Sette 4 - Nr. 14S

Die deutschen Stämme

Die Kundgebungen bei -er Rheinlandfeier sind ein ein­drucksvolles Zeugnis für die Besinnung der deutschen Stämme auf ihre Eigenart und ihre GemerrHamkeit. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit» das den Franken mit dem Alemannen oder den Sachsen mit den Bayer» verbuchet; offenbart sich gerade aus den Verschiedenheiten heraus» die doch von der gleichen Grundmelodie des Charakters und des Schicksals übertönt werden. Rur aus dem Verständnis für die einzelnen Stämme wird das Gefühl der höheren Einheit geboren, und deshalb ist es besonders wichtig, daß sich die Wissenschaft dem lange vernachlässigten Studium der ein­zelnen deutschen Volksgruppen zuwendet. Bahnbrechend hat in dieser Hinsicht der Hiterorhistoriker Joseph Nadler gewirkt, der in seiner Literaturgeschichte aus dem Schrifttum der deutschen Stämme und Landschaften ihre eigentümliche Ent­wicklung, ihre besondere Geistesart, dargestellt und zu einem großen Gesamtbild vereinigt hat. Der Psychologie der deut­schen Stämme widmet dieser Gelehrte nun ein interessantes Buch, das in der Reihe derPhilosophischen Taschenbücher" von Fromanns Verlag zu Stuttgart erscheint.

Nadler teilt das deutsche Volk in zwei Gruppen, die römische Gruppe", die von der antiken Kultur befruchtet wurde und das Mutterland darstellt, und dieunrömische Gruppe", die aus den Sachsen und dem Siedelvolk der Ost­mitteldeutschen und Ostniederdeutschen besteht. Vnzelne Pro­ben seiner Charakteristiken seien hier angeführt. So schreibt er von den Franken:Im sränkischen Volk hat sich das tiefste Mnsterium Europas vollendet, seit uns die Kenntnis dieses Erdteils leuchtet. Fränkisches Blut und fränkischer Geist baden das antike Europa empfangen und daraus das neue Europa gezeugt. Frankreich hat von ihm empfangen, was es seit dem 8. Jahrhundert wirkte, es hat vom Franken seinen Namen geliehen zum unauslöschlichen Wahrzeichen. Durch 1000 Jahre empörte sich der Bastard wider sein uner­wünschtes Blut in immer neuen hysterischen Ausbrüchen gegen ein Unabwendbares, der widerwillig Beschenkte gegen den großen fränkschen Schwung, durch den er aus seinem gallischen Winkeldasein aufgerissen wurde. Der Franke hat dem Deutschen die äußere und innere Form gegeben. Frän­kische Schöpfung ist die klassische Bildung des Deutschen."

Dem fränkischen Formaeist stehen die Alemannen (Schwa­ben)als das Volk des Innenlebens, des Gehaltes und der Gedankenschövfung gegenüber, einwärts hei allem, was sie schufen. Der Alemanne bat dem deutschen Volk in immer neuen Zeiträumen religiöse Erlebnisse erreot. Und im Gegen­saß zu den rveltbüraerlichen Formen des Franken war der alemanniscbe Beitrag rum deutschen Geiste immer b-barr- licher deutsch". Die Alemannen sinddos ausgeprägteste Staatsnolk. das es unter den Deutschen gibt. Alemannischer Herkunft waren die geschlossensten, gewaltigsten Herrscher­aeschlechter, die sich je auf so engem Raum getummelt haben." Die Bayern dagegen lind ein ausgesprochenes Bauernnolk, das sich allein unter allen Deutschen in staatlicher Geschlossen­heit entwickelte.In den beiden FUrstenstädten München und Wien fand das bayerische Volk Mittelpunkte seiner eigen­tümlichen Kultur, wie kein anderer der deutschen Stämme. In diesen Mittelpunkten erhöhte sich sein eiaenes Leben durch Mcnschenalter zu weltweiter Bedeutung. Und so ergab sich das wunderbare, unneral-ichliche Schauspiel, daß sich bier eine durchaus bäuerliche Kunst von untenher und eine höfi­sche Weltkunst von obenher begegneten und einander schöp­ferisch durchdrungen.

