Seite 2 — Nr. 136
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter"
Württemberg
Stuttgart. 14. Juni. Vom Landtag. Im Finanzausschuß wurde von seiten der Regierung mitgeteilt, daß die zum Bau von Beamtenwohnungen vorgesehenen 2 Millionen Mark infolge der eingetretenen Ueberteuerung bereits ausgsbraucht seien; eine weitere Erhöhung lehnte der Fmllnzministcr Dr. Dehlinger indessen ab, da keine Deckung dafür vorhanden sei. Infolge der Erhöhung der Arbeitslöhne beanspruchen die Löhne die Hälfte der Roh- baukollen. Ein Zentrumsantrag, durch Abgabe von staatlichem Baugelände zu mäßigem Preis und Erleichterung der Zahlungsbedingungen den Wohnungsbau zu fördern, wurde ^«stimmig angenommen. Die Entwicklung der Bauplatz- »nt, Baustoffpreise soll aufmerksam verfolgt und Vveistretberei nachdrücklich verfolgt werden.
Alberne Hochzeit. Finanzminister Dr. Dchlinger tonnte gestern das Fest der Silbernen Hochzeit feiern.
Die Finanzlage der württ. Gemeinden. Im Auftrag des Württ. Städtetags sprach im Stadtgartensaal der städtische Rechtsrat Dr. Frank über die Finanzlage der Gemeinden. Die Amtskörperschaftsumlage sei seit 1914 auf das Vier- und Fünffache gestiegen, auch auf dem Gebiet der Straßenunterhaltung, der Polizei, des Schulwesens, im Besoldungs- und Pensionswesen seien die Ausgaben gewachsen und die Soziallasten haben sich bedeutend vermehrt. Der Bedarf der Gemeinden sei im Jahr 1925 um 40 bis 80 v. H. größer als im Vorjahr. Der Reichsfinanzminister freche zwar von einem Geldüberfluß der Gemeinden, für Württemberg treffe dies aber nicht zu; von den 1900 württ. Gemeinden haben 1000 im vorigen Jahr den staatlichen Lusgleichsstock in Anspruch nehmen müssen. Da komme «an der württ. Staakshaushalkentwurf für 1925, der die Gebäudeentschuldungssteuer auf das Dreifache erhöhe und die Echullasten dergestalt verteile, daß beim Staat ein Fehlbetrag von 15 Millionen Mark gedeckt werde. Würde dieser Staatshaushaltplan durchgeführt, so müßten die Gemeindeumlagen um 2—10 v. H. erhöht werden. Die Staats- smanzverwaltung gehe eben davon aus, daß es den Gemeinden gut gehe und daß sie, wenigstens die größeren, vielfach unnötige Ausgaben machen. Aber die Gemeinden haben keine Gelegenheit, Geld aufzunehmen und sie können ihre Steuern nicht steigern. Wenn dagegen der Staat seine Verwaltung verdreifacht hätte, so hätte er Ersparnisse erzielen können. Die Staatsfinanzverwaltung müsse auf die Lage der Gemeinden Rücksicht nehmen. — Dem Vortrag wohnten Finanzminister Dr. Dehlinger, Justizminister Beyerle, der Finanzausschuß des Landtags, viele Staatsbeamte, Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager u a. an.
Streik der Güterbodenarbeiter. Amtlich wird mitgeteilt: In voriger Woche sind die Arbeiter der Bahnstation Reutlingen Hbf. mit weitgehenden Lohnforderungen unter Stellung einer 24stündigen Frist an die Reichsbahndirektion herangetreten. Am Montag, den 8.Ä. M., nachm., haben sie dann ohne vorausgegangene Kündigung die Arbeit niedergelegt, trotzdem ihnen durch Vertreter der Reichsbahndirektion erklärt worden war, daß Lohnoerhandlungen schweben. Zur Aufrechterhaltung des Ladedienstes bei der Güterstelle Reutlingen sind zunächst Beamte herangezogen worden. Da größere Rückstände entstanden, wurde auch die Technische Nothilfe eingesetzt. Inzwischen hat die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahngesellschoft nach Benehmen mit den Gewerkschaften Lobnerhöhungen mit Wirkung vom 8. d. M. ab bewilligt. Trotzdem haben am Freitag, 12. d. M., nachm., auch die Arbeiter der Güterstelle Stuttgart Hbf. ohne Einhaltung der vertragsmäßigen Kündigungsfrist die Arbeit niedergelegt. In Stuttgart Hbf. mußte infolgedessen eine Annahmesperre für den Versand und Enffand von Frachtstückgut verfügt werden. Der Eilgutverkehr und der Betrieb der Eilgutsumladestelle daselbst wird aufrecht erhalten.
