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Skagolder Tagblatt «Der Gesellschafter-
Di« Kämpfe in Marokko
Paris. 24. Juni. Nach einer Meldung aus Madrid har der Druck, den der Feind gegen die spanische Westfront m Marokko ausäbt, in der Zone von Tetuan zu deftigen An- Weche« gegen die spanischen Linien geführt. Der amtliche zranzösische Bericht besagt, daß die feindlichen Truppen, die am 20. Juni nördlich von Ouezzan die operierenden Truppen angegriffen hatten, gestern ihre Angriffe unter Ausnutzung des sehr unebenen Gelärmes err. rte«. Die Angriffe richteten sich gegen die Proviantzüge und wurden «M Unterstützung der Flieger schließlich .zurückgeschlagen.
Zustiitznax der Lage ü» Etzma
Landau, 24. Juni. Nach einer Reutermeldung aus Hangdang richtete der britische Generalkcnsul van Lmkto« an die Tantonregierung eine Rote, in der er die Behörden r Jedem Versuch, in die englische Shameen-Konzessiorn^ae ernzadrlngen, ernst warnte. Es würde mit Waffengewalt Widerstand geleistet werden und man würde unweigerlich die Regierung für alle entscheidenden Folgen rankworklich machen. Die Rote fügt hinzu, falls der chinesische Pöbel Gewalttätigkeiten beginge, das vergossene Blut über die Häupter jener käme, die die Massen zu Gewalttaten aufgereizt hätten.
Rach einer Neuyorker Meldung hat der amerikanische Aonfuk an alle Amerikaner die Aufforderung ergehen lassen, die Stadt Canton zu verlassen. Alle Züge nach den chinesischen Grenzen sind mit Flüchtlingen überfüllt. Auf zahlreichen Plakaten wir- die Bevölkerung aufgefordert, die Engländer totzufchtagen.
Die chinesische Botschaft in Berlin hat zuverlässige Meldungen erhalten, wonach auch die chinesischen Truppen- verbände die sofortige Entfernung der Engländer und Japaner aus China verlangen.
Die portugiesische Regierung hak ein Kriegsschiff nach Macao gesandt, weil sie befürchtet, daß die chinesischen Un- ruben auch auf die portugiesische Kolonie übergreifen könnten.
Deutscher Reichstag
Bei der zweiten Beratung des von den Sozialdemokraten eingebrachten Gesetzentwurfs zur Verlängerung der Dauer der Erwerbslofenunterstützung im besetzten Gebiet, wird in namentlicher Abstimmung der Ausfchußantrag, den foz. Entwurf abzulehnen, mit 199 gegen 158 Stimmen angenommen und der Antrag der Kommunisten abgelehnk.
Es folgt die zweite Beratung der von den Soz. und den Dem. eingebrachten Gesetzentwürfe, die die Pachtschutzordnung vom 9. Juni 1920 in verschiedenen Punkten abändern, um den Schutz der kleinen Pächter zu verstärken. Der Ausschuß für Wohnungswesen hat einige andere Fassungen beschlossen. Auf Antrag des Zentrums wird einstimmig beschlossen, daß die Berlängerungsmöglichkeit der Pachtungen unter 10 Hektar sich auch auf Sammelpachtverträge erstrecken soll, wenn der einzelne Pächter nicht mehr als 10 Hektar bewirtschaftet. Die geltende Pachtschutzordnung bestimmt, daß, wenn das Pachteinigungsamt einen Vertrag verlängert, es - zugleich auf Antrag des Verpächters den Pachtzins neu festzusetzen hat. Der Ausschuß beantragt, die Worte „des Verpächters" zu streichen, doch wird in namentlicher Abstimmung der Ausschußantrag mit 219 gegen 147 Stimmen abgelehnt. In Bezug auf Heuerlingsverträge wird auf Antrag des Zentrums beschlossen: „Liegt durch Verschulden des z. Zt. Arbeitspfkichtigen (Heuerlings) ein wichtigor Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor, so darf von der Befugnis, einen solchen Vertrag zu verlängern oder feine Kündigung für unwirksam zu erklären, kein Gebrauch gemacht werden." Die namentliche Abstimmung über den foz. Antrag, die Befristung der Verlängerung der Pachtfchutzordnung bis zum 30. Sept. 1927 zu streichen, sie also zu einer dauernden zu machen, ergibt dis Ablehnung des Antrags mit 219 gegen 146 Stimmen bei 1 Enthaltung. Der Ausschußantrag auf Verlängerung bis 30. Sept. 1927 wird dagegen angenommen. Eine nament- kche Abstimmung über einen dem. Antrag, die Bestimmung in der geltenden Pachtfchutzordnung zu streichen, wonach die feit 1. März 1924 abgeschlossenen Verträge nicht darunter fallen sollen, ergibt die Annahme des Antrags mit 185 gegen 180 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Im übrigen werden die Ausschußbeschlüffe bestätigt.
