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Nagold rrLagdlatt «Der Gesellschafter«
Dienstag, 17. Februar 1928
geführt worden, um das sieuerscheue Kapital zu faMn. ln diese Hefte müssen alle Zinsscheine von Aktien und Anleihen eingetragen werden, woraus sie den Ortssteuerbehörden vorzulegen sind. Die Maßnahme sollte eine Mehrsteu« o n LM—260 Millionen Franken erbringen. Die Folg« war aber, daß die Großkapitalisten ihre Kapitalien ins Ausland brachten und nach der Berechnung der gegenwärtigen Regierung sollen 15 dis 20 Milliarden Franken ins Ausland geflüchtet sein. Dieser Amstand hat zur Verschlechterung der Frankenvaluta beigetragen: am Samstag nachmittag wurde an der Pariser Börse das Pfund Sterling mit über 93 Franken bewertet. Herriot hatte eine längc-e Unterredung mit dem Finanzminister Elemente l und er wird am Montag in der Kammer für die Ab ichassung der Kuponhefte und die Freigabe der Kapitalausfuhr auf Ende Februar einlreten, dagegen eine strengere Bestrafung der Steuerhinterzieher befürworten.
Die Bank von Frankreich ist gegen die weitere amtlich« Stützung des Frankenkurscs, da sie viel zu kostspielig sei und daher dem Land mehr schade als nütze.
Zurückziehung der Franzosengarnison aus dem Saargrbie Paris, 16. Fcbr. Nach Wettermeldungen wird über di< Zurückziehung der französischen Truppen aus Forbach, Saar aernünb und St. Avold, insgesamt 3000 Mann, verhandelt Bis eine ebenso starke Gendarmerie ausgestellt ist, sollen di« sranzüsischien Zolloffiziere Polizeidienst tun.
Der „Sicherheiksverkrag"
London. 16. Febr. Lord Balfour hat nach dem „Daily Telegraph" der Regierung eine Denkschrift über di« Sicherheit übergeben, worin ausgeführt wird, das Genfer Protokoll sei undurchführbar. Würde Deutschland in den Vertrag nicht einbezogen, so würde es sich notwendig mit Rußland verbinden und in Rußland würden die Gase her «stellt, mit denen der nächste Krieg geführt.werde. Es se kaher wünschenswert, daß ganz Europa als Einheitsstaat betrachtet und kein Staat vom Sicherheilsoertrag ausgeschlossen werde.
Nach dem Pariser „Matin" soll ein Sicherheitsvertrao zwischen Frankreich, England, Italien, Belgien urü D eutschland abgeschlossen werden mit Ausschluß Polens und der Tschechoslowakei.
Herriot wird, wie der „Obseroer" erfährt, in 14 Pagen nach London kommen, um über die Räumung Kölns (in Wirklichkeit wohl über den Sicherheitsvertrag) zi verhandeln.
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Der „Matin" veröffentlicht Einzelheiten des Sicherheits- v«< trags, der aber nicht erkennen läßt, was mit dem S a arge b i e t geschehen und ob die Besetzung der Rhein lande auch dann fortdauern soll, wenn Deutschland di« Sicherheit der Grenzen Frankreichs, Belgiens und Italien- z>: verbürgen sich verpflichtete. Loucheur erklärte an Samstag auf einem französisch-polnischen Bankett, di« Sicherheit Polens sei auch die Sicherheit Frankreichs „Homme Libre" verlangt, daß die Rheinlands „entmilitari- llert" werden.
Bergarbeikerfireik in England?
London» 16. Febr. Der Gewerkschafissekretär der Grubenarbeiter, Cook, erklärte in einer Versammlung, die Berg «beiter werden bezüglich der Arbeitszeit und des Mindest tohns von 12 Schilling täglich keine Zugeständnisse machen. Wenn diese Forderungen nicht angenommen werden, so fei d« Aasstand unvermeidlich.
Amerika und Japan
London, 16. Febr. In der Bereinigung für auswärtig« Politik i» Reuyork erklärte der amerikanische Admiral Vradly Fiski, wie der „Westminster Gazette" gemeldet wird em Krieg der Vereinigten Staaten mit Japan liege durchaus im Bereich der Möglichkeit. Der wachsende Wettbewerb beider Länder aus dem Weltmarkt müsse einmal zu einem Zusammenbruch führen. Wenn die Vereinigten Staaten nachgäben, so müßten sie auf die Vorteile ihres Außenhandels verzichten, wenn sie aber nicht nacbgäben. lo würde das Ergebnis dasselbe sein. Amerika
Vas Probejahr der Dolorer Renoldi.
Noman von Fr. 8 ebne.
„Das sagte ich mir auch. Denn Dolores Renoldi war ' doch in Begleitung ihrer Mutter nach Brasilien gefahren
— aber — die Verkäuferin, die mich bediente, war sie! Ich war so überrascht — und auch sie, ich merkte es ihr Wohl an — dennoch verrieten wir beide mit keinem Wort, daß wir uns kannten —"
„Mama, das kann doch nicht sein! Du irrst dich, mußt dich irren —"
„Ich irre mich nicht, Kind, ich kenne doch Dolores Re- uoldi! So kann die Natur sich nicht wiederholen — bis auf den Tonfall ihrer dunklen, ruhigen Stimme — nein! Sie bediente mich also, brachte mir Blumen zur Auswahl
— die Palmen im Salon sind auch von ihr verkauft —" Roger saß da und schüttelte nur ungläubig deu Kopf;
ihm war beinahe der Appetit vergangen.