Die Zagdausslellung im Handelshvf am Scbloßplatz wird am Mittwoch den 17. Juni vormittags 11 Uhr durch Staatspräsident Bazille eröffnet.
Lohnforderungen der württ. Eisenbahner
Renttingem. 14. Juni. Die Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner, Landesverband Württemberg, die gestern vormittag in Reutlingen zu ihrer diesjährigen Generalversammlung
zusammengetreten war, beschloß, nach einem Referat des Reichstagsabg. Groß, die sofortige Absendung folgenden Telegramms an die Deutsche Reichsbahngesellschaft in Berlin: „Die Generalversammlung verlangt mit sofortigem Beschluß für die Eisenbahnarbeiter eine Ortslohnzulage im Industriegebiet von 50 n. H., für die übrigen Direktions- gebieke von 30 v. H. Truc diese Lohnerhöhung nicht ein, so ist sine Arbeitsniederlegung nicht zu verhindern."
Plattenhardt, OA. Stuttgart, 14. Juni. Vom Blitz erschlagen. Bei dBn Gewitter wurde gestern früh der Lindenwirt Johannes Gaßner vom Blitz erschlagen. Gaßner war mit seinem 19jährigen Sohn und seiner löjähri- gsn Tochter mit Heuen beschäftigt. Der Sohn wurde vom Blitzschlag betäubt, während die Tochter, die zwischen beiden stand, unverletzt blieb.
Holzgerlingen OA. Böblingen. 14. Juni. Vermißt. Seit letzten Dienstag wird der 29 Jahre alte, geistesschwache Jakob Gauß vermißt.
> Vaihingen a. E., 13. Juni. Lohnstreik. Im Steinwerk Baresel hak die Arbeiterschaft die Arbeit eingestellt.
Heilbronn, 14. Juni. Brand. Am Freitag nachmittag 4 Uhr brach ein Schadenfeuer im Lagerschuppen der Samenhandlung Heinrich Becker am Bahnhof Sülmertor aus. Der Schaden ist nicht bedeutend. Kurz darauf brannte in der Badstraße das frühere Zillhardtsche Sägewerk, in dem mehrere Fabrikationswerkstätten und das Versammlungslokal der Heilsarmee sich befinden, vollständig ab.
Mühlacker, 14. Juni. Motorrad-Unfall. An derselben Stelle, an der am 20. v. M. das schwere Kraftwagenunglück sich ereignete, am sog. „Keltereck" hier, fuhr ein auswärtiger Motorradfahrer auf das Gasthaus zur „Rose" auf, an dem z. Zt. Gipserarbeiten ausgeführt werden. Die Berletzungen des Mannes sind schwer, aber nicht lebensgefährlich.
Maulbronn, 14. Juni. Neues Als st er. Aus dem St. Michaelsberg bei Grambach, wo sich im letzten Herbst zwei Benediktinermönche aus Beuron niedergelassen haben, soll ein Kloster erbaut werden, das für 60 Mönche Raum bietet. Das Dorf Grombach ist paritätisch und hat eine evangelische und eine katholische Kirche.
