Sette 2 - Re. 71
Ragvlder T«-bl«tt »Der Gesellschafter-
Donnerstag, 28. März 1V2S
lcher Richter sind beteiligt. Die Behandlungen sind öffentlich.
Wiederaufnahme der deutsch-französischen Handelsvertrags Verhandlungen
Paris. 25. März. Der deutsche Großindustrielle Thyssen und ein Direktor der Krupp-Werke sind hier eingetroffen zu einer Besprechung französischer und deutscher Metall- industrieller. Die amtlichen Vertragsverhandlungen werden Kiefer Tage wieder ausgenommen, und man glaubt, daß ihr Fortgang wesentlich durch das Ergebnis der Industriellen- besprechung beeinflußt werden wird.
l ' Anruhen in Aegypten
^ London, 25. März. Die Absicht der ägptischen Regierung, das Wahlgesetz in englischem Sinn so abzuändern, daß die Partei Zagiul Paschas eine Schwächung im Abgeordnetenhaus erfährt, hat im Lande zu ernsten Anruhen geführt. Die auf 23. Mai festgesetzten Wahlen sollen auf unbestimmte Zeit verschoben werden, damit Zeit gewonnen «erde, gegen die ägyptische Nationalpartei vorzugeheu.
Me Palästinareise Balfours
London, 25. März. Bei der Abreise Lord Balfours von Kairo nach Jerusalem riefen zwei Mitglieder des palästinensischen Kongresses .Rieder mit Balfour!' Sie wurden sofort verhaftet.
Zn Jerusalem hat der arabisch« Ausschuß für Mittwoch den Beginn des allgemeinen Streiks als Einspruch gegen die Eröffnung der jüdischen Aniversität durch Bal- fvnr angcordnet. Die Schulkinder bleiben den Schulen ferne. Die Erregung unter der arabischen Bevölkerung ist so groß, daß die Verwaltung befürchtet, irgendein kleiner Zwischenfall könnte zu großen Ereignissen führen, namentlich wenn Balfour seine Absicht verwirklichen sollte, die Omarmoschee M besuchen, da es während des Aamasanfestes den Ausländern verboten ist. die Moschee und ihre Amgebung zu betreten.
Rumänien erkennt seinen Fehler
Bukarest, 25. März. Die hauptstädtisch» Presse äußert sich zum deutsch-rumänischen Streit von Tag zu Tag vernünftiger. Man kommt allmählich zu dem selbstverständlichen Schluß, daß es doch kaum anzunehmen ist, daß die Entfchädigungskomniission eine Entscheidung gegen Deutschland fällen werde da England und Italien wahrscheinlich einer Zahllmg außerhalb des Dawesschen Plans unter keinen Umständen zustimmen werden. Selbst im Fall einer für Rumänien günstigen Entscheidung könne Deutschland nach dem Londoner Protokoll noch das Appellrecht des Schiedsgerichts anrufen, das sicherlich den deutschen Standpunkt zu dem seinigen machen werde.
Australische Floktenrüslungcn
Melbourne, 25. März. Die australische Regierung bat ln England zwei Kreuzer bei der Firma Brown u. Co., sowie zwei Ankerseebovte bei der Firma Wickers, letztere zum Preis von 716 000 Pfund Sterling, bestellt.
Rekrutierungen in Oberschlefiea.
Berti», 25 März. Der „Lok-Aoz." meldet aus Katto- mitz: Obwohl die Warschauer Regierung in Polnisch-Ober- schiesien Befreiung vom Mtltiärdienst für 8 Jahre versprach, ist diese Zusage nicht eingehalten worden. In diesen Tagen wurden die Weh pflichtigen zum erstenmal zum Heeresdienst «tvberufen. Der Beoö.k-rung hat sich deshalb eine verfländ» liche Erregung bemächtigt. Schon vorher sind viele G-stel» lungspfltchtiae nach Deutschland geflüchtet, um sich vor dem polnischen Militärdienst in Sicherheit zu bringen.
Württemberg
Stuttgart. 25. März. Von der Reichswehr. Mit Wirkung vom 31. März scheidet auch einer unserer bewährtesten und bekanntesten militärischen Führer, Generalleut-
nantKraebe^ausderArmeeaus^Inseinerletzten
Vas Probejahr der Dolores Renoldi.
V6 R o m an von Ir. Le ün e.
