Seite 2 Nr. 135

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter"

Samstag, den 13. Juni 1831 .

«sie des Volksganzen geschahen werden. Um diele Wendung geht jetzt der Kampf.

Dr. Schiele hob in seinen weiteren Ausführungen noch besonders hervor, daß es sich bei den Forderungen der Land­wirtschaft nach einem angemessenen Schutz ihrer Erzeugnisse vor ausländischer Konkurrenz nicht um die Herbeiführung einer Preis­steigerung handelt, sondern um die Verhinderung eines die deutsche Landwirtschaft ruinierenden Preisdrucks der ausländischen Ueberproduktion. Die Richtigkeit dieser Feststellung werde auf das deutlichste bewiesen durch die Getreidepolitik. Stehe man für die Getreidewirtschaft auf gesichertem Boden, so gelte der Endkampf des deutschen Bauern jetzt dem hart umstrittenen Schutz der Ver- edelungswirtschaft, vor allem der Milch- und Mol­kereiprodukte. Der mit der Abänderung des finnischen Han­delsvertrags beschrittene Weg werde konsequent weiter ver­folgt werden. Die Stärkung der bäuerlichen Veredelungs­wirtschaft sei zugleich die wichtigste Grundlage für eine lebensfähige Siedlung und eine organische Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Württemberg

Aufrvertungsfragen im Württembergischen Landtag

Die Pressekorrespondenz der Volksrecht - Partei bittet uns um Aufnahme der nachstehenden Notiz:

Ein erheblicher Teil der württ. Presse hat über die Behandlung von Aufwertungsfragen in der Dienstag- Sitzung des Württemberg. Landtags in teilweise unrichtiger und irreführender Weise berichtet. Demgegenüber müssen wir feststellen, daß bei der Frage der Neuregelung der württ. Sparkassenaufwertung Herr Staatspräsident Dr. Bolz nur erklärt hat, sie seiinsofern als abgeschlossen zu betrachten", als die Anwendung eines neuen Systems nicht mehr in Frage kommen könne. Dagegen hat Herr Staats­präsident Dr. Bolz sowohl im Ausschuß als auch im Plenum deutlich erklärt, daß es rechtlich durchaus möglich sei, von den Sparkassen zu verlangen, daß sie auch künftig hin einen Teil ihrer jährlichen Reingewinne an die Teilungsmasse zur Verbesserung der Aufwertung abfnhren, wie dies der Antrag der Volksrecht-Partei fordert, der auf diesem Wege eine allmähliche Erhöhung des Aufwertungssatzes erreichen will. Es steht fest, daß beispielsweise in Sachsen die Auf­wertung der Sparkassen von 25 Prozent bis über 40 Pro­zent geht und daß auch Preußen nunmehr nach Provinzen verschieden zwischen 17 und 29 Prozent aufwertet, so daß also der Mindestsatz in Preußen jetzt höher ist als der Württembergische Durchschnittssatz von 16 Prozent. Es war sehr bedauerlich, daß die Regierungsparteien glaubten, durch Anwendung des Fraktionszwangs alle weitergehenden Anträge der Volksrecht-Partei ablehnen zu müssen, obwohl manche Abgeordnete in verschiedenen Parteien ihrer Ueber- zeugung entsprechend gerne für die Anträge gestimmt hät­ten, was ein oder zwei Abgeordnete des Zentrums auch wiederholt getan haben. Die weitergehenden Anträge der Volksrecht.-Partei wurden meist mit sehr kleiner Mehrheit gegen die Stimmen der Volksrecht-Partei, des christlichen Volksdienstes, der Nationalsozialisten, der Sozialdemokratie und der Kommunisten abgelehnt. Sonderbar genug war es schon, daß ausgerechnet die Kommunisten als Stützen des Privateigentums der Sparer auftreten mußten.

Bedauerlich war es auch, daß die Mehrheit glaubte, man könne auf die Untersuchung und Feststellung der Schuld an der Inflation verzichten, obwohl doch der Staatsgerichts­hof für das Deutsche Reich als geeignete Instanz längst vor­handen ist.

