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Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter*

Donnerstag» 1v. September 1SM

lekreiar e i n i ch - Sieoen bcrvor. Die Eitzenart der Blau- kreuzarbeit, die die Opfer der Trunksucht, durch christliche Nächstenliebe zu retten sucht, trat bei der Konferenz deut­lich heraus als ein Dienst, der im Kampf gegen die Volks- fchäben des Alkoholismus unentbehrlich ist.

Verlegung des Staatsministeriums. Der Umzug des Württ. Staatsministeriums in seine neuen Amtsräume, Villa Reitzenstein, Heinestraße 18, ist beendigt.

Zweite Volksschuldienftprüfung. Auf evangelischer wie auf katholischer Seite wird in der ersten Hälfte des Monats November die 2. Volksschuldienstprüfung abgehalten. Zu- aelassen werden Lehrer und Lehrerinnen, die spätestens im Jahr 1903 geboren sind und die mindestens zwei volle Jahre im öffentlichen Schuldienst des Landes verwendet gewesen find. Die Gesuche um Zulassung zu, der Prüfung find späte­stens bis 25. September vorzulegen. Die Prüfungssportel beträgt 30 Mark. Im Anschluß an die zweite Dienstprüfung wird bei hinreichender Beteiligung auch eine freiwillige Prüfung in der englischen und in der französischen Sprache abgehalten

Der «blinde" Reisende. Der 21jäbrige Schlosser Jmo Czengeri aus Budapest, der sich in Paris zur Fremden­legion melden wollte, unternahm die Fahrt alsblinder" Reisender auf einer Wagenachse des Orientexpreßzugs. Er wurde aber nach München erwischt und kam nach Stuttgart zur Aburteilung wegen Betrugs. Das Amtsgericht hatte ein Einsehen und ließ es bei 14 Tagen Gefängnis bewenden, wovon 10 Tage Untersuchungshaft in Abzug kommen. Der abenteuerlustige Mensch wird voraussichtlich auf dem Schub nach Ungarn zurückgebracht.

Der arabische Dieb. Gelegentlich der Hagenbeckschen Völ- keffchau traten in Stuttgart einige Araber, die sich als Mit­glieder der Schau ausgaben, mit ihr aber nichts zu tun hat­ten, in verschiedenen Geschäften auf und ließen bei kleinen Einkäufen größere Geldscheine wechseln. Die Gelegenheit be­nützten sie, um durch einen gewandten, kecken Griff die La­denkaffe zu bestehlen. Einer der Diebe, der 18jährige Amin Heran Saleja aus Bagdad wurde durch List erwischt. Das Amtsgericht verurteilte ihn nur sehr milde zu 2 Monaten Gefängnis, wovon 1 Monat Untersuchungshaft abgeht.

Vom Tage. Auf dem Schloßplatz wurde ein 77jähriger Mann von einem Straßenbahnwagen zu Boden geworfen. Wr erlitt eine Gehirnerschütterung. In der Hauptstätter- Mraße geriet ein 22jähriger Fuhrmann unter seinen Wagen, swlchei er an den Beinen erhMich verletzt wurde. Eine -27jährige Fabrikarbeiterin trank Lysolgift, die Lebensmüde konnte aber gerettet werden.

Aus dem Lande

Heilbronn, 9. Sept. Neue Straßenbahn. Nach einer Vereinbarung der Straßenbahn mit der Gemeinde Bückingen soll die Straßenbahn von Heilbronn nach Böt­tingen geführt werden. Die Kosten werden auf 300 000 Mk. veranschlagt. Mt der Teilstrecke HeilbronnSonnenbrunnen soll sofort begonnen werden.

Sirchheim «. T 9. Sept. Ueberwachung der Zi­geuner. Gelegentlich des Markts am Montag, zu dem auch viele Zigeuner erschienen waren, wurden etwa 60 derselben ins Amtsgerichtsgefängnis gebracht, bis auf einen wurden jedoch alle wieder freigelassen. Die Untersuchung hängt mit der Ermordung des Landjägers Mößle in Oberndorf zu­sammen.

