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Nr. 28 <«-»,»»»-, in? Donnerstag, den 4. Februar 1832 z-rn>-ch-r », » 106. Jahrgang

rsgesspiege!

Der König von England hak dem Reichspräsidenten für leine Teilnahme an dem Untergang des Tauchboots «M 2" telegraphisch gedankt.

Der Reichskanzler wird, wie verlautet, voraussichtlich an» Samstag zur Genfer Konferenz abreifcn.

Der Reichsverkehrsminisker hat angeordnet. daß das Reichsverkehrsministerium künftig nur noch aus folgenden Abteilungen bestehen wird: Schiffahrt- und kraftverkehrs- abteilung, Ackerbautechnifche Abteilung, die beide»« Eisen- bahnabkeilnngen und die Luftfahrtabtsilung.

Oer Staatssekretär beim Reichspräsidenten Dr. Meißner (Soz.) erklärt die Zeitungsmeldung, daß er eine Umbildung der Reichsregierung betreibe, für unbegründet. Er habe insbesondere keinerlei Verhandlungen mit Politikern der Opposition hierüber geführt.

Der Kronprinz Asfu Wossän von Aekhiopien wurde am Mittwoch mit seinem Gefolge vom Reichspräsidenten emp­fangen. Abends reisten die äthiopischen Herrschaften nach der Schweiz ab.

Der neue Vorsitzende des Industrie- und Handelskags, Geh. Kommerzienrat Grund» ist zum Mitglied des Verwal- iungsrats der Reichsbahn ernannt worden.

In Berlin wurden sechs Kommunisten wegen versuchter Werbung in der Reichswehr verhaftet. In ihren Wohnungen wurden derartige Schriften sowie viele Waffen beschlag­nahmt.

Wie der BerlinerAngriff" berichtet, werden im Auf- trag Hitlers General Ritter von Epp und Oberst Hafel- mayer am Freitag nach Genf fahren, um als Beobachter die Verhandlungen der Abrüstungskonferenz zu verfolgen.

Der bekannte Kapitän a. D. Ehrhardt hat seinen Prozeß gegen das Reichswehrministerium, das ihm feine gesetzliche Pension vorenkhielt, gewonnen. Das Reich ist nach dem Gerichtsurteil nicht berechtigt, Schadenersatzansprüche aus dem Kapp-Puksch gegen Ehrhardts Pensionsrecht anzurech­nen. Ehrhardt hat bekanntlich beim Kapp-Putsch die Mannebrigade befehligt.

Das japanische Kabinett hat beschlossen, aus dem Völker- bnnd auszutreien, wenn dieser Artikel 1b und 16 der Satzung auf Japan anwende. Als Antwort auf den diplo­matischen Schritt der Mächte bewilligte das Kabinett zwölf Millionen Ien (18.26 Mill. Mk.) zur Fortsetzung des Vor­gehens in China. Rach China wurden weitere Kriegsschiffe und Truppen abgesandt.

Lhina hat die Vermiktlungsvorfchläge der Mächte, ins­besondere die Schaffung eines neutralen Gebiets zwisch°n Japanern und Lhinefen, das von Engländern, Amerikanern und Franzosen zu besehen wäre, angenommen.

Von chinesischer militärischer Seite wird behauptet, daß einer der japanischen Zerstörer, die heute die Beschießung der Wusunx-Forks erössneten, durch das Feuer von den Wusung-Forts versenkt wurde und daß die chinesische Be­satzung die Forts noch hält.

Ein italienischer Kreuzer mit Truppen wird in Schang­hai einkreffen.

Der völkerbündliche Untersuchungsausschuß für den Man- dschureisireik ist am Mittwoch in Le Havre mit dem Dampfer Paris" nach Reuyork abgereist, um über diesen Weg nach Ostasien zu gelangen. Dem Flugzeug haben sie sich scheints doch nicht anvertrauen wollen.

