Seite 5 — Nr. 214
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Montag, den 14. September 1931.
Das Handwerk zum Neichswirtschaftsprogramm
Württemberg
Stuttgark, 18 September.
Beileid der württ. Regierung. Bon Zuständiger Seite wird mitgeteilt: Beim Tod des badischen Staatspräsidenten Dr. Wittemann hat die württ. Staatsregierung dem badischen Staatsministerium und der Witwe das herzlichste Beileid übermittelt.
Kirche. wpfer. Gin Erlaß des Ev. Oberkirchenrats empfiehlt den Kirchengemeinden, das diesjährige Opfer am Ernte- und Herbstdankfest am 18. Oktober wieder den Wetterbeschädigten und den Anstalten der christlichen Liebestätigkeit zukommen Zu lassen.
Verlängerte Kassenstunden an Fälligkeitstagen bei den Finanzämtern. Um den Steuerpflichtigen in weitergehendem Maß als bisher Gelegenheit zu geben, ihre Steuereinzahlungen im Kassenraum zu entrichten, ist ungeordnet, daß die Finanzkassen bis auf weiteres an den Fälligkeitstagen der Einkommensteuer nebst den Zuschlägen der Körperschaftssteuer, der Krisensteuer, der Bermögensteuer, der Umsatzsteuer und der Aufbringungsumlage bis eine halbe Stunde vor Schluß der Dienststunden des Finanzamts — spätestens 17.30 Uhr — für Einzahlungen offen gehalten werden. Fälligkeitstag ist bei der Umsatzsteuer nicht der 15., sondern der 10. des "Monats. Fällt ein Fälligkeitstag aus einen Sonntag oder auf einen am Ort der Finanzkasse staatlich anerkannten Feiertag, so gilt die vorstehende Anordnung für den nächstfolgenden Werktag. Durch rechtzeitige Einzahlung der genannten Steuern lassen sich die hohen Verzugszuschläge von 5 Prozent halbmonatlich vermeiden.
Das Kikschmuseum. Professor Dr. Gustav Pazaurek, Direktor des Württembergischen Landesgewerbemuseums, hat bekanntlich ein sogenanntes Kitsch-Museum geschaffen, eine Sammlung von Geschmacklosigkeiten, wie sie heutzutage als sogenannte billige ..Andenken" und Aeklameartikel in Massen hergestellt werden und den Geschmack und Sinn für Schönheit und Kunstformen verderben. Die Sammlung ist manchen Kitsch-Herstellern von je ein Dorn im Auge gewesen und der Abgang des Prof. Pazaurek, der nach Erreichung der „Altersgrenze" sein seither mit großem Erfolg geleitetes Amt niederlegt, soll, wie die DT. berichtet, dazu benützt werden, um das Kitsch-Museum abzuschaffen. Das wäre aber jammerschade, vielmehr solle man versuchen, diese wirklich lehrhafre und wichtige Museumssammlung von Geschmacksverwirrungen nicht nur zu erhalten, sondern auszubauen.
Kündigungen bei der Danakbank. Die Darmstädter und Nalionalbank hat sich entschlossen, größere Kündigungcn in Berlin und im Reich vorzunehmen. In Stuttgart sind in vierzehn Fällen die Kündigungen ausgesprochen worden, n einer Betriebsversammlung, in der die Vertreter aller ewerkschastsrichtungen sprachen und in der übereinstimmend zum Ausdruck kam. daß Entlassungen in diesem Umfang nicht gerechtfertigt seien, wurde eine Entschließung einstimmig angenommen, in der gegen die bereits erfolgten und noch beabsichtigten Entlassungsmaßnahmen der Bank Einspruch erhoben wird. Das Vorgehen der Bank gegen ihre Angestellten sei um so unverständlicher, als die Stuttgarter Filiale eine der besten Filialen der Danatbank ist. Soweit in der Folge einschränkende Maßnahmen unausbleiblich sein sollten, empfiehlt die Betriebsversammlung vor allem, zuerst jede Ueberzeitarbeit emzustellen und etwa notwendig werdende Kündigungen nach sozialen Gesichtspunkten durchzuführen.
Ein Zauberabend. Der Magische Zirkel, Ortsgruppe Stuttgart, die Vereinigung der Amateur-Zauberkünstler (Vorsitzender Willy Wldmann) veranstaltet am Samstag, 3. Oktober 1031, abends 8 Uhr, im Krppelsaal des Kunstgebäudes einen zweiten großen „Zauberabend".
