Seile 2 - Nr. 129
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter
Samstag, 6. Juni 1925
vorweg befrieviat werden, so dost der Neudesstz nur den dann etwa noch verbleibenden Rest erhält Ferner sollen entsprechend der Rückwirkung der Aufwertung bei Hypotheken auch die nach dem 15. Juni 1922 eingelösten Pfandbriefe an der Verteilung teilnehmen. Schließlich soll die rückwirkende Aufwertung von Hypotheken nicht sin- treten, wenn Gläubigerin eine Hypothekenbank oder sonstige Grund'kreditanstakt ist.
Verbot der Einspruchsversammlunaen
Koblenz. 5. Juni. Die verbändlerische Rhemlandkom- mttfion hat allgemein die Abhaltung von Einsvruchs- versammlungen gegen die Entwaffnungsnote und die Verschleppung der Räumung Kölns verboten.
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Gemeinsamer spanisch-französischer Feldzugsplan gegen die
Kabylen
Paris, 5. Juni. Die französische und die spanische Regie- rvng werden durch bevollmächtigte „Sachverständige" die Frage erörtern lassen, „wie die beiden Mächte ihr militärisches Vorgehen in Marokko ausführen können, ohne sich gegenseitig zu schaden". — Der Sinn dieser in diplomatisches Dunkel gehüllten Meldung scheint zu sein, daß der französische und der spanische Generalstab einen gemeinsamen Feldzugsplan gegen die Kabylen ausarbeiten sollen, wobei die Sva- nier mit ihren üblen Erfahrungen den Franzosen mit Rat «nd Tat an die Hand gehen sollen.
Havas meldet, der Stamm der Dscheballahs habe sich geweigert, für Abd el Krim Truppen zu stellen, da er seinem Verderben entgegengehe.
Der Kriegsbericht meldet, daß die Kabylen in der Nacht zum 3. Juni die befestigte Stellung Sker erneut angegriffen haben. Die Gegend von Achmed soll durch französische Vorstöße wieder befreit worden sein. Die Rifleute machen große Anstrengungen, um weitere Stämme zum Abfall zu bewegen.
Der Aufruhr in China
London, 5. Juni. Die Nachrichten aus Peking und Shanghai lauten heute weniger beunruhigend. Aus dem Innern Chinas, wo es auch gären soll, liegen keine Meldungen vor. Vor Shanghai sind drei britische Kreuzer eingetroffen, einige andere kreuzen in der Nähe.
D/r italienische Gesandte hat namens der divlomatiscyen Vertretungen der Regierung in Peking eine Note übergeben, die erklärt, die ausländische Polizei in Shangbai habe von den Waffen Gebrauch machen müssen, weil sie von den Streikenden angegriffen wurden. Die Botschafter hoffen, daß die chinesische Regierung die Verhältnisse in Shanahai unparteiisch prüfen werde und daß die Ruhe wieder hergestellt werden könne.
Peking, 5. Juni. Die chinesische Regierung hat in einer neuen Note gegen die weitere Verwendung von Schußwaffen gegen die Streikenden scharfen Einspruch erboben und die Vertreter der Mächte aufgefordert, zu veranlassen, daß der Gebrauch von Feuerwaffen seitens der Fremdenpolizei eingestellt werde.
Aufsehenerregende Drohung Japans an China
London. 5. Juni. Der „Daily Erpreß" meldet, die japanische Regierung habe in einer Note an die Regierung in Peking erklärt, wenn die chinesischen Behörden nicht mehr imstande sein sollten, in verschiedenen Städten die Ordnung aufrecht zu erhalten, so sei Japan bereit, eine Flotte und Truppe« nach China zu senden, um den Aufruhr zu unterdrücken. — Das Blatt fragt, ob Japan sich auch über die möglichen Folgen eines solchen Schritts Rechenschaft ab- -etegt habe.
Der Streik in Schanghai
Paris, 5. Juni. Havas meldet, in Schanghai seien fast ffimtliche chinesischen Telegraphisten der Kabelgesellschaft in den Streik getreten, ebenso die Angestellten der europäischen Gasthöfe. Die Fremdenpolizei hat bei Streikenden kommunistische Hetzschriften beschlagnahmt und mehrere Verhaftungen vorgenommen. Ausschreitungen waren gestern nicht M verzeichnen.