Daraus wird in erster Beratung die zweite Ergänzung zum Haushalt des Reichswehrministeriums für 1925 dem Haushaltsausschuß überwiesen.
Erste Lesung der Zollvorlage
Reichsfinanzminister von Schlieben weist darauf hin, daß der Reichsrat der Vorlage bereits zugestimmt habe. Es kann wohl nicht bestritten werden, daß unser seit bald 25 Jahren geltender Zolltarif veraltet ist. Die Negierung legt Wert darauf, daß die Vorlage mit allergrößter Beschleunigung erlassen wird, da sonst die schon eingeleiteten Handelsoertragsverhandlungen zum Stillstand kommen mMen. Die Reichsregierung hat bei der Verfolgung ihres Ziels, den Zolltarif zu modernisieren, sich auf das beschränkt, was in kurzer Zeit erreichbar ist. Sie hat auch die Gliederung des Tarifs nur dort geändert, wo ein unaufschiebbares wirtschaftliches Bedürfnis dazu vorliegt. Auch bei der Revision der Sätze hat sie sich auf das unbedingt Erforderliche beschränkt. Eine gründliche Neuregelung ist der großen Zoll- tarifreoifion Vorbehalten. Es muß aufgeräumt werden, so erklärt der Minister weiter, mit dem Rest der Kriegsmaßnahmen, durch die für eine große Reihe von Erzeugnissen in jenen Zeiten der Zwangswirtschaft der Zoll vorübergehend aufgehoben worden ist. Es ist die Pflicht und die Aufgabe der Reichsregierung, durch Wiedereinführung argrarifcher Zölle folgenden beiden wichtigen Zielen zu entsprechen: 1. Das notwendige Rüstzeug in Form von Berhandlungszöllen ;u schaffen, die wir brauchen, um mit anderen Ländern, namentlich Ländern bedeutender landwirtschaftlicher Produktion, unserer Ausfuhr forderliche Tarifverträge abschließsn zu können. 2. Der Landwirtschaft, als einem so überaus bedeutenden Faktor der nationalen Arbeit, denjenigen Schutz z» sichern, der ihr aus Gründen der Gleichberechtigung gegenüber den Jndustriezöllen gewährt werden muß, wenn nicht gefährliche Störung des Gleichgewichts die Folge sein soll. Es geschieht das unter weitgehender Rücksichtnahme auf die Verbraucherschaft (lautes Lachen links), deren dauerndes Interesse jedoch mit dem Bestehen einer intensiven und leistungsfähigen Landwirtschaft durchaus verbunden ist.
Abg. Wiffell (Soz.) erklärt, seine Fraktion denke nicht daran, diese Zollvorlage mitzumachen.
