Sette 2 — Nr. 175
Ragolder Tagblatt »Der Gesellschafter*
Donnerstag, 30. 3«ll 1S2S
Deutscher Reichstag
Die Sleuergesehe
Berlin, 29. Juli.
10 5. Sitzung. (Schluß.) Die weiteren Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes werden bis 8 31 angenommen. Nach 8 32 soll der Veräußerungsgewinn beim Verkauf eines Gewerbebetriebs besteuert werden, wenn er 5000 Mark übersteigt. Der Steuerausschuß hat die Freigrenze auf 25 000 Mark erhöht. Ein sozialdemokratischer Antrag, die Fassung der Regierungsvorlage (5000 Mark) wiederherzustellen, wird mit 162 gegen 151 Stimmen bei 72 Enthaltungen (Zentr. und Wirtsch. Vergg.) abgelehnt. Unter Ablehnung verschiedener Abänderungsanträge wird die „Besteuerung nach dem Verbrauch" gemäß dem Ausschußantrag angenommen, die dem Finanzamt die Möglichkeit gibt, den Eigenverbrauch eines Steuerpflichtigen als steuerbares Einkommen unter gewissen Voraussetzungen festzusetzen. Das Einkommensteuergesetz wird sodann bis 8 49 angenommen, woraus sich das Haus um 6.30 auk Mittwoch vertagt.
Die Einkommensteuer
10 6. Sitzung. Das Haus ist sehr schwach besetzt. Ein Antrag der Regierungsparteien aus Verlängerung des Notetats bis zum 8. August und falls diese Frist nicht ausreichen sollte, bis zum 31. Oktober, wird dem Haushaltsausschuß überwiesen.
Die 2. Lesung der Steuervorlagen (Einkommensteuer) wird fortgesetzt. Zu gemeinsamer Beratung zusammengehaßt werden die 88 50 (Steuertarif) und 70 (Lohnsteuer).
Abg. Dr. Brüning (Z.) begründet die Kompromiß- Vorschläge der Regierungsparteien. Aufrechterhalten wird Me Bestimmung, daß die Einkommensteuer nicht fortgesetzt wird bei Einnahmen von weniger als 1100 Mark im Jahr. Dieser steuerfreie Betrag erhöht sich für die Ehefrau um 100 Mark, das erste Kind auch um 100 Mark, das 2. um «0 Mark, das 3. um 360 Mark, das 4. und jedes folgende mn je 450 Mark. Kinder im Alter von mehr als 18 Jahren, die Einkünfte beziehen, werden nicht gerechnet. Vom Einkommen sind für die Festsetzung der Einkommensteuer folgende Beträge im Jahr abzu ziehen: 1. 600 Mark als steuerfreier Einkommensteil, sofern das Einkommen 10 000 Mark nicht übersteigt: 2. für die Ehefrau und ßbdes minderjährige Kind je 8 Proz. des über 600 Mark hinausgehenden Einkommens, jedoch mindestens für die Ehefrau 100 Mark, für das erste Kind ebenfalls 100 Mark, str das zweite 180 Mark, für das dritte 360 Mark, für das vierte und jedes folgende je 450 Mark und höchstens je 540 Mark, für die Ehefrau und jedes Kind insgesamt nickst mehr ats 8000 Mark. Vom Arbeitslohn bleiben kür den Arbeitnehmer 6 00 Mark jährlich als steuerfreier Lohnbetrag, 180 Mark zur Abgeltung der Werbungskosten und 180 Mark zur Abgeltung der Sonderlei - Düngen. Außer diesem steuerfreien Existenz- Minimum von 860 Mark jährlich oder 80 Mark monatlich Meiden von der Steuer befreit für die Ehefrau und jedes minderjährige Kind je 10 Proz. des Arbeitslohns, der über dos Existenzminimum hinausgeht. Mindestens sollen das fvtn: für die Ehefrau monatlich 10 Mark, s"- erste Kind ebenfalls 10 Mark, für das zweite 20 Mark, für das dritte 40 Mark, für das vierte und jedes folgende 50 Mark mo- «Mch.
Abg. Vogel (Soz.): Die Lohnsteuer habe lange Zeit «i« Viertel der gesamten Reichseinnahmen erbracht. Das stk ein großes Unrecht an den werktätigen Massen gewesen.
Abg. Koenen (Kmmn.) fordert die Beseitigung der Lohnsteuer. Die Lohnsteuer habe in den letzten 2 Monaten 80 Millionen mehr ergeben als veranschlagt war.
