Seite 2 Nr. 83

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter«

Mittwoch, den 18. Mär,; 1932.

gewehrtugeln eines Flugzeugs schwer verletzt. Dieselbe Quelle ! meldete das Erscheinen japanischer Flugzeuge über den Städten Sungkiang, Singhuang und Schihutang.

In Schanghai erhalten sich hartnäckig Gerüchte über das Zustandekommen einer englisch-japanischen Ab­machung über die Erweiterung der Fremdenniederlassungen und der zukünftigen Politik im Fernen Osten. Gut unter­richtete Kreise glauben, daß Japan sich um die Unterstützung einer Großmacht für den Fall eines Kriegsmit Räte­rußland bemüht. Etwas Sicheres ist allerdings hierüber augenblicklich nicht in Erfahrung zu, bringen.

Mukden. 13. März. Fast aus der ganzen Mandschurei werden ernste Unruhen chinesischen Militärs gemeldet, das sich gegen den mandschurischen Staat, der nur eine javanische Kolonie ist, erheben. Den Japanern kommen die Unruhen sehr gelegen, und sie haben starke Truppenkörper gegen die Banditen" in Marsch gesetzt.

Ein japanisches Flugzeug, das russi sch e s Gebiet über­flog, wurde von russischen Flugzeugen eingekreist und zum Landen gezwungen.

Annahme der Völkerbundsentschließung durch China

Genf, 16. März. Die chinesische Regierung hat dem Völkerbund mitgeteilt, daß sie die Entschließung der Völkerbundsversammlung an nehme. Nach dem Sinn der Entschließung müssen aber vor der Wiederaufnahme der Verhandlungen die japanischen Truppen zurückgezogen werden. Die Schaffung des selbständigen mandschuri­schen Staats sei rechtswidrig und mit den Be­schlüssen der Völkerbundsversammlung unvereinbar.

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Rücktritt des japanischen Innenministers

Tokio, 15- März. Innenminister Nakahahsi ist zu­rückgetreten. Er hatte in der Sondertagung der Kammer, die am 18. März Zusammentritt, scharfen Tadel zu erwar­ten, weil er den Anschlag gegen den Kaiser am 8. Januar d. I. und die Ermordung von Takuma Dan nicht zu ver­hindern gewußt habe. Diesen Erörterungen wollte sich der Minister entziehen. Als Nachfolger wird Iuslizminister Kisabüro Suzucki genannt.

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Stuttgart, 15. Muc,>

Japanischer Besuch an der Lechn. Hochschule. Am Sams­tag besuchte Professor Tanaka (Japan), der sich auf einer Studienreise befindet, das Physikalische Institut der Techn. Hochschule. Sein Interesse galt den Messungen der durch­dringenden Strahlung.

Lehrerabbau. Nach Erlassen der Unterrichtsverwaltung sollen in Groß-Stuttgart 43 evangelische und 9 katholische Lehrstellen ausgehoben werden. Für die Stadt ergibt sich aus dem Abbau einer Stelle eine jährliche Ersparnis von 3100 Mark. Wie in der Inneren Abteilung des Gemeinde­rats mitgeteilt wurde, sollen von den 43 abzubauenden evan­gelischen Stellen zwei an die Mädchenmittelschule übertragen werden. Von den restlichen 41 Stellen sind 21 ständige und 20 unständige. Der evangelische Ortsschulrat hat eine Ent­schließung gefaßt, man solle bei der Unterrichtsverwaltung vorstellig werden, daß der Abbau auf 27 (gegen 41) be­schränkt werde. Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager bemerkte, an dem Grundsatz, daß keine Klasse mehr als 41 Schüler habe, sollte festgehalten werden. Die Ersparnisse seien beträchtlich. Mit dem Vorschlag des Ortsschulrats werde man sich einverstanden erklären können. Nach längerer Aus­sprache wurde jedoch der Antrag, der Entschließung des Ortsschulrats beizutreten, mit 7 gegen 5 Stimmen abgelehnt.

Die Eberhard-Mittelschule in der Eberhard­straße ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen und hat jetzt weniger als zehn Klassen. Die Schule wird nun in die Fangelsbachschule verlegt, wo 7 schöne Klassenzimmer zur Verfügung stehen. Das Gebäude der Eberhard-Mittel­schule wird dem Wohlfahrtsamt überlassen.

