August 1931.
Seite 3 — Nr. 2V0
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Freitag, den 28. August 1931.
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war vor einem halben Jahrhundert ein Steinbruch. Der Abraum von diesem wurde einfach auf den Hang hinausgeschafft. Am Fuß des Bergs wurden vor etwa 20 Jahren Häuser fast aller Größen gebaut. Nach dem Krieg wurde dann auch auf dieser Seite weiter hinaufgebaut. Jetzt schiebt sich von oben die ganze Schuttmasse, die nicht mehr „verwachsen" i.., langsam zu Tal. Besonders die an der Sedanstaffel gelegenen Gebäude, meist Ein- und Zweifamilienhäuser, werden stark mitgenommen. Ein Einfamilienhaus, erst vor vier Jahren erbaut, hat sich schon um über 25 Zentimeter nach vorne geneigt. Eine gegen die Bergseite ausgebaute Veranda ist durch einen 15 Zentimeter breiten Spalt glatt vom Hause getrennt. In den Wänden sind Risse von 10 Zentimeter Breite. Letzten Montag ist das Haus wegen Einsturzgefahr geräumt worden; es muß abgebrochen werden. In anderen Häusern, die unten am Berg stehen, sind ebenfalls teilweise große Risse. Ein weiteres Haus wurde so schwer beschädigt, daß es gestützt werden mußte. Durch den Bergrutsch wurden auch die Wasserleitungen zerstört.
Göppingen. 27. Aug. Schwindler. Der 23jährige ledige Elektromonteur Otto Tröster aus Stetten !m Remstal, der trotz seiner jungen Jahre schon schwer vorbestraft ist, versteht den Schwindel aus dem Effeff. Im Frühjahr d. I. machte er sich in Göppingen ansässig. Er forschte angeblich nach einer alten Bibel, die 109 000 Mark wert sein sollte, und wußte eins Reihe von Personen landauf, landab dafür zu interessieren. Sie sollten an dem Vsrkaufsgewinn b stigr werden. Auf diese Weise erschwindelte er sich ^ rüge bis zu 1800 Mark. Schließlich fing er emen „gen weichen Opiumhandel" — es waren einfache Mohnsamen — an und dabei entlockte er einem jungen Mädchen aus Reichenbach-Fils dessen ganze Er- 1400 Mk., indem er dem Mädchen ;il versprach. Das hiesige Schössen- tlagten „mili>rnde Umstände" zu Jahren Gefängnis Der Staatsanwalt hatte 4 Jahre Zuchthaus beantragt.
Heidenheim. 27. Auo ftt. Todesfall. Heute früh ist in Bad Mergentheim im Alter von 65 Jahren Stadtofleger Hehl gestorben. Seit 1. Mai 1900, also über 30 Jahre lang, war er Stadtpfleger von Heidenheim.
Reutlingen, 27. Aug. D t e D e m o k r a t i s ch e Herbsttagung soll im Oktober in Reutlingen stattfinden. Zu der Tagung wird Rcichssinanzminister Dietrich erwartet.
GLpping.cn» 27. Aug. Tod imSchwimmbad. Der 30 I. a. ledige VerwaliungspraktU'ant Alois Braig von stier wurde gestern abend in der Badewanne einer Kabine des Schwimmbads tot aufgesunden. Braia nahm von Zeit ?n Zeit zur Linderung eines Leidens Fichtsnnadelbäder. Ein sofort birnugezogener Arzt stellte Tod durch Ersticken fest.
Alm, 27. Aug. Beseitigung der Vefestigungs- t u nnel s. Die beiden Tunnels des Festungswalls an der Stuttgarter Bahnlinie werden abgebrochen. Zurzeit werden die auf den Tunnels stehenden 50 bis 60 Jahre alten Bäume gefüllt.
Gemse am Uferweg. Ein nicht alltägliches Bild konnte man gestern vormittag am Uferweg beobachten. Ein Ehepaar ging den Uferweg donauaufwärts spazieren, begleitet von einer zahmen Gemse, die durch ihre tollen Sprünge die Aufmerksamkeit aller Spaziergänger auf sich zog. Mit besonderer Eleganz nahm sie die steile Steinböschung unterhalb der Kommandantur und gab damit eine Probe ihrer Kraft und Beweglichkeit.