Abg. Schneider-Berlin (Dem.) weist darauf hin, daß man von der Steuerreform eine Vereinfachung erwartet babe. Davon habe man sich aber immer weiter entfernt.
Me namentlichen Abstimmungen werden zurückgestellt, bv dn Saale nur wenige Abgeordnete anwesend sind.
Abg. Höllein (Komm.) protestiert gegen die Abwesen- HM der meisten Abgeordneten. Auf das Ferienbedürfnis vDi<er Abgeordneter werde keine Rücksicht genommen rv«den.
Berlin, 29. Juli. Der Reichskanzler hat Aba»ordneten rubrerer Parteien erklärt, daß die Regierung im Fall einer Vertagung des Reichstags vor Erledigung der Zollvorlage hofvrt in Beratungen über die zu ergreifenden gesetzlichen Maßnahmen eintreten werde.
Württemberg
Skukkaarr. 29. Juli. Amerikabesuch. Am ?1, " trifft auf seiner Reise durch Deutschland der Nenyorier Beethoven-Männerchor, 160 Personen, hier ein. Nachmittags werden die Villa Berg und die Ausstellung „Das Schwäbische Land" besichtigt. Am Samstag werden die Sänger eine Rundfahrt durch die Stadt machen. Abends findet ein Wohltätigkeitsfest im Stadtgarten statt. Am Sonntag reisen die Gäste nach Baden-Baden weiter.
Aus dem Lande
Ankerkürkheim» 29. Juli- Entlassungen. Bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft erfolgen die ersten Entlassungen bereits am 31. Juli, und zwar werden entlassen: 31. Juli 200 Mann, am 7. August 600 Mann, am 14. August 300 Mann und mn 21. August der Rest von 400, so daß bis 21. August von der etwa 4500 Mann zählenden Belegschaft ein Drittel entlassen sein wird.
Eßlingen, 29. Juli- Bom Rad gestürzt. Am Sonntag ist ein in Fellbach wohnhafter 19 Jahre alter lediger Hilfsarbeiter auf der Stettenerstraße an der Kurve oberhalb Wäldenbronn vom Rad gestürzt, wobei er sich schwere Verletzungen zuzog. Er wurde mz städt. Krankenhaus übergeführt, sein Zustand ist ernst.
Zuffenhausen. 29. Juli. Verschmelzung von Zuffenhausen und Feuerbach. Eine von der Sozialdemokratischen Partei einberufene Versammlung befaßte sich mit der Frage der Verschmelzung der beiden Städte Zuffenhausen und Feuerbach. Es soll nun zunächst eine Denkschrift über die Vermögensverhältnisse der Gemeinden ausgearbeitet werden.
Gmünd, 29. Juli. Selbstmordversuch. — Alpe n h ü t t e. Am Montag abend durchschnitt sich eine hiesige Frau die Pulsadern. Sie wurde erst vor einigen Tagen aus der Klinik in Tübingen entlassen. Da sie aber nach der Tat sich die Schnittwunden wieder verband, konnte sie noch vor dem Verbluten gerettet werden. Kummer und Sorge um die große Familie und nervöse Zustände sollen die Ursache sein. — Die Gmünder Sektion des Deutsch- Oesterreichischen Alpenvereins hat einstimmig die Errichtung einer Gmünder Hütte im oberen Visnitz in einer Höhe von 2300 Metern beschlossen.
Königsbronn OA. Heidenheim, 29. Juli. HohesAlter. Die Witwe Vogel konnte in geistiger und körperlicher Frische ihren 95. Geburtstag begehen.
Kirchheim u. T., 29. Juli. Brand. Die Scheuer des Landwirts Renz ist mitsamt der Stallung niedergebrannt. Das Feuer ist durch Kurzschluß entstanden. Das Vieh konnte gerettet werden.
Reuklingen. 29. Juli. Durch den elektrischen Strom getötet. Beim Hochziehen eines eisernen Balkens an einem Neubau Ecke der Hermann Kurz- und der Hohen- zollernstraße, kam das eiserne Seil mit der Starkstromleitung der Straßenbahn in Berührung. Die beiden Arbeiter, die den Aufzugshebel bedienten, wurden auf die Seite geworfen. Während der eine mit dem Schrecken davankam, wurde der andere, der 20 Jahre alte Fr. Flad von Betzingen, auf der Stelle getötet.