Er kommt nicht. Der am 6. Dezember gewählte kom­munistische Stadtrat Welsch ist noch in keiner Sitzung des Gemeinderats erschienen. Er weilt in Moskau und hat mitgeteilt, daß er vorläufig nicht zurückkehre. An seiner Stelle tritt nun Else Gehr-Untertürkheim in den Gemeinde­rat ein.

Der Vermißte kehrt zurück. Wie dem N. T. mitgeteilt wird, soll sich der als vermißt gemeldete Robert Fritz gesund auf dem Heimweg nach Stuttgart befinden.

Ein Stuttgarter in Bolivien ermordet. Der aus Stutt­gart stammende 24 I. alte Mechaniker Hans Scheel ist, wie die Württ. Zeitung berichtet, zusammen mit der Wie­nerin Irene Chris on in Bolivien ermordet worden. Bei der Stuttgarter Kriminalpolizei wurde Scheel schon vor längerer Zeit als vermißt gemeldet. Seine Mutter hat das deutsche Konsulat in Bolivien gebeten, sich des Mordfalls anzunehmen.

Weilderstadt OA. Leonberg, 15. März. Dollarerb- schaft. Aus Amerika kommt die Nachricht, daß dort ein vor Jahrzehnten ausgewanderter Weilderstädter jetzt ohne Nachkommen gestorben ist. Er hinterläßt ein Vermögen von etwa 300 000'NM. Der Verstorbene hat in einer Stiftung der Stadt einen namhaften Betrag vermacht. Der größte Teil der Erbschaft füllt hiesigen Verwandten des Verstorbe­nen zu.

Ludwigsburg, 15. März. Schwerer Anfall eines Radfahrers. Gestern abend zwischen 6 und 7 Uhr stieß ein Radfahrer aus Marbach mit einem Kraftwagen zusammen. Der Fahrer wurde auf den Kühler geworfen. Durch den Aufprall schlug er mit dem Kopse die Schutz­scheibe des Kraftwagens ein und fiel nach einigen Metern auf die Straße. Mit einer Gehirnerschütterung, Schnitt­wunden und Schürfungen wurde er ins Bezirkskranken­haus übergeführt. Nach Aussagen von Passanten hat der Radfahrer die nötige Vorsicht beim Einbisgen aus einer Seitenstraße in die vielbefahrene Hauptverkehrsstraße außer acht gelassen. Die Insassen des Kraftwagens blieben trotz der stark zertrümmerten Schuhscheibe unverletzt.

Frommer«. OA. Balmgen, 15. März. DreiGebäude «ingeäschert. Montag abend brach in der sog.Ka­serne", ein drei Wohn -und Oekonomiegebäude umfassender Häuserblock, aus bis jetzt unbekannter Ursache Feuer aus, das in den Heu- und Strohvorräten reichliche Nahrung fand. Von den drei Gebäuden konnte nichts gerettet werden. Der Gebäude- und Mobiliarschaden ist groß.

Hellbraun, 15. März. Wieder Zettelankleber vor dem Schnellegericht. Dem Schnellrichter wur­den am Montag vier Zettelankleber aus Böckiugen zugeführt, da sie dabei ertappt wurden, als sie in Böckingen Schriften politischen Inhalts, die polizeilich nicht genehmigt waren, an Haustüren klebten. Dafür erhielt der verheiratete Schlosser Riachrd Kleinknecht zwei Wochen Gefängnis, die Mit­angeklagten Möhle, Unscld und Kronmüller je eine Woche Gefängnis.

Ellwangen, 15. Mürz. Das 15. Kind. Eine Land­wirtsfamilie in Stillau (Gde. Stödtlen) wurde mit dem siebten Knaben beschenkt. Die Familie zählt nun sieben Knaben und acht Mädchen.

Degerschlacht OA. Tübingen, 15. März. Ortsvor­steherwahl. Bei der Wahl am Sonntag wurde der seit­herige Amtsverweser, Gemeinderat Friedrich Pfänner zum Bürgermeister gewählt.

Deffendorf, OA. Oberndorf, 15. Mürz. Bei der Bür­germei st erwähl erhielt der bisherige Amtsverwc er Wendelin Haaga 178 Stimmen, sein Gegenkandidat Se­bastian Haaga 142 Stimmen. Wahlberechtigt waren 336 Personen; Abstimmung über 92 Prozent.

Wiblingen OA. Ulm, 15. März. Opfer st ockdiebe. In der hiesigen Klosterkirche wurden die Opferstöcke, die für die Armen und die Mission ausgestellt waren, von Dieben erbrochen und ihres Inhalts beraubt. Die Diebe haben sich jedenfalls in die Kirche eingeschlichen und das große Gitter überstiegen. Es dürften wohl die gleichen sein, die auch in Ulm in drei Kirchen ihr unsauberes Handwerk betrieben. Es ist noch nicht gelungen, sie zu fassen.