Württemberg
Sluttgart. 24. Juni. Ein Abschiedsgruß. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft hebt, nachdem sie nunmehr ihre Tore geschlossen hat, in einer Zuschrift hervor,, »aß die Ausstellung in allen ihren drei Abteilungen: Tieren, Erzeugnissen und Geräten, ihren Zweck, die deutsche Landwirtschaft zur Förderung der Technik anguregen und auch dem Städter einen Einblick in die Produktionsverhältnisse der Landwirtschaft zu verschaffen, voll erfüllt hat. Die Zuschrift erwähnt die glänzenden Leistungen der Reichsbahn und der Verkehrseinrichtungen der Stadt und rechnet mit einer Besucherzahl von etwa 230000 wie im Jahr 1908. Leider reicht dieser Besuch nicht aus, um die Kosten der Ausstellung voll zu decken, so daß die D.L.G. mit einem Abmangel von IG)—150000 »tl rechnet. Die Gesellschaft wird diesen Zuschuß gern tragen in der Ueberzeugung, daß die Ausstellung m dem Heimatland ihres Gründers Max Eyth ihren gemeinnützigen Zweck erfüllt und reiche Anregung zur Förderung der Landwirtschaft im ganzen Reich gegeben hat.
Der Finanzausschuß beriet den Kultetat und lehnte einen Antrag Schees (Dem.) ab, einen Oberrechnungsrat der Gruppe X zum Regierungsrat dieser Gruppe zu ernennen. Kultminister Bazille teilte mit, daß die Vorbereitungen füx die Eingliederung der Oberfchulbehörden ins Ministerium im Gange seien und daß diese Frage in Verbindung mit der Staatsvereinfachung im Laufe des Winters den Landtag beschäftigen werde. Bei den Kapiteln 41 bis 47 R»er die Leistungen an die Kirche erklärte der Minister auf die Ausführungen von verschiedener Seite, daß die Klarstellung der Rechtslage schwierig sei. Man müsse die bestehenden Bestimmungen in der Praxis loyal anwenden. Beim Kap. 48 (Universitäten) wurde ein Antrag Heymann (Soz.) aus stärkere Berücksichtigung -es Genossenschaftswesens in der Wirtschaft angenommen, desgl. ein Antrag aller Parteien auf Berücksichtigung der Auslandskunde an der Universität und an der Technischen Hochschule. Bei den Kapiteln 55 und 56, Höhere Schulen, wurde ein Antrag Scheef-Dr. v. Hieber (Dem.) mit 8 gegen 6 Stimmen abgelehnt, im Haushaltplan für 1925 die Stellenanforderung auch bezüglich der höheren Lehrer nach dem Grundsatz der Sechstelung zu gestalten und dabei ein volles Sechstel der Gesamtstellenzahl in Gruppe XU einzustufen. Finanzmrnister Dr. Dehlinger hatte darauf binaewielen. daß der Antraa finanziell unmöalich
Donnerstag, <35. Juni 1825
sei. Man könne auch nicht Lehrer an^kleineren Anstalten m Gruppe XII einstufen, während andere Bsmntenkateaorien am gleichen Ort tiefer eingestuft seien. Die Ausführungen von Prof. Dr. Haller über das höhere Schulwesen wurden von einem Redner des Zentrums entschieden zurückgewiesen Die Kurzstunde erregte bei mehreren Rednern lebhafte 8^ denken. Auf die Ueberfüllung der höheren Schulen wurde ebenfalls hingewiesen.
a. D. Otto Schairer ist im Älter von 75 Jahren nack längerem Leiden aestorben. Der Verstorbene war bi« ^ sechs Jahren am Karlsgymnasium tätig, 23 Jahre lang fitzender des Stuttgarter Liederkranzes und wurde bei deffe,° Hundertjahrfeier zum Ehrenvorsitzenden ernannt; ferner wru er Ehrenmitglied einer ganzen Reihe Gesangvereine, Viv- präsident des Schwab. Sängerbundes und langjähriges fchußmitglied des Deutschen Sängerbundes. Bekannt wurde er auch durch feine Hymne „Deutschland, dir mein Vaterland", die beim vorjährigen Sänqerfest in Hannover jungen wurde und heute zum deutschen Liederschatz geM
Ein Lehrstuhl für Auslandskunde an Universität Technischer Hochschule. Die Abg. Dr. Hölscher, Dr. LeL wänger, Roos, Dr. Scheermann, Küchle, Dr. EaelbaT Schees, Dr. Sieger und Dr. Wider brachten im LaiM« einen Antrag auf Errichtung eines Lehrstuhls für Kunde k- Auslandsdeutfchtums an der Universität Tübingen und der Technischen Hochschule Stuttgart ein.