Vor Schanghai ist ein japanischer Kreuzer mit 200 Mann lliarineinfauterie erschienen.
Der Londoner „Star" meldet, in Schanghai durchziehen Panzerwagen die Straßen, die Lage ist äußerst gefährlich Der britische Generalkonsul ersucht um die Landung von 2000 Manu aus den britischen Kriegsschiffen.
Württemberg
Stuttgart, 5. Juni. Vom Landtag. Der Ausschuß Pr Verwaltung und Wirtschaft hat der Anforderung von «Staatsmitteln zur Bekämpfung der Leberegelseuche und zur Heilweisen Entschädigung der Viehhalter bis zum Gesamtbetrag von 100 000 Mark zugestimmt.
Zum Vauarbeiterstreik. Der Schlichtungsausschuß hat Hnen Spitzenlohn von 1,20 aufgestellt. Als Arbeitszeit wurden 48 Stunden vereinbart. Das Arbeitsvevhältnis gilt durch den Streik als nicht unterbrochen. Der Mantelver- itrag läuft bis 28. Februar 1926, das Lohnabkommen bis S1. Oktober d. I.
Die Gipser und Stukkateure im Bezirk Groß-Stuttgart Hind seit Dienstag, den 2. Juni, in Streik getreten. Lohn- Horderimgen wurden bis jetzt von den Gehilfen nicht gestellt, dagegen war die seitherige schematische Mtersbezahlung die umstrittene Frage, an der sich die Verhandlungen zerschlagen haben.
Lohnstreik. Die Lohnverhandlunaen zwischen dem Landwirtschaftlichen Hauptverband in Württemberg und den -Verbänden der Landarbeiter sind aescheitert. Die Arbeiter- «erbände haben den staatlichen Schlichtungsausschuß an- tzernfsn.
Dlhingea OA. Leonberg, 5. Juni. Bissiger Hund. Ein Hund sprang einem Kind an den Hals und verletzte es so schwer, daß die Verbringung des Kindes ins Leonberger Krankenhaus notwendig wurde.
Steinheim a- Murr, 5. Juni. In die Sense gefallen. Beim Futterholen fiel die Ehefrau des K. Fink in die Sense, die ihr die Lunge durchstach, so daß sie schwerverletzt nach Hause gebracht werden mußte.
kirchheim u. T., 5. Juni. Ueberfall. Auf der Straße von Neidlingen nach Weilbeim wurde ein 12jähriges Mädchen von einem jungen Burschen am Hellen Tag überfallen. Das Mädchen wehrte sich und rief um Hilfe. Da ein Kraftwagen sich näherte, ergriff der Kerl die Flucht. Der V meir nahm das Mädchen auf und brachte es nach Neid- I - ?n.
Bösingen OA. Rotweil, 5. Juni. Tot aufgefun - d e n. Der 43 Jahre alte ledige Taoer Bantle von hier wurde morgens in der Nähe von Epsendorf auf dem Bahndamm vom Zug überfahren tot aufgefunüen.
Dettingen OA. Svaichingen, 5. Juni. Unglücksfall. Ein schulpflichtiges Kind des Bäckers und Bauern Karl R.'mer brachte die linke Hand in die'Futterschneidmaschine Der Vater hatte noch kurz vorher die Messer geschärft. Dem Kind wurde die Vorderhand vollständig abgeschnitten.
Oberessendorf OA. Waldsee, 5. Juni. Tödlicher Sturz. Der 66 Jahre alte Zimmermann Michael Heber stürzte von einer Leiter rückwärts herunter und brach das Genick, so daß er verschied.
Eßlingen, 5. Juni. Ertrunken. Gestern ist ein drei Jahre alles Mädchen beim Spielen in der Defsnerstraße in den Hammerkanal gefallen und ertrunken.
Heilbronn. 5. Juni. Lebensrettern" durch einen Hun d. Vom Tode des Ertrinkens gerett. wurde ein dreijähriger Knabe, der bei der Neckarbrücke ins Wasser fiel. Ein Wolfshund, der ins Wasser sprang, verhinderte das Untergehen des Kindes, das durch einen Arbeiter dann gerettet wurde.
Jlsscld OA. Besigheim, 5. Juni. Das Schießeisen. Aus der Straße Jlsseld—Auenstein wurde ein 19jährige.. von Unterheinriet gebürtiger, hier bediensteter Knecht tot, mit einer Schußwunde im Kopf, aufgesunden. Vermutlich liegt ein Unglücksfall durch unvorsichtiges Hantieren mit einem Terzerol vor.