Heubach, OA. Gmünd, 14. Juni. Die Silberdiebc. In der Nacht zum Pfingstsonntag wurden bekanntlich aus einer Silberwarenfabrik hier etwa 100 Kg. Fertig- und Halbfertigfabrikate, sowie Silberblech im Wert von etwa 16 000 gestohlen. Die Tatausführung ließ erkennen, daß der Einbruch wohl vorbereitet war, und daß die Täter Oris- und Lokalkenntnisse besessen haben. Die durch Beamte des Württ. Landeskriminalpolizeiamts betriebenen Ermittlungen haben ergeben, daß ein früherer Angestellter der Firma, der jetzt in Gmünd wohnhafte, 22 Jahre alte Metallprobierer Emil Kochendörfer von den verschiedenen -n Betracht kommenden Schlössern Wachsabdrücke genommen, und diese den Einbrechern zur Anfertigung von Nachschlüsseln übergeben hat. Bei Verfolgung der nach Pforzheim führenden Spur wurde sodann dort der 21 Jahre alte ledige Schreiner Hermann Kretz festgenommen. Es hat sich herausgestellt, daß der ledige 27 Jahre alte Kaufmann Karl Legleiter und dessen Bruder, der 21 Jahre alte Bäcker August Legleiter, beide von Pforzheim, zusammen mit Kretz den Einbruch ausgeführt haben. Die mit Selbstladevistolsn ausgerüsteten Täter sind sehr frech zu Werk gegangen. Ihre wertvolle Beute, die teils in einem Kornacker bei Hsubach und teils in einem Gartenhäuschen bei Pforzheim versteckt worden war, ist ihnen wieder abgenommen worden. Nachdem Karl Legl-uter auf Grund getroffener Vorkehrung >n in Frankfurt a. Hl. festgenommen werden konnte, hat sich schließlich auch dessen Bruder August der Vforzheimer Polizei gestellt. W-nter wurde noch festo-'stellt, daß dis Genannten schon im Herbst lopz etwa 1200 Gramm Gold aus der gleichen Fabrik --»Ralston haben, und daß ihnen auch ein
großer, im November 1923 in die Scheideanstalt in Pforzheim verübter Einbruch zur Last fällt. Damals haben diese vier rührigen Einbrecher etwa 3 Ztr. getrocknetes Schlammsilber und einen Tiegel mit Gold erbeutet.
Geislingen a. Sk., 14. Juni. RascherTod. Im Mühlkanal in Eybach ist ein zweijähriges Kind ertrunken.
Westerheim OA. Geislingen, 13. Juni. Einbruch- Nachts wurde in das hiesige Rathaus eingebrochen. Dem Täter fielen 300 in die Hände. Ein von Geislingen herbeigerufener Polizeihund wurde auf die Spur des Diebes gesetzt
Der Bismarck von Kerschken !
18) Ein lustiger Roman von Fritz Skowronnek Copz-rixtd rg24 t >5 Karl Köhler u. Co.. Berlin rv IZ
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Bei der Arbeit waren ihm allerlei Gedanken gekommen. Er wollte mit dem alten Meyhöfer ein vernünftiges Wort reden. In dem Hirn des einsaitigen Alten hatte sich die Ansicht festgesetzt, daß er dem Schulzen von Kerschken nur gut zuzureden brauchte, um die Sache zwischen den Kindern in Ordnung zu bringen, aber etwas unbehaglich war ihm doch zumute. Und als er an der offenen Tür an der Dorsschenke vorbeikam, trat er ein, um sich durch einen Schluck für den schweren Gang zu stärken.
Er fand eine lustige Gesellschaft vor. Der Barbier Fidutzki, der mit dem Gemeindebeamten Leidereiter und einigen anderen die Ravoleonfrage besprach. Das Dorf war noch vollständig im un- n darüber, wie sie gelöst werden könnte. Daß der neue sgcselle sich zu der Rolle hergeben könnte, galt in ein- .jien Kreisen für ausgeschlossen, denn der lieh sich nicht prü- ,, m. Die Sache stand also noch immer aus dem alten Fleck.
„Wir können nicht mehr zurück," krähte Fidutzki. „jetzt müssen wir durch. Wir müssen einen Napoleon haben, der von Bismarck Schacht kriegt."
„Das ist doch nicht deine Sorge," erwiderte Leidereiter grob, „das wird der Bismarck schon befingern."
„No ja, aber ein gehöriges Stück Geld wird es kosten. Ich schätze, daß er dreihundert Gulden wird ausspucken müssen."
