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„Feierstunden". „Unsere Heimat" ' Haus-, Garten- u. Lanäwirtschast
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Rr. 71
Gegründet 1826.
Donnerstag den 26. März 1925
Fernsprecher Nr. 29.
99. Jahrgang
Taqesspiegel
Der belgische Ministcrrat ha! dem Entwurf der deulsch- betgischen Unterhändler für den Handesoertrag die grundsätzliche Zustimmung erteilt.
Das ägyptische Abgeordnetenhaus hat Zaglul Pascha zum Präsidenten gewäksit. Mmsterpräsident Sirver Pascha gab daraus mit dem Kabinett das Entlassungsgesuch. das aber von König Auad abgelehnt wurde. Das Abgeordnetenhaus wurde darauf nach zehnftündiger Lebensdauer auf- gelöst. Die Zaglul-Mehrheit brach in stürmische Jubelrufe aus.
Unser Handelsabkommen mit England
Man weiß, welche, nicht endenwollendv Schwierigkeiten der 'deutsch-französische Handelsvertrag verursachte. Und wie viel Unannehmlichkeiten hatte der deutsch-spanische Vertrag nach sich gezogen! Selbst über das deutsch-griechische Abkommen wird heute noch kräftig geschimpft.
Um so erfreulicher ist der glatte Verlauf, den die Deutsch-englischen Handelsverhandlungen genommen hatten. Denn Großbritannien spielt bei unserem Außenhandel eine ganz bedeutende Rolle. Betrug doch iw ersten Halbjahr 1924 die Einfuhr aus Großbritannien 436,1 Millionen Mark (1913: 438,0) und die Ausfuhr nach Groß- 'britannien 229,8 (1913: 719,1) Millionen. Frankreich dagegen weist nur die Zahle!: 89,5 bezw. 39,8 Millionen aus (Italien 168,9 bzw. 103,1). Schon diese Zahlen zeigen, welch lebhaftes Interesse wir an einer raschen und vorteilhaften Regelung unserer Handelsvertragsbeziehungen mit England hatten. Allerdings wurde die Sache dadurch wesentlich erleichtert, daß das englische Zollsystem aus dem Grundsatz des Freihandels aufgebaut war. Eng- l<md kennt deshalb nur Meistbegünstigungsver-" träge- Wenn also Deutschland einem dritten Staat eine 'besondere Zollvergünstigung gewährt, so muß dieselbe ohne weiteres auch England zugebilligt werden. Und so ist der deutsch-englische Vertrag ein weitherzig gefaßter, reiner Meistbegünstigungsvertrag- Auch? sollen nach diesem" Vertrag alle Engländer bei der Ausübung von Handel, Berus «mb Gewerbe in Deutschland alle Rechte haben, welche wir Ungehörigen der meistbegünstigten Nationen zugestanden haben.
Nur ist diese Meistbegünstigung auf das vereinigte Königreich beschränkt, bezieht sich also nicht auf die englischen Dominions (Kanada, Südafrika, Australien, Neuseeland), auch nicht auf die Mandatsgebiete (Deutschostafrika, Südwest), die eigentlichen Kolonien (Indien), natürlich auch nicht auf den irischen Freistaat. Alle diese Gebiete haben sich ja mehr oder weniger von England nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich losgelöst. Selbst Indien hat bekanntlich seine eigene Finanzverwaltung. Wie weit diese Gebiete in das deutsch-englische Handelsabkommen einbezogen werden, hängt von den zukünftigen Verhandlungen ab. Hoichelspolitische Vereinbarungen mit den Dominions müssen aber in Sonderverhandlungen mit diesen erst noch getroffen werden.
Wenn wir nochmals auf obige Zahlen zurückkommen, so fällt die geradezu erschreckende Abnahme unserer Ausfuhr nach England ins Auge. Sie ging im ersten Halbjahr 1924 von 719 Millionen Mark des ersten Halbjahrs 1913 aus 229 Millionen zurück. Kein Wunder, daß wir im Jahr 1924 überhaupt eine passive Handelsbilanz, d. h. ein Weniger von 2,6 Milliarden Goldmark gegenüber der Einfuhr hatten: Wir sind also 1924 diese gewaltige Summe dem Ausland schuldig geblieben.
