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Mit den illustrierten Beilagen „Feierstunden" „Unsere Heimat". „Die Mode vom Tage".
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Nr. 269 Gegründet 1827 Mittwoch, den 16. November 1932 Fernsprecher Nr 2 g 1V6. Jahrgang
Mer „konstruktive" Plan
Der französische Ministerrat unter Vorsitz des Staatspräsidenten hat am Montag den neuen französischen „Sicher- heits- und Abrüstungsplan", oder wie er auch genannt wird: den „Plan zur Organisierung des Friedens" genehmigt. Havas veröffentlichte darauf einen Auszug, der noch keine Einzelheiten enthält, im übrigen aber in der Hauptsache das bestätigte, was man bisher über den Plan erfuhr. Der erste Eindruck, der gewöhnlich auch der richtige ist, ist der, daß Deutschland allen Grund hak, diesem Plan gegenüber äußerst vorsichtig zu sein. Die diplomatischen Verhandlungen müssen ergeben, ob die Gegenseitigkeit der Verpflichtungen wörtlich so aussehen wird, wie es die unbedingte Gleichberechtigung Deutschlands erfordert.
Frankreich schlage, wie die Mitteilung besagt, die Schaffung einer militärischen Organisation (Miliz) vor, die eine „Angrisfspolitik erschwere", die aber „für jede Gegend einen besonderen Charakter" tragen müsse. Nur so könne die deutsche Forderung der Gleichberechtigung erfüllt werden — wobei jeder Gedanke an eine Aufrüstung übrigens ausgeschaltet sei. Die Heere sollen allmählich auf die einheitliche Form eines nationalen Heers mit kurzfristiger Dienstzeit und beschränktem Mannschaftsbestand gemacht werden, wobei aber die besonderen Verhältnisse eines jeden Staats, so namentliche „die Ungleichheit und Verschiedenheit der Rekrutierungsquellen" zu berücksichtigen seien, ebenso die militärische Ausbildung der politischen Verbände, die Bedeutung der (Schutz-)Polizei usw. Diese Nationalheere würden kein starkes modernes Kriegsgerät erhalten. Hilfstruppen, die einem bedrohten Staat durch den Völkerbund gegeben werden, seien dagegen mit starkem Kriegsgerät auszurüsten.
In jedem Staat soll unter der Aussicht des Völkerbunds Kriegsmaterial aufgespeichert werden, das dem angegriffenen Staat zur Verfügung gestellt werden soll.
Von Interesse ist dann allenfalls noch die Forderung eines Mittelmeerverkrags, der die Sicherheit Frankreichs und des Transports seiner farbigen Kolonialtruppen auch nach dieser Seite gewährleisten soll. Bei den Flokken- streitkräften soll möglichst das gegenwärtige Stärkeverhällnis aufrechkerhalten werden.
Der Standpunkt der Reichsregierung
Berlin, 15. Nov. Nach Beurteilung der zuständigen deutschen Stellen charakterisiert sich der französische Plan durch seinen Aufbau von vorneherein nicht als ein Abrüstunos- plan, sondern als ein Plan zur politischen Organisierung Europas nach den bekannten französischen Gesichtspunkten. Es sind in neuer Form die alten Gedanken des Genfer Protokolls» die hier wieder ausgenommen werden und die schließlich auf die Befestigung der durch den Versailler Vertrag erzwungenen Abrüstung hinauslaufen. Dabei enthält der Plan zwei wesentliche logische Konstruktionsfehler: Er vcr- wechselt einmal Maßnahmen, die sofort verwirklicht werden könnten und müßten, ,mit solchen, deren Durchführung lange Zeit erfordern würde. Ferner macht er Sicherheitsvorschlüge, die eine bereits vollzogene allgemeine Abrüstung und einen gewissen Rüstungsausgleich zwischen allen Staaten zur Voraussetzung haben müßten. Die Frage der deutschen Gleichberechtigung wird in dem französischen Plan vollständig offen gelassen. Die Verwirklichung unserer Ansprüche wird in eine ungewisse Zukunft verschoben, wenn auch eine Art Rahmen dafür durch die Bestimmung geschaffen ist, daß in allen Staaten dieselbe H-eeresform zur Durchführung gelangen soll.