Elchingen» OA. Neresheim, 15. März. Brand. Mon­tag nacht brannte die alleinstehende große Scheuer mit Stallung und Knechtekammer des Gastwirts Melchior Schmid vollständig nieder. Die ganzen landwirtschaftlichen Maschinen sowie sämtliche Baumannssahrnis wurden ein Raub der Flammen. Das lebende Inventar konnte ge- rettet werden.

Wurzach, 15. März. Brand. Am Samstag abend brach in dem etwa 60 Meter langen Werkgebäude der Haidgouer Torfwerke Feuer aus, das mit rasender Schnelligkeit das Gebäude bis auf den Grund in Asche legte. Bon den in den Räumen untergebrachten Mate­rialien und Werkzeugen konnte, mit Ausnahme einiger Treibriemen, nichts gerettet werden. Feuerwehrleute aus Haidgau waren alsbald zur Stelle, doch konnte infolge der verschneiten Wege die Feuerspritze nicht an die Brandstelle herangebracht werden. Die Brandursache ist unbekannt. Das Gebäude, das zum großen Teil aus Holz bestand, wurde im Jahr 1921 erbaut. Der Gesamtschaden beläuft sich auf 25-30 000 NM.

Leutkirch, 15. März. Ehrliche Finderin. Am Samstag verlor ein auswärtiger Geschäftsmann, der mit seinem Motorrad durch Leutkirch kam, die nicht gut ver­wahrte Geldmappe mit dem Betrag von etwa 2500 NM. Eine hiesige Arbeitersfrau fand das Geld und lieferte es auf der Polizeiwache ab, wo sich auch bald der Verlierer ein­stellte. Zu seinem Staunen konnte er den ganzen Geldbetrag schon in Empfang nehmen. Eine entsprechende Entschädi­gung lohnte die Ehrlichkeit der Finderin.

Friedrichshofen. 15. März. Erste diesjährige W e r k st ä t t e n f a h r t desGraf Zeppelin". Das LuftschiffGraf Zeppelin" ist nach fünfmonatiger Pause und na chgründlicher Ueberholung Dienstag vormittag 10.45 Uhr zu seiner ersten diesjährigen Werkstättenfahrl auf- gestiegen. Die Führung des Luftschiffs hatte Kapitän Leh­mann.

Zöppritz-Prozeh

Ellwangen, 15. März. Am Dienstag ergriff Oberstaats­anwalt Bockel das Wort. Er stellt ausdrücklich fest, daß die Württ. Notenbank rein aus dem Prozeß hervorgehe. Deren Verlust sei nicht einer Pflichtwidrigkeit der Direktoren der Notenbank, sondern den fortgesetzten Täuschungen des Dr. Zöppritz zuzuschreiben. Dr. Zöppritz habe ein bescheidenes Leben geführt und für seine Firma Tag und Nacht ge­arbeitet. Mit dem Tod seines Betters Erich Zöppritz Habs das tragische Schicksal der Firma Zöppritz eingesetzt. Der Angeklagte, von Beruf Chemiker, habe keine kaufmännische Schulung gehabt und es nicht verstanden, eine solche nach- zuhvlen. Infolge seiner falschen Vorspiegelungen an die Banken habe er sich eines Betrugs schuldig gemacht. Der Angeklagte habe das Bestreben gehabt, unter allen Um­ständen Kredite für seine Firma auch zu hohen und höchsten Zinsen hereinzubekommen.

Staatsanwalt Kempter begründete die Anklage. Dr. Zöppritz habe stets geleugnet und leugne auch setzt noch, was ihm viele Smpathien verscherzt habe. Er habe einen Ver- zweislungskampf geführt. Für die Staatsanwaltschaft handle es sich darum, das Ansehen des deutschen Unternehmens zu retten und die verbogenen kaufmännischen Begriffe wieder­herzustellen. Der Angeklagte habe alles mit Mißverständnis­sen zu erklären versucht. Zu unterscheiden habe man zwischen dem bewußten und unbewußten Betrüger, die aber beide eine gleich große soziale Gefahr darstellen. Eine Frage sei, in welche der beiden Gruppen der Angeklagte ein­zureihen sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei er zu der Ueberzeugung gelangt, daß Dr. Zöppritz zu der elfteren gehöre und damit dem Gefängnis verfallen sei.

