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Calw im Schwarzwald
Donnerstag, den 1. August 1940
Nr. 179
Englands Lage radikal verschlechlert
Seligere Besorgnisse über Japans Haltung - Vor gesagten klänen äer Regierung Lpannung innerliald äes Ladinetts >väeli8t -KD. spraeli dinier versedlossenen luren
iirv. Stockholm, 1. August. In hiesigen politischen Kreisen läßt man es dahingestellt, ob die Angaben stimmen, wonach Churchill in seinen Ausführungen vor dem Unterhaus in besonderem das Verhältnis zu Nutzland und Japan besprochen hat. Die Tatsache, batz Churchill seine Rede hinter geschlossenen Türen gehalten hat, wird nach einer Darstellung des skandinavischen Telegramm-Büros aus London mit drei Hinweisen begründet: 1. Die in ihrer Schnelligkeit unerwartete Verschärfung des Verhältnisses zu Japan habe die autzenpolitische Lage Großbritanniens in radikaler Weise verändert; 2. es bestehen gewisse gewagte diplomatische und militärische Pläne, über die die Regierung noch strengstes Stillschweigen zu bewahren wünscht, und S. die innerpolitische Spannung, um nicht zu
sagen die Spannung innerhalb -es Kabinetts hemmt die politischen Entschlüsse. Hierbei scheint sich der Gegensatz zwischen dem früheren Gewerkschaftsführer Bevin «nd den konservativen Mitgliedern der Negierung Churchill zu vertiefen.
„Totale Verdunkelung des Parlaments", so nennt — verlogen aber technisch zutreffend — der „Daily Herald" das Verfahren des englischen Parlaments. Gleiches gilt von den weiteren Ausführungen des Labour-Organs: „Wenn se ein Zeitpunkt gekommen ist, zu dem die ganze Nation das Recht hatte, zu erfahren, was Lord Halifax vorhat, so ist das heute. Englands Beziehungen zu vielen Mächten in Europa und Asien befinden sich in einem sphinxartigen Zu st and. Das Parlament kennt jetzt die außenpolitischen Gedankengänge der Regierung, aber die Allgemeinheit kennt sie nicht, sondern vermißt die Information. Als Folge der Geheimdebatte
weitz niemand etwas Richtiges über die Außenpolitik der Regierung." Die Frage liegt nahe, warum dann die Labourparty, wozu sie sehr Wohl in der Lage gewesen wäre, nicht eine öffentliche Debatte erzwang.
Als Ersatz werden dem englischen Volk weiter die beliebten politischen Spiegelfechtereien vorgeführt einschließlich der Schau angriffe Dufs Coopers und anderer Kabinettsmitglieder. Die Presse deutet jetzt offen die Möglichkeit der Abhalfterung Dufs Coopers an. Innenminister Sir John Anderson wird wegen der Internierung freundlich gesinnter Ausländer, jüdischer Emigranten aus den Feindländern usw. angegriffen. Außer gegen Duff Cooper und andere richten sich die Theaterangriffe auch gegen Unterstaatssekretär Butler und — in diesem Fall vielleicht einigermaßen im Ernst — gegen Lord Halifax. Erneut ist von Veränderungen im Kabinett Churchill die Rede. .
Britischer Diplomat stiehlt Schiffsbau-Pläne
^spa» stellt über tansenU britiscbe 8pio»age!»lle lest - ^lrer I-onüon wagt noob mit Repressalien ru üroben
Tokio, Sl. Juli. Die japanische Presse beschäftigt sich weiterhin mit dem Spionagenetz des Secret Service in Japan. „Tokio Asahi Schimbum" gibt eine Reihe von Fällen bekannt, in denen englische Agenten ertappt Wurden. Besonderes Aufsehen erregt die Mitteilung, daß ein Mitglied der britischen Botschaft den Hafen in Shikoku ausspioniert und Schiffsbaupläne gestohlen habe. In zehn Fällen, so schreibt das Blatt, hätten englische Staatsangehörige unter allerhand Vorwänden verbotene Küstenzoncn betreten und Vermessungen vorgcnommen ober Aufnahmen gemacht. In 1«12 Fällen seien angebliche Touristen, in der Hauptsache Briten, beim Photographieren an verbotenen Stellen überrascht worden.