Kleine LanÄtagsansragen

Nazi gegen Notverordnung. Im Landtag hat der na­tionalsozialistische Abgeordnete den Antrag gestellt, das Staatsministerium zu ersuchen, bei der Reichsregierung und dem Reichspräsidenten schärfsten Einspruch gegen die neue Notverordnung zu erheben, die dem deutschen Volk un­erträgliche Lasten auferlegt, welche außerdem nutzlos und vergeblich sind, solange die Tributlasten nicht beseitigt oder wesentlich herabgesetzt werden.

Aufklärung der Jugend. Die Abgeordneten der Bürger- Partei und des Bauernbundes haben im Landtag folgen­den Antrag eingebracht: Das Staatsministerium zu ersuchen, 1. seine besondere Aufmerksamkeit der Unterrichtung der Ju­gend über die uns aufgezwungenen sog.Friedens"verträge süt Krisgsausgang zuzuwenden und dazu im Plan des Kult­ministerrums die Mittel einzusetzen, mit Hilfe derer jedem Schüler unentgeltlich eine noch zu schaffende Zusammen­stellung hierüber von den 14 Punkten Wilsons bis zum Voung-Plan gegeben werden können; 2. zu veranlassen, daß in allen Schulen die zur Erlernung dieser Verträge nötige Zeit als Pflichtstunden im Rahmen der Bürgerkunde einge­legt werden.

Luftschutz ist notwendig. Nach einem Antrag der Bürger­partei und des Bauernbunds im Landtag wird das Staats­ministerium ersucht, der Schaffung eines genügenden Luft­schutzes das notwendige Interesse zuzuwenden und zu diesem Zweck die Errichtung einer privaten Organisation zusammen mit den Gemeinden und den geeigneten freien Vereinigungen wie Rotes Kreuz, Feuerwehren usw. in die Wege zu leiten. Weiter möge das Staatsministerium durch die zuständigen staatlichen Aemter nachprüfen lassen, wie Stadtplanungen, Bauweisen und das Tiefbauwesen etwaigen Luftangriffen angepaßt werden können.

Schutz der Milchwirtschaft. Die Abgeordneten des Zen­trums haben im Landtag beantragt, bei der Reichsregierung dahin zu wirken, Laß durch geeignete Maßnahmen, insbe­sondere durch die vom Reichsernährungsministerium vorge­sehene Butterzollerhöhung, die vor dem Zusammenbruch stehende deutsche Landwirtschaft alsbald geschützt werde.

Am die württembergische Gesandtschaft in München. Bei der 2. Lesung des Etats vor einiaen Wochen hatte der Land­tag beschlossen, die württembergische Gesandtschaft in Mün- ck'.m auf 4. April 1933 aufzuheben. Httzu beantragen zur 3. Lesung des Etats die Abgeordneten Bausch (CVD.) und Bauser (BR.), die Gesandtschaft in München schon vom 1. April 1932 an Wegfällen zu lassen, wahrend d'e sozial- d mokratischen Abgeordneten den Antrag gestellt haben, die Gesandtschaft in München schon vor dem 1. April 1933 auf­zubeben, wenn sich durch eine andenveitio? Verwsrtunas- mäalichkeit der gemieteten Räume Gelegenheit zu einer wei­teren Einsparung bietet.

Stuttgart, 12. Juni.

Ausstellung eines Bau-Wettbewerbs. Oie Württ. Ar­beitsgemeinschaft des Deutschen Werkbunds veranstaltete unter Förderung der Stadt Heilbronn und der Württ. Woh- nungskreditanstalt einen Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für ein Wohn- und Geschäftshaus in Heilbronn. Das Ergebnis dieses Wettbewerbs ist im staatlichen Aus- siellungsgelände Stuttgart, Kanzleistr. 28, zu besichtigen. Der mit dem 1. Preis ausgezeichnete Entwurf von Dr. Witzel- Ludwigsbnrg kommt zur Ausführung. Nach Fertigstellung des Gebäudes im Spätherbst d. 5- wird dieses mehrere Wochen lang als Ausstellung der Oefsentlichkeit zugänglich gemacht.