Eislingen. OA. Gövvingen. Ueble Düfte. Abends entstieg wieder ein gasähnlicher, gesundheitsschädlicher und atemberaubender Gestank der Fils, und zahlreiche Fische mußten ihr Leben lassen. Den Anwohnenden setzte sich der Gestank in die Häuser.
Aus Stadt und Land
Nagold, den 6. Juni 1925.
Fehlt zum geplanten Werke dir die Kraft,
Entreiße dich des Zweifels langer Haft,
Der Wille ist es, der die Tat verschafft.
In ihm birgt sich, was dir noch fehlt: die Kraft.
Rückert.
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Beranstaltungen am Sonntag.
Von 11 Uhr ab Werdetag für Leibesübungen. Veranstaltet von den Leibesübungen treibenden Vereinen von Nagold.
2 Uhr: Geflügel und Kaninchenzüchter-Verein Nagold, Hauptversammlung im Löwen.
Vs 4 Uhr: C. V. I. Dl. Mitgliederversammlung.
In Altensteig: Bezirksmissionsfest nachmitt. 2 Uhr in der Stadtkirche.
Der nene Fahrplan, der init dem gestrigen Tag in Kraft trat, liegt unserer heutigen Nummer als Wandfahrplau bei. Wir hoffen mit der rasclM Veröffentlichung einem besonderen Bedürfnis unserer Leser entgegengekommen zu sein. Noch neu hinzutretende Abonnenten bekommen den Fahrplan nachgeliefert. Abonnements auf unsere Zeitung nimmt unsere Geschäftsstelle jeden Tag entgegen.
Mörikeabend im Seminar. Anläßlich der 50. Wieder kehr von Mörikes Todestag wurde im Seminar eine Mörike- feier veranstaltet. Herr Studienrat Goes sprach über den Dichter und sein Werk. Er hatte es trefflich verstanden, die zahlreichen Zuhörer in eine Stimmung poetischer Andacht zu versetzen und sie aufnahmefähig zu machen für die folgenden deklamatorischen und gesanglichen Darbietungen. Letztere bestritt der hier immer willkommene H. Achenbach. Er sang eine größere Zahl Mörike- lieder in der Vertonung von Hugo Wolf mit angemessenem Ausdruck. Die Klavierbegleitung lag in den bewährten Händen von H. Studienrat Schund. Allen Teilnehmern aber wird erneut zum Bewußtsein gekommen sein, welche reiche Quelle edlen Genusses uns in M ö rikes Werten fließt.^ Wb* IM!
Werbetag für Leibesübungen am ?7"Iuni"l925.W^
In seinem kleinen Werke: „Die Leichtathletik", das Dr. Ritter von Halt, Deutschlands größtem Olympier Hans Braun widmet, schreibt der Verfasser: „Ganz allgemein sei es zunächst gesagt: Jeder Mensch hat die Pflicht, sich körperlich in der Absicht zu betätigen, seine Konstitution zu verbessern, seinen Körper gesund, kräftig und schön entweder zu machen oder zu gestalten. Das ist zunächst der Hauptzweck aller Leibesübungen. Der Sport ist ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen".
klm seinerseits zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, veranstaltet der Sportverein von 1911 e. V., im Verein mit dem Turnverein und Radfahrervereiu einen Werbetag.
Ein Stafettenlauf über 2000 m beginnt um l I Uhr in der Vorstadt, geht durch die Markt- und Calwerstraße bis über die Seifenfabrik und wieder zurück. Der Lauf wird von sechs Mannschaften s >0 Mann, also 60 Läufer, bestritten und nimmt ca. 5 Minuten in Anspruch. Es nehmen daran teil: die Sportvereine Herrenberg, Jselshausen, Altensteig, Stuttgarter Kickers III, Nagold uud eine Seminarmannschast außer Konkurrenz. Der besten Mannschaft winkt ein vom S.V.N. gestifteter Pokal. Das Publikum wird gebeten, die Straße in der Laufzeit freizuhalten und sich auf den Gehwegen aufzuhalten.
