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SK. 2S7
Gegründet 1826
Dienstag den 3. November 1SLS
Fernsprecher Nr. 29.
. Jahrgang
Tagesspiegel
Der englische Marineminister Dridgeman begründet die Neuforderungen für Kriegsschiffe damit, daß Amerika« Frankreich, Italien und Japan feit dem Weltkrieg zusammen 318 Kriegsschiffe vom Kreuzer abwärts gebaut oder auf Stapel haben» England nur 11 Kreuzer. Die englischen Kreuzer feien zudem zum Teil veraltet. — „Allgemeine Abrüstung!"
Aus Bukarest wird gemeldet, der kleine Verband wolle im November eine Konferenz in Belgrad abhalten, um n. a. die Verträge von Locarno zu beraten.
Der Kriegsvolkskommissar Arunse in Moskau, der Nachfolger Trohkis, ist «ach einer Magenoperatlon gestorben.
Ein ungetreuer Haushatter des Völkerbunds
Zu „M andataren" auf deutsch „Haushaltern" hat der Versailler Vertrag Frankreich, England, Belgien, .Südafrika, Australien über die uns und den Türken ab genommenen Kolonien und Provinzen bestellt. Erstens: weil Deutschland und natürlich auch die Türkei sich unfähig gezeigt hätten, in der Kultur zurückgebliebene Völker „u verwalten. Zweitens: weil diese Völker, wie es in Artikel 22 der Völker- lnmdssatzung heißt, „noch nicht imstande seien, sich unter den besonders schwierigen Verhältnissen der modernen Welt selbst zu leiten". Drittens: weil die genannten Völker, voran Frankreich, zu den „fortgeschrittenen Nationen" zählen, „die auf Grund ihrer Hilfsmittel, ihrer Erfahrung oder ihrer geographischen Lage am besten imstande und bereit seien, eine solche Verantwortung auf sich zu nehmen". Denn „das Wohlergehen und die Entwicklung dieser Völker bilde eine heilige Aufgabe der Zivilisation".
Sauberer Vormund und „Beauftragter des Bundes" — diese „Große Nation"! Man lese die heutigen — und wohlverstanden aus französischen Quellen stammenden — Nachrichten über die Beschießung von Damaskus. Nein, so etwas Brutales, Unmenschliches, Abscheuliches und Kultur- widriges hat sich das „wenraer fortgeschrittene" Deutschland in seiner 30jährigen Kolon im gesch i chts nicht im entferntesten zu schulden kommen lassen.
Damaskus, eine Stadt von viel älterer Kultur als Paris, ist zum größten Teil in Trümmer geschossen, in Trümmer, unter denen mehr als 2000 Einwohner begraben Kegen; Moscheen und Paläste sind nicht mehr. Unermeßliche Kunstschätze sind vernichtet. Syriens schönster Palast Azm ist ein trauriger Schutthaufen. Und warum? Weil einige Panden in der Nähe von Damaskus, wie das von jeher in jenen Gegenden vorkvmmt, plünderten und irrtümlicherweise einen Palast, in welchem sie den verhaßten französischen General Sarrail vermuteten, niederbrannten.
Ja dieser Sarrail!. Painleve hätte keinen ungeschickteren Streich machen können, als daß er diesen Unmenschen, dessen Abberufung Syrien wiederholt forderte, zum Trotz wieder nach Damaskus schickte. Jetzt auf einmal wollen auch die Franzosen ihn los haben. Ja, Briand soll den Eintritt ins neue Kabinett von der sofortigen Abberufung Sarrails abhängig gemacht haben. Kein Wunder! Denn schon brummen die Amerikaner ganz gehörig über die Vorkommnisse in Damaskus auf. Und wahrlich Briand hat Ursache, mit ihnen, die sowieso augenblicklich auf den französischen Schuldner nicht gut zu sprechen sind, es nicht noch mehr zu verschütten.
Wahrlich, der Völkerbund hat mit seinen asiatischen Mandatären, den Engländern und noch mehr den Franzosen, herzlich wenig Glück. Der Irak will England nicht mehr parieren. General Haldane — es ist noch keine zwei Jahre her — mußte einen Aufstand in Mesopotamien blutig niedsr- Wagen. Gleichzeitig knallten die Franzosen in der Bekgaebene syrische Bauern mit Maschinengewehren nieder. Seit Frühjahr dieses Jahrs, also gleichzeitig mit Abd el Krims Aufstand im Rifaebiet, wehren sich die Drusen in Sueida ans Tod und Leben gegen Frankreichs Mandat- Herrschaft. Und nun gar dieser Skandal in Damaskus! stich wer weiß, ob nicht die üble Sache weiter um sich greift und aus dem Franzasenhaß ein Christen- und Rassenhaß, ein Religionskrieg sich auswächst!