Lebensmüde. Einen Selbstmordversuch durch Einatmen von Gas verübte in einem Hause der Alleenstraße eine 38 Jahre alte nervenkranke Frau. Sie wurde in das Ka- tharinenhospital verbracht. — Gestern vormittag wurde im Wald hinter dem Waldfriedhos eine 42 Jahre alte Frau erschossen ausgesunden. Es liegt Selbstmord vor.
Aus dem Lande
Fellbach, 13. Sept. Pfihers Blumen sch au ist bereits von etwa 15 000 Erwachsenen besucht worden. Unter
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33 Fortsetzung.
culpa, mea culpa — mea maximä culpa!"
Sie steckte die Finger in die Ohren, um es nicht mehr zu hören, nahm sie nach einer Weile heraus und horchte wieder. Aber es war alles still. Sie preßte das Gesicht an die Türe und lauschte mit angehaltenem Atem.
Nichts als das Hasten der Räder und das Rauschen ihres Blutes tönte in die Minuten hilflosester Einsamkeit.
Weitzgraue Striche in das Blau des Himmels gezeichnet, wölbte sich das Firmament über den Bergen, die immer bedrohlicher gegeneinander rückten, wie Rivalen, die sich den Fluß streitig machten, der zwischen den steilen Wänden hereinbrechend, der Nacht entgegendonnerte.
Helene hatte an der kleinen Station ein Glas Wein hinuntergeschluckt und wagte nicht, ihren Durst an dem Wasser zu löschen, das in der schmutzigen Osteria in einem zerbrochenen Henkelkruge stand. Es" war unrein und von ekelerregender Färbung. Sie fühlte die Zunge am Gaumen kleben und zog doch die Finger zurück, als sie nach den Gefäßen griffen. Der brennende Durst mußte ertragen werden! Ertragen, wie alles andere!"
Beim Aussteigen hatte sie sofort nach dem schwarzen Habit Umschau gehalten. Aber sie war die einzige gewesen, die den Zug verlassen hatte.
War er nicht mehr in Sankta della Travestare? — War er es iiberahaupt nicht gewesen und hatten ihre Sinne sie derart genarrt, daß sie einen völlig Fremden für den Mann hielt, dem sie einmal zu eigen gewesen war?
„Sie sollten heute nicht mehr nach dem Kloster hinaufsteigen", mahnte die schlampige Wirtin. „Signora werden im Freien nächtigen müssen. Die Mönche gewähren kein Obdach. Und wenn — dann nur Männern."
Heilbronn. 13. Sept. Das Wirtschaftsprogramm der Reichsregierung gab dein Vorstand der Handwerkskammer Heilbronn in seiner letzten Sitzung Veranlassung zu eingehender Stellungnahme. Nach Ansicht der Kammer kann der Wiederaufbau der Wirtschaft nur vollzogen werden, wenn die Reichsregierung die Gebäudeentschuldungssteuer aufhebt, die Wohnüngszwangswirtschaft beseitigt, von der Einführung einer Steuer auf den Wohnraum oder einer anderen neuen steuerlichen Belastung des Hausbesitzes, auch auf dem Weg über Länder und Gemeinden, Abstand nimmt, sowie unbedingte Gewähr für die Sicherheit des Privateigentums an Grund und Boden schafft. Die Kammer hat alles Interesse daran, daß die Rentabilität des Hausbesitzer baldigst wenigstens insoweit wieder hergestellt wird, daß der Hausbesitzer die Gewißheit der Sicherheit und der Erhaltung seines Eigentums wieder erlangt und in die Lage versetzt wird, nicht nur Steuern für seinen Hausbesitz zu bezahlen, sondern rhn auch wieder instandzusetzen und zu erhalten.
den Besuchern waren auch Staatspräsident Dr. Bolz mit Gemahlin, sowie Freiherr von Neurath, deutscher Botschafter in London mit Gemahlin und Schwiegersohn, Botschaftsrat Mackensen, Madrid.
Waiblingen, 13. Sept. Selbstanschlußamt. Am Samstag, 12. September mittags wurde das Ortsnetz Waiblingen auf den Selbstanschluhbetrieb umgestellt.