Wangen i. A., 27. Aug. EinHosgut abgebrannt. In Obermatzen bei Wangen brach gestern nacht in dem großen, erst vor drei Jahren neu ausg'bauten Anwesen des Landwirts Josef Nonnenmacher Feuer aus. Das Anwesen ist vollständig abgebrannt. Außer den 20 Stück Vieh, den Pferden und Schweinen konnte nur wenig gerettet werden.
Tettnang, 27. Aug. Todesfall. Der älteste Geistliche der Diözese Rottenburg, Pfarrer a. D. Josef Fieseler. zuletzt Pfarrer in Wilöpoltsweiler OA. Tettnang, der am 15. März Äs. 3s. in sein 90. Lebensjahr eingetreten war und im 62. Priesterjahr stand, ist Mittwoch nachmittag gestorben. Seinen Ruhestand verbrachte der Priestergreis in Tettnang und feierte dort 1919 sein gol'danes und 1929 sein diamantenes Priesterjubilaum.
Friedrichshafen, 27. August. Piccard vor einem neuen Stratosphären flug von Friedrichshofen aus? Wie aus Brüssel gemeldet wird, sollen »ou Professor Piccard Vorbereitungen für einen neuen
Stratosphärenslug getroffen worden sein. Der Ort des Aufstiegs ist zwar noch nicht bestimmt, jedoch dürfte sich Piccard für Friedrichs Hafen entschließen. Piccard erklärt, es handle sich um eine Nachprüfung der Ergebnisse des ersten Flugs. Es ist nicht bekannt, ob der Assistent Dr. Kipfer diesen Flug mitmacht, da zwischen Piccard und Kipfer eine gewisse Entfremdung eingetreten sein soll.
Aus Stadt und Land
Nagold, den 28. August 1931.
Freundschaft gibts nur zu zweit, jeder Dritte ist der Störende. Thoma.
Dom Most
In den letzten Tagen wurde die Moste wieder ihres Amtes gewärtig. Im Hinteren Winkel ist sie das Jahr über gestanden und wartete auf ihre Zeit. Nun, da die Mostbirnen reifen und die Landkinder seit Tagen Fallobst in die Säcke sammeln, kommt sie wieder zu Ehren. Mit der Moste wartet die Obstmühle auf fleißige Hände. Der Bauer nimmt das Obsttuch in Augenschein, und die Bäuerin flickt daran, so das notwendig ist. Derweilen richtet, hämmert und schwefelt Meister Küfer die alten Fässer, und hofft trotz der schlechten Zeiten aus neue Aufträge. — Der Most ist das tägliche Getränk der schwäbischen Bauern. „Süß" vor der Gärung, wird er während derseÜien „räß". Dann „hat der Most angezündet", das heißt seine Süße verloren. Der Zuckergehalt verwandelt sich durch die Gärung in Alkohol. Der Bauer unterscheidet Apfel- und Virnenmost. Er rühmt seinen „Luigen-", seinen „Bratbirnenmost". Dem Obstdieb zeigt der Bauer mit dem Geißelstecken „wo der Vathle den Most holt". Von einem unverbesserlichen Taugenichts und Tagdieb sagen die Landleute: „Der bessert sich wie des Köhlers Most, der ist zu Essig geworden". Eine Delikatesse aus alter Zeit ist „Mostenmilch", ein Getränk, das aus süßem Virnenmost und Milch gemischt und zu Kartoffeln in der Schale im Unterland bei Heilbronn gern getrunken wird.
Bei Papa Kettl
Was sonst in Nagold im allgemeinen nicht üblich ist, L. h., daß man mitten in der Woche zu einem Abend einladet, nur 2 Tage lang Propaganda macht und dabei ein volles Haus bekommt, brachte Papa Kettl fertig, denn der Trauüeusaal war gestern abend gut besetzt, obwohl sein Freikartentrick nicht gerade sympathisch wirkte. Aber letzten Endes ist in der heutigen Zeit der Erfolg maßgebend.
Sein Programm war sehr mannigfaltig, ein literarischer Teil, leichte Muse und der Kehraus. Ein schwäbischer Dichter hat einmal gesagt: „Am moischta lob i mir den Ma, der ernst sei ond au lacha ka" — ein solcher Mann ist Papa Kettl, der sich zu allem hin auch noch in die hohe Politik verstieg und dabei sehr seine, vielleicht von nur wenigen bemerkte Satire brachte. Am meisten gefielen wohl seine deutlichen Spässe, die sich mit den beiderlei Geschlechtern abgaben und dabei ordentliche Hiebe und gern gehörte Ermahnungen austeilte. Sehr gut war aber auch das bayerische Eigenart einzigartig charakterisierende Lied- lein „Unser Fähnlein ist weiß und blau". Und weil mit das Beste wohl immer zuletzt kommen muß, sang der Vortragende in seiner schlichten Art „Da is a mal" und „Wer a Geld hat". Freudiger Beifall bedankte ihn.