Die Tbürinaer sind beute der kleinste der deutschen

_ Nagolder Tag blatt »Der Gesellschafter"

S ^mme, der seine Kräfte als eine Art Sauerteig überall hin abgegeben hat: sie sind hauptsächlich an dem ostdeutschen Siedelwerk beteiligt und führen über den Sachsen, die das enalische Reich geschaffen haben, wie die Franken das fran­zösische.In der fränkisch-romanischen und sächsisch-enasischen Kulturschöpfunq und Staatsbilduna stehen einander Rücken an Rücken zwei germanische Weltwürfe gegenüber." Sächsisch ist auch das ostdeutsche Siedelwerk, das dann zu den viel­fältig gemischten Stämmen der Ostmitteldeutfchen und Ost- niederdeutschen führte, die die allgemeine deutsche Kultur, aus der st» m einem ..Blutchavs" geschaffen wurden, wieder so mannigfaltig befruchtet, vertieft und gesteigert haben.

Sport

Der Sonntag brachte in Württemberg zwei bedeutsame wasser­sportliche Veransta tungen; m Stuttgart di« internationale Regatta der Stuttgarter Rudergesellschast (bei der eine Mannschaft aus Triest antrat, gegen die sich der Ulmer Ruderklub Donau gut behaupten konnte, er gewann sogar den Württemberg-Vierer), in Göppin­gen war ein großes internationales Schwimmfest, bei dem neben den namhaftesten deutschen Schwimmern auch ungarische Msister- schwimmer und Wasserballspieler in Wettbewerb kamen. In Stutt­gart fanden nationale leichtathletische Wettkämpfe unter starker Be­teiligung der württembergischen, badischen und pfälzischen Leicht­athletik statt.

Im Fußball interessiert vor allem das in Mannheim ausgetra­gene Pokalspiel zwischen dem dortigen VfR. und den Stuttgarter Kickers, das nach Verlängerung mit 2:2 unentschieden endete. Son­stige wichtige Ergebnisse: VfB. Stuttgart 93 SpVgg. Schramberg 1:0: Freiburger FC. MTK. Budapest 3:3: 1- FC. Nürnberg spVgg. Fürth 2:0: Wacker München FTC. Budapest 3:1: Offen- oacher Kickers Eintracht Frankfurt 2:2: KFV. Phönix Lud­wigsburg 4:2; VfB. Karlsruhe FV. Niefern 1:1: VfR. Schwen­ningen SpC. Freiburg 2:5; Reutlingen OS Viktoria Untertürk­heim 1:3; Gablenberg Obertürkheim 2:2; Sontheim Unter­grombach 0:1.

Bei den südwestdeutschen Hochschulmeisterschaften in Heidelberg wurde die Technische Hochschule Stuttgart siebenfacher südwestdeut­scher Hochschulmeister.

Handel und Volkswirtschaft

Die Wirtschaftsnot im Kohlenbergbau. Abgesehen vr bekannten Beschlüssen der Auhrzeche Rheinpreutzen sind o-a- .n den übrigen Revieren des Steinkohlenbergbaues umfangreiche Arbeiierenttassungen ausgesprochen worden. Beim Reichsarbelis- minister liegen Anträge aus 16 Einzelrevieren behufs Genehmi­gung von Betriebseinschränkungen und Arbeiterentiassungen vor

Ein deusch-französischer Eisenskahltrust? Ein Pariser Blatt will aus guter Quelle erfahren haben, daß die deutschen und s.anzösischen industriellen über die Bildung eines großen Eisen, stahltrusts ein Einvernehmen getroffen hätten, indem sie sich dir Belieferung der Märkte vorbehielten. Aufträge von auswärti­gen Ländern würden zwischen Deutschland und Frankreich in einem bestimmten Verhältnis aufgeteilt werden. Ein Syndikat werde die Erzeugung und die Lieferung von Koks aus dem Ruhr- geblek für die Fabriken regeln.

Ford in Danzig. Nach der Meldung eines Londoner Plattes hat 0er amerikanische Automobilkönig Ford die Schichauwerft in Dan­zig. die vor dem Kriege deutsche Kriegsschiffe baute, gekauft.