Rottsnkmrg. 29. Juli. Tödlicher Unfall. Der Wagenführer Karl Hausch aus Ofterdingen, der mit dem Bulldogg-Motor der Firma Eugen Speidel in Ofterdingen ' von Rottenburg nach Weiler fuhr, verunglückte dadurch tödlich. daß der Waaen, offenbar in einem unbewachten Augen- , blick, über den Fußsteig binweg in die Böschung hinunterfuhr. Der Verunglückte ist 45 Jahre alt und Bäter von 11 Kindern.
Remminnshein^ OA. Rottenburg, 29. Juli. Zündelnde Kinder. Infolge Zündelns von noch nicht schulpflichtigen Kindern ist ein aus drei Wagenladungen bestehender Strohhaufen verbrannt. Einige Obstbäume wurden beschädigt.
Freudensladk, 29. Juli. Verunglückt. Beim Langholzführen schlug dem 21jährigen Karl Hofer von Aach ein Stamm gegen den Kopf. Er trug schwere Hautschürfungen und eine lebensgefährliche Hirnhautentzündung davon.
Ebingen, 29. Juli. Strä-flicher Leichtsinn eines Schießbudenbesitzers. Beim Kinderfest wurde der 12jährige Franz Baumeister, als er hinter der Schießbude vorbeiging, von einem Schuß in die Brust getroffen. Der Knabe mußte operiert werden. Sein Befinden ist befriedigend. Die Verantwortung trifft den Schießbudenbesitzer.
öchramberg, 29. Juli. Neunstündige Arbeitszeit. Die Arbeiter der Harmonika-Industrie Trossinaen
haben sich mit der in Norddeutschland kn der FertlMbustrle überall üblichen Arbeitszeit von 54 Stunden in der Woche ohne Zuschlag für Ueberzeitarbeit einverstanden erklärt.
Tuttlingen. 29. Juli. 100 Jahre Erziehungsanstalt. Die im Jahr 1825 gegründete Erziehungsanstalt für bilfsbedürftige Kinder begeht am 27. September d. I. dag Fest ihres 100jährigen Bestehens. Neben anderen Vertretern der Behörden hat Kirchenpräsident D. Dr. v. Merz sein Erscheinen zur Feier zugesagt.
Ankerwaldhausen OA. Saulgau, 29. Juli. Ein Strolch. In einer Wirtschaft erschien ein Handwerksburscbe, der l,?! den anwesenden Gästen bettelte und dabei von einem Bürger eines benachbarten Weilers abgewiesen wurde. Als dieser den Heimweg antrat, hat ihm der Bettler unterwegs' aufgelauert, ihn angefallen, mißhandelt und ihm seinen Strohhut abgenommen. Der Täter konnte bis jetzt noch nicht ergriffen werden-
Aus dem Allgäu, 29. Juli. Ein Schwindler. Ein gewohnheitsmäßiger Zechpreller, der sich bald als Kunstmaler, bald als Regierungsrat oder Oberlehrer ausM, tauchte unlängst in Talkirchdorf auf. Dort lud er eine Familie zu einer Autofahrt nach München ein und ließ in München die Fahrtteilnehmer und den Kraftwagenbesiinr ohne Zahlung sitzen. Er ist von München nach Walchensee gefahren, wo er dem Wagenführer ebenfalls, ohne bezahlt zu haben, entschwand. In Riedholz hat er einen Malermeister mm 35 Mark beschwindelt. Auch von Sigmaringen aus wird er wegen Heiratsschwindels und verschiedener größerer Betrügereien verfolgt. In Kleinwcilsr trat er ebenfalls auf, wo er festg'ehalten werden sollte, jedoch entkommen ist.
Aus Stadt und Land
Nagold, den 30. Juli 1925.
Das Haus, die Heimat, die Beschränkung die find das Glück und find die Welt.
Fontane.
Die Preisverteilung a»s dem Bauerntag in Ragord
Reiterpreise:
Damengruppe Nagold: 1. Rosa Hauser, 2. Lohmüller, Heß, 3. Marie Kühnle, Gretel Wohlbold.
Reitergruppe Sulz: 1. Fritz Röhm II, Karl Schmid,
2. Rudolf Dingler, Willy Schoch, Fritz Rühm I, 3. Fritz Köhler, Erwin Weippert, Will). Groß, Otto Dingler, Robert Dingler.
Reitergruppe Schönbronn: 1. Wilh. Dürrwart, Walter Wilhelm, Fritz Rohm, 2. Lina Stockinger, Hermann Stockin- ger, Karl Ziegler, 3. Theodor Ziegler, Gottl. Stockinger, Wilh. Broß, Gottl. Bühler, Rotfelden, Jakob Keck.