Bunter Tanzabend im Löwensaal
Auch an dieser Stelle möchten wir nochmals aus den morgen im „Löwensaal" stattfindenden bunten Tanzabend des Herrn Tanzmeisters Volle aufmerksam machen. Die Pressebesprechungen dieser Veranstaltungen in der Nachbarschaft waren gut, so daß anzunehmen ist, daß der Abend ein recht vergnügter werden wird.
Einbrecher im Bezirk an der Arbeit
Seit einigen Tagen macht sich wieder ein Einbrecher in unserem Bezirk bemerkbar, der es imbesonderen aus Lebensmittel aber auch auf Kleidung etc. abgesehen hat. Seine Spezialität scheinen Keller und Pferche zu sein. Gemeldet wurde er bisher von Haiterbach, Unterschwandors und Alt-Nuifra. Man glaubt, daß man ihm auf der Spur ist und hinter ihm einen vor einigen Wochen in Mm aus
gebrochenen, von Haiterbach gebürtigen alten Spitzbuben vermutet, der schon viele Jahre hinter schwedischen Gardinen verbracht hat. Er ist ungefähr 35 Jahre alt. Die Bevölkerung wird gut tun, beim Verlassen des Hauses und besonders des Nachts Tür und Tor gut zu verschließen. — Es gehen auch wilde Gerüchte um einen Einbruch in der Wohnung der seit 8 Tagen vermißten, wahrscheinlich freiwillig aus dem Leben geschiedenen Familie Treffahn. Wie wir erfahren konnten, ist bis jetzt von einem ausgesprochenen Einbruch und Diebstahl nichts festzustellen gewesen.
Sportübertragung aus Köln.
Während des Abendunterhaltungsprogrammes vom 30. August überträgt der Südfunk 19.55 Uhr aus Köln einen 10 -Minutenbericht vom Deutsch-Englischen Leichtathletikkampf.
Altensteig-Dorf, 27. Aug. Unser Bürgermeister See- ger hat dem Gemeinderat mitgeteilt, daß er sein Amt aus 1. Oktober niederlege. Es scheidet damit wohl der älteste Ortsvorsteher im ganzen Lande aus dem Dienst. Obwohl 84 Jahre alt, ist er körperlich und geistig noch ganz rüstig. Man muß sich nur wundern, wie klar und umfassend seine Gedanken noch sind und wie er noch bei allen landw. Arbeiten immer Mitarbeiten kann. Nur das Gehör tut nicht mehr recht mit und das ist auch der Grund seines Rücktritts. Ein lauterer, aufrichtiger Charakter hat er in Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue 42 Jahre in guten und in bösen Tagen streng sachlich seines Amtes gewaltet, selbstlos und uneigennützig. Es ist unser Wunsch, wieder einen solch treuen Haushalter zu bekommen. Erwähnenswert ist noch, daß es seinerzeit einer zweimaligen Wahl bedurfte, um ihn zur Uebernahme des Amtes zu bewegen. Aus die erste Wahl hin hatte er die Annahme abgelehnt. — Möge ihm nun noch ein schöner Lebensabend beschieden sein.
Altensteig, 27. Aug. Gemeinderatssitzung am 19. August.