Der Schuster aus Benkheim horchte auf. Dreihundert Gulden! Wenn er die dreihundert Gulden hätte, könnte er Leder kaufen und einen Gesellen einstellen. Er ließ sich noch einen großen Schnaps »inschenken und horchte weiter auf das Gespräch der Kerschker. Es war kein Zweifel: Der Schulze würde nicht nur mit Vergnügen das Geld zahlen, sondern er würde auch noch demjenigen dankbar sein, der ihm aus seiner Verlegenheit hals.
Ganz mutig wanderte er zum Schulzenhof, lieferte der Frau Meyhöfer die Stiefel ab und nahm nicht nur das Bargeld, sondern auch ehrliches Lob für die gute Arbeit in Empfang. Dann ging er in die Amtsstube, wo Herr Meyhöfer in ziemlich verdrießlicher Stimmung am Schreibtisch sah.
Der Schuster hing seine Mütze an den Nagel, schritt auf Mey- höser zu und streckte ihm vertraulich die Hand entgegen.
„Na, guten Tag auch, Meyhöfer, ich muß Ihnen doch mal gute« Tag sage« und sehen, wie es Euch geht."
Der Schulze brummte, ohne die dargestreckte Hand zu beachten. „Was wollen Sie, haben Sie noch nicht das Geld für die Schuhe bekommen?"
„Aber ja- doch, trautster Herr Meyhöfer. Ich dacht bloß so, wir könnten doch beide mal ein vernünftiges Wort miteinander reden, wo doch der Karl meine Marie heiraten will."
„Ich glaube nicht, daß etwas daraus wird," erwiderte Meyhöfer mit einem grimmigen Lachen.
„Merkwürdig," meinte der Schuster kopfschüttelnd, „das meint meine Marie auch."
„Ihre Marie scheint mir ein ganz vernünftiges Mädel zu sein."
„Ach ja, Herr Meyhöfer, Gott sei Dank, ist sie klug und fleißig und hat was gelernt, die macht gut für Ihren Karl passen."
Meyhöfer stand auf. Der leicht angetrunkene alte Mann reizte ihn durch sein Geschwätz zum Zorn.
„Was wollen Sie denn nun eigentlich, Paluttke? Ich habe nicht Zeit, mich mit Ihnen hier zu unterhalten."
„Ach Gott, Herr Meyhöfer, ich möcht ja nicht stören. Ich dacht bloß, wir müßten als zukünftige Schwähersleute uns mal aus- jprechen, weshalb Sie denn so gegen die Hochzeit sind! ..."
Das kann ich Ihnen ganz kurz und deutlich sagen. Ihretwegen, nur Ihretwegen, Paluttke! Wegen Ihres Trinkens . . . Sie sind ein notorischer Trunkenbold, Paluttke, und wenn Sie nicht in Benkheim sondern in Kerschken wohnen würden, hätte ich Sie schon lange auf die Säuferliste gesetzt."
Der Schuster hatte sich mit zitternden Knien auf den nächsten Stuhl niedergelassen. Daran hatte er noch nicht gedacht, daß in seiner Person das Hindernis liegen könnte. Rücksichtslos fuhr Meyhöfer fort:
„Wovon soll denn Ihre Familie leben, wenn Ihr« Tochter aus dem Hause geht, wollen Sie dem Schwiegersohn auf der Tasche liegen?"
Jetzt war der große Moment gekommen. Paluttke erhob sich und streckte di« rechte Hand gegen Meyhöfer aus.
„Herr Meyhöfer, wenn's nur daraus ankommt, dann kann ich das Trinken schon lassen. Ich trinke ja auch gar nicht so viel, bloß wenn ich so wochenlang keinen Schluck genommen habe, dann steigts mir zu Kopf, und Geld verdienen kann ich auch. Ich versteh meine Arbeit. Fragen Sie einmal Ihre liebe Frau, ich brauch bloß ein paar hundert Gulden, daß ich Leder kaufen und einen Gesellen einstellen könnte." «
Er trat näher an ihn heran und fragte vertraulich: „Ra, wie ist's denn, Herr Meyhöfer. was würde« Si« ausspucken» wenn ich den Napoleon spiele» möcht?'