Mrkkembergischer Landlag

Skukkgark. 15. März.

Der Landtag trat heute zu seiner voraussichtlich letzten Tagung vor den Wahlen zusammen.

In zweiter nud dritter Lesung wurde der Entwurf eines Aenderungsgesetzes zum Wohnungsbürgschaftsgesetz (Woh­nungskreditanstalt) mit dem Ausschußantrag gegen die Stim­men der Sozialdemokraten und Kommunisten angenommen.

Zur Frage der Wohnungsbauförderung liegen noch ver- schisdene selbständige Anträea vor.

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Abg. Mergenthaler (NS.) wünscht eine sozialere Einstellung der Leitung der Wohnungskrsditanstalt. Die Not der Neichausbesitzer wird von der Wohnungskredit­anstalt zu sehr aus die leichte Schulter genommen

Abg. Präs. Andre (Z.) bezeichnet den Abg. Mergen- thaler als den eingebildetsten Abgeordneten im Hause, wor­auf Abg. Mergenthaler antwortet, daß in einigen Monaten dem Abg. Andre schon noch das Handwerk gelegt werde.

Präsident Pflüger erteilt dem Abgeordneten Andre einen Ordnungsruf. Die Anträge der Soz., Komm, und VN. werden abgelehnt.

Annahme finden folgende drei Ausschußanträge: das Staatsministerium zu ersuchen: a) die Kündigung von Bau­darlehen durch die Wohnungskreditanstalt in allen Fällen zurückzunehmen, in denen sie eine unbillige Härte bedeutet und die Darlehensschuldner nicht in der Lage sind, die Mit­tel anderweitig zu tragbaren Bedingungen aufzunehmen: b) die Baudarlehenszinsen und die Tilgungsraten der Württ. Wohnungskreditanstalt für die durch die Wirtschaftsnot, die Arbeitslosigkeit und den Lohn- und Gehaltsabbau in ihrer wirtschaftlichen Existenz beeinträchtigten Darlehensschuldner nach dem Grade der Bedürftigkeit weiter herabzusetzen. 2- Das Staatsministerium zu ersuchen, zur Instandsetzung von Altwohnungen hilfsbedürftiger Hauseigentümer der Wohnungskreditanstalt ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen. Es folgt die Beratung des Entwurfs eines S p a r k a s s e n g e s e tz e s, das die während der Zahlungs­krise im Sommer 1931 gesammelten Erfahrungen auswer­tet. Mittwoch nachmittag wird die Beratung fortgesetzt.

Es steht nunmehr endgültig fest, daß die Neuwahl des Landtags am Sonntag, den 24. April stakt findet. Die Ses­sion des gegenwärtigen Landtags endet am 9. Mai.

Als Termin für den Zusammentritt des neugewähtken Landtags ist Dienstag, 10. Mai, in Aussicht genommen. Nach 8 15 der Verfassung tritt der Landtag am 16. Tag nach seiner Wahl erstmals zusammen, um leinen Vorstand und den Staatspräsidenten zu wählen.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 16. März 1932.

Die Sinne trügen nicht, aber das Urteil trügt.

Goethe.

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Ein junger Mann wird gesucht

Nur erste Kräfte wollen sich melden"