Im Zusammenhang mit englischen Meldungen über einen angeblich bevorstehenden englischen Protest in Tokio wegen der Verhaftung englischer Staatsangehöriger veröffentlicht der Sprecher des Tokioter Auhen- amtes eine Erklärung. In dieser wird betont, daß der Schritt der japanischen Regierung durchaus gerechtfertigt ist, daß er den Zweck verfolge, jegliche Spionaget ätig- keit innerhalb Japans zu vexhitt- dern. Ein eventueller englischer Protest sei absolut unbegründet. Der Sprecher weist ab- schueßend die englischen Behauptungen zurück, daß die Verhaftungen ohne hinreichende Beweise vorgenommen worden seien. Genügendes Beweismaterial befinde sich in den Händen der Behörden, über das jedoch, da die Untersuchungen noch im Gange seien, nichts bekannt gegeben werden könne.
Die auf jeden Wink ihrer Herren, auf Mister Churchill und Duff Cooper Unmittelbar reagierenden englischen Blätter stimmen den Erklärungen Halifax' im britischen Oberhaus zu den Engländerverhaftungen in Japan nicht nur zn, sondern fordern sogar, wie die „Daily Mail", gegebenenfalls Repressalien gegen japanische Untertanen in Großbritannien. „Die englische Regierung mutz", so macht „News Chronicle" scharf, „eine völlige Untersuchung verlangen und muß Japan klar machen, daß, wenn diese
Winston Churchill inspiziert
Edens Zivil-Soldatendrill aus„Freiwilligkeit"
VvQ unserem Korrespondenten
I"". Stockholm. 1. August. Churchill unternahm am Mittwoch einen Jnsprktions- ausflug nach Sübostcngland zur Besichtigung -er Verteibigungslagcr. Krirgsminister Eden hat bckanntgegebcn, daß von jetzt an grundsätzlich jeder Engländer eine militärische Ausbildung erhalten soll. Alle Fußballplätze wer- den von Montag bis Freitagabend «nd am Samstagnachmittag zur Schulung von freiwilligen Rekruten freigegrben. Wenn wir recht verstehen: Grundsätzlich soll sich jeder Engländer freiwillig melden I Da wird Eben lange warten müssen. Ueber den militärischen Wert solcher Samstagnachmittag-Schnellblei- chen wird sich jeder einsichtige Kenner seinen eigenen BerS machen.
antienglische Tätigkeit fortgesetzt würde, die englische Politik einer Ueberprüfung unterzogen werden müßte. Kein Engländer glaubt", so schreibt das Blatt wörtlich, „an die japanische Angabe, daß Cox Selbstmord beging. Vielleicht wurde er aus dem Fenster gestürzt, vielleicht wurde er gemartert, bis er es nicht mehr länger aushielt." Die „Times" schreibt dazu, daß „die japanischen Beschuldigungen sich auf die legitimsteil Tätigkeiten der britischen Untertanen zu erstrecken schienen".
Nach der bekannten Methode „Haltet den Dieb" wird also versucht, sich auf seine Weise aus der peinlichen Asfäre zu ziehen. Im übrigen ist natürlich stets der Kläger schuld, nicht der Angeklagte. Wie weit vcrabscheu- ungswürdige „Tätigkeiten", wie Spionage, den Engländern in Fleisch und Blut übergcgau-
gen sind, beweist der Satz der „Times" , von den Beschuldigungen, die sich auf die „legitimsten Tätigkeiten der britischen Untertanen" erstreckten. So sind eben die Engländer!
Aufstan-sgefahr in Aegypten?
Unabhängigkcitswille wächst von Tag zu Tag
da. Rom, 1. August. Ein dieser Tage aus Aegypten nach Griechenland zurückgekehrter Journalist berichtet dem „Giornale d'Jtalia" zufolge, daß die Unzufriedenheit und der Un- abhängigkeitswillc der ägyptischen Bevölkerung von Tag zu Tag wachsen. Die Engländer befürchten jeden Augenblick den Ausbruch eines Aufstandes,
Jahrelang aufs schmählichste betrogen
Das verratene Belgien üurcklebt jetrt eine Krise 4er V^alirüeit
Brüssel, 31. Juli. In den Berichten der aus Frankreich heimkehrrnden belgischen Flüchtlinge kommt mit aller Deutlichkeit eine doppelte Erkenntnis zum Ausdruck: 1. Abgrundtiefe Verlogenheit der ehemaligen Machthaber im eigenen Lande und der trügerischen Politik der Westmächte, sowie 2. die Feststellung, daß die Deutschen keine Barbaren, sondern hilfsbereite Menschen find.