Der Vorsitzende, welcher nach zweimonatlicher Krantheits- zeit wieder zum ersten Mal die Sitzung leitet, begrüßt den Eemeinderat und spricht dem Herrn Fabrikant Zimmermann für seine Tätigkeit als Stellvertreter den Dank aus. Herr Zimmermann hat freiwillig auf eine Vergütung für den Stellvertreterdienst verzichtet. — Aus das Ausschreiben betreffend Kauf von Heu für den Farrenstall sind Angebote eingegangen, von welchen drei berücksichtigt werden konnten. Es werden gekauft 40 Zentner zu je 2 und etwa 130 Zentner zu je 2.30 ^l. Das Heu, welches im Farrenstall nicht gelagert werden kann, soll erst nach Bedarf geliefert werden. — Die Leitungsmasten der Hauptstromleitung vom Elektrizitätswerk bis zur Trans- sormatorenstation hinter dem grünen Baum sind zum größten Teil defekt und müssen ausgewechselt werden. Das Elektrizitätswerk schlägt nun vor, zur Ersparung von Kosten anstelle der geplant gewesenen Betonmasten 6 Holzmasten aus dem Stadtwald zu verwenden und hiezu noch 4 Fuß- und Kopfschutzbandagen zu beschaffen. Dieser Vorschlag wird zum Beschluß erhoben. — Der Vertragmit dem Eemeindeverband Elektrizitätswerk Tein ach über Lieferung von elektrischem Strom für die nächsten 5 Jahre wurde schriftlich noch nicht ausgetauscht, weil die Stadtgemeinde von den hiesigen größeren Firmen die Zusicherung wünschte, daß sie ihren Strombedarf in dieser Zeit nirgends anders her, als vom städt. Elektrizitätswerk Altensteig beziehen. Dies ist für die Stadtgemeinde notwendig, weil sie sich selbst dem E. E. T. gegenüber binden und den hiesigen Stromabnehmern den erforderlichen Strom gewährleisten muß. Nachdem nun die Firmen die gewünschte Verpflichtung wegen der Unsicherheit der Zeitverhältnisse nicht eingegangen haben, bleibt der Stadtgemeinde nichts anderes übrig, als den Vertrag zu unterschreiben, da der Austausch desselben nicht mehr länger hinausgeschoben werden kann. — Auf dem Marktplatz soll, um bei den Abendkonzerten für die Stadtkapelle eine bessereBeleuchtungzu schaffen, noch eine elektrische Lampe angebracht werden, ferner werden 2 neue Lampen für den von der Hohenbergstraße abzweigenden neuen Feldbereinigungsweg genehmigt. — Nachdem am 1. August das Probedienstjahr des Forstpraktikanten Keck abgelaufen ist, und die Dienstführung zu keiner Beanstandung Anlaß gab, erfolgt auf diesen Tag die endgültige Anstellung mit der Dienstbezeichnung Förster.
Altensteig, 28. Aug. Bestrafte Widerfätzlichkeit. Am 6. August kam es im Gasthaus zum Engel zu einer Schlägerei, bei der Handwerksburschen sich des Widerstands ge-
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20. Fortsetzung.
Der deutsche Prinz holte seine junge Frau jeden Nachmittag zur Ausfahrt ab und brachte sie abends wieder in die Pension zurück. Die Amerikanerin war noch ein Kind und hing mit rührender Zärtlichkeit an ihrem Manne.
Vierundzwanzig Stunden später schenkte sie einem Mädchen das Leben. — Drei Tage nachher begrub man sie.
Helene hörte das erschütternde Weinen des Mannes zu sich herüber. Sie vernahm, wie man die Tote hinaustrug und stopfte sich die Ohren zu, als das Wimmern des verwaisten Kindes zu ihr drang.
Eine kalte Hand griff nach ihrem Herzen und nahm es zwischen unbarmherzige Fäuste. Daß man sterben konnte an dem gleichen Tage, an welchem einem höchstes Weibesglück wurde, das hatte sie nicht in Erwägung gezogen.
„Ich will nicht sterben!" schrie sie des Nachts in ihr Kissen. „Ich will nicht!" —Erst war es nur die Eier zu leben, die sie so sprechen ließ, dann flaute diese ab und ihre Gedanken konzentrierten sich nur darauf, daß sie leben mußte, für das Kind, das niemand so lieben und niemand so zu beschützen vermochte, wie sie allein.
„Ich werde nicht sterben! — Nein! Du wirst nicht allein stehen," sagte sie in sich hinein, als könnte das Wesen, das da unter ihrem Herzen dem Licht entgegendrängte, ihr Trösten hören.
Vierzehn Tage später blühte an ihrer weißen Brust ein Kindermund. Ihre Hände hielten das Wunder an sich gedrückt. Zart wie ein Hauch, mit großen, dunklen Augen und schönem Blondhaar, ruhte der Sohn ihr in den Armen.
Erst drei Wochen später meldete sie ihrem Gatten die Ankunft seines Erstgeborenen. Er wurde auch eben erst in dieser Zeit in die Register eingetragen: Hubert Justus Franke.
Noch nie war Helene Chlodwig so frauenhaft schön gewesen, als jetzt in ihrer Mutterwürde.