Rach Privatmeldungen aus Santiago sollen bei dem Erdbeben etwa 10 Einwohner getötet und 70 verletzt «vor- den sein. Der Bürgermeister nennt 8 Tote und etwa WO Verletzte.

Die Leistungen an die Fürstenhäuser

Berlin, 3. Febr. Der Rechtsausschuß des Reichstags beschäftigte sich heute mit dem sozialdemokratischen Antrag, der die Länderregierungen ermächtigen will, alle Leistungen aus Verträgen oder Urteilen an ehemalige Fürsten und Mitglieder der standesherrlichen Familien mit sofortiger Wirkung ei^zustellen und die zustande gekommenen Aus­einandersetzungen unter Berücksichtigung der wirtschafiücken Notlage der Länder und weitester Valkskreise neu zu regeln. Oberregierungsrat Erbe vom Reichsministerium des In­nern gab zunächst einen Ueberblick über die Zahlen der Renten, die die deutschen Länder gegenwärtig laufend an ihre ehemaligen Fürsten z-i zahlen haben. Eine Denkschrift mit genauen Angaben hierüber will oie Regierung dem Ausschuß binnen kurzem vorlegen. Aus diesen Mitteilungen ist folgendes hervorzuheben:

Preußen hat an laufenden wiederkehrenden Leistun­gen nur Pensionen an frühere Hofbeamte zu zahlen, die im letzten Haushaltjahr 2,8 Millionen betrugen. Weitere Ren­ten hat Preußen nicht zu zahlen.

Sachsen hat eine laufende Sekundogenitur-Rente zu zahlen, doch ist diese Sache noch streitig.

s Württemberg hat an das Königshaus eine jühr- ! ltche Rente von 50 000 Mark zu zahlen, die bis 1937 mit dem 20fachen Betrag abgelöst wird, ferner eine Rente von 70 000 Mark an die Königin.

Die jährlichen Zahlungen des Landes Mecklenburg- Schwerin betragen 21000 Mark an den früheren Groß­herzog, zahlbar bis zum Jahr 1938, je 11250 Mark auf Lebenszeit an die Herzogin Marie Antoinette und eine Prinzessin, 17 000 Mark an die Herzogin Elisabeth, ferner steht dem Herzog Adolf Friedrich auf Lebenszeit der Nieß­brauch von 1000 Hektar Feld in einem geschätzten Wert ^ non etwa 40 000 Mark jährlich zu.

! Braun schweig trägt lediglich anteilig die Ruhs-

! geholter und Hinterbliebenenbezüge für 24 Beamte.

^ Oldenburg hat keine Leistungen mehr zu erfüllen, s Schwarzburg-Rudolstadt bezw. sein Rechts-

! Nachfolger har folgende Leistungen zu erfüllen: 12 000 Mt.

! Leibrente an die Prinzessin Thekla, 60 000 Mark Wittum an Anna Luise, zivei vererbliche Leibrenten in Höhe von 5150 Mark, eine beschränkte vererbliche Leibrente von 18 000 Mark an Prinz Friedrich Günther, 12 000 Mark Wittum an die verwitwete Prinzessin Alexandria, sowie zwei Leib­renten von je 6000 Mark.

Reue

Biirgersteuer bei Kurzarbeitern

Berlin, 3. Febr. Personen, die 1930 einkommen- steuerfrei waren, haben nach der bestehenden Rechtslage nur die halbe Bürg erst euer zu entrichten. Diese Vorschrift wirkt sich für die große Zahl der Kurzarbei­ter, die im Iahr 1930 noch einen die Lohnfleuerfreigrenze übersteigenden Lohn gehabt hakten und von denen daher seht in der Steuerkarte die volle Bürgersteuer angefor­dert werden mußte, besonders hart aus. Der Reichsfinanz­minister hat daher dem Reichsrat den Entwurf einer Ver­ordnung vorgelegt. Hiernach hak der Arbeitgeber bei sol­chen Arbeitnehmern, für die wegen Richtüberschreitens der Lohnsteuerfreigrenze am Fälligkeitstage der Bür­gersteuer Lohnsteuer nicht einzubehalten ist, statt der vol­len, nur die Hälfte der in der Steuerkarte angesorderten Bürgersteuerrote einzubehasten. Diese gilt natürlich nicht für diejenigen Fälle, in denen bereits wegen Cin- kommensteuerfreiheit im Iahr 1630 auf der Steuerkarte nur der halbe Bürgersteuerbetrag angefordert worden ist. Die vorgesehene Erleichterung soll, wenn der Reichsrar zu­stimmt, bereits für die Bsirqerstsuerrate gelten, die am 10- Februar 1932 fällig wird.

