Sette 2 Nr. 15S

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter-

Der krie gin Marokko

Paris, 10. Juli. Die Kabylen haben die von ihnen er­oberten französischen Stellungen in der Gegend von Mezzan durch Verschanzungen befestigt. Bei Aim Dokkut kam es zu Plänkeleien mit 1000 Mann eines neuerdings abgefallenen Stamms. Angriffe bei Bab Taca und Red el Homar wurden von den französischen Truppen abgewiesen.

Vor Taoa sollen die Kabylen starke Verluste erlitten haben, He setzten aber ihre Angriffe fort.

Zum Generalstabschef des neuen Oberkommandanten itt Marokko, General Naulin, ist der Jnfanterieoberst P a q u i n e^ worden.

^ngland hat die Verstärkung der Polizei in Tanger und die Aenderung der Grenzen des neutralen Gebiets ab- gekehnt.

Die Marokkosorderung angenonunen

Par«. 10. IM- In der Kammer wurde gestern die For­derung von weitere« 183 M i llionen Franken für den Marokkokrieg eiugebracht. Painleve erklärte das Ge­rücht für unrichtig, daß Toza von den Kabylen bereits ein- venommen fei. Aber auch wenn es fallen sollte, dürfe man die Ruhe nicht verliere«. Die Friedensvorschkäge können nicht vorzeitig veröffentlicht werde«. Dies solle erst geschehe«, wenn Wd el Kri« fie aütehne, damit die ganze Wett seine wahre Mächten kenne« lerne. Die Sicherheit Marokkos und Algiers stehe aus de« Spiel. Abd el Krim habe sich »m Sultan ausgerufe« u«d den Heiligen Krieg erMrt. Frankreich habe!üe Pflicht, die Marokkaner zu schütze«. W

Abg. Tachin (Komm.) wandte sich gegen den Krieg. LkaroSo habe noch seiner Anficht schon Milliarde« gekostet. «M die nächste Forderung werde viel höher fein. Abg. tFabry (Dem.) sagte, es dürfe keine« Frieden gebe« ohne Wefiognng des Gegners. Er hoffe, daß die Regierung 15 bis DK Tüoistone« cnrfstette« werde, für die zum Teil Marokkaner LmMtzt werde» könnte«. Abg. Renandel (Soz.) verlangte, stoch die Add et Kri« vvrzulegende« Friedensbedingungen dermmtgegebe» werden. Ganz Frankreich werde sich für de« Krieg einfetzen, wenn Abd el Krim die Friedensvorschläge adlehn«« würde. M>g. Blum (Sog.) meinte, dem Marfchall Äiautey rnüfje auch die Zivilverwaltung entzogen werden, seine Rolle fei ausgespiekt. Die Besetzung des Uergatals durch die Franzosen im vorigen Jahr habe diesen Krieg her. »orgerusen.

Morgens 1 Uhr genehmigte die Kammer die Marokko- torderung mit 411 gegen 29 Stimmen der Kommunisten, lieber 140, Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Die Rechte stimmte für die Vorlage, die Sozialisten enthielten sich der Stimme.

Di« Friedensvorschläge sollen Abd el Krim in den nächsten .Tagen durch Vermittlung des Spaniers Echevarieta über­geben werden, doch glaubt man in maßgebenden Kreisen nicht, daß das Angebot Erfolg haben werde.

Sowjekregierung und kommunistische Inkernationale Paris, 10. Juli. In der Besprechung des belgischen Außenministers Danderoelte mit Briand wurde in Verbindung mit der Sicherheitsfrage erwogen, in Mos­kau den Versuch zu machen, daß die Zusammenhänge zwi­schen der Sowjetregierung und der dritten (kommunistischen) Internationale endgültig geklärt werden, damit die Sow- sttregierung sich nicht mehr hinter der Behauptung ver­schanzen könne, sie sei für die Umtriebe der Internationale «icht verantwortlich zu machen.

Russisch-englische Wiederannäherung?

Lcmdvn, 10. Juli. DerDaily Expreß" erfährt von russischer Seite, der Sowjetvertreter Rakowski werde mit Aufträgen für 15 Millionen Pfd- Sterling nach London kommen, davon 1012 Millionen landw. Maschinen und Werkzeuge und nur 3 Millionen Rohstoffe. Man hoffe, daß diese Bestellung zur Besserung der Beziehungen beitragen werde.

