Seite 5 — Nr. 888
Nagolder Tagblatt «Der Gesellschafter"
Montag, den 7. Dezember 1831.
Württemberg
Stuttgart, 6. Dezember.
Dienstantritt des neuen Befehlshabers im Wehrkreis V.
Der neue Befehlshaber, General L i e b m an n, ist in Stuttgart eingetroffen und hat nach Uebernahme des Befehls dem Herrn Staatspräsidenten seinen Besuch abgsstattet.
Am 5. Dezember vormittags begrüßte der Herr Befehlshaber die Truppen der Standorte Stuttgart—Ludwigsburg auf dem Hof der Neiterkaferne in Cannstatt.
Die 3. Notverordnung Württembergs. Bon zuständiger ! Seite wird mitgeteilt: In der 3. Notverordnung des Staats- ! Ministeriums zur Sicherung der Haushalte von Staat und ! Gemeinden, die am Samstag im Staatsanzeiger und Re- ! oierungsblatt veröffentlicht wurde, ist der Inhalt der 1. und 2. Notverordnung des Staatsministeriums, damit auch di« dort vorgenommene Kürzung der Beamtenbezüge um 5 und 7 v. H. ausgenommen. Dabei hat der Inhalt der 1. Not- «rordnung im einzelnen eine Reihe von Aenderungen erfahren. Es ist aber in der 3. Notverordnung keine neue Kürzung der Beamtengehälter enthalten. Die 1. Notverordnung gilt vom 1. Dezember Ml ab nicht mehr. Bon diesem Tag gilt die Kürzung um 3 und 7 v. H. auf Grund der 3. Notverordnung.
Lste Aufrückungsspcrr« fällt. Aus der am Freitag abend abgehaltenen Äeamtenoersammlung der Bürgerlichen Anheitsliste ist als bemerkenswert mitzuteilen, daß bekannt- gsgÄen wurde, daß die Reichsregierung die in Württemberg vielumskrittene Aufrückungssperre für die Beamten nicht einführe, und daß demgemäß diese Sperre auch in Württemberg aufgehoben werde.
Eifenbahnfache. Wegen des starken Rückgangs des Reiseverkehrs wird der für die Zeit vom 15. Dezember 1931 bis 29. Februar 1932 in den Zügen D 13 und 14 (Stuttgart an 21.15 und ab 7.52s vorgesehene Kurswagen Chur—Berlin nicht geführt.
Neuer Ersaßrichker im Reichsehrenmal. Der gefchäftS- sülurnde Ausschuß der Stiftung Reichsehrenmal hat an Stelle des Professors Albiker, der im Hinblick auf die van ihm beabsichtigte Teilnahme am Ideenwettbewerb um das Reichsehrenmal sein Amt als Ersahrichter des Preisgerichts niedergelegt hat, den Professor Alfred Lörcher in Stuttgart als Ersatzrichter in das Preisgericht berufen.
Vertagung der Verhandlungen in der Holzindustrie. In
der württ. Holzindustrie haben die Verhandlungen vor dem Schlichtungsausfchuß zu keiner Einigung geführt. Die Kammeroerhandlung wurde bis auf weiteres vertagt, da demnächst Maßnahmen der Reichsregierung zu erwarten sind, deren Auswirkung auf den gegenwärtigen Streit nicht vorauszusehen ist.
Die Nationalsozialisten antworten Staatspräsident De. Bolz. In einer großen nationalsozialistischen Versammlung in der Stadthalle am Freitag abend antworteten der Reichspropagandaleiter der NSDAP-, Reichstagsabgeordneter Gregor S t r a f s e r-München und Stadtamtmann Hauptmann a. D. Dr. S t r ö l i n - Stuttgart Staatspräsident Dr. Bolz auf seine Neckarsulmer Rede am letzten Sonntag, in der er erklärt hatte, die Nationalsozialisten seien eine ..herdenmäßig zufammengelaufene Masse'. Dr. Strölin erklärte, die Nationalsozialisten als stärkste Partei Deutschlands verbitten sich auf das energischste, daß derartig oberflächliche, verleumderische, schulmeisterliche i Redensarten über die Nationalsozialisten in die Welt gesetzt würden. Gregor Straffer führte dazu aus, daß er den «bald weiland' Staatspräsidenten von Württemberg fragen müsse, woher denn diese Herdenmasse komme und wo sie früher war. Die Massen haben sich eben von Parteien, die sie belogen und betrogen haben, abgewendet. Es sei immer ein besonderes Zeichen der Unfähigkeit, jene zu schmähen, die man vorder besessen habe. So machen es auch einstmals anziehende Kokotten, die im Alter die verspotten, die ihre Reize verschmähen. In seinen weiteren Ausführungen erläuterte Straffer die Hauptziele der Nationalsozialisten: Kraft, Brot, Arbeit, Kraft im Innern zur Abrechnung, nach außen zur Aenderung der alten Verträge, Kraft durch Weckung von Wehrkraft und Wehrgeist. Brot: Durch Stärkuno der Landwirtschaft. Arbeit: Durch Neuordnung
Faust über Vanzig
/?o/nan von Leonkrne u. M/nfe/-/e/ck-/>/a/e/r
(Nachdruck verboten)