Angliederung Hessens an Preußen beantragt

Darmsladk, 3. Febr. Einer der fünf Einzelgänger des Hessischen Landtags, der der Sozialistischen Arbeiterpartei angehör ige Abgeordnete Ohlhof, verlangt in einem An­trag die grundsätzliche Aufgabe der Einzelstaatlichkeit Hes­sens. Die Regierung soll mit Preußen wegen Angliederun-g -verhandeln und den Staatsvertrag vorbereiten. Sollte er vn Landtag kein- Annahme finden, so soll eine Volksabstim­mung herbeigeführt werden. Dazu ist zu bemerken, -atz für den Antrag vermutlich nur ein weiterer Einzelgänger,

der demokratische Abgeordnete Schreiber, sein" wird, während die großen Parteien ihn sämtlich ablehnen,' Zentrum und Nationalsozialisten wegen ihrer föderalistischen Einstellung, Kommunisten, weil sie sich nicht Severing unter-- ordnen wollen, Sozialdemokraten, weil sie darin keinen Einheitsstaat sehen.

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Vereitelter Anschlag in Kairo

Kairo, 3. Febr. Nach einer Blättermeldung fand ein Polizeibeamter vor dem Haus des Ministerpräsidenten eine Bombe mit brennender Lunte. Er konnte diese jedoch zeitig genug löschen, so daß die Bombe nicht zur Entladung kam.

Die Strafanträge im Essener Kommunistenprozeß

Essen, 3. Febr. Im Mordprozeß gegen die 12 Kommu­nisten, die eine geheime Gruppe zum Zweck der Erschie­ßung politischer Gegner gebildet haben und von denen fünf in der Nacht vom 13. zum 14. März vorigen Jahrs aus eine 15 Mann starke nationalsozialistische Gruppe, die üch auf dem Heimweg nach Esten-Kray befand, einen Feuerüberiall mit Pistolen verübt haben, beantragte der Staatsanwalt gegen die vier Hauptangsklagten Zingel- Wolfs, Verseck und Schüler die Todesstrafe, da sie sich wes überlegten und vorsätzlichen Mords schul­dig gemacht hätten. Gegen die übrigen Angeklagten wur­den Zuchthaus- bzw. Gefängnisstrafen von 4 Jahren bis 5 Monaten und gegen einen Freispruch beantragt.

Zer Krieg in Ostasien

Neue Kämpfe in Schanghai

Schanghai, 3. Febr. Die Japaner haben gestern (Diens­tag) früh die Beschießung von Schapei mit schweren Schiffsgeschützen wieder ausgenommen. Neu: Brände sind ausgebrochen. Gleichzeitig erfolgte ein Jn- santerieangriff. Die Landstreitkräfte der Japaner in Schanghai sind 5000 Mann stark.

Am Mittwoch früh 8.53 Uhr (Ortszeit) setzte ein neuer Artilleriekampf ein. Um 11.30 Uhr begannen die Japaner zu Land und mit ihrer Schiffsartillerie, sowie mit Bomben­flugzeugen einen Angriff auf die Forts Wusung und Pu sch an. Sechs japanische Zerstörer legten die Forts unter Feuer, um die Landung neuer japanischer Truppen zu decken.

Der japanische Generalkonsul teilte dem britischen und dem amerikanischen Generalkonsul amtlich mit, daß Japan die Absicht habe, die Wusung-Forts sofort zu besetzen.