Drechsler- und Holzbildhauerausstellung anläßlich des 16. Schwäbischen Drr-Hsterkags. Das Württ. Landesgewerbs- amt veranstaltet anläßlich des 10. Verbandstags des Lan­desverbands selbständiger Drechfermeister Württembergs und Hohenzollerns e. V. im Staatl. Ausstellungsgebäude, Stuttgart, Kanzleistraße 28, eine Ausstellung neuzeitlicher Drechsler- und Holzbildhauerarbeiten. Die Ausstellung wird anläßlich des Verbandstags am Samstag, den 13. Juli, vormittags, eröffnet.

Graphologische Gesellschaft. Eine süddeutsche grapholo­gische Gesellchaft mit dem Sitz in Stuttgart ist in Bildung begriffen. Sie macht sich zur Aufgabe. Anregungen zu wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiet der Hand- fchriftenkunde zu geben und die Beziehungen zu angrenzen­den Wissensgebieten zu geben und zu pflegen. Sie will dem Wirtschaftsleben und der Nechtspflege dienen und vor Schädigungen durch unsachgemäße graphologische Beratung weite Kreise bewahren.

Mit dem Auto vor das Gericht. Der 36 I. a. verh. Wä­schereisende Adolf Bayer von hier fuhr mit dem Auto vor das Gericht in Augsburg, wo er sich wegen verschiedener Eigentumsdelikte zu verantworten hatte. In einem Augs­burger Gasthof verschwand er. nachdem er eine Zeche von 39 Mark gemacht hatte. Einen armen, jetzt arbeitslosen Hausmeister beschwindelte er um 5 Mark Garagegebühr. Seinem eigenen Warenlieferanten lockte er 22 Mark heraus, um angeblich damit die Miste für die Garage zu bezahlen. Wegen Urkundenfälschung kam der Angeklagte mit einer Woche Gefängnis davon. 10 Minuten später verschwindet er mit Tösf-Töff dem ungastlichen Haus.

Cannstatt. 12. Juni. Explosion eines Benzin­behälters. In der Kraftfahrerkaserne :n der Tauben­heimstraße explodierte aus noch nicht fesigestellter Ursache ein etwa 30 Liter Benzin enthaltender Behälter, wobei vier Kraftfahrer leichtere Brandverletzungen davon trugen. Das Feuer konnte sofort gelöscht werden. Der Sachschaden ist unbedeutend.

Aus dem Lande

Möhringen a. d. Fildern. 12. Juni. Dahlien. Der auf den Fildern lebende, um die württ. Blumenzucht ver­diente Blumenzüchter Ernst-Möhringen hat Dahlienneuzüch­tungen herausgebracht, die in der Auslandspreise lobende Würdigung finden, vor allen Dingen in Holland. Er gab ihnen die Namen der Dichter, die einst die historische Schweizerstraße" begingen. Auch eine Otto Keller-Dahlie beginnt sich den Weltmarkt zu erobern. In dem Garten an der Uhlandlinde in Waldenbuch können diese Dahlien­sorten besichtigt werden.

Felldach, 12. Juni. Tödlicher Sprung ins Bett. Ein hiesiger Eürtnerlehriing hatte die üble Angewohnheit, beim Schlafengehen mit einem Saß in das Bett hineinzu­springen. Nach gemütlichem Beisammensein mit seinen Kol­legen sprang er Mittwoch nacht wieder in sein Bett, wobei er sich vermutlich durch Anftcblogen cm der Kante der Bett­stelle einen Schädelbruch zuzog. an dessen Folgen er Don­nerstag früh im Cannstattsr Krankenhaus gestorben ist.

