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In seinem AmtsMNMer im Reichsveikehrsmrmstecium in Berlin hat sich der 40 Jahre alte Ministerialamtmann Kart Zaget erschossen. Die Gründe sind unbeHamnt.

London die größte Stadt der Welk. Nach der Volkszäh­lung vom 26. April hat London seine Stellung als größte Stadt der Welt behauptet. Es hat 8 202 818 Einwohner gegen 6 981927 Einwohner von Neuyork. London ist ge­genüber der letzten Zählung vom Jahr 1921 um nahezu 10 Prozent gewachsen. Die einzige Millionenstadt Englands neben London ist Birmingham. Je über 500 000 Einwoh­ner zählen Livervool. Manchester und Sheffield.

Letzte Nachrichten

Die badische Notverordnung.

Karlsruhe, 10. Juli. Die badische Staatsregierung hat gestern nachmittag einstimmig beschlossen, durch Notgesetz, das am Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt und

Nagoldcr TagblattDer Gesellschafter"

zunächst bis zum 31. März 1932 befristet ist, eine besondere badische Besoldungskürzung für die Landes- und die Ee- meindebeamten um 5 Prozent durchzuführen.

Eine Kampfansage derNationalen Opposition".

Berlin, 9. Juli. Vertreter der rechtsgerichteten Oppo­sition sind heute in Berlin zu einer Sonderbesprechung zu­sammengetroffen, an der Dr. Hugenberg und Adolf Hitler teilnahmen. Die deutschnationale Pressestelle verbreitet über diese Zusammenkunft ein kurzes Communigue, das den Charakter einer neuen Kampfansage an dis Regierung trägt, ohne im übrigen Näheres über die Beschlüsse der Ta­gung auszusagen. Es lautet:

Heute, Donnerstag, 9. Juli, fand in Berlin unter Anwesenheit von Dr. Hugenberg und Adolf Hitler eine Tagung der Vertreter dernationalen Opposition" statt. Der Versuch der jetzigen Machthaber, trotz des sichtbaren Zusammenbruchs von Volk und Wirtschaft die Erfüllungs­politik unter verschlechterten neuen Formen auch weiterhin aufrecht zu erhallen, führte zu einheitlichen festen Beschlüs­sen. Dienationale Opposition" wird den Entscheidungs­kamps zur Niederringung des heutigen Systems einleiten und durchführen."

Freitag, den 10. Juli 1931.

Ungesäumt wurde nunmehr in die Zeugenvernehmung eingetreten. Der Zeuge SA.-Führer Vätzner schilderte klar und sachlich die ganzen Vorgänge, vor allem die un­geheure und begreifliche Erregung nach dem Verlassen des Saales, von den Gerüchten über die augenblicklichen Toten und Schwerverletzten, seinem Befehl zum Antreten der SA., der Bitte des Verharren durch den Polizeikommissar, dem Verhindern des Eindringens der aufgebrachten Menschen­menge in denSaal, dem Werfen aus dem Saal heraus und in den Saal hinein und der Abstellung dieser Uebel durch Einteilung einer Patrouille. Von den Salmiakflaschen habe er erst später gehört.

Zeuge Vollmer-Nagold blieb zusammen mit seinen Kameraden mit einem Lattenstück bewaffnet vor der Trau­be, weil ein Ausfall der Kommunisten vermutet wurde und weil ein Nachhausegehen eines Einzelnen gefährlich war, denn ca. 4050 Kommunisten waren bei Beginn der Schlä­gerei entwichen und sollten sich im Städtchen Herumtreiben. Er beobachtete auch das Verprügeln des Alt, mahnte seine Kameraden von ihm abzulassen, wußte aber nicht, wer ihn geschlagen habe. Von der Autobeschädigung wußte er nichts. Die Beeidigung dieses Zeugen wurde ausgesetzt.

Zeuge Erwin Rilling kann überhaupt keine be­stimmten Angaben machen, er sah viel und doäi wieder nichts. Schließlich behauptete er, Vollmer habe sich an der Prügelei des Alt beteiligt. Zeuge Vollmer darauf befragt, verneinte diese Behauptung ganz bestimmt.