55. Fortsetzung.
Jetzt weinen die Frauen auf und viele knien nieder, als der tote Stadtkommandant vorübergetragen wird, der sein Leben ließ für Danzig. Frau Antje preßte die Hand gegen den Mund, um nicht laut zu schreien vor Not und Qual. Und dann hört sie mit weit aufgerissenen Augen, was die Landsknechte erzählen.
Es ist den Polen gelungen, eine schmale, leichtgezimmerte Brücke von Holzstämmen zu schlagen über den Strom. Nun können sie ihre Mannschaften auf der Mole, auf dem großne Weichselufer, immer neu verstärken.
Das wird Danzigs Not!
Sie alle kennen die gewaltige Bedeutung dieser Tat Alles kommt jetzt nur darauf an, diese polnische Brücke zu vernichten. Mit großer Mühe versuchten die Danziger, zwei brennende Weichselkähne, die sie mit Pech, Teer und Strauchwerk beladen haben, gegen die Brücke zu treiben und diese damit zu zerstören. Aber der Wind ist ihnen zuwider. Wild treibt der Wind die brennenden Kähne gegen ihre eigenen Schanzen. Mit langen Stangen müssen sie die eigenen Kähne abwehren, um ihre Verschanzungen zu ret- ! ten. s
Und die Brücke steht! !
Und die Polen lachen und spotten ihrer und kommen s Mann für Mann an das andere Ufer. i
Und frohlocken, daß ihnen nun gleich der Weg offen- ! steht nach Danzig, denn furchtbar wütet der Tod in den ! Reihen der Danziger. !
So erzählen die Landsknechte, die zum Teil selber ! schwer verwundet sind, den atemlos lauschenden Frauen. , Antjes Blicke irren Uber den Hafen. >
Ist denn da keiner der helfen kann?
Gibt es keine Schiffer mehr, die den Mut haben, diese i furchtbar todbringende Brücke zu zerstören? >
Vollstreckungsfchutz für die
Stuttgart, 6. Dez. Von zuständiger Seite wird mit- eteilt: Die württ. Regierung hat bei der Reichsregieruno, eantragt, einen Vollsireckungsschuh, wie er im Osthilfe- geseh der Landwirtschaft des Ostens gegeben wird, in ähnlichem Ausmaß auch der süddeutschen Landwirtschaft zu gewähren. Es ist nach den eingegangenen Nachrichten zu hoffen, daß die Reichsregierung in der kommenden Notverordnung diesem dringenden Verlangen der württ. Regierung entsprechen wird
Pfändung und Verwertung beweglicher Sachen landwirtschaftlicher Schuldner
Eine Verordnung des württ. Justizministeriums besagt: Bei der Pfändung beweglicher Sachen landwirtschaftlicher Schuldner beschränken sich die Gerichtsvollzieher nicht selten auf die Untersuchung, inwieweit die Sachen zum „Notbedarf" des Schuldners und seiner Familie gehören und zur Fortführung des Wirschaftsbetriebs unbedingt erforderlich sind (ß 811 Nr. 2—4 ZPO., 8 61 Nr. 2—4 DAGV)- Darüber hinaus muß aber außerdem geprüft werden, ob es sich bei dem Betrieb um ein Landgut handelt und ob die Sachen dessen Zubehör sind. Landgut ist jeder au^, einem oder mehreren Grundstücken bestehende landwirtschaftliche Betrieb ohne Rücksicht auf Größe und Erträgnis ,m Verhältnis zum Nahrungsbedarf des Schuldners und seiner Familie, also auch ein vom Schuldner oder seiner Familie geführter landwirtschaftlicher Nebenbetrieb. Zubehör eines Landguts ist das sämtliche zum Betrieb bestimmte Geräte und Vieh, letzteres ohne Unterschied, ob es sich um Arbeits-, Nutz- oder Nachzuchttiere handelt und vuch dann, wenn es etwa schon zum Verkauf bestimmt ifk (8 98 Nr. 2 BGB., 8 73 Nr. 2 b DAGV.). Dieses gesamte
süddeutsche Landwirtschaft
uveyör wird, wenn es dem Schuldner gehört, von der wangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfaßt und ist damit der Fahrnispfändung überhaupt entzogen l8 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO., 8 73 DAGB-).