Heilbronn. 24. Zrmi. Verbandstag der Friseur- neister. Der Verband württ. Frifeurmeister hielt hier i, 'er „Harmonie", seinen Verbandstaa unter Vorsitz von icmdsvorfihender Wolf ab. ""
Am 16. und 17. Juni fand die zahlreich besuchte 3ahr-s. lerfammlung des württ. Forstvereins in Heilbronn ftM ^ )er auch Finanzminister Dr. Dehlinger erschienen war Ls wurde eine ausgedehnte Lehrwanderung in den Forst-' sezirk Güglingen unternommen, eine Gegend, die für die Forstwirtschaft des württ. Unterlands äußerst interessant ist
Iagstfeld, 24. Juni. Neckar brücke. Die Handels- cammer Heidelberg und die badische Landwirtsckaftskam«er Karlsruhe haben einmütig die Erstellung einer NeckarbM» zwischen Wimpfen und Jagstfeld als ein äußerst dringendes Lerkehrsbedürfnis erachtet und das si ich. die Landesregierungen in Hessen, Württemberg und Baden dringend er- lucht, die Neckarbrücke in möglichster Bälde zu erstellen
Mengen. 24. Juni. Tödlicher Unglücksfall. Der ledige 24 Jahre alte Arbeiter Hans Burth von Moosheim blieb beim Abkuppeln eines Wagens an einer Leitschiene hängen, es wurde ihm der rechte Fuß abgefahren. Er ist seinen schweren Verletzungen erlegen.
5sny, 24. Juni. Schwerer Sturz vom Motorrad. Beim Ausweichen vor einem Milchauto in der Nähe von Opfenbach stürzte der 20jährige Georg Lehenberger von hier so unglücklich von seinem Motorrad, daß er mit doppeltem Schädelbruch über eine Stunde bewußtlos liegen blieb. Sein Zustand ist besorgniserregend.
Taihsrm OA. Tuttlingen, 24. Juni. Selbstmsrd. Die verh. 39 Jahre alte Brauersehefrau Anna Trion hak sich mit einem Beil die Hand abgehauen und dann mit dem Rasiermesser die Kehle durchschnitten. Zufolge des großen Blutverlust war sie sofort tot. Da die Familie in den besten Verhältnissen lebt und die Ehe die glücklichste war, muß die Tal dr einem Augenblick geistiger Umnachtung begangen worden sein.
Reutlingen, 24. Juni. Verhaftungen. In dm letzten Tagen wurden hier fünf Chinesen verhaftet wegw Uebertretung der Gewerbepolizeiverordnung. Sie hatten chinesische Waren vertrieben, ohne im Besitz eines Wandergewerbescheins zu fein. Einige Chinesen werden noch gesucht.
Sigmaringen, 24. Juni. Autoräser ei. Bei der Kurve vor der Bahnüberführung auf der Landstraße nach Sigmaringendorf verlor der Führer eines Autos die Herrschaft über den Wagen und prallte an einen Baum. Die Insassen wurden aus dem Wagen geschleudert, das Auto vollständig zertrümmert. Der Führer Hans Alber vou Tiergarten wurde durch Glassplitter verletzt. Ein Mitfahrer erlitt eine schwere Knieverletzung und mußte in die Klinik verbracht werden, ein zweiter kam mit leichteren Verletzungen davon. Der Wagen ist Eigentum des Holzhänd- lers Roos in Mengen.
Der Bismarck von Kerschken
26) Ein lustiger Roman von FritzSkowronuek
US« k»x »,rl »ö-ikr ». Lv., Berlin V I«
rnachdrolk oerSokn.1
> Franz Sam schnell Herd«. „Recht gern, Meister. Was soll ich?"
„Sie so»« den Bismarck spiele». Ja, ja. «, allem Ernst. Sie M«, jetzt ans zu arbeiten, zieh« sich Ihr« Bratenrock an und tzthen in die Kneipe. Da sitzt Ihr ArenNd Riedelsberger, -er wirble Sache schon schieben."