Tübingen. 9. Sept. Schulhausneubau. Der Ge­meinderat hat sich für den Neubau der Mädchenrealschule, die zurzeit im alten Haus in der Münzgasse, im Kornhaus, im Äten Realschulgebäude und im Turm des Rittersaals im Scksioß verteilt ist, ausgesprochen. Die neue Schule soll gebaut werden, sobald die Finanzverhältnisse es gestatten. Der er» forderliche Platz ist am Damm der Bahn nach Herrenberg vorgesehen.

Der 51jährige Fuhrmann Joh. Gg. Rebmann von Lust­nau kam beim Aufsteigen auf einen mit Kies beladenen Last­kraftwagen unter die Räder und war sofort tot.

Truchtelfingen OA. Balingen, 9. Sept. Vom Auto überfahren. Abends wurde ein Radfahrer von einem Auto überfahren und schwer verletzt.

Heideaheim, 9. Sept. Umstürzende Verbots­tafel. Die Ehefrau des Lehrers Witklinger in Söhnstetten Ist in der Turmstraße von einer umstürzenden Verbotstafel erheblich verletzt worden, so daß sie sich in ärztliche Behand­lung begeben mußte.

Giengen a. Br., 9. Sept. Der erbrocheneSchäfer- karren. Der mit starkem Schloß versehene Pferchkarren

des Schäfers Basler von Hermarlngen wurde beim Kim­berg mit Gewalt erbrochen und daraus das Bett, Kleider, Wäsche, Lebensmittel und ein Fahrrad gestohlen. Der Dieb, ein Handwerksbursche aus Bayern, wurde bereits verhaftet.

Schnaitheim a. Br.. 9. Sept. Unfall inderMühle. Der Monteur Franz Beha stürzte im Fahrstuhl der hiesigen Mühle sechs Meter hoch herunter, indem die Gurt brach. Er erlitt schwere innere Verletzungen.

Leupolz OA. Wangen, 9. Sept. Brand. Das Anwesen des Bauern und Schneiders F. Fischer in Mittelhub brannte nachts vollständig nieder. Außer dem Vieh konnte fast nichts gerettet werden. Die Brandursache ist unbekannt.

Tetlnang. 9. Sept. Schlechter Rat. Ein hiesiger Schwerkriegsbeschädigter svielte in der Klassenlotterie mit demselben Los schon bald 214 Jahre. Auf einen guten Rat seiner Frau setzte er vor kurzem nicht mehr ein urid welch ein Mißgeschick! Das ganze Los gewann bei der letzten Ziehung 500 000 Mark.

Tetlnang, 9. Sept. MikdemMotorrad gestürzt. 3n Langenargen verunglückte der ledige Kaufmann Ernst Fritz von hier mit dem Motorrad. Er trug erhebliche Ver­letzungen am Kops ünd an anderen Körperteilen davon.

SiMnaringen. 9. Sept. Leichenländung. Am Ama­lienfelsen wurde dis Leiche einer etwa 30jährigen Frau aus Jnzigkofen aus der Donau geländet.

Rordheim, OA. Brackenheim, 9. Sept. Schwerer Radunfall. Der verheiratete Schlosser Botzenhardt fuhr mit dem Rad nach Klingenberg. Dort wollte er einem Hin­dernis ausweichen, kam jedoch zu weit ab und rannte auf ein Haus. Schwerverletzt mußte Botzenhardt ins Heilbronner Krankenhaus übergeführt werden.

Mühlacker. 9. Sept. Zwischen die Puffer. Beim Ankuppeln zweier Eisenbahnwagen kam der 19 Jahre alte Arbeiter Eugen Schaan von Wurmberg zwischen die Puffer und wurde tödlich verletzt.