Lauffen a. N-, 12. Sept. Hohes Alter. Am Montag, den 14. ds. Mts. begeht Seilermeister Louis Stolpp in körperlicher und geistiger Rüstigkeit seinen 04. Geburtstag. Stolpp ist der älteste Bürger unserer Stadt-
Heilbronn, 13. Sept. Meuterei. Bor dem Schöffengericht hatten sich Hermann Steinacker und Willy Altvater von Heilbronn und Albert Eichenbauer von Neckargartach, die am 7. Juli ds. Zs. gemeinsam aus dem Amtsgerichtsgefängnis Heilbronn ausgebrochen waren, wegen Meuterei zu verantworten. Das Gericht bedachte alle drei Angeklagte mit Zusahstrafen. Steinacker hat 1 Zahr 2 Monate 15 Tage, Eichenauer 10 Monate und Altvater, der Urheber der Meuterei, 1 Zahr 6 Monate Gefängnis zu verbüßen.
Weinbörse. Der Heilbronner Weinmarkt am 11. September 1031 (19. Börsentag) war in anderer Form aufgezogen als die früheren Börsentage. Auf diesem Weinmarkt wurden die Weine nicht versteigert, sondern zunächst durchgeprobt und im Anschluß daran zwischen Erzeugern und Kaufsliebhabern ohne Versteigerung gehandelt. Die- fes Geschäft war sehr lebhaft und hat vielen anwesenden Kaufslieberhabern Deranlafsung gegeben, unter der Hand erhebliche Mengen der angebotenen alten Weine sich vor der neuen Ernte noch einzulegen. Es waren Kaufsliebhaber aus den seitherigen Absatzgebieten der Weinbörse erschienen, insbesondere von Heilbronn mir näherer und weiterer Umgebung, vom mittleren und oberen Neckartal, von der Stuttgarter Gegend, vom Schwarzwald, von der Alb, vom Hohenloheschen und vom angrenzenden Nachbarland Baden und Hessen. Auch der Weinhandel war vertreten und hat nicht unbedeutende Käufe abgeschlossen. Die zum Verkauf angebotenen Weine waren durchweg von guter Qualität. Zn der Preisbildung kamen die Verkäufer den Käufern weitgehendst entgegen. Bon den rund 700 Hektoliter zum Verkauf angebotenen Weiß- und Rotweinen wurden insgesamt etwa 500 Hektoliter im freien Handel abgeseht zu folgenden Preisen: Weiß- und weißgemscht 55—65, Weißriesling 65—70, Not 58—65, Trollinger 63 bis 80 N je Hektoliter. Die Staatliche Membauschule Weinsberg und die Winzergenossenschaft Heilbronn haben für 1930er Trollinger Weine die höchsten Preise, bis zu 80 -R je Hektoliter, erzielt.
Crailsheim» 13. Sept. Au t o d i e b st ah l. Mittwoch abend wurde vor einem hiesigen Hotel ein auswärtiges Auto gestohlen. Der Wagen ist eine neue Opel-Limousine und trägt die Nummer III I) 2919, Besitzerin ist eine Frau Berta Klein von Korntal OA. Leonberg. Der Diebstahl wurde ausgeführt, während sich die Znsassen des Autos zu kurzer s Rast im Hotel befanden. Bon den Dieben fehlt bis jetzt jede Spur.
„Gibt es denn keinen Schuppen dort, keine Hütte, die Unterschlupf gewährt?"
„Nichts", warnte die singende Stimme, „und die Nächte sind kalt! Und das Fieber will verhütet sein, wie ein Brand sonst ist es nimmer zu löschen!"
„Habe ich das Fieber?" Helene verspürte plötzlich, daß ihre Finger glühten, daß Frost durch die Adern schauerte und rings um sie ein Flimmern und Flirren war.
„Signora sollten bleiben", mahnte das Weib jetzt wieder. „Morgen gehen die Maulesel mit Kisten und Fässern beladen nach Travestare hinauf. Da findet sich dann wohl ein Tier, das weniger bepackt ist und Sie mit auf den Rücken nimmt."
Helene sah über die Warnerin hinweg. Wundertätig soll das Madonnenbild von della Trivestare sein — und die Mönche Heilige im Fleisch."
Die Wirtin bekreuzte sich und bestätigte das Gesagte. „Sie tragen ihre Anliegen aus allen Ländern der Erde hinauf nach Della Travestare — und die Madonna hört sie. Alles hört die Madonna. — Und die Mönche sind verschwiegen! Verschwiegener noch, als die Schwarzröcke in Rom". Sie hielt inne und glaubte zu wissen, daß etwas fürchterlich die schöne Fremde aus der Ferne hierher in die Wildnis der Eabinerberge gehetzt hatte.