Gmünd, 12. Juni. Fachtagung her Juweliers. In den letzten Tagen der 7. Gmünder Fachtagung für Ju­weliere und Goldschmiede hielt Prof. P ? sidere r-Stuttgart einen Lichtbildervvrtrag überLebensbedingungen der Zier­form".Das Anlaufen des Silber? und seine Verhütung" war das Vortragsthema von Dr. phil. R a u b, der auch den Vortraa Prof. Dr. Michels-Wien überDie Stellung der synthetischen Edelsteine und der Zuchtverlen im Handel" sprach, da Dr. Michel verhindert war. Den zweiten Vortrag über das EdelsteinthsmaBedeuluna der Halbedelsteins für Schmuck und Kunsthandwerk" hielt Prof. Holstein-Idar. Das Hauptthema des lebten Tags der Tagung war die Ge- meinschaftsrsklam-e, worüber Prof. Frenze!-Berlin refe­rierte. Zum selben Thema sprachen noch Frau Goldschmiede- meister S t o tz-Hestbronn, Treu sch-Leipzig, Wilm und L e i d i cke- Berlin. Juwelier W i tz ? i-Elbing erzählte als Praktiker vonZeitfragen des Juweliers. Warenhaus und Fachaesthäft". Den letzten Vortrag überUnsere Wirtschafts­lage" hielt der Geschäftsführer des Verbands Württ. Indu­strieller. Syndikus Dr. Kn eher. Die Tagung, die auch in diesem Ja'nr wieder einen Höhepunkt !m Gsschästsleben der deutschen Juweliere darstellte, schloß der Direktor der Staat­lichen Höheren Fachschule Gmünd, Prof. Klein. Als Ver­treter der Taaungsgästs dankte Jrrwelier Trensch-Leipzig den Gmünder Veranstaltern und kennzeichnete als das be­deutendste Ergebnis der diesjährigen Fachtagung die Bil­dung einer eng verbundenen Notgsmeinschaft. auf deren Erundlaas weiter fruchtbare Arbeit erstehen^könne.

Tübingen, 12. Juni. Van der Universität. Der durch die Emeritierung des Geheimrats Prof. Dr. Lsnard an der Universität Heide-Werg erledigte Lehrstuhl der Physik ist dem ordentlichen Professor Dr. Hans Geiger in Tübingen angeboten worden.

Tübingen. 12. Juni. 4002 Studierende. Nach der endgültigen Zählung hat Tübingen in diesem Sommer­semester 4002 Studenten und 134 Hörer.

Schramberg, 12. Juni. Der S t a a t s p ä si de n t kommt zum Lanüesschießen. Staatspräsident Dr. Bolz hat der Schützengilde sein Erscheinen zum 34. Württ. Landesschießen in Sckramberg zugesagt.

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Wangen i. A.. 12. Juni. DerNeub au der Staat­lichen milchwirtschaftiichen Lehr- und For­sch u n g s a n st a l t W a n g e n i. A. Im Jahre 1910 wurde in Wangen mit dem Bau einer neuzeitlichen Käsereiver­suchs- und -lehranstatt begonnen und diese 1911 eingeweiht. Die veränderte Lage der Milchwirtschaft machte jetzt r.ach 20 Jahren einen Neubau des praktischen Betriebs und teil­weise auch der wissenschaftlichen Abteilungen notwendig. Die­ser Neubau ist nunmehr vollendet und wird am 17. Juni 1931 eingeweiht werden. Die Käserei hat einen Flächeninhalt von 191 Quadratmeter. Neu geschaffen ist ein tierärzt­liches Laboratorium mit 38 Quadratmeter Fläche, ein bak­teriologisches Laboratrium mit 24 Quadratmeter Fläche, und ein Schülerlaboratorium mit 65 Quadratmeter Fläche. Ebenso sind neu geschaffen ein SchüleraufenthMsraum und ein Laderaum, der sowohl Duschenbäder wie ein Wannen­bad enthält. Die gesamte Neu-anlage, der ein vom Berge­dorfer Eisenwerk ausgearbeiteter Entwurf zygruude gelegt wurde, macht einen vortrefflichen Eindruck. Das gleich« ist auch von der vorzüglichen Anordnung der Maschinen und Geräte zu sagen.

Konstanz, 12. Juni. Pressetag ringen in Kon­stanz. Die Landesverbände Batzen und Württemberg im Neichsverband der deutschen Presse halten hier am 13. und 14. Juni ihre Jahreshauptversammlung ab- Gleichzeitig hat die Bezirksaruppe Seekreis des Badischen Landesver­bands die Redakteure sämtlicher Bodensreuferstsaten ge­laden. Zum ersten Male halten die beiden südrvsstdrutschur Äerufsverbände ihre Tagung gemeinsam ab und zum ersten Male seit dem Kriege werden sich auch dis Badensssjourna- listen in einem internationalen Treffen zur Aussprache zu- sammenfinden.

WM

Nagold, den 13. Juni 1931.

Klopf' auf den Ton: in Staub wird er zerfallen, schlag' den Achat und Funken wallen. Anast. Grün.