Reckarsulm. 9. Sept. Der Neckarkanal in be­trieb. Gestern wurde die Schiffahrt auf dem neuerbamen Neckarkanal für die Zwecke der hiesigen Industrie eröffnet. Ein Schiff, das 500 Ballen indisch« Jute unserer heimischen Firma Gebr. Spohn zuführte, traf heute früh ein.

Thomashardt VA. Schorndorf, 9. S:pt. Zwei An­wesen niedergebrannt. Mittwoch früh 4 Uhr brach im Anwesen der Friedrike Adam Feuer aus, das sich infolge Wassermangels rasch ausbreitete und auf das Nachbarhaus des Drehers Leitz Übergriff. Beide Häuser sind fast völlig ab­gebrannt. Die Brandursache ist noch unbekannt.

Scheuerhalden, OA Gaildorf, 9. Sept. Biel Leid. Nachdem erst Ende August der älteste Sohn der Familie Pregizer, der im Hause des Gustav Fürst aufgewachsen und auch wie eigen behandelt wurde, infolge eines Blitzschlags durch dem Tod entrissen und gleichzeitig zwei wertvolle Kühe getötet wurden, ist gestern der 73jährige Bater, Leineweber Anton Fürst, tödlich verunglückt. Er stand vor dem mit zwei Kühen bespannten Oehmdwagen auf einer Wiese. Während man noch mit Oehmdaufladen beschäftigt war, packten die Kühe auf einmal auf, sprangen über Fürst weg und traten ihm den Brustkorb ein. Außerdem gingen ihm noch zwei Räder des halbgeladenen Oehmdwagens über den Hals bezw. über den Kopf, sodaß der Tod sofort eintrat.

Gönningen OA. Tübingen, 9. September. Steuer- kontrolte. Beamte vom Hauptzollamt haben hier Nach­prüfungen an Zigarren- und Zigarettenpackungen vorge­nommen. In verschiedenen Fällen wurden nicht ordnungs­mäßige Steuerbanderolen an Verpackungen vorqesunden. Die beanstandeten Packungen wurden beschlagnahmt. Anlaß zu dieser scharfen Nachprüfung gab ein Zigarrengroßhändler, bei dem man auf Unregelmäßigkeiten in der Verwendung von Steuerbanderolen gekommen ist. Die von der Firma be­lieferten Kaufleute werden durch die Beschlagnahme der be­anstandeten Packungen teilweise erheblich geschädigt.

Ebingen. 9. Sept. Wieder ein tödlicher Mo- korradunfall. Der 22jähriae Albert Haasis, Sohn des Bauunternehmers Carl Friedrich Haasis, wollte geschäftlich mit dem Motorrad nach Onstmettingen, stürzte aber zwischen Ebingen und Truchtelfingen so unglücklich, daß er, in bewußt­losem Zustande aufgesunden, nach dem Spital verbracht wer­den mußte, wo er nach wenigen Stunden verstarb.

kann auf denGesellschafter" abonniert werden.

Aus Stadt und Land

Nagold, 10. September 1925.

Erst die Germanen brachten der Welt die Idee der persönlichen Freiheit. Goethe.

Dienstnachrichte«.

Der Herr Staatspräsident hat je eine Lehrstelle an der evang. Volksschule in Aach OA. Freudenstadt dem Unterlehrer Georg Kalmbach in Reinerzau OA. Freudenstadt, Birkenseld OA. Neuenbürg dem Hauptlehrer Glauner in Sersheim OA. Vaihingen, Eßlingen-Wäldenbronn dem Oberlehrer Wild in Wittendorf OA. Freudenstadt, Gerlingen OA. Leonberg der' Hauptlehrer Schöpfer in Dobel OA. Neuenbürg, Grunbaa, OA. Neuenbürg dem Amtsverweser Eugen Dongus in Affstädt OA. Herrenberg, Mitteltal OA. Freudenstadt dem Unterlehrer Richard Ebinger daselbst, Psalzgrafenweiler OA. Freudenstadt dem Unterlehrer Karl Hirzel in Mössingen OA. Rottenburg übertragen.