Reitergruppe Wildberg: 1. Weit, 2. Reuter, 3. Nüßle, 4. Keller.
Reitergruppe Nagold: 1. Schill, 2. Herrgott, Schmid, Erhard, 3. Häfele, Schuon, Heß, Gauger, Ungericht.
Gediente Reitergruppe: 1 Mxbele-Deuf ringen, 2. PH. Röhm- Effringen, 3. Binder-Nagold, Weik-Wildsierg, Schmid-Nagold, Köhler Gg.
Reitlehrer: 1. Peter Weippert-Sulz, 2. Karl Werner-Sulz,
3. Fritz Nestle-Schönbronn.
Leichtgespanne:
1. Fr. Röhm-Sulz, 2. Theurer-Nagold, 3. PH. Dürr-Suh,
Wagenpreise:
Erste Preise: Nagold (Gewerbewagen, Gewerbe-Verein Nagold; Fischerwagen, Gropp-Rohrdorf: Wollspinnerei, Kap« und Rentschler: Blumenwagen, Schuster: Elektrischer Wagen, Wohlbold; Sattlerwagen, L. Grüninger: Geißbuben, W. Hach, Gültlingen, Schietingen, Rohrdorf, Wildberg.
Zweite Preise: Nagold (Waschwagen, Schmied- u. Wagnerwagen, Kalkwagen, Lödrowagen), Effringen, Bösingen, Hochdorf, Eutingen, Ueberberg, Sulz, Schietingen, Gaugenwald, Gündrinaen, Unterjettingen, Grünmettstetten, Haiterbach, Egenhausen, Jselshausen.
Dritte Preise: Haiterbach, Ebershardt, Sulz, Haiterbach, Wart, Sulz, Pfrondorf, Kuppingen, Agenbach. lNne Anerkennung erhielt Rotfelden.
Die Gewerbewagen erhalten je t Ehren-Diplom mit Bild des Wagens zugesandt.
Sonstige Preise:
Einen Ehrenpreis erhielt Herr Wachtmeister Ziegler-Nagold, der Radfahrerverein Nagold; Emmingen erhielt einen ersten Preis für seine Trachten und seine Hochzeit und Herr Tanzlehrer Beutler-Nagold ein Ehrengeschenk.
KeleirrnUenteufeU
Roman von Otfrid von ^ anstein.
Amerikanisches Copyright Earl Duncker. Berlin.
16 ) -osx>—— (Nachdr. verb.)
„Heut leider nicht. Sie sehen, die ganze Nacht hindurch fiel dichter Schnee, es würde für ein Auto, selbst wenn ich eines hier hätte, unmöglich sein, durch den Wald zu kommen, zudem ist das meine, seit es in der Nacht den Arzt heimbrachte, nicht wiedergekehrt. Sicher war schon am frühen Morgen die Fahrt unmöglich."
„Aber Sie haben die Zeitungen?"
„Ich war an diesem Morgen bereits in Berlin. Ich bin auf Schneeschuhen durch den-Wald bis zur Stadt gekommen und von da mit der Bahn. Ich hielt es für meine Pflicht, Herrn Kommerzienrat Selenius über den Aufenthalt des gnädigen Fräuleins zu beruhigen."
Ada atmete auf.
„Sie waren bei meinem Vater?"
„Nicht selbst. Herr Eoldsmith, Sie wissen, der amerikanische Konzertagent, der gestern in Ihrem Konzert war, traf mich an der Bahn. Ich selbst mußte sofort wieder in den Zug steigen, um nicht bis zum Nachmittag in Berlin bleiben zu müssen, und mir lag daran. Sie darüber beruhigen zu können, daß Ihr Herr Vater durchaus nicht in Sorge ist. Herr Goldsmith ist sofort zu ihm gefahren. Zch denke, es wird selbst einer so außergewöhnlichen Künstlerin, wie Sie es sind, nicht gleichgültig sein, wenn ich Ihnen verrate, daß James Eoldsmith die bestimmte Hoffnung hat, Ihres Vaters Zustimmung zu einer amerikanischen Tournee zu erhalten. Ich babe ein kleines Beweisstück, für den Fall, daß Sie zweifeln. Hier, ein Brief von James Eoldsmith."