Für den Völkerbund ist das alles doppelt peinlich, «as sollen die hohen Herren gegen ihre eigenen Führer "Achen! „Bei Bulgarien und Griechenlan d, diesen »K.einen", ging es ja verhältnismäßig leicht. Sie konnte man kurzerhand zur Ruhe weisen. Wer aber wagt es, dem mächtigen Frankreich in die Arme zu fallen?
^ Angesichts dieser Gewalttaten, angesichts der Leichen der grauen, Kinder und Greise, angesichts der Ruinenhaufen ^ust der Vollzugsaussuchß des syro-palästi- "lfchen Kongresses im Namen des syrischen ^olks das Gewissen der zivilisierten Welt unddenVölkerbundan, damitdurchseinEin- 'Hreiten der Schreckensherrschaft, mit der ?"bganzeGebietvonSyrien bedroht! st, ein Ichn e lies und wirksamesEnde gemacht wird! ^ Nun hat der Völkerbund das Wort. Und wenn er Acht Re richtige Antwort findet, dann nehme niemand ^entschland übel, wenn es ihm schwer fällt, einer solchen "Gesellschaft von Nationen" beizutreten. Vi?. kt.
^ Sekretär des arabischen Palästina-Kongreßes sandte Jerusalem an den „Nationalen Bund für politische Re- nv w London ein Telegramm, bellen Inhalt in der be- Mnückzen Erregung in sts>-?n bist die S.hrift-
lun de: 11-.-"" '.A-""0^ Abst.'n^ nahm.
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Reine neuen Entwaffnungsforderungen
London, 2. Nov. In maßgebenden Kreisen wird erklärt, die Verbündeten seien übereingekommen, daß die etwaige Räumung des ersten Besehungsgebiets (Köln) erfolgen werde, weil die „technische Voraussetzung der ausreichenden Entwaffnung" nunmehr als erfüllt angesehen werde. Der endgültige Bescheid des Militärausschusses in Versailles sei zwar noch nicht ergangen, aber die Verbündeten haben sich geeinigt, keine neuen Forderungen zu stellen (!), und das bedeute, daß der Botschafterrat der Räumung keine Hindernisse mehr in den Weg legen wolle. Der deutschen Rcichsregierung werde eine entsprechende Mitteilung vor dem 1. Dezember zugehen, der Zeitpunkt der Räumung lasse sich aber noch nicht bestimmen.
Im Gegensatz hiezu meldet das „Echo de Paris", alle veutschen Antworten auf die Anfragen der Ueberwachungs- kommission seien als ungenügend zu betrachten. Der Bericht der Kommission an den Botschafterrat werde feststellen, daß die Entwafjnungsbedingungcn des Votschafter- rats nicht erfüllt seien.
Englisches Lob für Hindenburg
London, 2. Nov. In einem Artikel „Der neue .iöinden- burg" sprechen die „Daily News" dem Reichspr Kenten van Hindenburg das Lob aus für seine Klugheit, Mäßigung und Würde als republikanisches Oberhaupt des deutschen Botts, mit der er für Ausrechterhaltung des Vertrags von Locarno eintrete und die nationalistischen Schadenstifter in Verwirrung setze. Die Mehrheit des deutschen Polks sei zweifellos mit Hindenburg „friedliebend" gesinnt. — Die englische, ebenso aber auch die französische Presse leistet sich hier wieder die vergiftende Fälschung, als ob die Kritiker des Vertrags „kriegerisch" seien. Die Blätter verschweigen natürlich, daß die sachliche Kritik am Vertrag allen Parte«« i« Deutschland gemeins am ist.
Löb freigesprochen.
Berlin, 2. Nov. Das Urteil in dem Meineidsprozeß gegen den früheren Präsidenten der Thüringischen Staatsbank, Löb, lautete auf Freisprechung.
Festnahme von Frontbannführern
Berlin, 2. Nov. Auf Veranlassung des Polizeipräsidiums wurden 9 Führer des nationalen Frontbanns, darunter Hauptmann Röhrbein, dem Vernehmungsrichter vorgeführt und 6 davon in Hafk behalten. Es handelt sich um den Verdacht der Eeheimbündslei.
Volksabstimmung über die Landtagsauflösung in Mecklenburg.