In der Gazette de Charleroi" faßt ein von der Flucht zurückgekehrter Korrespondent des Blattes die Eindrücke der Flüchtlinge zusammen, wenn er schreibt: Es gibt vieles, was von denen, die aus Frankreich in die Heimat zurückkehren, gesagt werden muß, und zwar vor allem, daß man uns seit Jahren auf das schmählichste betrogen hat. Man mutz seine Meinung gegenüber Frankreich ändern Uno die tiefen Mißverständnisse Deutschland gegenüber beseitigen. Heute, wo man weiß.
wie häßlich wir unter den dramatischsten Umständen betrogen worden sind, denkt man mit Empörung daran, wie sehr man uns seit Jahren in den wichtigsten Fragen des internationalen Lebens hinters Licht geführt hat.
Man hat uns betrogen, indem man die Tatsachen verdrehte, sie verzerrte und — wenn es nötig war — sogar neue erfand. Seit Jahren hat man uns unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verraten, und man hat entweder geschwiegen, übertrieben oder aber alles bagatellisiert. Die Folge davon ist, daß die meisten Belgier heute eine tiefe Krise durchmachen, und zwar die Krise der Wahrheit. Aber was dieser Krieg uns am klarsten erkennen läßt und was man bisher in uns erstickt hat, ist der Sinn für die Wahrheit und die Realitäten. Daß sich unsere Landsleute heute auflehnen und diejenigen aus ihrer Gemeinschaft ausstoßen, die sie so lange Zeit in der teuflischsten Weise betrogen haben, darf niemand wundernehmen.
Verkalkte Generale fallen Stimmung heben
Bister Lckeas Inmoser „Oeblrotrust" - Oiikk Loopers solmüüelocke „Lpottvögel"
Lissabon, 81. Juli. Aus englischen Zeitungen sowie aus den Berichten, die durch Reisende und auf anderen Wegen über die Lage in England durchdringen, geht hervor, daß die britische Negierung zur Zeit vor allem damit beschäftigt ist, ständig neue und meist recht sonderbare Methoden zu erfinden, um die Stimmung der Bevölkerung zu beeinflussen.
Die Blätter, die sich zum Sprachrohr dieser Regierungswünsche machen, wenden dabei den merkwürdigsten Wortschatz an, um die zur „moralischen Ankurbelung" auserwählten Personen und Pcrsonengruppen gebührend zu kennzeichnen. So nennt die „Daily Mail" die von Eden im Kriegsministerium zur Beseitigung des Bürokratismus eingeführten Aufpasser hochtrabend den „Gehirn-Trust. Von diesem erlauchten Gremium verkalkter
Generäle und millionenschwerer Plutokraten verspricht sich der schöne Anthony eine Beschleunigung der Rekrutierung und eine Reform des Krieasministeriums nach geschäftsmäßigen Grundsätzen.
Eine allgemeine Zielscheibe des Spottes scheinen die sogenannten „Spottvögel Duff Coopers" zu sein, ein Speiialkorps von Leuten, die den Auftrag haben, in Bars, Kneipen und anderen öffentlichen Stätten die Unterhaltung der Bevölkerung zu beschnüffeln. Von dieser Gesinnungsschnüffelei verspricht sich die britische Regierung offenbar erhebliche Erfolge, denn Duff Coopers Vertrauter, Nicolson, gab einem Vertreter des „Daily Herald" gegenüber zu, daß 3V ausgesuchte Sachverständige nichts anderes täten, als Gespräche zu belauschen und daraus Folgerungen über die Stimmung in den verschiedenen sozialen Schichten zu ziehen.
Klar überlegen
Von Lener»! cker klieger 8cbive!ckbsrck
„Als der Morgen deS 1». Mai dämmerte» senkte» sich Tansende von Kampfmaschine» »nd Stnrzkamvsbomber«, gedeckt durch Jäger «nd Zerstörer, ans die seindliche« ss-lnghäscn. In Wenigen Tage« war die restlose Luftherrschaft erkämpft. Sie wurde in keine« Augenblick deS Kampfes mehr ans der Hand gegeben."