„Auf Rottach-Berghof flattert seit dem Eintreffen Deines Telegrammes die Fahne," schrieb der Doktor.
Helene preßte den Knaben an sich: Ich werde leben! Für dich werde ich leben! Du hast nur mich allein!"
An Petratini ging eine Depesche ab:
„Mein Sohn ist heute geboren Helene".
Ende Juli kam Dr. Franke nach Calais, um Frau und Kind in Empfang zu nehmen.
Sein Glück war voll!
Auf Rottach-Verghoff krachten die Böller, als sie die Steigung hinauffuhren. Die Geheimrätin stand am Tor und nahm den Engel auf die Arme: Ihres Sohnes Sohn!
„Ich lebe!" dachte Helene. Wenn wirklich einmal die Stunde kam, ihr Glück unter Lawinenkrachen zu begraben —der Knabe blieb ihr. Sein Vater hatte auf jedes Anrecht an sie beide verzichtet. Und Just konnte sie nur zugleich von sich stoßen. Keinem allein die Tür weisen! Sie und ihr Sohn gehörten zusammen!
„Ich lebe!" flüsterte sie vor sich hin.
„Ja, mein geliebtes Weib! Du lebtst!"
Frankes starke Arme hoben sie auf und trugen sie über die Schwelle ihres Heims.
Friedvoll, wie immer, zogen die Sterne zur Nacht über den Giebel des Hauses, darunter die Schuld schlief.
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„Der Kerl hat totsicher einen Sporn zu viel gehabt." sagte der Redakteur der „Jdca Nationale" als er eine kurze Notiz, die eben eingelaufen war, mit rotem Stift unterstrich.
„Der berühmte Pianist Umberto Petratini ist in
den Orden der Büßer eingetreten."
Das Kloster, in welchem er Aufnahme gefunden hatte, bestätigte die Richtigkeit der Meldung.
„Blösinnig das!" urteilte der Kollege der Feuilletonleitung. „Daß es solch, hirnverbrannte Einfälle heutzutage überhaupt noch gibt! Fast nicht zu glauben! Schließlich bekommt er es nur zu bald wieder satt. Die Mönche sollen nicht gerade sanft zueinander sein und das Essen mehr als
knapp. Ein paar Wochen wird er ihnen die Orgel spielen und das tilea culpa bei der Messe singen, dann wirft er ihnen den Krempel wieder vor die Füße. Ich müßte Petratini nicht kennen!"
Der Feuilletonredakteur war nicht der einzige, der so prophezeite. Reporter nahmen den Weg in die Sabinerberge, wo das Kloster der Büßer stand.
Keiner bekam' den jungen Frater zu Gesicht.
„Er ist gar nicht dort, schrieben die Zeitungen. Wenn dem so wäre, sollte er eine kurze Notiz'in die Blätter geben.
Die Notiz kam: „Infolge eines Gelübdes habe ich auf Del Sankta Maria den Habit genommen. Frater Umberto Petratini."
Was mochte das für ein Gelübde sein?
Und wieder rannten die Reporter. Ihre Kraftwagen machten die schmale Steigung nach Del Sankta Maria hinauf unsicher. — Nicht einem glückte es, den Künstler persönlich zu sprechen. Die Unverfrorensten von ihnen überkletterten nachts die Mauer des Klosters und schlichen bis an die Pforte. Auf ihr Läuten wurde ihnen auch aufgetan.
Der Pförtner hatte wohl von seinem Oberen bestimmte Instruktionen bekommen.. Er führte die Herren einen langen, dunklen Gang zurück, dessen Wände eine feuchte, kühle Luft ausströmten und öffnete die Zelle, die Frater Umberto bewohnte.
Sie war leer
„Also, wie ich gesagt habe", höhnte ein Zeitungsmensch. „Er hat es satt gekriegt und ist ausgekniffen!"
„Das nicht", gab der führende Frater zur Antwort. „Er hat gebeten, das Kloster wechseln zu dürfen, hier fand er seinen Frieden nicht."
Als geschlagene Kämpen zogen die Reporter ab.
Sechs Wochen später sprach niemand mehr von Umberto Petratini. Mochte er sich da oben in den Sabinerbergen in seine Heiligenlegenden vergraben!
Andere Sterne tauchten am Himmel der Kunst auf. Nach einigen Jahren kannte man kaum mehr seinen Namen.
Die Welt vergaß so schnell!
Fortsetzung folgt.
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