Zeuge R. Rilling hörte nur, wie einige Scheiben des Autos eingeschlagen wurden. Anschließend sah er 68 SA.-Leute über die Straße laufen, gekannt habe er nie­mand. Die gleichen Aussagen erfolgten von dem Zeugen Ad. Vreuning.

Zeuge Rosenwirt Renz sah 4 Mann sich am Auto zu schaffen machen, die auf sein Befragen ruhig antworten, daß sie nur das Auto fahrunfähig machen wollten, weil die Kommunisten einen ihrer Kameraden erschossen hätten. Später hörte er es klirren und als er mit dem Wagenbe­sitzer heraussprang, sah er vier Uniformierte davonlaufen.

Zeuge I. Seeger hatte vier Mann gesehen, die sich an den Rädern des Wagens zu schaffen machten, hörte sie sagendie dürfen nicht weg, die haben ein Mann von uns erschossen" und sah eine Viertelstunde später den Angeklag­ten Jung mit 3 Mann nochmals zurückkommen. Gleich da­rauf habe es geklirrt. Er habe auch gesehen, wie Jung auf das Auto einschlug.

Der Besitzer dieses Wagens als Zeuge Hanselma nn- Stuttgart aufgerufen, bezeugte die Aussagen des Renz. Er habe nicht fortfahren dürfen, weil ein Landjäger ihm die Papiere abgenommen habe. An Schaden seien ihm 1250 Mk. entstanden. Weder er, noch die anderen seien bedroht wor­den.

Zeuge Alt, Schreiner in Nagold, kam eine Viertel­stunde nach Beendigung der Vorgänge im Saal aus der Traube heraus. Angeklagter Braun, Zeuge Vollmer, An­geklagter Wagner und ein Wiedmaier seien auf ihn zuge­kommen. Wagner habe ihn zum schleunigen Verlassen des Platzes aufgefordert. Wenn er auch zuerst nicht gehen wollte, so entschloß er sich doch kurz darauf zum Gehen. Als er einige Schritte gemacht habe, bekam er einige Schläge mit einem Lattenstück auf den Kopf, so daß er für kurze Zeit bewußtlos liegn blieb. Wer geschlagen hat, konnte er nicht angeben, weil die Schläge von hinten kamen. Der Angekl. Braun behauptete, nicht bei den vier gewesen zu sein, Voll­mer hatte weder Wagner, noch Braun, noch Wiedmaier ge­sehen.

Zeuge E. Merkle sah, daß einer geschlagen wurde. Wer der Geschlagene und wer die Schlagenden waren, wußte er nicht anzugeben. Er war auch in der Traube drin, als hereingeschossen wurde.

Zeuge Oberwachtmeister Ziegler schilderte, daß er zunächst im Saal war und daß er, als von draußen herein­geworfen wurde, den SA.-Führer aufforderte, für die Ab­stellung zu sorgen. Als er einmal draußen war, sah er, wie ein einzelner SA.-Mann im Garten dem Schwarzachen Hause zu stand und die Fenster bombardierte. Auf Anruf sei dieser durchgegangen. I. Bätzner habe seine SA. sehr gut in der Hand gehabt. Sodann sei er von dem Schupo-Ober­leutnant der Schupo entgegengeschickt worden.

Zeuge S. Renz jun. bemerkte, wie einige SA.-Leute in aller Ruhe den Wagen zum Fahren unbrauchbar mach­ten. Von Bedrohung durch diese könne keine Rede sein.

Damit war die Zeugenvernehmung beendigt. Staatsanwalt Nellmänn betonte in seiner Anklage­rede, daß man nach den Vorgängen insbesondere unter Beachtung der ungeheuren Erregung der Menschenmenge durch die Gerüchte usw. niemals von einem Landfriedens­bruch sprechen könne, es handele sich dabei lediglich um Einzelaktionen. Die heutige Verhandlung habe seine frühere Behauptung bestätigt. Auch die Aussagen des Zeugen Zieg­ler habe klar bewiesen, daß es sich nur um die Taten ein­zelner, niemals um eine zusammengerottete Menge gehan­delt habe. Die Demolierung sei von einzelnen begangen worden, die Fenster wurden von einzelnen eingeworfen und auch die Prügelei wurde von einzelnen ausgeführt.