„Aber Sie, Herr Meyhöfer?"
„Ich Hobe den Dickköpfeu eben erüärt, daß ich nicht mehr
mittne."
„Unter dies« Umstand« will ich gern für Sie einspring«, Monster."
„Lun noch «ins: Sie muff« sich aber mir gegenüber verpflichten, -aß Sie dem Napoleon abends «ine gesalzene Tracht Prügel verabreiche». Was der Spaß etwa kosten sollte, bez<chl' ich . . . Natürlich darf niemand vorher ahne», was am Abend passieren wirb."
Franz kraute sich verlege» im Haar. „Ja, wem, der Stromer nicht «manscht wäre . .
„Ach, das ist doch ganz «gal. Da wird irgend «in Tagelöhner sein, den sie jetzt in die Uniform steck«. Ich will mich auch sonst «r- tzennttich zeig«. Was beanspruch« Sie dafür?"
In Franzens Auge» leuchtet« es auf. „Herr Meister, ich hätte schon «inen Wunsch. Wenn Sie mir die Schmiede verpacht« wollten .. ."
„Hm, die Schmiede verpacht« .. . Gut, Sie sollen sie Hab« ... Hier Hab« Sie meine Hand daraus."
Frendig schlug Franz ein. Er war am Ziel seiner Wünsche. And das Glück war wie aus den Wolle» gefalle». Der Kerl, dem er das Leder versohlte, wind« sich schon durch ein Stück Gel- trösten laß« . . . Meyhöfer würde dafür aufkmnmen. . .
In sehr vergnügter Stimmung kam der Schläze nach Hause. Sein« Frau wmckerte sich darüber schon und noch mehr, daß er Ihr lochend mitteilte, er habe die Rolle des Bismarck nledergeleg: »nd an sein« Gesell« abgegeben. Er ärgerte sich auch gar nicht, at» er Roon »nd Mottl« mit Riedelsberger zur Stadt fahr« sich. Nat ü r l ich zum Landrat. Run brauchte er das Verbot gar nicht zu «eüHen »nd hatte dann «in« Beschwerdegrund, daß der Sandrat h> seine Bchugnitze ««griff. ohne dich «ine Veranlagung dazu vor-
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Die Kunde, daß der Schulze nicht mehr den Bismarck spielen wollt«, war wie ein Lauffeuer ins Dorf gedrungen und hatte di« größt« Aufregung hervorgerufen. Am meisten unter den Tagelöhnern. unter denen Meyhöfer einen großen Anhang hatte. Sie waren finanziell so gut wie gar nicht an der Sedanfeier beteiligt. Sie erhielten aus der Gemeindekaffe für ihre kriegerisch« Tätigkeit den doppelten Lohn für zwei Tage ausgezahlt und reichlich Freibier.
Was verdienten aber die Bauer» dagegen! Erstens bekamen sie der- Flurschaden reichlich ersetzt, zweitens richtete jeder für di« zwei Tage einen Bierausschank ein, der viel Gell» abwarf, fast ebensoviel wurde mit Kaffee, Zigarr« und belegt« Broten verdient. Rur der Schutze verschmähte dies« Nebenerwerb und Riedelsberger bewirtet« sogar die ganze französische Armee, di« seinen Hof verteidigte, den ganz« Tag unentgeltlich aber reichlich mit Speise und Trank.
Gegen diese beiden konnte sich also di« Mißstimmung der Tagelöhner nicht richten. Run hatten es die dickköpfig« Bauern so weit gebracht, daß er nicht mehr mitspielen wollte. Was würden di« Fremden dazu sag«? Bismarck war doch auch in Kerschken di« Hauptperson bei der ganz« Geschichte. Urül die ander« Hauptperson, der Napoleon, war auch noch nicht vorhanden.