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Die neue handjchuhmode. Die Neuheiten aus dem Ge­biete der Handbekleidung, die jetzt auf dem Markt erscheinen, sind verrückt. Da gibt es Handschuhe von der Farbe der Alpenveilchen, meerblaue Handschuhe und blaßgrüne Hand- schuhe, die auf der oberen Fläche glitzernde, mit bunten Stei­nen besetzte Linien,gebatikte" Muster oder bunte Hand- Malereien haben. Es gibt aber auch Handschuhe für Da­men, die mehr das Unauffällige lieben; sie müssen mit grauen und beigefarbenen Handschuhen vorlieb nehmen, deren Stulpen mit grünen Weinblättern oder mit grünen Stickereien geziert und mit kleinen purpurroten Wein­trauben versehen sind. Diese Muster wirken doch nicht so auffällig. Bei den dicken Glacehandschuhen, die jetzt sehr viel beim Morgenspaziergang und zum Einkäufen getragen werden, sind die Stickereien aus Stahl- und Bronzeplättchen ausgeführt. Dazu trägt man Geldtäschchen von demselben Leder, deren Ränder und Monogramm mit solchen Plätt­chen benäht sind. Der Stulpenhandschuh ist weiter die große Mode. Aber das Männliche dieser Handbekleidung wird durch zarten Schmuck gedämpft: man sieht auf den Hand­taschen geometrische oder Blumenmuster, die gestickt, auf- gemalt und nicht selten auch in kubistischer Form durch ver­schieden gefärbte Lederstückchen hergestellt sind. Auf einem grauen schwedischen Handschuh bewundert man eine See- landsachft mit zarten Blumen in Gründ und Blau, die die Stulpen zu einem Kunstwerk machen und an japanische Bilder gemahnen. Die langen weißen Glacehandschuhe sind auf der oberen Fläche mit drei Streifen geziert, die Reihen vonDiamanten" aufweisen, und die Ränder laufen in spiralförmige Verzierungen mit denselben Steinen aus.

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Altensteig, 9. Sept. Abschied. Familie Regierungsrat Hiller ist mit dem gestrigen Tag von hier nach Ulm über­gesiedelt.

Herrenberg, 9. Sept. Wer den Schaden hat, ....

Großes Pech hatte kürzlich eine Landsrau, als sie in Herren­berg in den Bahnwagen einsteigen wollte. Einen ihrer Körbe, der mit Eiern gefüllt war, stellte sie aufs Trittbrett, um den zweiten größeren, den sie auf dem Kopse trug, abnehmen zu können. In demselben Augenblick fiel der Eierkorb um, seinen Inhalt, über Trittbrett, Bahngeleise und Erde ausbreitend. Was von dem frischen Eierkuchen zu retten ivar, schöpfte die Bäuerin mit den Händen in eine Schüssel, welche hilfsbereite Menschen ihr zur Verfügung gestellt hatten.

Salmbach, 9. Sept. Dienstliches. Am Sonntag fand hier unter Leitung von Amtmann Heckel die Ortsvorsteherwahl statt. Dabei wurde Karl Ecker jr., Stahlgraveur in Salm­bach, mit 77 von 209 gültig abgegebenen Stimmen gewählt.