Des Bruders Worte rissen ihn aus seinem Sinnen. „Riesig nobel war die ganze Verhandlung. Der alte Herr war zweimal hier. Ich verlangte, und glatt hat man bewilligt —" und Willibald nannte die Stimme, bei deren Höhe Herbert doch auflauschte. „Ich glaube, wenn ich noch mehr gefordert, hätte ich es auch bekommen! Ich habe das Gefühl, als steckt ein Konsortium dahinter — ob Industrie oder Sanatorium — ich habe es leider nicht erfahren können —"
Erregt sprang Herbert auf. Auch daS noch! „Willibald, wie hast du das über's Herz bringen können? Wenn wenigstens ein anderer Landwirt —! aber der ganzen gierigen Spekulation, die alles hier pietätlos zerreißt —" Abwchrend hob Willibald die gepflegte Hand. „Ereifere dich doch nicht, mein Lieber! Ich weiß es ja nicht. Es ist nur eine Vermutung von mir ", sagte er mit seinem nachlässigen, blasierten, müden Tonfall, „ich selbst kann den großen Betrieb unmöglich allein leiten, habe wiederum auch keine Lust, mich weiter von den Inspektoren betrügen zu lassen — heiraten will ich nicht — du hättest ja die Sache übernehmen können, wenn du eine sehr reiche Frau hättest suchen wollen! Doch bei deinem letzten Hiersein erklärtest du ganz bestimmt, daß du ebenfalls nicht heiraten oder wenigstens nicht um Geld freien wolltest — geschrieben hatte ich dir sa öfters von meinen Plänen! Mir eilte aber schließlich die Angelegenheit, da ich einige große Verbindlichkeiten zu regeln habe —"
Herbert schwieg darauf. Vorwürfe hätten nichts genützt, hätten nur zu noch größerer Erbitterung geführt und hätten an dem Geschehenen doch nichts ändern können! Der Bruder kannte seine Ansichten, und wenn er dennoch anders handelte —
Dienststellung' als Infanterie-Führer V in Stuttgart unterstanden ihm seit 1- April 1923 die hauptsächlich aus süddeutschen Trupppen bestehenden Infanterie-Regimenter und das Piomer-Bataillon der 5. Div. Generalleutnant Kraehe besaß in besonderein Maße das Vertrauen und die Liebe feiner Untergebenen bis zum einzelnen Mann herab. — Der Generalmajor Wöllwarth, Chef des Stabs des Gruppenkommandos 2, wird zum Infanterie-Führer der 5. Jnf.- Div. ernannt.
Stuttgart, 25. März. Amtsänderung. Mit Wirkung vom 1. April 1925 ab sind die Oberamksbezirke Waiblingen, Kirchheim und Leonberg von den Straßen- und Wasserdauämtern Ludwigsburg, Reutlingen und Calw los gelöst und dem Straßen- und Wasserbauamt Calw zugeteil! worden. Die Staatsstraße Nr. 21, Maiblingen-Hall, bleib!, von Waiblingen ab in ihrer seitherigen Ausdehnung beim Straßen- und Wasserbauamt Ludwigsburg.
steikbronn, 25. März. Zuigsentgleisung. Aus deiu Süvbohnhof entgleiste gestern mittag der von Talheim kommende Personenzug infolge falscher Weichenstellung.
Wagen wunden aus dem Gleis geschoben. Verletzt «vurd« niemand.
Strchhausen OA. Heilbronn, 25. März. Der alte Leichtsinn. Vergangene Woche explodierte eine Wärmflasche. die verschlossen in den Ofen gestellt wurde. Durch di« Explosion wurde der Ofen beschädigt. Nur dem Umstand, daß niemand in der Nähe war, ist es zu verdanken, daß kein größeres Unglück vorgekommen ist.
Ulm, 25. März. Denkmal 13/49. Di» Eimveikmng des Denkmals der beiden ehemaligen Feld-MUllerie-Regimen- ter 13 und 49 und ihrer zugehörigen Formationen findet am Sonntag den 17. Mai, 11 Ahr, auf dem Münsierplatz in Alm statt.
Vöhmenkirch OA. Geislingen, 25. März. Brand Gestern nacht ist die Wirtschaft „Zur Post" von Alois Ritz hier, vollständig niedergebrannb, Entstehungsursache un
kekmnt.
Kirchheim a. N„ 25. März. Frühlingsboten. Iw Kay-Wald, der sich von der Schellenmühle an am Steilhang der Zaber und dann am alten Neckarlauf hinzieht, sind die Sternhyazinthen aufgeblüht.
Oberkochen OA. Aalen, 25. März. Im Tod vereint. Als am Sonntag mittag die Leiche der Ehefrau des Fabrikarbeiters Johann Seckler zur letzten Ruhe aus dem Hau- getragen werden sollte, ereilte den 70 Jahre alten Ehemann ein Herzschlag. Er brach tot zusammen-
Heidenheim, 25. März. Andreas Hofer. Von der Vorstandschaft der Heidenheimer Volksschauspiele wurde beschlossen, das so vielfach dramatisch behandelte Stück in einer für Naturtheater eigens geschaffenen neuen Bearbeitung für 21. Juni in Aussicht genommen.