Junger Mann mit guter Schulbildung gesucht. . ." oder . . . nur erste Kräfte wollen sich melden", solche Wendungen findet man wohl, wenn man die Anzeigen derOffenen Stellen" durchsieht. Natürlich wollen wir, daß jeder Mensch, den wir in unserem Hause beschäftigen oder dem wir eine Arbeit anver­trauen, etwas kann und gelernt hat. Und doch ist es wahr, daß unsere lieben Deutschen nahe daran sind, sich zu Tode zu lernen. Wir sind ein gar zu gründliches Volk, wir wollen immer gern die vollkommene Gewißheit haben, daß Herr Müller oder Fräulein Lehmann, die wir jetzt einstellen, wirklich tüchtig sind. Da denken wir nun, je zahlreicher und schöner die Zeugnisse von Fortbildungs- und anderen Schulen sind, desto besser ist es. Wir vergessen leicht, daß ein Blick auf den Menschen, eine Be­gegnung von einer Minute uns mehr über seine Brauchbarkeit aussagen kann, als ein ganzer Berg von Zeugnissen. Ja, es kann wohl geschehen, daß der Mensch, dessen Köpf am meisten mit Schulwissen angefüllt ist, bei den wirklichen Aufgaben des Lebens völlig versagt. Wir wollen einmal einen Geschäfts­mann befragen. Er hat zwei Lehrlinge. Der eine ist Abiturient. Er macht natürlich beim Sprechen und Schreiben keinen Feh­ler, auch seine Rechnungen sind tadellos. Er kann auch in einem halben Dutzend Sprachen deklinieren und konjugieren, und in der Mathematik war ersehr gut", aber er ist so ungeschickt, daß er kein Paket austragen kann; er findet die Straße nicht; er weiß nicht, was er den Leuten sagen soll; er läßt hier und dort Sachen liegen und muß sich immerfort entschuldigen. Der andere war nur auf der Eemeindeschule und hat dort keine Lorbeeren geerntet; er macht bisweilen grammatische Fehler, aber was er sagt, hat Hand und Fuß; er hat eine klare und wohllautende Sprache, und er kann buchstäblich alles, was im Geschäft verlangt wird. - Da wir eine wahre Geschichte er­zählen, so wollen wir noch hinzufügen, daß unser Abiturient auf dem Wege ist, mit Hilfe seines jüngeren Freundes das Paketaustragcn noch zu erlernen. Ist das ein Zufall: hier Gelehrsamkeit, dort Brauchbarkeit fürs Leben? Ob nicht durch das viele erzwungene theoretische Leben edle Kräfte im Men­schen für immer zerstört werden?Ohne Zwang, mein Bester, erziehe die Knaben; dann wirst du am ersten erkennen, wozu ein jeder befähigt ist", so hat ein Plato gesprochen. Erziehung ohne Zwang, -- wir müssen früh damit an­fangen. Das Kind will nicht zum Bäcker gehen und Brot holen. Nun dann gehen wir eben heute abend alle hungrig ins Bett, mit der größten Heiterkeit natürlich! Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, daß die Eltern, wenn die Kinder erst schlafen, für sich schon einen Rat finden werden. Morgen wird der kleine Schelm dann von selbst antommen:Mutter, ich möchte doch gern Brot holen!" Vielleicht erreichen wir sogar, daß er künf­tig allein aufpaßt und sagt:Das Brot ist alle, gebt mir bitte Geld, ich möchte eins kaufen!" Auf diese Weise lernt das Kind wirklich etwas; zwar nicht mechanisch gehorchen, so wie eine Türklinke unter dem Druck der Hand nachgibt, aber es lernt, sich in die Umstände seines kleinen Lebens einzufügen und ein nützliches Glied der Gesellschaft zu werden. Schwie­riger wird es auf der Schule, denn diese ist noch ganz und gar auf Zwang und Härte eingestellt. Da sollten nun die Eltern von freieren Erziehungsgrundsätzen sich nicht scheuen,, diese gegen Lehrer und Lehrerinnen in aller Ruhe zu vertreten. Steter Tropfen höhlt den Stein, und die Dinge, die wir hier schildern, liegen in der Luft. Ist bei den Lehrern nichts zu er­reichen, so dürfen wir doch bei Konflikten nicht gleich von vorn­herein gegen den Lehrer Partei nehmen, schon des Kindes we­gen nicht. Aber wir sollten uns wohl überlegen, wie viele Schuljahre unumgänglich nötig sind, und wenn wir sicher wis­sen, daß eine andere Schule besser ist, so mögen wir es auch mit einem Schulwechsel versuchen. Vor allem aber müssen wir selbst immer unserer Ueberzeugung treu bleiben, sowohl bei der der Erziehung unserer Kinder wie bei der Beurteilung von Fremden: nicht die Menge unfragbaren Wissens macht den Wert des Menschen aus, viel, viel wichtiger ist die ganze Persönlich­keit; und nur aus einer freien und jugendmäßigen Entwick­lung in den Wachstumsjahren können ganze Menschen hervor­gehen, wie sie unser Vaterland braucht.

Prediger-Versammlung

Ein idealer Vegrüßungsabend" war nach dem Urteil eines Sachverständigen die Eröffnungsversammlung der Prediger der V.M.K. des Stuttgarter Distrikts am 15. März, in unserer Stadt Nagold. Der Gemeindeprediger I. Schmeitzer fand mit Psalm 134,1 den rechten Ton. Der Gemeindevertreter H. Bätzner hatte ein warmesWillkomm". Der gemischte Chor mit seinem Liede:Ich grüße euch!" und das Vegrüßungsge- dicht eines Mitgliedes wurden gut ausgenommen. Bürgermeister Maier begrüßte die Versammlung und betonte, daß auch die