Lohnbewegung iw Amerika

Reuyork, 10. Juli. Gestern ist die Besprechung der Ver­treter der Grubenbesitzer und der Kohlenarbeiter eröffnet worden. Die Arbeitervertreter lehnten die vorgeschlagene Lohnherabsetzung um 10 v. H. entschieden ab und werden am 1. September in den Ausstand treten, wenn keine Eini­gung erzielt wird.

Japan gegen den Kommunismus Tokio. 10. Juli. Die Polizei hat beantragt, ihr einen Kredit zur Verfügung zu stellen, um einen polizeilichen SvnderdiensL zur Unterdrückung kommunistischer Umtriebe einzurichten.

Deutscher Reichstag

Stürmische Sitzung

' Berlin, 10. Juli.

90. Sitzung. Schluß. Im weiteren Verlauf der Sitzung Erklärt Abg. H o r l a ch e r (Bayer. Volksp ), seine Partei sei tzwar gegen die Tarife, aber nicht gegen die Vorlage der Er­höhung der Bier- und Tabaksteuer an sich. Die neue Vorlage 8>er Regierungsparteien bringe für die kleinen Brauereien Sinter 1600 Liter Crzeuguna volle Steuerfreiheit. Die Abg. Büll (Dem.), Schlüter (Soz.) und Henning (völk.) sprechen dagegen. Die Vorlage der Regierungsparteien wird Darauf dem Steuerausschuß überwiesen-, das Finanzministe­rium zieht darauf den ersten Regierungsentwurf, der vom Ausschuß abgelehnt worden war, zurück.

Nach einer unerheblichen Aussprache wird der Haushalt- plan für die besetzten Gebiete angenommen.

Zum Haushaltplan für den Reichstag emp­fiehlt Abg- Taubadel (Soz.) die Beschlüsse des Ausschusses, wonach neue Ardeitsräume für die Abgeordneten erstellt werden sollen. Entweder soll ein Stockwerk aus das Reichstagsgebäude aufgesetzt oder ein Nachbargrundstück zur Errichtung eines Nebengebäudes angekauft werden, das Durch einen Verbindungsbogen an das Reichstagsgebäude vnzuschließen wäre. Auch die Anlegung eines Gartens «wird gewünscht. Die Abgeordneten verlangen ferner für sich höhere Zuschüsse für die Eisenbahnschlaf- »wagen, Freifahrkarten für die Klein- und Lokal- Dahnen, für die Postautolinien und die Dampferlinien auf Dem Bodensee (die Flugzeuglinien scheinen übersehen worden «u sein). Der Reichstag will sich auch ein eigenes Auto an- schasfen und hat dafür bereits 20 000 -ll bewilligt. Das Haus ist mit allen Wünschen einverstanden und der Haushalt wird genehmigt.

Angenommen werden ferner verschiedene Anträge des Werkehrsausschusses.

Ein Nertagungsantrag wird um 7.30 Uhr abgelehnt.

Es solat die erste Lesüna des Gesetzentwurfs betr. die die

Ausübung des Rechts zum Tragen der Militär- uniform. Nach der Vorlage wird der Reichspräsident er­mächtigt, dieses Recht für solche Personen zu regeln, die schon vor der Errichtung der Reichswehr aus dem militärischen Dienstverhältnis ausgeschieden waren.

Abg. Kuhnert (Soz.) nennt es komisch, daß der Reichs­tag sich mit dcn alten kaiserlichen Uniformen beschäftigen solle. Aus der Vorlage spreche der Geist von Potsdam, der Geist der Ueberhebung.

Reichswehrminister Dr. Ge hier betont, daß die Rege­lung dieser Frage eine Notwendigkeit sei. Nach der Revolu­tion sei den verabschiedeten Offizieren das Recht des Uni­formtragens aberkannt worden, was früher als eine schwere Ehrenstrafe galt. Der verstorbene Reichspräsident Ebert selbst habe eingefehen, daß dies nicht recht sei, und er habe noch kurz vor seinem Tod gewünscht, es möge hier durch einen Gesetzentwurf ein Friedensschluß gefunden werden. Der Ge- setzerckwurf fei verfassungsändernd und bedürfe daher einer Zweidrittelmehrheit. Regimentsveranstaltungen unterstehen dem Vereinsrecht. Wenn Prinz Adolf Friedrich daran teil­nehme. sei dies lediglich eine Geschmackssache.

Um 8-30 Uhr beantragt Abg. Dittmann (Sor.) erneut die Vertagung. Die Abgeordneten Schultz-Bromberg lD: -l.) und Henning (DeutschVölk.) erheben erregt Wider­spruch und verlangen Fortsetzung der Aussprache, damit sie auf die sozialdemokratischen Angriffe antworten können.