Wenn die Böglern singen

Tiefblauer Himmel und goldener Sonnenschein liegt auf dem Wald. Droben in den Kronen der Bäume ist ein lei­ses Rauschen. Und Hells Vogelstimmen erklingen aus Wipfeln und Zweigen. Klein und zierlich huschen die ge­fiederten Sänger von Ast zu Ast und trillern und jubilieren iröhlich in Himmelsbläue und Sonnengl-ast hinein.

Wie trostvoll ist für den gehetzten und zersorgten Men­schen solches Singen und Rauschen im Wald! Es rückt ihn heraus aus der Zeit mit ihren Fragen und Nöten. Diese Vögel wissen nichts von Arbeitslosigkeit und Massenarmur, um Wirtschaftskrisen und Zusammenbrüche, um ratternde Maschinen und qualmende Schlote. Sie sorgen sich nicht um Mode und Eitelkeit. Sie sind sehr arm. Sie haben keine Kaufläden und Scheuern, kein« Bankhäuser und Scheckhefte. Es bestehen für sie keine Pensionen und Ver­sicherungen. Wenn Menschen so arm und bloß wären wie sie, würde man sie wohl der Wohlfahrtspflege überweisen. Und doch singen und trillern sie, als wären sie die reichsten Wesen der Erde! Das macht: sie leben in einer ganz an­deren Welt als die Menschen! Da gibt es Frühling, Blü­tendust, Sonne, Regen, Würmchen und Insekten aller Art. Gewiß, da gibt es auch Winterkälie und Schnee und Hun­gersnot und böses Raubzeug. Es ist nicht lauter Freude und Schönheit im B" gegeben. Aber das alles ist viel ele­mentarer und unkomplizierter. Sie hängen keine Probleme dran, werden nicht schwermütig. Sie sorgen sich nicht, zer­reiben sich nicht, verdüstern sich nicht das Leben. Sondern sie nehmen alles, wie es kommt; sie leiden und hängen trau­rig die Köpfchen, wenn der Fnttertisch schmal wird, und schmettern ihre Dankes-lieder hinaus, wenn Frühlingssonne wärmend die Welt durchflutet. Sie leben viel unmittel­barer, viel wesentlicher und einfacher als wir Menschen. Es ist eine große Zutraulichkeit zum Schicksal. Wir könnten fast sagen: Sie -leben klar und sicher in Gottes Hand und lassen ihm das Sorgen.

Täte nicht auch uns Menschen gerade heute, wo so viel Gemachtes auch gemachte Sorgen, gemachte Not, ge­machte Ansprüche die einfachen Grundlagen unseres Le­bens überdeckt und verhüllt, solche kindliche Zutraulichkeit zu Gott not? Das ist doch der Sinn des Wortes:Sehet die Vögel unter dem Himmel an, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen und euer himm­lischer Vater nähret sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?" K. H-

Beerdigung von Gerbermeister Mayer

Eine ungewöhnlich große Trauergemeinde begleitete gestern nachm. Eerbermeister Mayer zu seiner letzten Ruhe­stätte. Stadt und Bezirk, und darüber hinaus das ganze Land waren zahlreich vertreten, von weit her waren die Brüder der Hahn'schen Gemeinschaft gekommen. Familie und alle die Freunde standen gebeugten Hauptes am offe­nen Grabe des Mannes, den sie geliebt, geschätzt und ver­ehrt. Stadtpfarrer Brecht sprach über Römer 5,15, über das lange Menschenalter und das reiche Tagewerk, Uber das Wirken des nunmehr Verewigten, von dem geistigen Vater und Berater und dem tiesveranlagten Menschen. Für den Evangelischen Kirchengemeinderat, dem der Verstorbene 42 Jahre, von 1889 bis zum Frühjahr 1931, angehörte und für den Berwaltungsrat der Zellerstiftung, der sich der Verstorbene stets angenommen habe, sprach Dekan Otto einen warmempsundenen Nachruf. Für das, was Ewig war und was er für Recht erkannte, habe sich der Verstorbene stets eingesetzt und zum Wohl der Gemeinde und zum Heu der Seele gewirkt. Die Kranzniederlegung war der äußere Dank. Mit Kranz und Wort gedachte auch Bürgermeister M a i e r des letzten Bürgerausschußobmanns (18921919).

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