Zu den einzelnen Punkten des Planes ist folgendes zu bemerken: Soweit das Kapitel 1 des französischen Planes in Frage kommt, sind hier nach wie vor die in Anlage b zum Locarnovertrag festgelegten Vorbehalte von Bedeutung, die sich auf die besondere militärische und geographische Lage Deutschlands beziehen und die sich in diesem Jahr viele Staaten zu eigen gemacht haben.
Die vorauszusehende englische Ablehnung einer Erweiterung des Sanktionssystems hat die französische Regierung dazu geführt, zum Kernpunkt ihres Sicherheitssystems den europäischen kontinentalen Nichtangriffspakt zu machen. Hier erheben sich alle die Bedenken, die deutscherseits seit Jahren gegen ein solches System geltend gemacht worden sind.
Die politische Vorherrschaft, gegründet ans militärische Ueberlegenheit einzelner Staaten und Staatengruppen wird hier verewigt. Das französische Bündnissystem wird in Völkerbundsform geheiligt, wobei das ganze System von demjenigen Staat als bequemes Instrument gehandhabt werden kann, der sich mit feinen Trabanten im Völkerbundsrat eine einfache Mehrheit zu schaffen vermag. Besonders charakteristisch für die französische Einstellung ist dabei die Einzelbestimmung über „bestehende besondere Vereinbarungen," womit natürlich die Demilitarisierung des Rheinlandes gemeint ist, die mit allen sich daran knüpfenden militärischen Konsequenzen in Geltung bleiben soll.
Die Vereinheitlichung oder Standardisierung der europäischen Festlandheere ist wohl der einzige gesunde Gedanke, den der französische Plan enthält. Deutscherseits besteht kein
Grund, Liesen Punkt und den damit verknüpften Vorschlag eines besonderen Völkerbundsheercs abzulehnen.
Sehr zweideutig sind die Ausführungen über die Sonderrechte und Sonderstellung der Kolonialmächte, die anscheinend ihre Kolonialheere nicht oder nicht wesentlich abzurüsten brauchen. Der größte Teil des französischen Kolonialheeres von 250 000 Mann langgedienter Truppen ist nur wenige Dampferstunden von dem französischen Mutterlande entfernt, zum Teil ist er sogar in Frankreich garnisoniert.
Völlig grotesk mutet der Vorschlag an, das den Milizheeren zu entziehende schwere Material unter einer nominellen Völkerbundsaufsicht in de» einzelnen Ländern selbst zu lagern und jedem Staat nach seinem Ermessen, falls er sich angegriffen fühlt, wieder zur Verfügung zu stellen. Daß auch andere angegriffene Staaten auf dieses Material zurückgreifen können, ist sinnlos, da ja doch die Angehörigen eines Milizheeres mit schwerer Artillerie, an der sie nicht ausgebildet wurden, und mit Flugzeugen nichts anzufangen wissen. Auf diese Weise will Frankreich es vermeiden, seine ungeheueren Mengen schweren Materials durch Zerstörung, die Deutschland hundertprozentig durchführen mußte, auch nur zu vermindern. Es sichert sich damit eine Ueberlegenheit auf dem Gebiete der qualitativen Rüstungen, die dazu dienen muß, die Ungleichheit, die wir bekämpfen, zu verewigen.
Unklar formuliert ist die an sich durchaus begrüßenswerte Forderung nach einer internationalen Ueberwachung der Massenfabrikation. Was die Ueberwachung mit 3n- vestitionsrecht anlangt, die der Plan fordert, so wird diese deutscherseits nicht grundsätzlich abgelehnt, wohl aber auch deutscherseits gefordert, daß eine solche Ueberwachung gleiches Recht, gleiche Beschränkungen und gleiche Pflichten zur Voraussetzung hat.
Alle Gesichtspunkte einer durchgreifenden und radikalen Abrüstung fehlen völlig. Es ist keine Rede von einer Abschaffung der Schiffe über 10 000 Tonnen und der Luftflotte.