Neuenbürg» 9. Sept. Resolution. Die Amtsversamm­lung sandte folgende Resolution an den Landtag, die Regierung sowie dem Gemeinderat Stuttgart:Die Amtsversammluug hat mit großer Entrüstung und ernster Besorgnis Kenntnis genonimen von dem hartnäckigen und unentwegten Vortreiben der Stutt­garter Schwarzwaldwasserversorgungspläne. Tiesdurchdrungen von unserer Verantwortung für die Entwicklung der Verhältnisse des Bezirks erheben wir wiederholt den allerschärfsten Protest gegen die Stuttgarter Absichten und nehmen dabei aus unseren Einspruch vom 18. Dezember v- Js. vollinhaltlich Bezug. Die Amtsversammlung hält es für angebracht, nachdem nunmehr die genauen Absichten der Stadt Stuttgart bezüglich der Ver- orgung mit Wasser aus dem Enzgebiet wenigstens teilweise klar und bestimmt vorliegen, der Stadt Stuttgart gegenüber alsbald mit schärfster Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen, daß es in dieser Sache für den Bezirk Neuenbürg kein Verhandeln gibt.

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Roman von Otfrid von Canstein. Amerikanisches Copyright Carl Duncker, Berlin.

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Selenius ringt nach Luft.

Sie?"

Aber gewiß, dann haben wir von Altenkirchen aus das hübsche Radiokonzert veranstaltet, das Ihnen und der Polizei soviel Vergnügen bereitet hat und sind, während Sie «ach der Sendestation suchten, ganz gemütlich auf dieser Pacht auf die See hinausgedampft. Immer hinter der Susquehanna" her, denn Ihr verehrtes Fräulein Tochter bildete sich ein, daß Sie, Herr Kommerzienrat, sich aus der­selben eingeschifft hätten und daß ich sie in Ihrem Aufträge auf das Schiff, das wegen frühzeitiger Ebbe vorzeitig aus- laufen mußte, bringen wollte."

Selenius hat sich ein wenig gefaßt.

Sie Sie haben mein Kind gestohlen?"

Walker lächelt.

Aber nein, geborgt, Herr Kommerzienrat, nur ein wenig geborgt, um es Ihnen jetzt vollkommen unbeschädigt zurück- zugeben."

Die Ironie in Walkers Worten geben dem Kommer­zienrat seine Fassung zurück.

Ich fordere Rechenschaft. Sie wissen, der Wacht­meister"

Wieder lächelt Walker verbindlich.

Ist leider augenblicklich etwas indisponiert für Hilfe­leistungen. Ich mußte mir die Freiheit nehmen, ihn der seinigen auf die Dauer unserer Unterredung zu berauben. Ich mußte es mit der Tür seiner Kabine gerade so machen, wie mit dem Maschinenraum und dieselben von außen ab- fchließen."

Selenius sieht ihn an.

Herr, was wollen Sie von mir und meinem Kind. Wollen Sie ein Lösegeld?"

Aber nein! Im Gegenteil! Ich möchte nichts als Ihnen ein Geschäft anbieten, und zwar ein recht gutes."

Ein Geschäft, in dem meine Tochter etwa das Kauf­objekt ist?"

Aber nein! Sie tun mir unrecht. Ein sehr ehrliches, ein großzügiges Geschäft, das Ihnen nur Vorteile bringt."

Herr, von Geschäften zu reden ist jetzt keine Zeit und kein Ort. Sie selbst haben zugegeben, daß Sie meine Tochter und Herrn Winfried geraubt haben, daß Sie dieselben unter tausend falschen, betrügerischen Vorspiegelungen sogar aus Deutschland hinaus bis auf eine einsame Fischerinsel in der Nordsee gelockt haben. Sie haben jetzt mich ebenso unter llnglaublichen Schwindeleien hier auf diese Pacht gebracht» Sie haben sogar einen Beamten der deutschen Polizei seiner persönlichen Freiheit beraubt. Ein Schwerverbrecher sind Sie, und da wagen Sie es, mir von Geschäften zu reden?"

Fred Walker ist vollkommen ruhig. Er setzt sich in einen Sessel und entzündet eine Zigarette, während das Schiffchen sich um seinen Anker dreht und sich wiegt.