Es entsteht ein ungeheurer Lärm, der minutenlang an­hält. Vizepräsident Dr. Bell läßt über den Vertagungs- ontrag abstimmen. Für diesen erheben sich die Sozialdemo­kraten, die Demokraten, die Kommunisten und auch das Zent­rum. Unter großer Unruhe erklärt Dr. Bell die Vertagung für beschlossen.

Darauf entsteht große Erregung auf der Rechten. Es wird die Gegenprobe verlangt. Dr. Bell schreitet daraus trotz des Widerspruchs der Linken zu einer nochmaligen Abstimmung und ordnet schließlich die Auszählung an.

Auf der Linken erhebt sich jetzt ein ungeheurer Lärm. Im Chor wirdSchiebung" gerufen. Der Aufforde­rung des Präsidenten, den Saal zur Auszählung zu ver­lassen, wird keine Folge geleistet. Alles schreit wüst durch­einander. Ueberall bilden sich erregte Gruppen. Einzelne Ab­geordnete drohen mit den Fäusten. Dr. Bell hebt die Sitzung für drei Minuten aus und verläßt den Präsidentenstuhl. Als 'er wieder im Saal erscheint, empfängt ihn die Linke mit großem Halloh. Dr. Bell versucht, eine erneute Abstimmung über die Vertagung herbeizusühren, wirß aber durch anhal­tenden tobenden Lärm daran gebindert- Er hebt schließlich die Siüung auf und beraumt d>e nächlle Sitzung aui Freitag 2.30 Uhr nachmittags mit der TO.: Aufmertungsgesetzs.

Die Sitzung schließ) mit einem ungeheuren Lärm. Nur langsam leert sich der Saal.

Das AustverrunxsHesLtz

91. Sitzung. Präsident Löbs schlägt vor, den ersten Punkt der Tagesordnung, das Gesetz über das .Tragen einer Militäruniform, abzusetzen, um die Erledigung der Auf­wertungsgesetze nicht zu stören, die bis zum 15. Juli verab­schiedet sein müssen.

Abg. o. Graefe (Völk.) widerspricht in erregtem Ton. Es seien ungeheuerliche Angriffe gegen die Offiziere des alten Heers gerichtet worden, die zurückgewiesen werden müßten. Als der Redner von Verleumdern und Landesverrätern spricht, erteilt ihm der Präsident eine Rüge. Das Unisorm- gesetz wird abgesetzt.

Cs folgt die 2. Lesung des Aufwertungsgesetzes.

Abg. Schetter (Z.) weist kurz auf die mühsame Arbeit des Ausschusses hin, wozu neue Anträge vorliegen.

Abg. Keil (Soz.) begründet die Aenderungsvorschläge der Sozialdemokraten. Durch die Kompromißvorschläge würden nur Bruchteile des alten Rechts wiederhergestellt. Der beste Weg sei die soziale Lösung. Das Kompromiß ließe die Rücksicht auf die Sparer und Rentner vermissen, zeige aber volles Verständnis für die Interessen der Jnflations- gewinnler (Unruhe rechts). Von staatsmännischem Geist sei in der ganzen Aufwertung kein Hauch zu verspüren- Es sei ein Skandal, daß die Regierungsparteien die sofortige Er­lassung der Jnflationsgewinne verhindert bsn. Der Redner fordert Auskunft von der Regierung über den Besitzstand an Anleihen.

Württemberg

Stuttgart, 10. Juli. Der Landtag in der Jagd­aus stellung. Die Mitglieder des Württ. Landtags besichtigten heute vormittag die sehr interessante Jagdaus­stellung im Stuttgarter Handelshof.

Verkehrspolizei. Das Polizeipräsidium hat jetzt damit be­gonnen, durch Beamte, die in Kraftwagen und auf Kraft­rädern fahren, Streifen auszusühren. Bei der ersten Streife, die am 3. Juli vorgenommen wurde, erfolgten 40 Beanstan­dungen: 15 Fahrer ohne Führerschein wurden der Staats­anwaltschaft zur Anzeige gebracht. Derartige Streifen wer­den wiederholt werden. ^

Die verlorenen Akten. Ein in derSchwäb. Tagwacht", vom 27. März 1923 über seinerzeitige Vorgänge im Land­tag erschienenes Stimmungsbild, das Beleidigungen des Abgeordneten und jetzigen Staatspräsidenten Bazille erhielt, gab der Staatsanwaltschaft Veranlassung zur Erhebung einer öffentlichen Beleidigungsklage gegen den verantwort­lichen Redakteur Johann Schlensog. Dieser wurde unterm 14. Mai 1924 zu einer Geldstrafe von 300 Goldmark ver­urteilt. Er erhob gegen dieses Urteil Berufung. In der Zwischenzeit gingen jedoch die Akten längere Zeit verloren: bei ihrem Wiederauffinden war die Sache als Pressebeleidi­gung bereits verjährt, so daß das Urteil jetzt von der Straf­kammer auf Antrag des Verteidigers aufgehoben wurde. Das Verfahren selbst wurde unter Uebernahme der Kosten auf die Staatskasse eingestellt.