Da war es freilich das einzig Richtige, den Gang nicht aufzuschieben. „Ich gebe ihnen Peppo mit, den Jungen, der unsere Geißen betreut", sagte sie mitleidig. „Sie geben ihm fünf Lire und er ist zufrieden. Er kennt den Weg besser als die Maultiere und weiß selbst auf der schwierigsten Stelle noch einen Fleck, wo die Füße zu stehen kommen. Es ist nicht ungefährlich bei Nacht nach Sankta Travestare hin- nufzusteigen."
Helene nickte zustammend. Sie legte einen Schein auf die schmierige Tischplatte und zog erschreckt die Hand zurück, als die schwarze Decke sich plötzlich als ein ungeheurer Fliegenschwarm nach allen Seiten auseinanderteilte, um sich schon in der nächsten Minute wiederum an der gleichen Stelle niederzulassen.
Als sie aus der Schenke traten kauerte eine Gestalt aus der untersten Stufe und schnitzte an einer Pfeife Die Wirtin ries dem Jungen etwas zu. Er klappte sofort das Messer zusammen und ließ es in die Tasche gleiten. „Ecco, Signora!"
Wenn mit dieser Frage das Arbeitslosenproblem insofern verbunden wird, als 250 Millionen RM. des Ertrags aus der Gebäudeentschuldungssteuer vom Reichsfinanzministerium zur Ausführung seines Plans zur Ansiedlung von ->twa 100 000 Arbeitslosen vor den Toren der großen Städte in Anspruch genommen werden, so muß die Kammer vor dem Rückfall in alte Fehler bei der Durchführung eines sol> chen Plans warnen, nämlich einen neuen Behördenappa rar aufzuziehen, der einen Großteil des Steuerbetrags für sich in Anspruch nimmt, ohne daß das gesteckte Ziel voll erreicht wird. Wenn schon der Plan durchgeführt wird, so sollte er zu den geringstmöglichen Kosten mit den bereits vorhandenen mit den Verhältnissen gründlich vertrauten örtlichen und Länderbehörden durchgeführt werden, wobei diese im Einvernehmen mit dem örtlichen Bauhandwerk Vorgehen sollen. Auch hier erhebt das Handwerk die Forderung, bei Durchführung von Regierungsmahnahmen mit angehört und mit eingeschaltet zu werden.
Großeislingen OA. Göppingen, 13. Sept. Bohrung nach einer Mineralquelle. In der Gemeinderats- sttzung gab der Vorsitzende das Ergebnis der Sammlung für die Mineralwasserbohrung bekannt. Die Sammlung ergab rund 2000 Mark. Es wurde festgestellt, daß 90 bis 95 Prozent der gesamten Einwohnerschaft eine Mineralwasserbohrung wünschen. Mit 13 gegen 1 Stimme wurde die Erbohrung einer Mineralwasserquelle beschlossen. Die gesamten Bohr- und Ausbauarbeiten wurde der Bohrfirma Johannes Brechtel, Ludwigshafen a. Rh., übertragen.
Ulm, 13. Sept. Petri Heil. Am Freitag sing beim „Steinhäule" in der Donau ein Ulmer Berufsfischer einen Huchen im Gewicht von 18 Pfund.
Ehingen a. D., 13. Sept. Tiersammlung. Wie verlautet, besteht die Absicht, in absehbarer Zeit Vorbesprechungen wegen Anlage einer kleinen Tiersammlung zu pflegen. Gelegentlich soll auch die Ulmer Tiersammlung besichtigt werden.
Friedrichshofen, 13. Sept. Unregelmäßigkeiten beim hiesigen Arbeitsamt. Das Schöffengericht Ravensburg hat bereits einen Zeitangestellten namens Ege zur Mindeststrafe von 1 Jahr Zuchthaus verurteilt. Cr hatte durck falsche Listenführung etwa 500 Mark auf die Seite gebracht. Am Freitag hatte sich vor dem erweiterten Schöffengericht ebenfalls wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung im Amt der frühere Leiter der Nebenstelle Friedrichshafen des Arbeitsamts Ravensburg, der 27 I. a. Karl Vüchsenmann von Orsenhausen bei Laupheim, zu verantworten. Er soll nach der Anklage rund 600 Mark unterschlagen haben, doch wurde der Schaden mit nur 160 Mark angenommen, nachdem eine Anzahl von Fällen ausgeschieden war. Der Staatsanwalt beantragte 16 Monare Zuchthaus und 200 Mark Geldstrafe. Das Urteil lautete auf 1 Jahr Zuchthaus und 100 Mark Geldstrafe unter Anrechnung von 3 Monaten Untersuchungshaft.