SAMcese der SlsMer SssWW

Me Anklage auf Landfriedensbruch durch die Nationalsozialisten wird verneint. 1 Gefängnis- «nd 2 Geldstrafen wegen Sachbeschädigung, Körperverletzung. Waffenmitzbrauch und Umgang mit

gefährlichen Gegenständen. 4 Sceisprüche

(Nachdruck verboten).

Bericht unserer Schriftleitung.

Tübingen, 9. Juli. Nachdem nun die Straftaten der Kommunisten wegen Landfriedensbruch etc. und gegen den Kommunisten Hummel wegen versuchten Totschlages ab­geurteilt wurden, also die Vorkommnisse in dem Saal wäh­rend der Kommunistenschlacht ihre Sühne gefunden haben, verhandelte das erweiterte Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsrat Dr. Bosch und Dr. Nellmänn als Staatsanwalt, also unter der gleichen Zusammensetzung wie bei der Kommunistenoerhandlung, gegen 7 wegen Land- friedensbruch etc angeklagten Nationalsozialisten, und zwar handelt es sich um die Vorkommnisse, die nach der Saal­schlacht auf der Straße sich ereigneten. Die NS. waren da­mals fluchtartig aus dem Saal gedrängt worden, hatten dabei 50 Schwer- und Leichtverletzte, ja es ging sogar das Gerücht, daß ein NS. tot, andere schwerverwundet und am Sterben seien. Die Erregung war begreiflicherweise eine ungeheure und es mutz als ein Wunder bezeichnet werden, daß die wild durcheinanderflurende Volksmenge sich nicht zu schlimmeren Aktionen Hinreißen ließ. Das Verdienst hierfür gebührt, wie auch das Gericht in dieser Verhandlung anerkannte, der besonnenen Führung der NS., vor allem den SA.-Führer Vätzner . . . Er hatte seine Leute un­mittelbar nach dem Herausgedrängtwerden gegenüber der Traube antreten lassen, hielt sie so im Schach und übte in gewissem Maße auf Wunsch der Behörden Polizeidienst aus, insolange, bis das lleberfallkommando von Stuttgart zur Stelle war und die festhielt, die für die Vorgänge ver­antwortlich waren. Im anderen Fall wären alle Folgen an den NS. hängen geblieben. Einige NS. hatten sich aller­dings der Befehlsgewalt ihrer Führer entzogen und ver­übten einige Straftaten, für die sie nunmehr vom Gericht belangt werden sollten. Die Straftaten bestanden vor allem in der Zerstörung des Kommunistenautos vor der Rose, dem Einwerfen der Fensterscheiben des Gasthauses zur Traube, dem Hineinwerfen von Salmiakflaschen in die Traube und der Verprügelung eines parteilosen Schreiners Namens Alt.

Es wurden zunächst in Verbindung mit dem Urteil die Vorgänge im Saal verlesen, woraus einwandfrei der Angriffs- und Störungswille der KPD., die Hereinschmug- gelung der Waffen durch die KPD. in den Saal und die Räumung des Saales durch die Kommunisten und der in Ordnung gewollte Abzug der NS. hervorgingen.

Als erster Angeklagter wird Schreiner Jung (geb. 1909), nicht vorbestraft, aus Nagold aufgerufen. Er war wegen Landfriedensbruch augezeigt, weil er das Auto vor der Rose zweimal zerstört und sodann Salmiakflaschen in den Saal geworfen habe. Vernommen schildert er nun, wie er als einer der Letzten den Saal verprügelt und ver­wundet verließ, draußen von dem Tod und der schweren Verwundung einiger Kameraden hörte, sodann nach Hause sprang, um bei einer erwarteten weiteren Aktion der Kommunisten nicht ungeschützt zu sein und ein Seiten­gewehr holte und schließlich einige Kameraden, die Ange­klagten Mörsch und Kraiß mitnahm, um das Auto vor der Rose fahrunfähig zu machen, wodurch ein Entkommen der Kommunisten verhindert werden sollte. Auf die Frage des Vorsitzenden, warum er nicht sofort nach Hause gegan­gen sei, betonte er, daß er doch seine Kameraden nicht im Stiche lassen konnte und zudem hatten weder Landrat noch