Woher? Die neuen Zölle können nicht die Schuld haben, denn bis zum 10. Januar ds. Js. galt noch die Zwangs- 'bestimmung des Versailler Vertrages. Anders aber verhält es sich mit den Herstellungskosten. Unsere Fertigwaren <1924 ein Wert von 3980 Millionen Goldmark) erfordern zu viel Herstellungskosten. Auch kommen die Rohstoffe, die wir benötigen, namentlich das Holz, viel zu hoch, so daß das Ausland unsere Waren nicht mehr so gern abnehmen will wie in der Vorkriegszeit- Eine Hauptschwierigkeit aber liegt irgendwo anders, und das gilt besonders für England. Dieses Land, das von jeher unsere Konkurrenz gefürchtet hat — man erinnere sich der berüchtigten Etikette „Made in Germany" — läßt bekanntlich nicht ab von der 26pro- zentigen Entschädigungsabgabe. Diese Svnder- belastung des englischen Einfuhrhändlers, auch wenn sie nach dem Londoner Abkommen aus der Kaste des Generalagenten auf Konto unserer Cntschädigungsleistung zurück- erstattet wind, bedeutet zweifellos eine Erschwerung des deutsch-englischen Handels. Sie hat zwar unmittelbar nichts mit den Handelsverträgen zu tun, aber ihr Fortdauern vermindert naturgemäß den Wert unseres Handelsabkommens mit England.
Alles aber kommt jetzt aus die Steigerung unserer Ausfuhr an. Von ihr hängt in ausschlaggebendem Maß die Festigkeit unserer Währung ab.
Chamberlaiir über den deutschen Sicherheitsvorschlag
London, 25. März. Im. Unterhaus verteidigte gestern Abg. Henderson das Genfer Protokoll. Ohne Schiedsspruch könne es keine ^Sicherheit geben, und ohne Abrüstung keinen Schiedsspruch. Es wäre verhängnisvoll, wenn man Deutschlands Eintritt in den Völkerbund von dem Abschluß eines beschränkten Vertrags abhängig machen würde.
Außenminister Chamberlain erwidert, indem er sich zugleich wegen feiner Heiserkeit entschuldigt: Henderson scheine nichts davon zu wissen, daß Mac Donald selbst, aus dessen Verhandlungen mit Herrivt die Entstehung des Genfer Protokolls zurückzuführen sei, dem Sekretariat des Völkerbunds seinerzeit mitgeteiit habe, daß ein gegenseitiger Schutzvertrag nötig fei und daß nach der Anschauung der englischen Admiralität der Schutzvertrag eine erhebliche Vermehrung der englischen Flotte zur Folge haben müßte. Nach -der Absicht der Regierungen der «Gern Mächte müsse das Protokoll durch entsprechende Militärbündnisse und Abmachungen erglüht werden. Auch in den Vereinigten Staaten sei man, wie in England, der Meinung, daß das Genfer Protokoll eher ein Anlaß zu neuen Kriegen als eine größere Sicherheit für den Frieden darstelle. Die deutsche Regierung habe den aufrichklgen und ehrlichen Versuch gemacht, auch in dieser Frage zu einem besseren Stand der Dinge zu gelangen. Es sei zu hoffen, daß dies dadurch gelinge, daß England in eine ernste Besprechung der deutschen Vorschläge eingetreten sei, die etwa folgendermaßen zusammenzufasten seien:
Deutschland ist zu einem Gcgcnseitigkeitsverlrag mit den Mächten, die an der Rheingrenze interessiert sind, bereit, um mit Frankreich zu einer friedlichen Verständigung zu kommen. Aehnliche Schiedsgerichtsverträge können mit den übrigen Staaten abgeschlossen werden, die gemeinsame Grenzen mit Deutschland haben, sofern diese Staaten einen solchen Derträg"!vünschen. Die Abtretung der Gebiete am Rhein (Elsaß-Lothringen) und von Eupen-Malmedy würde ausdrücklich gewährleistet. Das Unterhaus wird wohl mit der Regierung darin übereinstimmen, wenn eine solche Anregung von deutscher Seite freiwillig an uns gerichtet wird, was es bisher nur unter dem Zwang des Versailler Vertrags angenommen hat. Deutschland mag nicht willens und nicht fähig sein, alle seine Hoffnungen und Ansprüche auszudehnen und daraus zu verzichten, daß eines Tags freundschaftlichen Einverständnisses und gegenseitiger Vereinbarung eine Aenderung seiner Ostgrenzen eintritt worauf es mit Bezug auf den Westen verzichtet.