Verehrter Herr Kommerzienrat, wäre ich wirklich der Schwerverbrecher, für den Sie mich zu halten die Güte haben, wäe es dann sehr klug, mich durch Beleidigungen zu reizen? Immerhin Sie befinden sich augenblicklich in meiner Gewalt. Der Polizeibeamte und der Chauffeur sind wohl verwahrt. Sie selbst sind älter und schwächer als ich und verstehen außerdem sicher nicht, dieses Schiff auch nur in Bewegung zu setzen, geschweige es auf dem Meere zu steuern. Ich aber kann das. Ich habe Sie also vollkommen in meiner Gewalt. Ich dächte, es wäre doch gar nicht so töricht, wenn Sie mich wenigstens anhören wollten."

Selenius muß einsehen, daß Walker recht hat.

Reden Sie."

Ich bin in Ihren Augen ein Verbrecher. Richtig. Ich oder meine Freunde haben Ihre Tochter während des Kon­zerts im Niendorfsaal in Luckenwalde in hypnotischen Zu­stand versetzt und nach meiner Villa gebracht. Wir haben die Garderobenfrau chloroformiert. Wir haben dasselbe mit Herrn Winfried getan. Wir haben beide dann in gast­lichster Weise gepflegt. Ihre Tochter ist noch heut der Mei­nung, daß ich ihr und Winfrieds Retter bin. Dann war

ich bei Ihnen und gab mich wie Sie weiter sehen werdeiH durchaus nicht ohne Berechtigung als James Eold- smith's künftiger Schwiegersohn aus. Ich veranlaßte Sie, in den Radiosender im Voxhaus zu sprechen und in dieser Mitteilung Ihrer Tochter die Genehmigung zu der ameri­kanischen Tournee zu geben und sie zu veranlassen, mir, Fred Walker, vollkommen zu trauen. Natürlich wußte ich es so einzurichten, daß Ihre Tochter diese Worte hörte und dadurch seelisch ruhig wurde. Den Trick mit dem Konzert in Hamburg habe ich natürlich nur gemacht, um die Polizei abzulenken und währenddessen ungestört mit den beiden Künstlern, denen ich mitteilte, daß Sie, Herr Kommerzien­rat, sofort mit ihnen selbst nach Amerika reisen wollten, nach Cuxhaven fahren zu können. Die kleine Panne in Altenkirchen mußte ich natürlich inszenieren, um zu ermög­lichen, daß die beiden, wieder ohne es zu ahnen, in meinen Sendeapparat sangen und spielten und so das Hamburger Konzert stattfinden konnte. Dann habe ich allerdings auch zwei kleine Urkundenfälschungen begangen. Einmal, indem ich in dem Eeburtsattest, das ich mir vom Standesamt in Breslau im Namen Ihrer Tochter postlagernd senden ließ, den Monat änderte, das zweite Mal, als ich Ihrer Tochter aus Cuxhaven einen mit Schreibmaschine geschriebenen und mit Ihren Anfangsbuchstaben Unterzeichneten Brief als von Ihnen stammend übermittelte, in dem Sie ihr schrieben, daß Sie sich bereits auf derSusquehanna" eingeschifft hätten, daß diese wegen früher Ebbe vorzeitig auslaufen mutzte und daß Ihre Tochter deswegen mit dem Motorboot des Ihnen befreundeten Kommerzienrats Hildebrand, diesem sehr guten Boot, auf dem Sie sich jetzt befinden, auf die hohe See Nach­kommen sollte, wo dieSusquehanna" uns aufnehmen würde. Das veranlaßte Ihre Tochter zum ersten, in Alten­kirchen in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen mit Ihnen recht freudig zu singen und weiter mir mit dem Book zu folgen. Ich habe sie dann allerdings nicht aus den Dampfer, sondern hier auf eine Insel gebracht. EnoUui könnten Sie es noch als Straftat bezeichnen, datzrch «>e selbst durch das natürlich ohne Wissen Ihrer Tochter von mir in Groningen aufgegebene Telegramm und mein um­greifen hierherbrachte. Gut. Das sind Straftaten. Forti-