Um l Uhr beginnt ein Umzug aller teilnehmenden Vereine in Sportkleidung durch die Burgstraße, Bahnhofstraße, Marktstraße, Calwerstraße zum Sportplatz. Dort nehmen um Vs 2 Uhr folgende Fußballspiele und turnerische Veranstaltungen ihren Anfang: '/? 2 Uhr S.V.N. Jugend — Herrenberg Jugend; 1/2 3 Uhr S.V.N. I Stuttgarter .Kickers III: 4 Uhr S.V.N. II gegen Sportverein Altensteig I.
Es darf erwartet werden, daß die Bevölkerung von Nagold und Umgebung die Ziele der Leibesübungen durch rege Anteilnahme an den Veranstaltungen gutheißt: aus beweglichen Jünglingen harte, standhafte, wetterfeste Männer zu machen; denn von dem Grade der Gesundheit eines Kulturvolks hängen sein Wohlstand und seine wirtschaftliche Kraft ab. -rg.
Wie schützt man sich bei Gewittern? Wenn es so weiter geht, werdey mir ein sehr gewitterreiches Jahr haben, denn schon jetzt hat es an Unwettern nicht gefehlt, die verschiedene Opfer gefordert haben. Manche dieser Unglücksfälle ließen sich vermeiden, wenn das Publikum mehr darüber wüßte, wie man sich bei Gewittern schützt. Zunächst einmal ist ein Blitzableiter eine sehr segensreiche Einrichtung. Die großen öffentlichen Bauten, die Kirchen und Rathäuser, die wohl durchweg mit Blitzableitern ausgestattet sind, werden jedenfalls durch Gewitter fast nie beschädigt, was wohl dieser
Schutzmaßnahme zuzuschreiben ist. Im Hause selbst gibt es einige Plätze, die bei Gewittern besonders gefährlich sind. Dazu gehören die Schlafzimmer unter dem Dach, denn der Blitz fährt häufig in den Schornstein, und wenn dessen Steine durch das Dach hindurchgeschleudert werden, könne» sie die Leute töten, die in solchen Dachkammern im Bett liegen. Auch die Küche ist nicht ganz ungefährlich, da sic viele metallene Gegenstände enthält. Deswegen aber braucht man nun nicht gleich Angst zu haben, während eines Gewitters beim Essen Messer und Gabeln in die Hand zu nehmen, weil ihr Metall den Blitz anziehen könnte. Im Freien ist bekanntlich das Gefährlichste, wenn man sich unter Bäume stellt. Dutzende von Tieren, besonders Kühe, werden aus diese Weise jedes Jahr getötet. Ebenso muß man vermeiden, sich bei einem Gewitter in der Nähe eines Drahtzauns aufzuhalten. In den großen Weideqebieten des amerikanischen Westens, von Argentinien und Australien, werden dadurch große Verluste an Vieh hervorgerufen, daß sich die ängstlichen Tiere an den Drahtzäunen zusammendrängen, die den Blitz anziehen. Scheunen und Heuschober werden auch öfters getroffen. Man behauptet, daß noch kein Kraftwagen. kein Eisenbahnzug und kein Radfahrer in der Bewegung vom Blitz getroffen worden sind.
ep Die jährliche Landeskonferenz der Basier Mission wurde am Pfingstmontag obend in Stutt-mrt mit einem öffentlichen Vortrag von'Missionsdirektor D i vpe r-Basel über den Kampf der Mission gegen das einaesesseue Heidentum. den Islam und die eindringende westliche Zivilisation in Süd-Borneo eingeleitet. In der Brüderkonferenz, unter Leitung von Stndtpfarrer a. D. Iehle, am Pfingstdienstag sprach derselbe Redner über den Wiederaufbau der Basier Missionsarbeit in ihren unter britischer Herrschaft stehenden Müsionsgebieten. Am Mittwoch vormittag beantwortete Inspektor O ettli-Basel die Frage: welche Aufgaben ergeben sich für die evangelische Mission aus dem Selbst- ständigkeitsstreben der heidenchristlichen Kirchen? Bischof O. H e n n i g - Herrnhut sprach über Reich Gottes und Volkstum, über den europäisch-kontinentalen, den englischen un'. den amerikanischen Typus protestantischer Missions- arb üt.
b"n Herbst soll in Sebastiansweiler ein Missionskurs »a. gehalten werden.
Letzte Nachrichten
Die Berliner Presse zur Enlwassnungsnote.