Montag, 15. Juni 1825
und verfolgte diese eine Strecke weit ill Aecker und Wiesen, verlor sie aber wieder.
Ulm. 14. Juni. Nicht genehmigter Kauf. Wie verlautet, hat das Oberversicherungsamt Stuttgart den Ankauf des Münsterhotels durch die Ortskrankenkasje Ulm ächt genehmigt.
Laupbecm. 14 T„ni. Erl —nKen. Zn ^-'"ninaen ist das vierjährige Söhnchen des Müllers Gregor Hailer in, Mühlkanal ertrunken.
Ravensburg» 13. Juni. Goldene Hochzeit. In die- ser Woche feierte der hier im Ruhestand lebende Dekan a. D. Hönes die goldene Hochzeit. Geboren in Schorndorf vor 82 Jahren, war der greise Jubilar zuerst Helfer in Weins- berg, dann Dekan und Bezirksschulinspekkor in Neuenstadt a. d. Linde und zuletzt in Nürtinqen. Die beiden Gatten erfreuen sich bester Gesundheit. Der Sohn, Pfarrer W. Hönes in Stetten OA. Geislingen, nahm die Einsegnung vor.
Im Flappachweiher ist wieder ein 24jahriger Mann aus Knollengraben beim Baden ertrunken.
Wangen i. A„ 14. Juni. Ungkücksfall. Znr bayrischen Opfenbach t. A. löste sich beim Fronleichnams- schießen ein Schuß nicht zu richtiger Zeit. Als nachgesebm wurde, platzte die ^Kartusche und verletzte flink Burschen jn, Alter von 16—1? Jahren teilweise schwer.
Aus Stadt und Land
Nagold, den 15. Juni 1925.
Gegen das Ende des Lebens geht es wie gegen das Ende eines Maskenballes» wenn die Masken abgenommen werden. Man sieht dann, wer diejenigen, mit denen man während seine Lebenslaufes in Berührung gekommen ist, eigentlich gewesen sind.
Schopenhauer.
«
Bom Sonntag. Wer ließe sich in der jetzigen Jahreszeit zu Hause halten bei dem prächtigen Sonnenschein, der Fülle nnd Ueppigkeit, in der unsere Natur z. Zt. prangt. So konnte man auch gestern wieder den Zug in die Natur beobachten. Alt und jung, klein und groß zogen hinaus in Feld und Wald. Und ist es auch nicht etwas Erhabenes, steht nicht unser Geist vor der Majestät der Schöpfung und vielmehr vor ihrem Schöpfer stille, wenn nur andächtig dieser gewaltigen Predigt von der Größe und Majestät Gottes lauschen? Unwill kürlich drängt es sich auf unsere Lippen: „Herr dir ist niemand zu vergleichen, kein Lob mag deine Grüß' erreichen, kein noch so feuriger Verstand." Wenn man leichtbeschwingt die Sorgen der Wochenarbeit abstreift und die sorglosen, nur Dank kennenden Vögel ihr Loblied ihrem Schöpfer darbringen hört. Sehet die Vögel unter dem Himmel an und schauet die Lilien aus dem Felde! In unserer Zeit des Materialismus, der Sucht und des Strebend nach Geld, Geld und wieder Geld, von dm man oft, wenn auch Widerwillens, fast ergriffen wird, empfindet man einen solchen Sonntag, der ganz anders ist als der Alltag, als eine unaussprechliche Wohltat und wir verstehen Flaischle», wenn er sagt:
„Laß öfters auch mal Sonntag sein,
Schau über deinen Zaun hinaus Und laß die liebe Sonne rein!"
S.B. N. I — B.f. R. Pforzheim Ligareserve 2:0 (1 :<>>-, S.V. N. ^ Jugend — S.B. N. 8 Jugend.
Die verstärkte Ligareserve des V.f.R. Pforzheim ivum gestern einwandfrei von der sich in guter Form befindlichen I. Elf des S.V. N- geschlagen. Der S.V. N. hat damit ohne Zweifel einen nicht zu unterschätzenden Erfolg errungen, mit dem nicht gerechnet wurde. Die „Lernspiele" (Backnang, Stuttgart, Pforzheim) sind damit vorläufig bis August abgeschlossen.