Gehört das Zubehör dem Pächter eines landw. Grundstücks, so kann es diesem gegenüber gepfändet werden unbeschadet der Pfandrechte des Verpächters oder eines Kreditinstituts, dem das Pächterinventar auf Grund des Gesetze» vom 9. Juli 1926 verpfändet ist-
Kommt es zum Verkauf gepfändeter Fahrnisgegen- stände, so muß in jedem Fall eine unwirtschaftliche Verschleuderung der Sachen vermieden werden. Diesem Zweck dient vor allem die Bundesratsverordnung über das Mindestgebot bei der Versteigerung gepfändeter Sachen vom 8. Oktober 1914. Darnach ist der gewöhnliche Verkaufswert tunlichst schon bei der Pfändung zu schätzen und ein Zuschlag nur zulässig, wenn bei der Versteigerung mindesten» die Hälfte dieses Werts als Mindestangebot erreicht wird. Andernfalls ist die Versteigerung als ergebnislos zu behandeln. Daneben bietet der Weg, gemäß 8 825 ZPO. beim Vollstreckungsgericht eine andere Art der Verwertung zu beantragen, unter Umständen die Möglichkeit, ein günstigeres Ergebnis der Verwertung zu erzielen- Hiezu kann auch die Mitwirkung des beitreibenden Gläubigers dienlich sein, der gleichfalls Wert darauf legen muß, daß der Schuldner durch die Vollstreckung nicht über das notwendige Maß hinaus geschädigt und wirtschaftlich geschwächt wird.
Die Notlage weiter Schuldnerkreise macht es erforderlich, den Verhältnissen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Amtsgerichte werden veranlaßt, über wichtige Wahrnehmungen oder außerordentliche Notstände von allgemeiner Bedeutung, die im Vollstreckungswesen zutage treten, zu berichten.
der Wirtschaft». Arbeitsbeschaffung, Umsiedlung von der Stadt und Land, Eigenheim, Arbeitsdienstpflicht. Beide Redner fanden begeisterten Beifall.
Anker der Anklage des Landfriedensbruch. Bor dem
'erweiterten Schöffengericht hatten sich vorgestern 9 Nationalsozialisten wegen Landfriedensbruchs zu verantworten. Es bandelte sich dabei um die Vorgänge in Echterdingen am 9. August vor dem Hause des dortigen ReichsbannerführerS Moltenbrey. Das Urteil lautete bet drei Angeklagten wegen Sachbeschädiguna auf 14 Tage Gefängnis, bei einem Angeklagten wegen Nötigung auf 50 RM. Geldstrafe und bej den weiteren Angeklagten auf Freisprechung.
Eine Sturmnacht. Ein ungewöhnlich heftiger Sturm, der fast die ganze Nacht hindurch mit unverminderter Kraft anhielt, hat da und dort im Stadtgebiet zum Teil schweren Schaden verursacht. So wurde u. a. in der Alleenstraße eine über 15 Quadratmeter große Spiegelscheibe bei der Großhandelsfirma Frank u. Betz (Linoleum, Teppiche und Wachstuche) vollständig zertrümmert. Der Sturm hat insbesondere auf den Höhen an Gartenhäusern, dis teilweise abgedeckt wurden, Schaden angerichtet.
Reutlingen. 6. Dez. Die wirtschaftlichen Ver- hältnisse des Handwerks. Wie die Handwerkskammer Reutlingen mitteilt, ging di« Einschrumpfung des Geschäftsverkehrs im Monat November weiter. Die Schwierigkeiten wachsen sich für das Handwerk zu einer Bedrohung seiner Existenz aus, was sich in der zunehmenden Äabl der zufammenbrechenden Handwerksbetriebe zeigt.
