwar alles verloren schien. Ich blieb im Heereszug, war mit den Kameraden von der Artillerie schon auf der Deutzer Rampe, als etwas Seltsames geschah: Die Menschen am Straßensaum achteten der Heimkehrer nicht mehr. Ihre Ohren gehorchten einem Aufschrei, der allen Lärm überklungen hatte.
Ein Husar, der im hohen Sattel ritt, schlug mich auf die Achselklappen: „Du, ein Frauenzimmer ist ins Wasser gesprungen!"
Ich quetschte mich durchs Gewühl, aus den Menschen waren feile Gaffer geworden, die mich ärgerten. Aus wen war noch Verlaß? Ich stürzte eine splittrige Holztreppe hinunter, sprang auf die Ufermauer, rutschte rum
Leinpfad hinab: In den Wellen kämpfte ein junges Weib, am Ufer schrie und zeterte die Masse. Kein Boot in der Nähe, kein Staken auf dem Werftsaum, kein gnädiger Rettungsring am Geländer, nur Neugierige, nur erstarrte Gesichter ohne Erbarmen. „Sie ist schon untergegangen", jammerte ein Kleinmütiger. „Sie taucht wieder auf", schrie ein anderer.
Ich schleuderte Mütze, Mantel, Stiefel und Rock von mir, nie war ich törichter gewesen. Und rannte noch hundert Meter stromab, sprang ins Wasser, sah das Mädchen wieder hochkommen, wühlte mich in seine Nähe. Ich wußte, daß mein Beginnen vergeblich war; denn das Weib wurde schon wieder vom Strudel verschluckt, ich tauchte nach, griff mit der Faust in ein Bündel Haare, zerrte meine Beine ans Ufer.
Wie sollte das Opfer noch leben, da ich selber kraftlos auf die glitschigen Steine kroch. Ein Glück, daß das Ufer an dieser Stelle durch einen Zaun geschützt war. Nur ein Polizist kam, ein Fischer folgte, die Gaffenden mutzten hinter den Brettern bleiben. Wir legten das junge Weib auf den Bauch, ich riß seine Beine senkrecht hoch, — grünes Wasser schoß aus Nase, Mund und Ohren. Dann wälzten wir den triefenden Leib wieder auf den Rücken, streckten und beugten die Arme der Leblosen wohl fünfzigmal nach oben, wohl fünfzigmal nach den Seiten: die Ertrunkene kam nicht wieder zu Atem, und als ich mein Ohr auf ihre nasse Brust legte, vernahm ich kein Pochen mehr.
„Tot", sagte der Fischer und zog seine Mütze. Der Polizist lief fort, einen Wagen zu holen.
Ein kleiner Junge kam über den Zaun geklettert. Als ich den Bengel vertreiben wollte, zeigte er mir meine Kluft. Mütze, Rock und Mantel brachte er lachend zurück, und sagte, die Stiesel seien schon gestohlen worden!
Ich deckte den Mantel über die Leiche, um die Gaffer auf der Rampe und hinter den
Nur ein Ziel: Arbeit und Brot!
Staatssekretär Reinhardt im Rundfunk
BerN«.
Im Rundfunk sprach am Dienstagabenl über alle deutschen Sender der Staatssekretär im Reichsfinanzministerium Reinhardt über „Die begonnene Arbeitsschlacht".
Er erklärte, daß das Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit vom 1. Juni d. I den ersten Großangriff der Reichs- regierunng Adolf Hitlers gegen die Arbeits- lostgkeit üarstelle und erläuterte dann zunächst den Abschnitt des Gesetzes, der die Förderung der Eheschließungen zum Gegenstand hat. Er wies in diesem Zusammenhang auf Sie von ihm herausgegebene Schrift hin, die alles enthalte, was die jungen Volksgenossen und Volksgenosstnnen, Sie heiraten und zu diesem Zweck ein Ehestandsdarlehen erhalten wollten, wissen müssen. Diese Schrift sei von der nächsten Woche ab bei allen Standes- amtern erhältlich. Die Auswirkungen des Gesetzes zur Förderung der Eheschließun- gen würden bereits im letzten Bericht der Reichsanstalt für die Arbeitslosenvermittlung dahin gekennzeichnet, Laß die Möbelin du- strie durch das Gesetz einen neuen Aufstieg erhalten habe.
Auch Sie Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Juni, die die Ueberführungen weiblicher Arbeitskräfte in die Hauswirtschaft bezweckten, beginnen sich bereits auszuwirken. Nach dem letzten Bericht der Reichsanstalt sei trotz der Reisezeit auf dem Arbeitsmarkt der Hausgehilfinnen in fast allen Bezirken des Reiches eine merkliche Entlastung eingetreten.