Die italienische Getreidernte. Nach den Berechnungen des Wirtschaflsministeriums in Rom wird die italienische Getreide­ernte im Zähre 1928 61 Millionen Zentner betragen, d. h. IS Millionen mehr als 1924 und 14 Millionen mehr als die Durch­schnittsernte in normalen Zähren.

Dienstag, 30. Juni 1925

Stuttgarter Börse. 29. Jum. Die heutige Börse verlief in lehr ruhiger Haltung bei gut behaupteten Kursen. Einige Werte Hobe» müßige Erhöhungen aufzuweisen. Der Schluß war aus auswärtige höhere Kursmeldungen hin etwas besestigr; der Rentenmvrkt kaum verändert. Sprozentige Reichsanleihe 0,410.

Wllrtt. Bereinsbank, Filiale der Deiitschen Bank.

Berliner Goldmark, 29. Zuni. Tägl. Geld 8,810,5 a. Monalsgeld 10,5-11,8 v. H. Geld für einige Tage über deü Ultimo 11 v. H. Privatdiskont für kurze Sichten 7,875 Uttlm» für lange Sichten 7,75.

Berliner Altmetalle, 27. Zuni. Elektrolyt handelsübl. M 114; Tiegel unverzinkt Schwerkupfer 107, 113; handelsübl. Äol- guß 95, 100, handelsübl. Rolguhspäne 82, 87; reine Messina abfälle 90, 95; Schwermessing handelsübl. 78, 82; Messingschrom benspäne handelsübl, 77, 81; altes Weißblei 54, 57; Altünn handelsübl. 44, 48; Aluminiumadfäll« IW, 2W.

Berliner Gelreidepreise, 29. Zuni. Weizen mark. 26 W M 26,90, Roggen mark. 21,99 bis 22,30, Wintergerste 20 40 bis 21,80 Futlergerstc 20,40 bis 21,80, Hafer mark. 23,10 bis 23 W Weizenmehl 34 bis 36,5, Aoqqenmehl 29,75 bis 31, Weizenklei» 13 bis 13,2, Aoggenkleie 14, Raps 350 bis 365.

FruchtpresierG i e n g e n a.B.: Weizen 13, Haber 11.90.it.-. Nagold: Weizen 12.5012.80, Haber 1012 -ll, Tübin­gen: Dinkel 9.20, Haber 911, alt 12.70, Auslondshaber 12 Weizen 12-13.50, Gerste 12.501t.

Märkte

Biehpreise. Munderkingen: Pferde 210725 Ochsen 350 bis 660, Farren 230610, Kühe 240380, Kalbeln 4»0 bis 740, Rinder 183390, Mutterschweine 170185. Läuter 45-50 Milchschweine 25331t.

Schweineprelse. Aulendorf: Milchschweine 6070 -H. Bop fingen: Läufer 110120, Saugschweine 5070 -ü. Crailsheim: Läufer IW170, Milchschweine 4878 -Zl. E l la n g e n: Ferkel 5070 -4t. Güglingen: Mrlch- schweine 4060, Läufer 92150 -K. Künzelsau: Milch­schweine 55 bis 80, Läufer 115ll. Oehringen: Mlch- schweine 5580 .1t. Spaichingen: Milchschweine 50 bis 70 -1t, je das Paar

Devisenkurse in Reichsmark

Berlin

Holland

100 Tuld

Velp!?n

100 Fr.

Ro: wegen

100 Kr

Dänemark

100 Kr

öchweden

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Italien

100 Lira

London I Pfd. Sterl^

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1 Dollar

Paris

100 Fr

Schmelz

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Spanien

100 Peseta

Ö.-Oesterr.

100 Schill.

Prag

100 Kr,

Ungarn

100 000 tt,

Argentinien

1 Peso

Tokio

1 Ren

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Das Wetter

Der Hochdruck !m Norden kommt nicht zur vollen Kettung, weil sich über Mitteleuropa immer noch vere nzelte u-eiltiefs be­finden. Für Mittwoch und Donnerstag ist wohl mehrfach oaf- hcilerndes, aber zu vereinzelten Strichregen geneitzbrs Weiter zu erwarten.

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In tiefer Trauer:

Matthäus Reute, Oberpostschaffner a. D.

mit Kindern.

Beerdigung: Mittwoch mittag 1 Uhr.

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