Birkenfeld OA. Neuenbürg, 6. Dez. Schneegänse. Eine stattliche Zahl von Schneegänsen, etwa 15 an der Zahl, flogen in südöstlicher Richtung über unser Tal
Schwenningen, 6. Dez. Ueberfallauf National- sozia listen. Am Donnerstag nachmittag wurden etwa 6 Nationalsozialisten in der Kniebisstraße auf Sauer-Wasen von zahlreichen Kommunisten überfallen. Die SA.-Leute verteilten Flugblätter und Stimmzettel zur Gemeinderatswahl. Einer der Nationalsozialisten erhielt lt. Polizei-
«r mocbr unempllncllicbsr »«c1.-u.-L0 gegen kcköltungl
bericht eine nicht unbedeutende Verletzung am Hinterkopf, während ein zweiter am rechten Arm eine Verletzung daivontrug. Die Ueberfallenen wurden zuerst mit großen Backsteinen beworfen und mußten schließlich vor der Ueber- macht die Flucht ergreifen. Einige der Täter sind erkannt.
Spaichingea, 6. Dez. Die Verteilung de» Amtsgerichtsbezirks Spaichtngen. Nach Aufhebung des Amtsgerichts Spaichtngen erfolgt die Verteilung der Ortschaften hinsichtlich der Gerichtsbarkeit künftig, wie folgt: zum Amtsgericht Tuttlingen zählen künftig: di« Gemeinden Balgheim, Böttingen, Bubsheim, Dürbheim, Egesheim, Kömgsheim. Mahlstetten, Reichenbach a. H. und die Stadt Spaichingen, zum Amtsgericht Balingen di« Gemeinden Nusplingen und Obernheim, zum Amtsgericht Rottweil di« Gemeinden Aixheim, Aldingen, Dettingen, Denkingen, Frittlingen, Gosheim, Ratshausen, Schörzingen. Wehingen, Weilen u. R
Göppingen, 6. Dez. Die Grotzeislinger Mine, ralwasserbohrung von Erfolg. Die Bohrarbeiten an der Göppinger Straße, die von einem Ludwigs- Hafener Unternehmer ausgesührt wurden, sind nunmehr in einer Tiefe von 49 Metern zum Stillstand gekommen. Bereits von 38 Meter an fand man in verschiedenen Gesteinsschichten abwechflungsweise Wasseradern. Pumpverfuche wurden noch nicht unternommen, da man mit dem Abdichten der Wasserläufe beschäftigt ist. Nach den geologischen Bodenbefunden aber, sowie nach den Feststellungen des Rutengängers hat man es bei den Vorgefundenen Wasseradern mit einem brauchbaren Mineralwässer zu tun
Ravensburg, 6. Dez. Verurteilter Wechsel fälschen Mit einer großen Wechsel- und Blanketr- sälfchungsaffäre hatte sich das erweiterte SchösfengeriäL unter Vorsitz von Amtsg.cichtsdirektor Albus zu beschäftigen. Angeklagt war der 48 I. a. Ltgwerks-, Mühlen- und Gutsbesitzer Georg Krapf au» Wiesertsweiler (Gde. Tannau OA. Tettnang), der 1919 das väterliche Anwesen im Wert von 80 000 Mark bei seiner Verheiratung übernommen und bis Mitte Mai dieses Jahrs betrieben hatte. Bis 1927 stand Krapf schuldenfrei da, dann erlitt er Verluste durch verschiedene Konkurse, durch große Holzeinkäufe und durch den Preissturz auf dem Holzmarkt. Im Jahr 1928 fing Krapf an, semen Kredit im Ausland zu decken, und obwohl man ihm auf Grund persönlicher Beziehungen sehr entgegenkam, kam Krapf aus seinen Finanzschwierig-
O, Schiffe liegen genug im Mottlauhafen! Große, schwere Danziger Schiffe und lange Weichselkähne. Aber , es sind keine Männer mehr da, die sie steuern können. ! Leer und verlassen liegen die Schiffe, denn alle Männer i von Danzig stehen bis zu den Knöcheln im Blut am Le- ! benstor von Weichselmünde. Oder ist es das Tor des Todes? s
Heute ist sogar Bertie mit ausgerückt, den man sonst s wegen Schwächlichkeit immer zuriickgestellt und anderweitig i verwandt hat. !