Berlin, 5. Juni. Der „Tag" sagt, sie sei in der Form nicht gerade unhöflich, wenn auch in der Sache absurd. Mit der Befriedigung Europas und der Welt habe diese Entwaffnungsnole gar nichts zu tun. Der „Lokal- apzeiger" schreibt: wenn man eine solche Note liest wie die Entwaffnungsnote, dann kommt uns wieder so recht zum Bewußtsein, daß von einer Gleichberechtigung Deutschlands mit den kleinsten Völkern der Welt, geschweige denn mit den Großmächten, nicht die Rede sein kann, ja daß Deutschland kein souveräner Staat sein kann. Darum ist das Gefühl der Empörung und der Erniedrigung so tief, das wir wieder beim Lesen dieser Note empfinden. Die „Tägliche Rundschau" nennt die Note ein Dokument kleinlicher Rache. Die „Vossische Zeitung" schreibt: Es muß für politisch denkende historisch geschulte Persönlichkeiten ein etwas peinliches Gefühl sein, ein solches Schriftstück zu überreichen, das bei aller Mäßigung der Sprache doch der moralischen Entwaffnung, der Wiederherstellung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auf dem Fuße der Gleichberechtigung entgegenwirken muß.
Der Eindruck der Entwaffnungsnole
in maßgebenden politischen Kreisen.
Berlin, 6. Juni, lieber den vorläufigen Eindruck, den die Entwaffnungsnote hier in den maßgebenden Kreisen gemacht hat, ist bei dem Umfang der Note und großen Anlage ein abschließendes Urteil darüber selbstverständlich erst nach eingehender Prüfung möglich. Aus den Feststellungen in den Anlagen geht unmittelbar hervor, welche gewaltigen Leistungen Deutschland auf dem Gebiete der Abrüstung vollzogen hat und wie geringfügig vom internationalen Gesichtspunkt aus im Verhältnis zu diesen Leistungen die einzelnen Punkte sind, deren Erledigung die Alliierten noch fordern zu können glauben. Demgegenüber muß umsomehr befremden, daß in der Note wiederum eine völlig verfehlte Auffassung der alliierten Richtungen über den deutschen Rüstungsstand zum Ausdruck kommt und daß dabei von schweren deutschen Verstößen und von der Erfüllung wesentlicher Bestimmungen des Versailler Vertrages die Rede ist. Die Ausführungen der Note werden beherrscht von dem Leitgedanken, daß Deutschland verstanden hat, sich die Möglichkeit zu verschaffen, zu gegebener Zeit eine seiner Größe und Bevölterungszahl entsprechende kriegsbereite Armee aufzustellen. Dieser Gedanke, der den wahren Sachverhalt geradezu auf den Kopf stellt, muß mit der größten Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Jeder, der den eigentlichen sachlicher Kern herausschält, sieht sich vor die Frage gestellt, ob das denn alles ist, womit die Legende von dem waffenstarrenden und angriffslustigen Deutschland erklärt werden soll Auf der anderen Seite bringt die Note im Vergleich mit der alliierten Note vom Januar ds. Js., im Vergleich mit sonstigen Auslassungen der Alliierten wenigstens den Fortschritt, daß sich jetzt mit Sicherheit feststellen läßt, welche konkreten Forderungen die Alliierten an Deutschland stellen wollen und daß sie die ausdrückliche Verpflichtung anerkennen, nach Befriedigung dieser Forderungen endlich die nördliche Rheinlandzone zu räumen, wenn deutscherseits auch der Inhalt der Note nie und nimmer anerkannt werden kann. Die Situation hat eine wesentliche Klärung dadurch erfahren, daß die Alliierten sich nunmehr auf dieser Verpflichtung festgelegt haben, dabei kann aber niemals vergessen werden, daß es zur Erzielung dieses Ergebnisses eines Zeitraumes von 5 Monaten gebraucht hat und daß die Erledigung der Räumungsfrage die Räumung der Rheinlandzone willkürlich um diesen Zeitpunkt verzögert hat.
Die deutsche Regierung hat kein anderes Ziel als das, auf dem Boden allseitiger Erfüllung übernommener Verpflichtungen endlich den wahren Frieden und feste Nechts- zustände herbeizuführen und damit dem deutschen Volke Ruhe für den Wiederaufbau und die fruchtbare Zusammenarbeit mit den anderen Völkern zu schaffen.