Zur Gewinnung von Entwürfen für ein Plakat für die diesjährige Spielzeit veranstalteten die hiesigen Volksschauspiele einen Wettbewerb.
Dom Allgäu. Reichswehrminister Dr. Geßler ist in seiner Heimat in Lindenberg eingetroffen. Er wird sich einige Tage auf seinem Besitztum aufhalten.
Diberach, 25. März. Vberei. Aus der Straße Biberach- Muttencweiler wurden von den elektrischen Leitungen etwa 100 Isolatoren in mutwilliger Weise, wahrscheinlich durch Jugendliche, zerschlagen.
Tuttlingen, 25. März. Straßenraub. Die Ehefrau des Landwirts Otto Stump von Altheim, Amts Metzkirch, wurde bei Neuhausen auf dem Rad von einem jungen Strolch überfallen und eines Pakets mit Kleiderstoffen beraubt. In Mühlheim a. D. konnte der Straßenränder festgenommen werden.
Siginaringni. 25. März. (R e ichs k a n z l e r a. D. D r. M a^r xals Großpapa. Die einzige Tochter des früheren Reichskanzlers Dr. Marx, Frau Regievungsrat Dr. Kurig in Sigmaringen, wurde von einem gesunden Knaben entbunden.
„Bitte —" Willibald schob dem Bruder die Kiste mit den schweren Importen hin, „willst du nicht rauchen?"
„Danke! Nachher! — Ich habe dir übrigens auch eine Mitteilung zu machen; ich heirate demnächst!"
„Ah, du überraschst mich!" Verwundert sah ihn der Bruder an. „Und das erfahre ich erst jetzt — du bist verlobt, und davon weiß ich noch nichts —"
Herbert horte wohl aus den Worten des Bruders ein Gekränktsein und ein peinliches Befremden über sein Schweigen.
„Es ist ja noch nicht offiziell, Willibald! Sobald ich wieder in Gerstadt bin, Wirt die Verlobung veröffentlicht, und dann heirate ich auch gleich —" „So —! und wer ist die Glückliche?"
^Herbert kämpfte mit einer leichten Verlegenheit. Er kannte ja den Hochmut des Bruders — trotz dessen sonstiger Skrupellosigkeit!
„Meine Braut heißt Dolly Reinh —", hieß sie denn wirklich so? war ihm nicht ein anderer Name genannt? Unangenehm empfand er es jetzt doch, daß er noch so wenig von ihr wußte!
„Dolores Renoldi heißt sie!"
„Ah, eine Bürgerliche ist sie! Dann ist sie jedenfalls sehr reich!"
„Nein, meine Braut ist ganz arm. Mer sie ist sehr schön!"
„— von Familie!" ganz selbstverständlich klang das.
„Die Eltern sind tot. Der Vater war Konsul." Er war doch froh, daß er Emdingen diese spärlichen Mitteilungen verdankte. So, vor den kühlen hochmütigen Augen des Bruders wäre seine Verlobung-sonst zu abenteuerlich erschienen!"
„Hm, also eine reine Liebesheirat! Aus diesem Grund ist der Verkauf unseres „Bruckhofes" ja nur von Vorteil für dich! Wenn du so ein armes Mädchen zu heiraten
Aus Stadt und Land.
Nagold» den 26. März 1925.
Nur Beharrung führt zum Ziel,
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.
Schiller.
Borspielabend. Heute obend sollen das Quartett und die Männeiüöre nut Klavierbegleitung vom letztenmal wiederholt und außerdem neben Anderem Präludium und Fuge für Streichorchester und Klavier von einem früheren Schüler - gespielt werden.
! Münchner Passiousspiel. Wir verweisen nochmals auf ! das morgen obei-d 8 livr m der Turnhalle zur Aufführung j belangende Münchner Passtonsspkel nach Overammergauer ! A>t unter der D rektion vor, Herrn Hans Wtlhelmy. Wettere > Ausführungen finden statt am SamStag und Sonntag je , mittag» 4 und abends 8 Uhr.
! Wer am Wahltag verreist, braucht dethalb nicht von der Teilnahme an der Rrtchspiäfidentenwahl aurgefchloffen zu sein. Er kann sich einen Stimmschein ausstellen taffen, der ihn berechtigt, an dem j weiliuen Ort seiner Reise an der Wahlhandlung trOzunehmen. Immerhin ist. um Mißverständnisse fer, zuholien, festzustellen, daß nur bet zwingenden Gründen die hierfür notwendigen Stimm'chetne ausgestellt werden. Die Ausstellung dieser Stimmscheine ist beim Waht- amt des Wohnsitze« zu beantragen. Zu den zwingenden Gründen, die al« Voraussetzung nötig stad, gehört in e-fter Linie die Teilnahme an Familienfesten, wie etwa Konfirmation, Hocbzeit, Tauf» usw. Wer also in der Lage ist, aus solchem A laß am , ächsten Sonntag verreisen zu müssen, kor tut put, sich möolichst bald einen Stimmschein vom Wahlamt autstellen zu lasten.