Die zweite Fachausstellung von Erzeugnissen der württ. Textil- und Bekleidungsindustrie wird vom 6. bis einschl.' 13. September 1925 als erste Veranstaltung des aus Ver­tretern der einschlägigen württ. Industrie gebildeten Vereins Textil- und Bekleidungs-Ausstellung Stuttgart e. V." durchgeführt. Als Ausstellungsraum wird die neue Stadt­halle an der Neckar-Werderstraße zur Verfügung gestellt.

Die Echlerdinger Bauernbank. Das Große Schöffen­gericht hat den Inhaber der Echterdinger Bauernbank, Mößner zu 1 Jahr Gefängnis unter Anrechnung von einem Monat Untersuchungshaft verurteilt. Der Mitange­klagte Manz erhält für eine zweimonatige Gefängnisstrafe eine Probezeit von 2 Jahren zugebilligt, nach deren straf­losem Verlaus ihm die Strafe geschenkt wird. Die Be­gründung des Urteils besagt, daß Mößner sehr verwerflich aebandelt und die Unerfahrenheit der Bauern in gefchäft-

Samstag, 11. Juli 1925

klcher Hinsicht in gewissenloser Weise ausgenützt habe.' Da er noch nicht vorbestraft ist, wurden ihm mildernde Um­stände zugebilligt.

Vom Tage. In einem Hause der Tübinger Straße ver­übte ein 29 Jahre alter Kaufmann durch Einatmen von Gas einen Selbstmordversuch. Er konnte von Hausbewohnern noch rechtzeitig an seinem Vorhaben gehindert werden.

Aus dem Lazrde

Eßiingen, 10. Juli. Unfall beim Abbruch der Fe st Halle. Am Donnerstag stürzte der 24 Jahre alte Gustav Drechsel von Spiegelberg, der mit der Abnahme des Zeltdachs an der Festhalle beschäftigt war, infolge unge­nügender Selbstsicherung etwa 8 Meter hoch ab. Lr erlitt innere Verletzungen und mußte ins Krankenhaus überfühst werden.

Marbach. 10. Juli. Ueberfahren. Auf der Straße BeilsteinAuenstein wurde der 71 Jahre alte Landwirt Karl Kübler von Schmidhausen von einem Personenauto angefahren. Die Insassen des Wagens nahmen sich sofort um den Verunglückten an und verbrachten ihn ins Kranken­haus nach Marbach. Aus der Fahrt dorthin ist der betagte Mann gestorben.

He?renalb. 10. Juli. Das dritte Todesopfer. Der bei dem Autounglück schwer verletzte Führer des Autos, Oberamtsbaumeister Striebel aus Neuenbürg, ist jetzt auch gestorben, so daß das Unglück drei Todesopfer ge-, fordert hat.

Bottweil, 10. Juli. Meineid. Das Schwurgericht verurteilte den ledigen Mechaniker Otto Merz von Loßburg wegen Meineids zu 1 Jahr Zuchthaus und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von zwei Jahren.

Schwenningen, 10. Juli. Zur Stadtvorstands- w a h l. Die Kommunisten haben jetzt beschlossen, den kommu­nistischen Landtagsabgeordneten Karl Müller (Ravensburg) zum Stadtschultheitzen zu wählen.

Schramberg, 10. Juli. Starkstrom Verletzung. In Oberwolfach kam der Sobn des Bürgermeisters Bohle mit der Stromleitung in Berübrung und wurde durch den Schlag von der Leiter zu Boden geschleudert. Er erlitt schwere innere Verletzungen.

Ehingen a. D., 10. Juli. Neue Brücke. In einer ge­meinschaftlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien von Ehingen und Nasgenstadt wurde die sofortige Neuerstellung der Donaubrücke bei Nasgenstadt beschlossen. Die Notbrücke, die 1914 erbaut wurde, ist morsch geworden. Die Brücke ist auf 100 000 Mark veranschlagt, der Staat gibt ausnahms­weise einen Baukostenzuschuß von 330- v. H.