Leidereiter war vou Haus zu Haus gegangen und hatte einen Napoleon gesucht. Aber alle Tagelöhner, ja selbst die Knechte, weigert« sich diel« Rolle zu übernehmen. Sie traut« dem Frieren «ich, obwohl der Gemeindebeamte Stein und Bein schwor, daß nicht geprügelt werben sollte. Manche hielt« es auch für einen schlau ausgeklügelten Schachzug der Bauern, enen Napoleon zu gewinn«, und den Rücktritt des Schulz« für «in Scheinmanöver. Am Sedan tag würde er doch wieder auf dem Plan erschein«!
Di« Deputation, di« beim Landrat gewesen war, kam gegen Abend zurück. Sie brachte gut« Bescheid. Das Fest sollte in der üblichen Werse, wie bisher, ohne jede Einschränkung gefeiert werde«. In einem Schreiben, das sie nnibrachten, legt« der Landrat dem Schulze nahe, von jeder Beschränkung der Festlichkeit Abstand zu nehmen.
In der Kneipe stieß Riedelsberger auf Wittstock. Bei seinem Anblick stutzte er, denn Franz hatte sich eben von Fidutzki den Knebelbart abnehmm lass«. Mit feinem groß« Schnurrbart hatte er jetzt «n« entschieden« Sehnlichkeit mit Bismarck.
Rasch trat «r auf ihn zu. „Franz, wolle« Sie mir «in« Gefallen tun?"
„Sehr gern, Herr Riedelsberger."
„Wollen Sie den Bismarck spielen?"
„Wenn's sein muß, weshalb nicht?" .
„Das ist recht von Ihn«. Nun sir>L wir die eine Sorge los.
Di« große Krugstube bei Roon hatte sich gegen Abend mit Gästen gefüllt. Und immer mehr kamen hinzu, wie es in solchen aufgeregt« Zeitläuften zu gehen pflegt. Der Saal mußt« geöffnet werden. Es wtr eine richtige Volksversamml-ung geworden " die Ereigmfs« der letzt« Tage heftig erörtert wurden.
Unter dies« Umständen hielt« es die Heerführer für geboten, von dem Ergebnis ihrer Fahrt zum Landrat dem Volke Witteitunzu machen.
Riedelsberger übernahm den Vorsitz und gebot mit seiner mach tigere Stimm« Ruhe. Dann trat Moltk« vor und begann:
„Es ist unserem Schutzen nicht gelungen, ein« Napoleon M find«, well sich jeder vor der Tracht Schläge fürchtet. Wir stfi deshalb der Meinung, daß wir, wie es stMer geschehen ist, ^ Schlacht auch ohne Prügelei aufführ«. ..."
„Aber schöner ist «s, wenn Napoleon Schacht kriegt," rief Knecht dazwischen.
Schlagfertig fuhr Moktk« fort: „Ra, dann spiel d» doch de» Napoleon, dann find wir außer aller Sorge."
In die ernst« Beratung, an der auch Franz Wittstock in stE neu« Würde teilnahm, platzte wie ein« Bombe die Nachricht: „Der Napoleon ist da!"
Der Bote, der sie brachte, war Leidereiter, der sofort flüsterndem Tone hinzufügte: „Der Paluttke aus Bentheim! Witz» ihr schon? Der verschwägert sich nächstens mit unser«« SchulM Der Karl heiratet seine Tochter."
„Schwatzen Sie keinen Unsinn, Leidereiter," fuhr chn Riedelsberger an.
„Das ist kein Unsinn, nein! Der Paluttke erzählt es rede»- der's hören will." . „
„Ra, dann find das Privatsache«, die uns nichts Führen Sie den Mann 'rein! Und Sie hüten Ihre Zunllt- >*G» kommt Ihn« der Meyhöfer auf den Kapp."
Jetzt trat Paluttke ei«, sicher und selbstbewußt. .
„Der Schulz« schickt mich her, ich soll den Napoleon
„So," erwidert« Riedelsberger ironische „das ist ja jchr von unserem Schulz«, daß er uns ein« Rapotoo« bchov Was soll denn der Spaß kosten?"
„Ra, sa dreihundert Guide» dacht' ich."
H o rffe tzm » joi*4