Pforzheim hat Anstoß, mit der Sonne spielend, und seht sich auch gleich durch. Hauptsächlich von links werden schöne Angriffe eingeleitet, es gelingt Nagold aber immer, derselben Herr zu werden. Die einheimische Elf zeigt heute größeren Eifer und der Mittelstürmer kann verhältnismäßig bald durch glänzendes Durchspiel das Führungstor schießen. Pforzheim ist dadurch etwas überrascht und sucht mit aller Energie auszugleichen. Seine Stürmer schießen aber ungenau und auf dir anderen Seite hält Nagolds Torwächtrr 2 sogenannte „totsichere" Sachen mit großem Geschick und Glück. Halbzeit lZ.
Nach Halbzeit ist Nagold leicht überlegen und läßt einige sicheren Chancen aus. Nagolds Flügelstürmev leiten zum Teil
Der Schulze lachte laut auf: „Ach jo, deswegen sind Sie ge- kommen, das hätten Sie bloß gleich sagen sollen."
„Na ja, Herr Meyhöfer, ich dachte ja, ich würde Ihnen damit . einen Gefallen tun. Vielleicht kommen wir dann eher wegen der Kinder zusammen."
Jetzt schlug sich Meyhöfer mit der geballten Faust in die linke Hand: „Paluttke, Sie sind ein ganz komischer Kauz. Bon dem Heiratsprojekt wollen wir vorläufig noch nicht reden."
„Nein, nein, mein Herr Meyhöfer, das kann ja später erledigt werden."
„Aber wenn Sie den Napoleon spielen wollen, dann joll's mir auf hundert Gulden nicht ankommen."
„Hundert Gulden?" fragte der Schuster zweifelnd, als hätte er nicht recht verstanden.
„Ja Paluttke, hundert Gulden sollen Sie bekommen, wenn N< den Napoleon spielen."
„Das wird denn doch wohl ein bißchen zu wenig zu sein. Du Karl hat mir neulich, wie er bei uns war, zweihundert Guide» geboten, wenn ich den Napoleon nicht spiel«. Da müßten Sie j» schon noch etwas zulegen, wenn ich den Napoleon machen soll."
„Was, mein Sohn Karl hat Ihnen zweihundert Gulden dafür geboten?"
„Aber gewiß, er hat das Geld schon in der Hand gehabt. Ich Hab s aber nicht genommen. Ich dacht so: Wenn ich meinen Buk- ket herhalten soll, dann könnten Sie wohl noch hundert Gulden mehr geben, als Ihr Sohn Karl. 'Und wo das doch nun zwischen unseren Kindern nach einer Heirat aussieht, da mein ich, Sie werden mit mir alten Mann ein bißchen glimpflich umgehen. Sie brauchen mich ja nicht gleich halbtot zu schlagen!" . . .
In dem Schulzen war ein Gefühl aufgestiegen, das ihm unbequem war. Der Alte tat chm leid, ja er schämte sich fast, daß er dem Alten diese Rolle zumuten sollte. Aber in der Not frißt der Teufel Fliegen. Und in der Lage, in der Meyhöfer sich befand, wäre es im höchsten Grade unklug gewesen, einen Menschen gehen zu lassen, der bereit war, den Napoleon zu spielen. Gleichzeitig ärgerte er sich noch, daß Karl dem Alten soviel Geld geboten und dadurch den Preis für die Rolle wesentlich Heraufgetriebe« hatte. Aus dieser Mischung von Gefühlen und Stimmungen kam das Angebot von dreihundert Mark zustande, das Paluttke freudig annahm. Er bat nur um etwas Handgeld. Ohne Besinnen hä» digte him Meyhöfer einen blauen Lappen ein, nachdem Paluttke einen Schein unterschrieben hatte, daß er am Sedanstage auf dem Festspiele der Kerschker di« Rolle des Napoleon darstellen und sich ohne Widerspruch am Abend «ne gelinde Tracht Prügel gefall«? lasse» woU«. «Fortsetzung folgte -