Zur Abrüstung dbr Luftstreikkräfke wird nur Bekanntes wiederholt.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Abrüstungswir- kung des französischen Plans, wenn er angewendet würde, recht geringfügig sein müßte. Die nächste Wirkung wäre jedenfalls eine Verschiebung der wirklichen Abrüstung auf längere Zeit. Der Plan ist auch in seinem bescheidenen militärischen Teil vollkommen auf die französischen Bedürfnisse und die Entwicklung des französischen Heers zugeschnitten, das aus dem Weg einer fortschreitenden Verkürzung der Dienstzeit nunmehr an der Milizgrenze angelangt ist. Der Plan sieht vor, daß andere Staaken dem französischen Beispiel folgen sollen, um den Abstand, der zwischen dem französischen und anderen Heeren besteht, aufrechkzuerhalten. Tatsächliche Gleichberechtigung und die Sicherheit, die aus der allgemeinen Abrüstung entspringt, wird anderen Staaten nicht gewährt. Diese werden auf juristische Sicherungen verwiesen, sowie auf den Schutz, den ihnen die französischen Heere auf Grund des Artikels 16 der Völkerbundssatzungen zuteil werden lassen würden. Damit soll die politische Vorherrschaft, wie sie sich aus der militärischen Wehrmacht ergibt, verewigt werden. Das Fehlen von bestimmten Vorschlägen für die Verminderung der militärischen Kräfte muß auf das schwerste enttäuschen.
Es ist vorauszusehen, daß bei Befolgung des französischen Vorschlags eine fünfjährige Abrüstungskonferenz an Stelle einer fünfjährigen Abrüstungsetappe treten würde. In Paris hat man, offenbar im Gegensatz zu London, wo ein gewisses Verständnis für die Notwendigkeit zutage getreten ist, noch immer nicht Sinn und Zweck der Abrüstungskonferenz erkannt. Es bleibt abzuwarten, was die amerikanische Regierung, die die heute so brennend gewordene Frage der interalliierten Schulden mit der Abrüstung in Zusammenhang gebracht hat, hierzu zu sagen haben wird. An dieser Frage der Regelung der interalliierten Verschuldung ist aber dis ganze Welt nicht weniger interessiert wie an der Abrüstung selbst.
Deutsche Pressestimmen
Berlin, 15. Nov. Die „Boss. Ztg." bezeichnet als das Gesamtcharakteristikum neben der Verquickung von Problemen, die auf ganz verschiedenen Ebenen liegen, die mangelnde Durchsichtigkeit des Wortlauts. Der Plan laufe Gefahr, von weiten Teilen des deutschen Volks abgelehnk zu werden, wenn nicht die gerechte Lösung für die deutsche Forderung nach Gleichberechtigung von französischer Seite nochmals scharf herausgestellt werde. Er enthalte viel zu viel Vorbehalte und Bedingungen, als daß ein oft enttäuschtes Volk daraus Hoffnungen schöpfen könnte: er fei nicht genügend einfach militärisch, um durchführbar zu erscheinen. Es bedürfe eines klaren deutschen Gegenprogramms, das wohl an den Grundgedanken der Miliz anknüpfen könne, aber im übrigen den berechtigten eigenen Sicherheiksforde- rungen zu entsprechen habe.
Die „Germania" bemängelt ebenfalls, daß der Plan sich nicht durch die Klarheit wie der Hoover-Vorschlag auszeichne. Er nehme auch nicht die materielle Abrüstung, sondern die
Der Reichskanzler ist am Dienstag nachmittag vor» Dresden miede in Berlin eingekroffen.
Der Reichskanzler wird wegen der Reise nach Süddeuksch- land am Donnerstag dem Reichspräsidenten über die Besprechungen mit den Parteiführern, die am Mittwoch wieder ausgenommen werden, nicht vor Montag berichten können. Politische Entscheidungen können daher erst in nächster Woche fallen.
Der stellv. Reichskommissar für Preußen, Dr. Bracht, hatte eine Unterredung mit Dr. Brecht, um die neue Besprechung des Reichskanzlers mit Ministerpräsident Brauu vorzubereiken.
Die sozialdemokratischen Abgeordneten Wels und Breitscheid werden der Einladung des Reichskanzlers zur Besprechung am Mittwoch nicht Folge leisten.
Der Verband Deutscher Waren- und Kaufhäuser ist aus der Hausgemeinschaft des deutschen Einzelhandels ausgetreten. Dies entspricht dem öfters geäußerten Wunsch des größten Teils des Einzelhandels.