Schwerin, 2. Nov. Das Gewerkschaftskartell in Schwerin beschloß, eine Volksabstimmung über die Auflösung des Landtags zu betreiben, weil die Regierung die nach der Revolution erlassenen Schulverordnungen aufgehoben habe. (Die mecklenburgische Regierung ist aus den Deutschnationen, Deutscher Volkspartei, Deutschvölkischen und Nationalsozialisten gebildet.)
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Die Auftverkungsklagc des Herzogs von Anhalt abgewiesen Dessau, 2. Nov. Das Landgericht Dessau hat eine Klage des Herzogs von Anhalt gegen den auhaltinischen Staat aus Auswertung von etwa 430 000 Mark kostenpflichtig abgewiesen. Die Nage mar angestrengt worden, weil das Vermögen der Versorgungslasse der herzoglichen Beamten unk Diener, zu der der Staat vereinbarungsgemäß 10 Millionen Mark beizutragen hatte, durch die Inflation in Nichts zerschmolzen war. Der Herzog wird die höheren Gerichte au- rusen.
zunächst keine Bedeutung bei. Die Meldung wird aber nun von dem Berichterstatter, den die „Times" vor einiger Zeit nach Damaskus gesandt hatte und der aus trüberem langjährigem Aufenthalt in Syrien ein genauer Kenner der dortigen Verhältnisse ist, durch einen telegraphischen Bericht vom 25. Oktober, der 2L- Seiten des großen Blatts füllt, im wesentlichen bestätigt.
Der Enkrüftnngyschrei der Eingeborenen
Jerusalem. 22. Olt. Die Franzosen fahren fort. Damaskus 50 Stunden lang zu beschießen, weil das Ueberfallkvm- mando Schassan Kharrats einige Polizeistationen in Damaskus «mgrlff und verbrannte. Statt dem Feind entgegenzutreten, begannen Re Franzosen Re Beschießung der Zitadelle. Der größere Test der Stadt ist zerstört. Tausende Unschuldige sind umgekommen, Tausende sind obdachlos. Die Franzosen bewaffneten armenische Einwanderer, und dieses Gesindel plünderte schrecklich. Das britische Konsulat wird von arabischen Freiwilligen bewacht. Der Konsul bat vergebens, sein Haus zu schonen, es wurde ^rstört. Die Franzosen unterdrücken die wahrheitsgemäßen Berichte. Flüchtlinge behaupten, es seien über 25 000 Frauen >M» Kinder umgekommen. Wir bitten um Hilfe.
Die Bestätigung durch die „Times"
London, 26. Oktober. Der Sonderberichterstatter der „Times" in Damaskus telegraphiert unterm 25. Oktober: Der Aufruhr in Damaskus wurde durch barbarische Maßregeln der Franzosen veranlaßt. Sie hatten verschiedene Dörfer südwestlich von Damaskus zerstört und brachten ein paar Dutzend Leichen von Eingeborenen nach Damaskus zurück, die sie auf dem Marghiplatz zur Schau stellten, nachdem sie im Siegeszug, auf Kamelrücken gebunden, durch k> Hauptstraßen der Stadt geführt worden waren. Es ; ein empörendes Schauspiel, das die Bevölkerung wüten^ machte, namentlich als unter den Toten verschiedene angesehene Einwohner von Damaskus waren. Der Berichterstatter beschreibt dann, wie in der Nacht vom 17. Oktober ein Aufruhr losbrach und wie Plünderungen begannen, an denen sich aber nie mehr als einige fünfhundert Personen beteiligten. „Um Mittag des 18. Oktober schickten die Franzosen Tanks durch die Stadt und diese fuhren rasend entlang den Basaren, ohne Unterlaß rechts und links schießend. Der Pöbel errichtete hinter den Tanks Barrikaden und als sie zurückkehrten, wurde von oben auf sie geschaffen, wobei viele von ihrer Bemannung verwundet wurden. Um 6 Uhr abends begannen die Franzosen die alte Stadt zu beschießen; die Bestürzung der Bevölkerung und der vielen Europäer, die in der Eingeborenen-Stadt wohnten, war groß. Die Beschießung wurde die ganze Nacht fortgesetzt. Am nächsten Morgen wurden plötzlich und ohne Warnung olle Truppen aus der alten Stadt, einschließlich dem Christenviertel, zurückgezogen und bei Salihiyeh in die französischen Quartiere verlegt, wohin man auch alle französischen Familien gebracht hatte. Von zehn Uhr ab wurde die Beschießung 24 Stunden lang fortgesetzt, während Flugzeuge Bomben abmarsen und mit Maschinengewehren schossen. Erst um die Mittagsstunde des 20. Oktobers hörte die Beschießung auf."