Der britische 10 OOO-Tonnen-Kreuzer hat ein Bataillon britischer Infanterie gelandet.

36 amerikanische Staatsangehörige haben bis jetzt Nanking verlassen. .

Den englisch-amerikanischen Vorschlag, in Schanghai ein neutrales Gebiet zwischen Japanern und Etzins sen zu errichten, hat die japanische Regierung abgelehnt.

Die japanischen Gesamtverluste in Schang­hai sollen nach japanischen Angaben 20 Tote. 82 Schwer- und 91 Leichtverletzte betragen.

Eine neue Notverordnung

Dehlinger gegen die Reichspolitik

Freudensiadt, 3. Febr. Auf der gestrigen Jahresver­sammlung des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins Freuden­stadt sprach Finanzminister Dr. Dehlinger überDie Rettung des deutschen Volks aus der Not", wobei er it. Grenzer" ausführte, daß die Ursache unserer Not die ver­fehlte Erfüllungspolitik und die gleich verfehlte Steuer-, Lohn- und Sozialpolitik sei, die das Reich unentwegt 13 Jahre lang getrieben habe. Zum Glück ist unser württem- bergisches Volk und Land bisher von den schlimmsten Aus­wirkungen der dadurch verursachten Not verschont geblie­ben. Dieser Erfolg ist vor allem dem Umstand zuzuschrei­ben, daß Württemberg seit acht Jahren eine rein bürgerliche Regierung hat, die sich von allen sozialistischen Ideen frei­hielt, daß weiter unser Land eine gesunde Mischung von Landwirtschaft und Industrie, von Klein-, Mittel- und Groß­betrieben auftveist und daß der Württembergs«: seinem alten Fleiß, seiner Gründlichkeit und feiner Anspruchslosigkeit treu geblieben ist. Der Grundsatz, die Politik der württ. Staatsregierung ist stets gewesen, keine Ausgabe ohne Deckung zu genehmigen. Lieber wurde aufs äußerste ge­spart, als Schulden gemacht; und wenn Schulden gemacht wurden, dann machte man wenigstens keine kurzfristigen Schulden.

Die Regierung hat aber auch die Gemeinden zum Svnren gezwungen. Ms großes Verdienst nimmt die

württ. Regierung für sich in Anspruch, daß es ihr gelungen ist, Arbeiksmögsichkeiken durch den zweigleisigen Ausbau der Rord-Süd-Bahn zu schaffen. Alles drängt auf die letzte Entscheidung. Man muß das Rad herumdrehen, das jetzige System umstellen. Die Umstellung des Systems heißt: Los von der Erfüllungspolitik. Wir müssen auch los vom Sozialismus und zurück zur Nationalwirtschaft mit dein Ziel, die landwirtschaftliche Rente wiederherzustellen. Mit der Landwirtschaft steht und fällt ein Volk. Dr. Dehlinger machte dayu noch darauf aufmerksam, daß im Lauf des Februar oder MLrz eine neue Notverordnung der Reichs­regierung zu erwarten sei, die vor allem ihren Grund in den immer unhaltbarer werdenden Verhältnissen Preußens habe, dessen Finanz-minister vorziehe, unpopuläre Maßnah­men nicht selbst zu treffen, sondern durch das Reich durch­führen zu lassen. Sollten durch diese Notverordnung der württ. Regierung neue Mittel zur Verfügung gestellt wer­den, dann werde sie nicht versäumen, soweit als möglich den Gemeinden damit zu helfen. Daß die Reichs­regierung auf dem Weg zur Einführung der Arbeiksdienst- pflicht keine Schritte unternehme, komme daher, daß dis Gewerkschaften sie ablehne, und die Regierung glaube, einst­weilen auf die Unterstützung der Gewerkschaften nicht ver­zichten zu können, die immer noch an dem unhaltbar ge­wordenen Grundsatz des Tarifsatzes festhalten.