Vom Vodensee, 13. Sept. Merkwürdige Sparmaßnahme. Auf der Pfänderbahn hatte sich sin junger Mann erschossen. Da es nicht gelang, seine Persönlichkeit festzustellen, sollte der Leichnam an die Znnsbrucker Anatomie gesandt werden. Aus Gründen der Billigkeit und Bequemlichkeit, so wird berichtet, wurde die Leiche in eine Kiste verpackt und als „Frachtgut" nach Innsbruck abgegeben. Als das Vahnpersonal beim Umladen vom Personen- in den Schnellzug entdeckte, daß es sich um eine menschliche Leiche handelte, verständigte es die Behörde und verweigerte die Weiterbeförderung.
Von der bayerischen Grenze, 13. Sept. Kleine Chronik. Der verh. 39 I. a. Arbeiter Josef Albrecht von Günzburg ist seit Samstag abgängig. Da er wegen Arbeitslosigkeit in bedrängter Lage war, vermutet man, daß er sich ein Leid angetan hat. — In Pfaffenhaussn brachte sich der Pächter des Sommerkellers 5 Schüsse in die Herzgegend bei. Sein Zustand ist hoffnungslos. — In Mertingen ist der langjährige Maschinenführer der Dreschmaschine des Darlehenskassenvereins Josef Deininger tödlich verunglückt. — In Stockheim ist die Gastwirtschaft Schorer mit dem angrenzenden Stadel mit der Ernte bis aus die Grundmauern abgebrannt.
„Zwei Stunden?" sagte Helene und fühlte, wie zwischen glühender Hitze ein prickelndes Frösteln durch ihren Körper rann.
„Zwei Stunden. — Soll ich die Signora auch wieder zurückbringen?"
Sie verneinte. Er sah verwundert zu ihr auf. Ihr nordische Schönheit schien seine Stimme zu erregen. „Die Mönche auf Sankta Travestare geben kein Nachtquartier."
„Vielleicht do," sagte sie hartnäckig.
„Niente, Signora", wehrte er ernsthaft, zuckte die Achseln und streckte die Hand aus. „Va bene!" Ein kindhaftes Lächeln verschönte das eckige Jungengesicht mit den etwas stark aufgeworfenen Lippen. Gehorsam trottelte er ihr voran und sah öfters nach rückwärts, ob sie ihm auch zu folgen vermöchte. Seine Schritte griffen weit aus, daß es sie Mühe kostete mitzukommen.
Nach einer Viertelstunde lag die Station hinter ihnen. Je höher sie stiegen, desto mehr schnitt die Kälte der Luft durch den leichten Mantel, der nicht genügend Schutz gab. Mit steifen Fingern hielt sie ihn übereinandergezogen. Die Füße fielen schwer auf den steinigen Weg und schienen mit jeder Minute mehr zu entkräften.
„Noch eine Stunde, Signora!" Der Junge hockte sich an den Rand des schmalen Steiges und verrastete. Unten schäumte das Wasser des Flusses dahin. Sein Rauschen und Gischten hörte sich jetzt an wie mühsam gebändiger Zorn. Helene stützte sich gegen die Wand, welche die Bergseite bildete und sah über das Steingewirr, das sich in unweltlichem Chaos den steilen Hang hinaufzog.
„Geht es auf dieser Straße hier weiter, Peppo?"
„Si, sie, Signora! — Immer hinauf! Immer zu! Unten das Wasser! Oben die Wand! Es ist nicht zu fehlen!"
„Dann geh nach Hause, Bambino!"
Sein Blick war grenzenlose Verwunderung. „Nein, Sigonra!"
Er zeigte nach dem glutroten Band, daß die Berge wie ein Diadem umziingelte. Violette Ströme rannen von den Scheitehn herab und ertranken in schwarzblauen Seen. Um das gelbe Gestein zuckten blutige Lichter, verlöschten und gluteten in leisem verflattern, wie verrinnende Herzen.
„Geh nach Hause, Bambino!"
Fortsetzung folgt.