Formfehler auf Wechsel». Die ReichSbank hat bisher in manchen Fällen Wechlet mit kleinen Mängeln angetanst, wenn den Abschnitten vom Emteicher — gegebener falls auch von d'ffen Vorwärmern — Hasizeltel wegen der Formst hier angebeflet waren. Da nach neuerer Verfügung des R ichS- bank Direktoriums derartige Wechsel vom l. Mat ab auch mit Haftzetteln nicht mehr angekauft oder lombarciert werden, so lieg« es tm aMesttgen Interesse, auf die AuSschre'birng von Wechseln größte Sorgfalt zu verwenden und vor allem Aen- deruroen an den wesentlichen Erfordernissen unb dingt zu vermeiden.
Der Postschechverk'hr. Die Zahl der Postsch ckkunden betrug Ende Februar 8>996I, also 5048 mebr als Ende Januar. An Gut und Lastich iflen zuiowmen sind im Februar 38325 000 R chnungen über 7878456000 R Mk. aus- gesübn worden. Davon sir d bargridlcs 6 24l 042000 R -Mk beglichen worden. Das durchschnittliche Guthaoen der Postscheckkunden belief sich auf 520458000 R-Mk. — Diese Zahlen rechtfertigen e'ne Hei ödst tzung der Postscheckgebühren.
AuslSndische Kartoffeln. Gegenwärtig tauchen wieder ausländische Kartoffeln in größeren Mengen auf. Obwohl dre d»>» jährige eir heimische K rttffeiernte so gut war, daß dem P, bnkum überreichlich Karirsstln zu billigen Preisen zur Verfügung stehen, werden selbst in den kleinsten Lebens- miltellälrn Malta- und algerische Kartoffeln angeboren, die pro Ka. nicht weniger als 50 dezw 90 Pfg. kosten. Die Kariiffeln sind ollo unbedingt als LvxuSware anzusprechen. Im Januar 1925 hat der deutsche Er- fuhrüberschuß die gewaltige Höhe von 600 Millionen Mark erreicht, woran die Einfuhr von ausländtschen Li xusmitkeln in hohem Maße beieiltgt war. A> statt für die Bifserung unserei Außenhandel» bilanz mit oll-n Mitteln Sorge zu tragen, läß, man trotz der wiede> holten Mahnungen der Landwirtschaft durch die zollfreie Einfuhr dieser LvxuSwaren den deutschen JnlandS- maikr syst,malisch ruinieren.
Seine IMetsteigernng bei Vorauszahlung. Im Jahr 1922 haben Personen in Stuttgart ihr Haus verkauft und im Kaufvertrag zugleich bestimmt, daß sie ein« Wohnung in
beabsichtigst, hättest du ja den Abschied nehmen müssen — so gebe ich dir selbstverständlich weiter einen sehr anständigen Zuschuß, denn eine Hauptmannsgage-"
„Ich danke dir! Dennoch aber werde ich den Rock des Königs ausziehen, denn meine Frau gehört zu den erwerbenden Frauen!" sagte er.
Da sah ihn Willibald mit einem unbeschreiblich sarkastischen Lächeln an.
„— und dann gleich an heiraten denken? Verleugnest du so deine strengen Ansichten? Hast du deine Familie vergessen? Ich fasse das nicht — um ein Weib willst du deine ganze Laufbahn aufs Spiel setzen?"
„Sie ist es wert!" versetzte der Hauptmann herb abweisend.
„Na-!"
Willibald hob ungläubig und lächelnd die Schulter: „Abwarten!"
Ein Glückwunsch erfolgte nicht.
„Ich denke es auch!"
Doch verletzend empfand es Herbert, daß Willibald weder einen Glückwunsch noch das Verlangen aussprach, die Braut des Bruders kennen zu lernen! Er hatte nun gesagt, was er aus Rücksicht dem Bruder zu sagen verpflichtet war — doch jetzt kein Wort mehr von Dolores! Er sah nach der Uhr und erhob sich dann.
„Du erlaubst, daß ich einen Gang durch das Dorf mache —"
„Gewiß! Lege dir keinen Zwang auf! Ich werde inzwischen ein wenig ruhen. Wie du weißt, kommt gegen fünf Uhr der neue Besitzer."
„Ich habe kein Verlangen, ihn kennen zu lernen!"
„Es steht in deinem Belieben!" versetzte Willibald kühl.
Die Brüder trennten sich.
(Fortsetzung folgt.!