Die jetzige britische Regierung habe das Genfer Protokoll auch daraus geprüft, ob es etwa abgeändert werden könne. Aber wenn man es zweckmäßig ändern wollte, so würde sehr wenig von ihm übrig bleiben. Wenn es nicht gelinge, aus der Luft des Argwohns- und der Furcht herauszukommen, so werde Europa neuen Kriegen preisgegeben sein. England habe infolge des Zauderns und der Unbeständigkeit seiner Politik etwas von seinem Einfluß verloren, aber die deutschen Vorschläge dielen dem britischen Reich eine neue Aussicht, denn dieses Reich, dos durch seine Dominions von Europa getrennt und doch durch seine Inseln an Europa gekettet ist, kann etwas tun, was keine andere Nation der Welt kann: Wenn das britische Reich sagt, es soll kein Krieg fein, so wird es keinen Krieg geben.
Auf eine Anfrage Lloyd Georges, ob Deutschland seine jetzigen Westgrenzen freiwillig anerkenne und es auch die Ostgrenzen anerkennen wolle oder ob letztere einem Schiedsgerichtsverfahren unterworfen werden sollen, antwortete Chamberlain: Deutschland ist bereit, alle Wünsche nach Aenderung dieser Grenzen aufzugeben und einen gegenseitigen Sicherheitsvertrag bezüglich ihres jetzigen Zustands abzuschließen. Was den Vorschlag schiedsgerichtlicher Verhandlungen über die Ostgrenzeu betrifft, so schlägt es nicht vor, daß seine östlichen Grenzen der Gegenstand solcher Schiedsgerichtsverträge fern sollen. Es ist bereit, zu erklären, daß es den Gedanken aufgibt, seine östlichen Grenzen durch kriegerische Maßnahmen zu ändern, aber Deutschland ist nicht bereit, zu erkören, daß es jede Hoffnung aufgeben wird, jemals seine öskichen Grenzen durch freundschaftliche Verhandlungen ans Äptomatischem Wege oder durch Vermittlung des Völkerbunds an gewissen Punkten zn ändern.
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Pariser Stimmen zu Lhamberlains Rede
Paris, 25. März. Die Pariser Blätter äußern sich zur Rede Chamb-erlains sehr kühl. Sie betonen, Frankreich werde von seinen Forderungen in -der Sicherheitsfrage nicht las Mindeste ausgeben-, Deutschland müsse vor allem Frankreichs Bedingungen annehmen. Der „Avenir" sagt, Deutschland scheine einen Krieg gegen Polen im Schilde zu fuhren- Der «Gaulois* gibt Chamberlain zu bedenken, wenn Deutschland heute dLn Versailler Vertrag ablehne, so werde es in einigen Jahren auch den Sicherheitsvertrag ablsug- »ev wollen. Der „Newyork Herald" findet es auffallend, baß Chamberlain so warm für das deutsche Angebot ein- »etreten sei, da er doch bisher als eingefleischter Franzosen- aermd gegolten habe. „Echo de Paris" fit über der Rede «stürzt. Die Ansichten Chamberlains seien geradezu ge-
ährüch. Artikel 19 der Völkerbundssatzung, der eine Nachprüfung der Friedensverträge vorsieht, enthalte eine Stützung in Artikel 2, der den Völkerbund ermächtige, ei:«. Lösung herbeizusühren, wenn sich eine Kriegsgefahr ergibt. Aus diesen Artikel werde Deutschland sich berufen und es könnte geschehen, daß alle Neutralen im Völkerbund Deutschland unterstützen würden.
Vorsichtige Aufnahme in Berlin Berlin, 25. März. Die Rede Chamberlains wird hier, mit vorsichtiger Zurückhaltung ausgenommen, man will erst die Bekanntgabe des amtlichen Wortlauts abwarten. Dbe bis jetzt bekannten Berichte gehen im Wortlaut zum Teil erheblich auseinander. In dem Punkt sollen sie übereinstimmen, daß die Worte Chamberlains, keine englische Regierung könne in Zukunft einen einseitig gegen Deutschland gerichteten militärischen Vertrag mit Frankreich oder Belgien abschließen, von dem ganzen Parlament mit stürmischem Beifall beantwortet worden seien.