Der Redner beschäftigt sich dann eingehend mit dem ersten Abschnitt des Gesetzes vom 1. Juni, der die Bedingungen enthalte, unter denen Darlehen und Zuschüsse auf Grund Arbeitsschatzanweisungen im Ge- samtbe.. : von einer Milliarde Reichsmark > gewährt werden. Allen Gemeinden, Gemeindeoerbänden und sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften sei zu empfehlen, die Bestimmungen der hierzu erschienenen Durchführungsverordnung vom 1. Juli d. I. gründlich zu studieren. Es komme darauf an, daß schnell gehandelt werde und daß aller übermäßige Bürokratismus bei der Behandlung der Anträge ausgeschaltet werde. Es sei zu wünschen, daß die Gemeinden und sonstigen
öffentlich-rechtlichen Körperschaften ihre Anträge noch in diesem Monat, möglichst noch in der laufenden Woche einbrächten. Aussicht auf Erfolg hätten nur solche Anträge, denen einwandfreie Pläne und Berechnungen zugrunde lägen und denen die er- forderlichen Unterlagen beigegeben seien. Besonders sei darauf hinzuweisen, daß Arbeite», deren Finanzierung ganz oder teilweise aus den Arbeitsschatzungsanweisungen erfolgen, nur an solche Unternehmer vergeben werde« dürften, die sich verpflichten, die Arbeitszett in ihren Unternehmen bis zum 30. Juni 1934 höchstens 40 Stunden wöchentlich umfassen zu lassen. Durch diese und ähnliche Bestimmungen solle erreicht werden, daß zur Durchführung der Arbeiten nur bisherige Vollarbeitslose herangezogeu würde«.
Ende dieser Woche würden die Durchführungsbestimmungen über die Steuerfreiheit für Ersatzbeschaffnngen erscheinen. Bei der Auslegung der Begriffe „Ersatzbeschaffungen" und „gleichartige Gegenstände" sei dem Sinne des Gesetzes gemäß großzügig zu verfahren. Von den Besttmmungen über die Steuerfreiheit von Ersatzbeschaffungen werde bereits überall weitgehend Gebrauch gemacht.
Eine Million arbeitsloser Volksgenosse« würde« allein i« Auswirkung des Gesetzes vom 1. Jnni in de« nächste« Mo«ate« i« Ar» beit komme«, wenn alle Unternehmungen un- alle Behörde« sich in ihrem Denke« und Handel« dem Sin« und Ziel des Gesetzes auvaß- te«. Dieses Gesetz wirke sich auf alle Zweig« der deutsche« Wirtschaft a«s. Die Zahl ««- die Größe der Aufträge würde« i« de« nächste« Woche« und Monate« überall erheblich znnehme«. Tansende von Räder«, die «och vor wenige« Woche« stillstaude«, feie« bereits wieder in Schwung. Stillgelegt gewesene Fabriken werde« wieder eröffnet ««- Tausend« von Uuteruehmnnge« erhöhe« ihre Belegschaften und führe« deutsche Volksgenosse« aus Arbeitslosigkeit i« die vo« ihnen so lang ersehnte Arbeit «ud damit wieder in ei« frohes Sei«.
Menschen der Arbeit, als Menschen des Schaffens.
Die Horizontale Schichtung, auf der die vergangene Zeit schwankte, muß ein Ende haben, und der natürlichen vertikalen Schichtung Platz machen.
In der Arbeitsfront, da sehen wir den Beginn dieser Umgruppierung und wir sehen weiter in ihr das Instrument zur Erziehung des deutschen Menschen für den nationalsozialistischen Staat und damit für das Volk. Der Nationalsozialismus Adolf Hitlers hat die Menschen in ihre Heimat zurückgeführt und der Nationalsozialismus wird die Menschen an ihre Heimat ketten, mit unlösbaren Banden an die Nation schmieden und in folgerichtiger Fortsetzung seines vor 14 Jahren begonnenen Kampfes ein einiges, von einem Willen
durchpulstes Volk schaffen, in dem kein anderer Wertmesser gilt,, als die Arbeit für bas Ganze, als die Arbeit für Heimat, Volk, Nation und dt« Zukunft Deutschlands.
Humor
Ueberlegen.
Eine bebrillte Dame winkt von weitem mit Regenschirm und Tasche einem in der Abfahrt begriffenen Schaffner einer Elektrischen zu. um möglichst noch mitzukommen.
Die Hände in den Taschen, arbeitslos, sehen Karl und Wilhelm zu.
„Je", sagt Wilhelm, „sicher kann die Englisch und Französisch und sonst noch wat, aber zwee Finger ins Maul stecken und pfeifen, wie unsereens, det kann se nich!" (Lust. Bl.j
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Astlochern zu verjagen. Immer noch zogen Truppen über die Brücke. Sie würden noch Tage und Wochen so ziehen. Und neue Musik klirrte auf: „Ei warum, ei warum, ei bloß wegen dem Schingdarassa . . ."
Zu meinen Füßen lag eine Tote. Was galt ein Toter?
Der Fischer entkorkte seine Schnapsflasche, rieb mit dem Aermel über den Hals: „Kamerad, trink, du holst dir sonst''neu Pips!"