Sie erbricht das Kuvert und findet eine Visitenkarte des berühmten Impresario und ein paar flüchtige Bleistiftzeilen:
„Gratuliere zum glücklich überstandenen Abenteuer. Glänzende Reklame. Fabre soeben zum Herrn Papa und werde ihn beruhigen. Auf Wiedersehen in Amerika, junger Star! I. E "
„Lie haben kein Telephon?"
„Leider nein."
Norbert Winfried hat nichts von Sen Worten gehört, dis Walker und Ada getauscht. Mit fliegenden Pulsen liest er die Ausschnitte der Zeitungen: „Ada Elena und Norbert Winfried übertrafen sich selbst. Eine gottbegnadete Stimme — eine Technik von tadelloser Vollendung, in der eigenartigen Akkustik des Niendorfsaales kamen Sängerin und Pianist zu herrlichster Wirkung. Sogar James Eoldsmith, der amerikanische Trustkönig begeistert!"
Er reicht Ada die Blätter, sie liest und ein verträumter Ausdruck tritt in ihr Auge. Dann bringt ein Diener das Frühstück. Stumm, immer noch die Ausschnitte lesend, nehmen die beiden es ein, dann lacht Ada leise und selig auf und faßt seine Hand.
„Wenn es doch würde!"
Und er drückte ihre Hand.
„Es muß' Ad-:, es muß!"
Er weiß nicht, wo er den Mut hernimmt, sie einfach Ada zu nennen, er fühlt, daß er nicht anders kann und ist glücklich, daß sie es ihm erlaubt, ist glückb h, daß ihre Augen so sehnend ins Weite blicken und ihre Lippen flüstern wie laut gewordenes Wünschen:
„Wenn, wenn!"-
* » *
Es ist wieder einen Tag später. Kommerzienrat Selenius sitzt in seinem Arbeitszimmer und ist voller Kummer und Sorgen. Soeben hat er mit dem Kommissar Wendeborn gesprochen.
„Nichts Neues, Herr Kommerzienrat, Sie müssen Geduld haben. Die beiden können aus Deutschland nicht hinaus, sie werden uns schon in das Garn gehen."
Der Mann ist nicht einmal höflich. Natürlich! Es vergeht kaum eine Stunde, in der Selenius nicht anklingelt und fragt. Seit den beiden Tagen, die Ada verschwunden, war er nicht einmal in seinem Bureau. Er läßt sich mit dem Redakteur Burkhard verbinden.
„Nichts Neues?"
„Leider nein "
„And Ihr Freund Schlüter?"
„Har sich au jenem Abend erkältet und liegt krank im Bett."
Selenius läuft aus und nieder. Er kann es nicht fassen, er zerbricht sich den Kopf? Er glaubt nicht daran, daß Ada freiwillig mit Winfried geflohen. Er kennt seine stolze Tochter, er hat nie etwas davon bemerkt, daß sie in Winfried etwas anderes sähe, als ihren Meister. Er weiß, wie Ada ihn selbst ehrt und liebt. Ihm ist es eine Beleidigung, daß dieser Kommissar es für so selbstverständlich ansieht, daß seine Tochter das Vaterhaus wie eine Dirne verläßt
und doch-gibt es eine andere Erklärung? Nein, eine
Erklärung gibt es überhaupt nicht! Ihr Schmuck, sogar ihr Geld ist da! Selbst wenn sie floh, sie würde es doch nicht als Bettlerin tun, und soviel hat auch die Polizei ermittelt, daß Winfried sogar in seiner Wohnung Geld und seine Habe zurückließ und seine kleinen Ersparnisse nicht von der Bank abholte.
Zwei Menschen, die ganz mittellos in die Welt laufen?
Aber ein Unglück? Das erst sie und eine Stunde später den Künstler spurlos vernichtete? Ein zweckloser Menschenraub? An beiden?
Der Diener bringt eine Karte, Selenius wirst einen Blick darauf, ein vollkommen fremder Name:
„Fred Walker." , .
Er will ihn abweisen und dann hat er ein instinktives Gefühl, als müsse der Besuch dieses Fremden mit seiner Tochter Zusammenhängen.
„Ich bitte."
Fred Walker tritt ein. ,
„Sie werden erstaunt sein über den Besuch eines Fremden, ich bin der zukünftige Schwiegersohn James Eolo- smith'." „
Selenius versteht noch immer nicht und jener sagt sai» vorwurfsvoll:
„James Eoldsmith, Direktor des amerikanischen Konzerttrustes."
Selenius lächelt bitter. »
„Sie kommen zu spät, Verehrter. Meine Tochter ""
(Forts, folgt.)