Neue Nachrichten
Zur Reichspräsidentemvohl
Berlin, 25. März. Die Reichsgeschästsstelle der Demokratischen Partei teilt in ihren Richtlinien an die Vertrauensleute der Partei mit, daß der -demokratische Anwärter H el l- pach voraussichtlich im zweiten Wahlgang als Sammel- kandidat der Weimarer Koalition ausgestellt werde. Es sei bestimmt anzunehmen, daß die Parteien der Koalition sich auf einen Nichtsozialisten als Anwärter einigen werden: Hellpach sei aber parteipolitisch nicht so sestgelegt wie der Zentrumssührer und Vorsitzende der Katholikentage, Dr. Marx,
Die Aufwertung
Berlin 25- Mürz. Der Gesetzentwurf über die Aufwertung wird am Donnerstag veröffentlicht. Der Entwurf hält, wie Berliner Blätter melden, an der Unterscheidung Mischen altem unbAreuem Besitz fest. Der Besitz an Kriegsanleihe, der vor dem 1. Januar 1920 erwarben worden ist und dessen Vorhandensein durch die Vermögenssteuererklärung vom 3. Dezember 1919 nachgew-iesen fit, gelte schlechthin Äs alter Besitz. Ausnahmen würden nur bei den mündelsicheren Anlagen, bei Kirchengeldern und wohltätigen Fonds gemacht. Die allgenreine Auswertung geschehe auf 5 Prozent. Di« Aufwertung werde „theoretisch" auch aus den neuen Besitz vorgenommen, jedoch geschehe die Ausnahme des Zinsendienstes bei dem neuen Besitz erst, nachdem sämtliche Entschädigungszahlungen geleistet worden seien. Für die Verzinsung des alten Besitzes werde eine jährliche Summe von 40 Millionen Mark im Haushalt zur Verfügung gestellt werden. Die Höhe des Zinssatzes richte sich also nach der Höhe des alten Besitzes und der eben genannten für die Zinsleistung zur Verfügung stehenden Summe. Für die Sozial- bedürftigen würden 2 Prozent des gezeichneten Nennbetrags Äs jährliche Rentenzahlung ausgeworfen. Hierfür seien gleichfalls 40 Millionen Mark in Aussicht genommen. Hieraus ergebe sich, daß die Reichsregierung den Betrag von Kriegsanleihe, der sich im Besitz von Sozialbedürftigen befinde, aus zwei Milliarden schätze.
Die preußischen Oberpräfidenten und Landräke
Berlin. 25. März. Don amtlicher Seite ist eine Statistik über die Bildung der preußischen Oberpräsidenten und Laudräte mit vergleichenden Zahlen aufgestellt worden. Danach amtierten im Jahr 1905 in Preußen 488 Landräte, von denen 34 ohne fachliche Vorbildung wNen. Ml waren evangelisch, 67 katholisch. 1925 amtierten 421" "Nurdräte, davon 53 öffM fachliche Vorbildung, 7 unbesetzte Stellen. 264 sind evangelisch, 115 katholisch, 35 Dissidenten (Religionslose). Preußen besaß ferner im Jahr 1916 zwölf Lber- präsidenten, elf evangelische, ein Katholik. 1925 beträgt die Zahl der Oberpräsidenten ebenfalls zwölf, darunter sechs ehemalige Assessoren, ein akademisch Vorgebildeter, fünf ohne fachliche Vorbildung, ein adeliger, elf Bürgerliche, fünf evangelischer Konfession, drei Katholiken, drei Dissidenten, ein Jude. Bei den Präsidenten hat eine stärkere Verschiebung mit Nichtvorgebildeten stattgeftmden.
Streit zwischen Regierung und Landtag in Mecklenburg
Schwerin, 25. März. Der Landtag lehnte heute den An- trag der Regierung Zinck, ihr das Vertrauen auszusprechen, mit 33 gegen 14 Stimmen ab, worauf der Ministerpräsident den Landtag für ausgelöst erkürte. Die Mehrheit gab daraus dem Ministerpräsidenten a. D. Jantze» die Erklärung ab, daß die Regierung von Zinck nicht berechtigt sei, den Landtag aufzulösen und die Auflösung nicht anerkannt wird, Es wird sofort ein Appell an den Staatsgerichtshof erfolgen.
Deutsch-französisches Schiedsgericht Paris. 25. März. Im Prinzenpalast in Monacco wurde gestern eine Sitzung des noch Art. 304 des Vertrags von Versailles vorgesehenen Schiedsgerichts unter Vorsitz des Holländers Mer eröffnet. Gn deutscher und ein französi-