Antjes irrer, suchender Blick fällt auf das schwere, plumpe Schiff des Holländers. Und sie sieht oben auf dem Deck Piter Erootje gehen, die Hände in den Hosentaschen, zu untätiger Ruhe verurteilt.
Und sie steigt über die schwanken Bretter vom Bollwerk aus hin zu ihm. Der Wind hat ihr das Tuch vom Kopf ! gerissen, die Haare hängen ihr zerzaust um das weiße Gesicht.
„Piter Erootje, Ihr müßt die Segel hissen und stromabwärts fahren! Sofort — noch diese Stunde. Wir müssen die Brücke zerbrechen, wenn es sonst keiner tut!"
Er spukt über Bord und preßt ihre Hand.
„Bei Gott, Jungfrau Borcke, wie seht Ihr aus? Und was habt Ihr vor?"
„Hißt die Segel, Piter Erootje, denn es geht um Danzigs Leben!"
„Es sind meine Leute in der Stadt und würden mir auch nimmer helfen, Jungfrau Borcke. Denn was schiert die Holländer Danzigs Not?"
„Bei der Seele meiner Mutter, Piter Grootje, Ihr müßt fahren! Wir brauchen keinen Eurer Leute dabei. Der Wind geht wild in die Segel, wenn wir sie hissen, und treibt das Schiff ganz allein. Wie oft bin ich mit den Schiffern gefahren auf dem Lebasee und weiß mir allen Segeln wohl Bescheid. Ich helfe Euch!"
Piter Erootje sieht den heiligen Ernst in ihrem Gesicht und den eisernen Willen. Und da kommt es wie Scham über den alten Seebären, daß er hier so müßig der Ruhe pflegt, indes es da draußen um Tod und Leben geht.
Es ist eine so zwingende Gewalt in ihrer Stimme, der er sich beugen muß.
Und jäh beginnt den alten Abenteurer dieses selten kühne Wagnis zu locken.
Sein Schiff ist fahrbereit, was soll er noch zögern? Und wenn die Polen hier eindringen und die Weichsel sperren, dann ist auch seine baldige Heimlehr in Frage gestellt.
So gehorcht er schweigend und hißt alle Segel, daß der Wind knatternd hineinfährt und das Schiff vorwärts- i reibt wie ein Pfeil.
Mit großen verwunderten Augen sehen die verängstigten Frauen am Ufer das Schiff dahinjagen mit vollen Segeln, nach Weichselmünde zu.
Und sie können sich nimmer erklären, was das zu bedeuten hat. Piter Erootje steht am Steuer und sieht mit scharfen Falkenaugen immer geradeaus. In freut das wilde Abenteurer, und sein altes Seemannsherz lacht ihm im Leibe.
Hei, wie der Wind knattert in der braunroten Leinwand über ihm! Wie straff die Segel sich blähen in dem steifen Südost, der von der Niederung kommt. Hoch am Mast steht Antje. Sie hat nicht Zeit, viel Umschau zu halten, denn sie muß die gewaltige Segel bedienen.
Jetzt ragt in der Ferne das feste Haus von Weichselmünde, und die Kugeln der Polen sausen hart über sie hin.
Eisern hält Piter Erootjes braune Faust das schwere Steuer. Blutige Striemen reißen die harten Taue in Antjes Hände. Sie fühlt es nicht. Sie sieht jetzt nur das Eine.
Und das ist die Brücke der Polen, die sich von Ufer zu Ufer spannt. Und die immer neue Scharen der Feinde hin- llbersendet auf die rechte Seite, wo die Danziger stehen. Ohrenbetäubend wird das Heulen der Geschütze, denn alle Rohre sind jetzt gerichtet auf das herannahende Schiff, das wie ein stolzer Vogel mit weitgeblähten Segeln über die blauen Wasser fliegt, das der Kugeln nicht achtet, die in die Masten schlagen und in das Deck. Näher kommt die Brücke
Fortsetzung folgt
l* Dieser mit so großer Spannung gelesene Roman ist nun auch in Buchform erschienen and zu 5 Mark, schön in rot Leinen gebunden, in der Bucht,andlung Z a i s e r - Nagold vorrätig?