Das Büro der Abrüstungskonferenz tritt am Donnerstag nachmittag zusammen, um eine Erklärung des englischen Außenministers Simon über die Vorschläge der englischen Regierung entgegenzunehmen.
Das englische Unterhaus hak mit 200 gegen 42 Stimmen die am 21. Oktober vom Schatzamt verfügte Verlängerung der Eisen- und Stahlzölle auf zwei Jahre bestätigt.
Roosevelt hat die Einladung Hoovers zu einer Besprechung der Kriegsschuldenfrage angenommen. Der Tag ist noch nicht bestimmt.
Trohki ist mit seiner Familie von Sonstankinopei, wo ihm der längere Aufenthalt verwehrt wurde, nach Köper»- Hagen abgereist.
Erweiterung der vertraglichen Sicherungen zum Ausgangspunkt und es sei eine Neuauflage -es Genfer Protokolls vom Jahr 1924. Deutschland werde nicht das einzige Land sein, das diesen französischen Plan für unausführbar erklären werde. Es sei zu hoffen, daß dieser französische Plan nur eine erste unverbindliche Vorlage darstelle, und daß die Engländer mit ihren Vorschlägen Len europäischen Notwendigkeiten besser Rechnung tragen werden.
Die „DAZ." hält es für völlig unmöglich, daß Deutschland sich mit Formulierungen zufrieden gebe, die sein juristisches Anrecht auf Gleichberechtigung weiter bestreiten und mit dem Begriff der „verbotenen Aufrüstungsarbeiten" ihm nur das Bestehen einer politischen Frage und einer Gleichheit der Heeresform zubilligen. Sehr bedenklich sei auch, daß nur von einer „fortschreitenden Vereinheitlichung des Rü- ftungsmaterials" die Rede sei. Unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Abvüstungspolitik und im Hinblick auf die wei- teren Genfer Beratungen sei ein Punkt bereits jetzt mit voller Klarheit festzustellen: eine Regelung der Gleichberechtigungsfrage fei völlig undenkbar auf rein empirischem Weges Es wäre ein schwerer Fehler, wenn wir uns etwa sagen sollten, daß auf Grund des französischen Plans und einiger Andeutungen, die er enthalte, im Verlauf von künftigen Verhandlungen die Weichberechtigung Herauszukristallisieren sei. gewissermaßen als Schsußpunkrt der ganzen Angelegenheit. Die Verhandlungen, für die der französische Plan zweifellos eine Grundlage biete, könne nur zu einem Ziele führen, wenn vorher die Anerkennung der Gleichberechtigung erreicht sei.
Der „Tag" spricht von „Herriots Sabotagevlan" und der Eröffnung der „Generalostensive aegen Abrüstung und Gleichberechtigung". Der „Tag" ist überzeugt, daß der un- mögliche „Plan Herriots" im Grund gar keinen andere» Zweck habe, als die ganze „Abrüstung" zu sabotieren und sie samt der deutschen Gleichberechtigung zu bintertreiben.
Pariser Stimmen
Paris, 15. Nov. „Echo de Paris" bezeichnet den Plan als ein Gedankensystem, das lediglich das Denken zufrieden- stelle, mit den praktischen Forderungen aber nur zufällige Berührungspunkte aufweise. — „Avenir" nennt den Plan verworren. Am bedenklichsten sei, daß alle Friedensverträge über den Haufen geworfen werden sollen. Frankreich müsse „stark" bleiben und sich als „starkes Land" unmittelbar mit Deutschland auseinaudersetzen. — „Republique" meint, Frankreich weise in dem Plan Deutschland Wege, wie die „Gleichberechtigung" (in französischem Sinne) verwirklicht werden könne.
Die englische Presse
London, 15. Nov. Der liberale „News Chronicle" sagt, bei den Vorschlägen blieben u. a. wesentliche Punkte unklar, z. B. die Frage des Umfangs der Heere mit kurzer Dienstzeit und die der Kolonialtruppen. — „Morningpost" b»> merkt, der Plan ordne alle anderen Erwägungen dem Gedanken unter, die Gefährdung der Sicherheit auf dem europäischen Festland zu beseitigen. Es sei allerdings fraglich, ob der Völkerbund fähig sein werde, im Notfall mit genügender Schnelligkeit und Einigkeit zu handeln und ob