Berg, OA. Ravensburg, 10. Juli. Im selb st gefer­tigten Leichenwagen. Wagnermeister Georg Kor­deuter von Jntobel arbeitete fast ein Jahr lang nach eigenen Plänen an einem neuen Leichenwagen für seine Heimak- gemeinde- Als er damit fertig war, erkrankte er und starb, und so ist er der erste, der auf dem Leichenwagen zum Fried­hof geführt wird.

Tannheim, OA. Leutkirch, 10. Juli. Tod durch den elektrischen Strom. Bei Anstreicharbeiten an einem Neubau kam trotz vorheriger Warnung der 18 Jahre alte Malergeselle Willi Keck aus Mooshaufen der elektrischen Hausanschlußleitung zu nahe, jo daß Kurzschluß-entstand und Keck sofort tot war.

' Langenargen a. B-, 10. Juli. Ertrunken. Mittwoch abend begab sich der 13 Jahre alte Sohn August des Fischer­meisters Jäger zum Baden in den Werkkanal. Während des Badens wurde der Knabe in den See infolge plötzlichen Eintritts größerer Wossermasssn in den Werkkanal abgetrie­ben. Trotz eifrigen Suchens ist es bis jetzt nicht gelungen, die Leiche des Knaben zu fin^m.

Winnenden, 8. Juli. Was lange währt . . . Eine Postkarte, die nicht weniger als nahezu 13 Jahre von Crails­heim nach Winnenden brauchte, traf kürzlich hier beim Adres­saten ein. Die Karte trägt die StempelCrailsheim, 26. Sept. 12" undWinnenden, 3. Juni 25". Wo sie in dieser langen Zeit geblieben ist, ist schwer zu sagen. Jedenfalls ist sie da oder dort in einem verborgenen Ort stecken geblieben und erst nach und nach zum Vorschein gekommen.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 11. Juli 1925.

Sind wir nicht Flammen, welche rastlos brenne« Und alles alles, was sie auch umwinden,

Verzehren nur, doch nichts umarmen können?

Zum Sonntaa

Ein gutes Zeichen unserer Zeit ist es, daß ihr starker Zug zum Erkennen und Verstehen sich immer mehr dem Menschen und feinem inneren Leben zuwendet. Dies Streben muß zum Eingangstor für die Liebe werden.Je mehr Er­kennen, desto mehr Liebe". Jugendführer und Seelsorger, Aerzte und Richter haben ihre Pflicht erkannt, sich verstehend einzufühlen in das Wesen der Menschen, mit denen sie es zu tun haben. Und alles verstehen heißt durchaus nicht: alles gehen lassen, sondern: mit liebender Hand, mit geschickte Hand, nachhelfen, zurechthelfen, strafen, wo solches notkt Noch sind wir weit entfernt von einer vollendeten Kunst de? Verstehens. Am meisten fehlt sie noch dem öffentliche" Leben, auf politischem und religiösem Gebiet. Das wird immer ein steiniger Boden bleiben. Aber wachsendes Ver­stehen sollte uns wenigstens dahin bringen, daß wir Ke Mahnung befolgen können:Wenn ihr einander nicht lieben könnt, so laßt einander doch wenigstens gelten".

Postalisches. Nach einer Verfügung des Reichspostmini- steriums .müssen Paketaufschriften, soweit dazu Tinten st's verwendet ist, auf vorher angefeuchteter Schreibfläche Hergeste ^ sein. Pakete mit Aufschriften, die dieser Bestimmung mcht ent­sprechen, werden den Auflieferern zur Beseitigung des Mange » zurückgegeben. Es dürfte sich empfehlen,"zu Aufschriften all Art Tintenstifte nicht zu verwenden, weil deren mattglanzen Schrift besonders bei künstlichem Licht schwer Ist.

ist, ein Umstand, der das Verteilungsgeschäft wesentlich erschw

und verlangsamt.

Mittelstandsfragen. Der Württembergische Mittelstands bund wählte an Stelle des verstorbenen Richprd Knoll Buch- druckereibesitzer Heinrich Fink zum 1. Vorsitzenden. Ter Ausschuß beschloß den Anschluß an den Reichsdeutsche" Schutz-Verband für Handel und Gewerbe (Sitz Braun- scbweig). Weitere Verhandlungen betrafen die Errichtung einer Sterbekasse für die Mitglieder des Bunds.

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