Ich soff die halbe Pulle weg, das Zeug schmeckte nach keimenden Kartoffeln. Der Fischer fragte noch: „Lecker?"
Ich sagte: „Herrlich!"
Dann fröstelte ich, meine Arme hatten eine Gänsehaut, meine Zähne klapperten aufeinander, in meinem Schädel surrte es wie vor einem schweren Fieber. Eine halbe Stunde mußten wir warten; der Fischer schenkte mir zwei Zigaretten, ihren Rauch schlang ich gierig in die Lungen. Endlich schloß eine gnädige Hand das Tor im Bretterzaun auf. Der Polizist kam schwitzend hindurch; hinter ihm schob ein Stelzfütziger die alarmierte Karre: eine verschließbare Blechröhre lag auf zwei ungefederten Rädern. Das hoppelte und polterte alles mit grausamer Sachlichkeit. Ruhe sanft? Weib, dachte ich, du tust mir weh. Da zog es wärmer durch meine Adern.
Wir schoben den tropfenden Körper in die Blechröhre; der Stelzfüßige knallte den Deckel ins Schloß. Roheit gehörte zum Beruf. Wasserleichen waren keine Wickelkinder.
In Deutz mutzten wir Umwege befahren, in den Hauptstraßen war kein Durchkommen möglich. Ueberall quollen die Massen der Regimenter, überall staute sich das winkende Volk. Ich wußte nicht mehr, daß ich auf zerschlissenen Strümpfen lahmte. Welches Scheusal mochte meine Stiefel gestohlen haben? Meine Sohlen spürten keinen Schmerz, taub war ich; vielleicht hatte ich meine letzten Nerven für ein Abenteuer zermalmt, das keinen Nutzen hatte, vielleicht aber einen Sinn. Glückliches Ahnen in mir: eine Leiche durfte mich wieder traurig stimmen! — Wie hatte ich das verlernen müssen.
Auf meine Frage, ob der Weg noch weit sei, sagte der Polizist: „Wir müssen zum Spital, in drei Minuten sind wir da!"
Auf den Straßen blieben die Menschen stehen, als sei unser Schauspiel eines Staunens wert. Einmal kam auch ein Pastor daher; er lüftete das Barett und schlug an seine Brust.
Und meine Füße bluteten. Vielleicht hatte ich in Scherben getreten? Es gab viele Scherben heute.
Am Spital wurde ein eisernes Hostor geöffnet, wir flüchteten uns hindurch. Der Stelzfüßige klappte den Deckel an der Blechröhre wieder auf; zwei alte Wärter halfen mir, die Ertrunkene ins Schauhaus zu tragen. Wir mutzten durch kalte Mauern und krumme Gänge, die alle nach Karbol und Schlachthof rochen. In einem fensterlosen Raum legten wir den nassen Körper ans einen Tisch, und als ich die Hände wieder frei hatte, sah ich mich genauer um: Wohl zwanzig Tote ruhten hier mit wächsernen Masken, darunter auch einige Soldaten. Drüben lag gar eine Selbstmörderin; ihr Gesicht war veilchenblau vom Gas und spitz wie bei einem Fisch. Ich blickte auf meine Hände und sah, daß sie sich von selber falteten.
Da wir auf den Arzt warten mußten, betrachtete ich mir die Tote, die ich aus dem Rhein gezogen hatte. Ihr Gesicht war keineswegs friedlich, das junge Weib mußte mit der Seele gekämpft haben. Eine Schönheit war das Mädchen auch nicht, doch hätte man es liebhaben können; denn der kleine Mund schien immer noch um Trost zu betteln, die Augenlider waren wund wie rohes Fleisch. Vom vielen Weinen? Ich dachte: wie magst du nun geheißen haben? Die geknoteten Haare sehen nach Katharina aus, die strengen Wangen nach Brigitte oder nach Edith. Aber die weiche Hand deutet wieder mehr auf Eäcilie, die gebogene Nase auf Luise . . .
Das kleine Kind, das in mir wohnte, war Wieder wach geworden.
Da ich mich schwach fühlte, setzte ich mich auf einen Holzblock. Kaum hatte ich mick gesetzt, kam der Arzt, also mutzte ich wieder aufstehen. Der Arzt, der einen weißen Malerkittel trug mit einem Hörrohr in der Brusttasche, sah blaß und überarbeitet aus; wann hatten diese Leute auch Schlaf finden können. Der Doktor fragte: „Wo ist der Zugang?"
Das war damals so: Während meine Gedanken zwischen Brigitte, Luise und Edith musizierten, sagte der Arzt; „Wo ist der Zugang?" Das schnitt wie ein kaltes Messer. Ich zeigte ans die Tote. Der Doktor kniff ihr die Augenlider um, fühlte nach dem Puls, horchte an der Brust und plärrte mir dann ins Gesicht; „Dämel, die lebt dock!"
(Forts, folgt.)
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