Mit einem solchen Ergebnis hat die deutsche Luftwaffe ihren Luftkrieg in Frankreich beendigt Dank der Ileberlegcnheit der l)o 17 konnte die operative Fernerkundung vom ersten Tag an bis zum 18. Juni ununterbrochen durchgcführt werden. Bei dem hohen Stand der Ausbildung bedeutete dies, daß die Auswertung der Meldungen die Bewegungen der feindlichen Armeen klar Wiedergaben. Auch wenn die oberste Führung nach Beendigung des deutschen Aufmarsches ihren strategischen Vcrnichtungsplan nach neuesten Grundsätzen ablaufen lassen konnte, gab die Ueberwachung der Fernerkundung Aufschluß über die Kräftegruppierung und die Absichten, die bei der französischen Führung bestanden, um eine Entscheidung zu ihren Gunsten zu gewinnen. Besonders wertvolle Unterlagen bot die Fernerkundung sür die Beurteilung der feindlichen Luftwaffe und die Führung des Lustkrieges. Damit konnten auch die Einsätze unserer Luft- Kampfverbände um so wirkungsvoller werden.
Die französischen Flughäfen wurden durch die deutschen Angriffe Trümmerstätten, heute sieht man Hallen, Gebäude, Flugzeuge vernichtet, immer wieder gleitet der Blick beim Vorüberfahren auf diese Zerstörungen, besonders auch bei den Einsatzhäfen — kriegsmäßige Plätze ohne Hallen —, wo die Skelette verbrannter Flugzeuge erschütternde Zeugen unserer Treffsicherheit sind. Diese Angriffe bildeten die Einleitung der nach dem Fall von Dünkirchen beginnenden großen Operation der drei Heeresgruppen. Heute fährt man in schneller Fahrt auf den fast leeren guten Straßen Frankreichs durch das Kriegsgebict, und außer den Hauptdurch- brnchsstellen, die die Merkmale heftiger Kämpfe tief in das Land eingruben, bilden nur die unzähligen Flugplätze die Wegweiser für den hier kurz und hart geführten Luftkrieg.
Augenfälliger kann nichts die Durchschlags- ' kraft und Treffsicherheit unserer Kampfflugzeuge beweisen, als die Trümmer dieser Flughäfen und die Riesentrichter auf den Befestl-- gungcn der von den Stukas angegriffenen Werke, besonders bei Lüttich und in der Maginotlinie. Es ist erwiesen, daß den Sturzfliegern die geeignete Abwurfmunition übergeben werden konnte, die der Art der Ziele entsprach. So verdienen besonders Erwähnung die großen Erfolge der Luftangriffe am 9., 10., 11. und 12. Juni ans Cherbourg und Le Havre über dortige Schifsseinheiten.
An allen Brennpunkten der großen Kampfhandlungen war engste Zusammen- arbeitmitdemHeer sichergestellt. Artillerie- und Flakstellungen, Truppen- und Panzeransammlungen fielen besonders in der viertägigen Schlacht im Somme-Oise-Gebiet den deutschen Angriffen zum Opfer. Auch die schlechte Wetterlage am 12. und 13. Juni konnte den erfolgreichen Einsatz der Kamvf- verbände, hauptsächlich in der Gegend Chalon sur Marne nicht hindern. Während in den großen Kampfabschnitten des rechten Flügels und der Mitte der feindliche Rückzug die deutschen Stukas mit Verfolgungszielen belohnte, begleiteten gleichzeitig Kampffliegerverbände den Angriff an der Saarsront gegen die Maginotlinie, am Oberrhein und in Lothringen.
Wenn wir heute den kriegerischen Einsatz unserer Flak mit ihren Erfolgen im Abschuß feindlicher Flugzeuge und Panzer, die Leistungen der Lufrnachrichtentrupps im Sicherstellen der Verbindungen in diesem schnellen Kampsverfahren mit immer wieder wechselnden Plätzen von Verbänden und Befehlsstellen begreifen wollen, so geben die Ergebnisse auch das Werturteil.
Die Legion Condor begann den Schleier zu lüften über Art und Können Freiwilliger der Luftwaffe im fernen Land. Polen bestätigte die Erwartungen, Norwegen bewies rücksichtslose Kühnheit, der Krieg gegen Holland, Belgien und Frankreich übertraf die weitestgesteckte Hoffnung auf Leistungsfähigkeit. Schnell und schweren Inhalts sind die Seiten der Kriegsgeschichte der jungen Luftwaffe Zeile um Zeile vermehrt.
Wie steht es nun mit den Aussichten in der Weiterverfolgungdes begonnenen Luftkrieges?! Wir werden nicht den Fehler einer Unterschätzung der feindlichen Luftmacht begehen, der bisher unseren Gegnern zum Verhängnis wurde^Em-