Der Korrespondent bestätigt, daß die arabischen Moha- medaner mit viel Umsicht und Mut für die christliche Bevölkerung und die Ausländer eintraten, und beschreibt dann die fürchterlicken Verwüstungen, die die Beschießung in der schönen Stadt anrichtete und von denen die beklagenswerteste die Zerstörung des prächtigen Azm- Palastes mit seinen künstlerischen und archäologischen Schätzen ist. Nach der Beschießung überließen die Franzosen die Stadt armenischen Banden.zur Plünderung.
Genau so, wie die Franzosen in Syrien bansten, haben sie früher in Deutschland und wo sie sonst hinkamen, gehaust: und wenn ihnen im Weltkrieg der geplante Einbruch in Deutschland gelungen wäre, so hätten sie es nicht anders gemacht. Im besetzten Gebiet und im Ruhrland haben sie e^ schlimm genug getrieben. Wehe Deutschland, wenn ihnen einmal das „Durchmarschrecht" in irgendeiner Weise zugestanden würde.
Syrien das Grab des kabinekis Painleve?
Paris, 2. Nov. Die Gruppe Millerand in der Kammer (Republikanisch-demokratische Union) beschloß, eine Große Anfrage über die Greuel in Syrien einzubriugen und die weiteren Mittel für die Feldzüge in Marokko und Syrien abzulehnen.
Mehrere Blätter fordern auf, Frankreich solle auf das „Mandat" Syrien, das bisher so große Opfer gefordert habe, verzichten. Man glaubt, daß die Anregung vom Kabinett selbst ausgegangen sei, das der unübersehbaren Schwierigkeiten in Syrien enthoben sein möchte.
Amtlich wird jetzt zugegeben, daß in Syrien 6000 Franzosen gefallen seien, doch wird behauptet, diese Vcrlustzab! beziehe sich auf die ganze Maudatszeit seit 1920, was offenbar nicht der Wahrheit entspricht. Das „Journal" meldet, die Truppen in Syrien sollen aus 30 Bataillone Infanterie und 5 Regimenter Reiterei verstärkt werden.
General Sarrail wird Syrien am 8. November verlaßen. Die Abberufung soll von England gefordert worden sein.
Drusen und Araber halten die Dächer um Damaskus besetzt. Die Zufuhr von Lebensmitteln aus dem Haurangebiet ist abgeschnitten, sodaß Hungersnot in Damaskus befürchtet wird. Bei Aleppo sammelt sich eine Kcm.vfesschar der Beduinen, die Unterhandlungen mit den Franzosen zurückgewiesen haben. Flüchtlinge berichten, General Sarrail sei bei den Kämpfen knapp der Gefangennahme entgangen. Unter starkem militärischen Schutz sei er nach Beirut ans Meer geflüchtet. Sein Haus sei von der wütenden Menge niedergebrannt und die wertvollen Sammlungen, Re aus Syrien kommen, in die Moschee gebracht worden.
Das Pariser „Journal" bestätigt, daß Damaskus von den Drusen umzingelt sei.
Neuestes vom Lage
Zeilschriftenbeschlagnahme
Koblenz, 2. Nov. Die feindliche Rheinlandkmmnission hat die Beschlagnahme des Kalenders ..Lahrer Hinkender Bote" und vedschiedene Zeitschriften im besetzten Geibiet verfügt.
Nach einer japanischen Meldung soll der christliche General Fengyuhsiang sich nunmehr aus die Seite Tschongtso- lins gestellt haben.
Das Studium der deutschen Vorgeschichte Berlin, 2. November. In einem gemeinsamen Entschlie- ß-mgsontrag der Deutsch-Völkischen, Nationalsozialisten und der Wirtschaftlichen Vereinigung zur .zweiten Beratung des Kulkushaushalts im preußischen Landtag wird der Landtag ersucht, auf das Staatsmlnisterium einzuwirken, daß jeder SluRerende der Geschichte und der deutschen Sprache bei der Prüfung ausreichende Kenntnis in der deutschen Vorgeschichte nachzuweisen hat, sowie daß die Lehrstuhle kür deutsche Vorgeschichte an den preußischen Universität-,: vermehrt und auch nach Breslau, Halle, Bonn, Kiel und Güttingen Professoren für deutsche Vorgeschichte berufen werden.
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bei Obigem-