Bürgermeister, noch sonst jemand die NS. zum Nach-Hause- gehen, vielmehr zum Dableiben aufgefordert, ! unv zwar, bis das lleberfallkommando käme. Man hätte auch die Traube nicht stürmen wollen, obwohl durch die o Eingänge hindurch Gelegenheit genug gegeben gewesen wäre. Er ging nun mit seinen beiden Kameraden zu dem Auto, zeigte dem Kraiß vorher sein Seitengewehr und zer­schnitt damit 2 Reifen, während Mörsch ein Ventil heraus­nahm und Kraiß mit einem Prügel dabeistand. Sodann gingen die Angeklagten wieder zurück. Ungefähr eine halbe Stunde später ging er wieder zum Auto zurück und zer- ichnrrr. Sen 3. Reifen. Die weitere Zerstörung des Autos, Zerschlagen der Scheinwerfer, Scheiben und Demolierung der .Kotflügel verneinte der Angeklagte. Später hatte er von dem Angeklagten Hans Holländer 2 Salmiakflaschen bekommen, die er weitergab und die dann in den Saal hineingeworfen wurden, damit diejenigen, die aus dem Saale herauswarfen und schossen, vom Fenster vertrieben würden.

Angeklagter Kraiß (geb. 1905), Mechaniker aus Na­gold, wegen Zerschlagen eines Fensters mit 1 Monat Ge­fängnis vorbestraft auf dem Wege der Bewährungsfrist allerdings erlassen ging mit Jung und Mörsch zu dem Auto und sah zu, wie die beiden anderen Angeklagten den Wagen fahrunfähig machten.

Angekl. Fr. Martini (geb. 1908), Mechaniker, aus Nagold, nicht vorbestraft, besagte, daß er wohl auch zuerst zum Auto mitwollte, aber auf halbem Wege wieder um­drehte, später eine Salmiakflasche in Empfang nahm, diese aber ohne Bemerkung annahm und auch wortlos an einen anderen unbekannten SA.-Mann weitergab. Wer diese Flasche hineinwarf, wollte er nicht gesehen haben.

Angeklagter Mörsch (geb. 1895), Kaufmann in Calw, nicht vorbestraft, entfernte aus dem einen Autoreifen ein Ventil, um die Flucht der Kommunisten zu verhindern.

Von dem Zerschneiden der Reifen durch Jung wußte er nichts.

Angeklagter Wagner (geb. 1906), Posthelfer in Na­gold, nicht vorbestraft, soll mit dem Angeklagten Braun zusammen den Schreiner Alt unmittelbar nach dem Heraus- drüngen aus dem Saal so geschlagen haben, daß dieser be­wußtlos liegen blieb. Er will den Alt, weil dieser seinen Freund früher einmal bedroht habe, zur Rede gestellt und ihn vom Platz verwiesen und, weil dieser nicht gleich ging, mit einem Lattenstückins Kreuz" gehauen haben. Wer sich noch an der Mißhandlung des Alt beteiligte, wußte er nicht zu sagen.

Angeklagter Braun (geb. 1908), Monteur in Nagold, nicht vorbestraft, verneinte, daß er sich an der Mißhandlung des Alt beteiligt habe. Er habe zuerst eines Kameraden wegen nach einem Arzt gesehen und sei sodann zu einer Patrouille, die von der Behörde verlangt wurde, zugeteilt worden. Er habe wohl gesehen, daß der Alt geschlagen wor­den wäre, von wem wisse er aber nicht.

Angekl. H. Hollaender (geb. 1911). Drogist in Nagold, nicht vorbestraft, gab an, daß zunächst alles Mög­liche (Benzin, Salzsäure, Salmiak usw.) von ihm verlangt worden sei, daß er sich aber nur entschließen konnte, das Harmloseste, Salmiak herauszugeben. Dies sollte bezwecken, daß die Kommunisten von den Fenstern, aus denen sie lange Zeit herauswarfen (der Schuß stellte sich später als ein Schreckschuß des Landjägers Häberle aus dem Saal heraus dar) vertrieben würden.

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