„Da muß ich morgen gleich hin!" Rita war ganz aufgeregt, „sonst glaube ich es nicht; ich muß mich selbst überzeugen —"
„— um Euch vor einem unerwarteten Zusammentreffen mit ihr zu bewahren, habe ich es Euch erzählt — nicht, damit du vorwitzig sie aufsuchst! Meidet dieses Geschäft, es ist für Euch ein Leichtes, Dolores Renoldi aus dem Wege zu geben", sagte Frau Magda nachdrücklich.
„Mama hat Recht!" äußerte sich Roger, „sei nicht kindisch. Rita."
Doch Rita b.charrte.
„Weil das niw: sein kann! Und wäre es wirklich doch, wie interessant, Dolores Renoldi, die verwunschene Prinzessin, wie wir sie doch wegen ihres hochnässigen Veneh- m«n2 und apartem Getue nannten, hinter dem Ladentisch! Ich will sie selbst sehen — oder Mamas Irrtum richtia si-llen —"
müsse daher Sorge tragen, daß der Krieg für Japan nickp erfolgreich sei. Trotzdem aus der Abrüstungskonferenz das Berhältnis der amerikanischen zur japanischen Flotte wie festgesetzt worden sei, sei es nicht unbekannt, daß Japans Flottenstärke größer sei als die der Vereinigten Staaten.
Die japanische Botschaft teilt mit, daß gemäß dem Washingtoner Abkommen im ganzen 14 japanische Kriegsschiffe zerstört worden seien. Das ehemalige Flaggschiff des Admirals Togo (des Siegers in der Seeschlacht von Tschu- tschima im russisch-japanischen Krieg) sei unbrauchbar gemacht, werde aber im. Einverständnis mit den anderen Mächten als nationales Denkmal erhalten bleiben.
f Die preußische Kabinettskrise
! Berlin, 16. Febr. Deutschnationale und Deutsche Volks- ! Partei haben sich bereit erklärt, ein Kabinett der „Volks- ! gememschaft" in Preußen zu unterstützen.
„ Deutscher Reichstag
! Berlin, 16. Februar.
: 2 6. Sitzung. Antrag Müller-Franken (Soz.) aus
' Aufhebung der Verordnung des Reichspräsidenten über j Aufnahme von ausländischen Krediten durch Gemeinden ! and Gemeindeverbände.
! Reichsfinanzminister Dr. vonSchlieben geht auf die j Beschwerde ein, daß diese Materie auf dem Verordnungs- ! weg geregelt worden sei. Bereits im November 1924 sei ! ;ine Verordnung über die Aufnahme von Auslandskrediten ! rrlassen worden. Erst Mitte Dezember sei es dann gelungen,
! mit sämtlichen Ländern eine Einigung über die Richtlinien ! ;u erzielen. Nicht aber in allen Ländern steht den Auf- ! iichtsbehörden ein entscheidender Einfluß auf die Gemein- I )en und Gcmeindeverbände zu. Insbesondere unterliegen s in Preußen und Sachsen die öffentlichen Verbände nur einer t bedingten Aufsicht. Die Verordnung war notwendig, um j ;in Ausbrecher, einzelner Gemeinden zu verhindern. Es ! war von vornherein beabsichtigt, sie sofort wieder aufzu- l »eben, sobald di- gesetzgeberische Regelung erfolgt war.
! Reichsinmister des Innern von Schiele: Unter den - Druck der politischen, und wirtschaftlichen Lage und infolge j der Unmöglichkeit, den Weg der ordentlichen Gesetzgebung ! nnzuhatten, sind einzelne Verordnungen unerläßlich ge- i wesen. Der Minister kündigt einen Gesetzentwurf an, durch j Sen der Rcichsrsgierung unter bestimmten Voraussetzungen , ein Notvevardnungsrecht für die Dauer der Abwesenheit des j Reichstags gegeben wird. Es dürfte angängig erscheinen. ! den Länder-- m Fällen, die ausschließlich das Land selbst betreffen, mehr Spielraum zu lassen.
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' Württemberg
SlutkHrrrk, 16. Febr. Landeskirchenwahl. Da« ^ Ergebnis der gestrigen Wahlen zum evangelischen Landeskirchen!«^ und zum evangelischen Kirchenaemeinderat lieg j noch nicht vor. Di« Beteiligung an der Wahl scheint rech , rege gewesen ,zn sein. Das Ergebnis aus dem ganzen Lani ist voraussichtlich nicht vor morgen zu erwarten.
Verhandlungen zwischen Landwirtschaft und Handwerk Vertreter der Landwirtschaft und des Handwerks traten hie>
! zusammen, um zu der Frage Stellung zu nehmen, wie ei, möglichst gesundes Verhältnis in der Preisgestaltung füi ' landwirtschaftliche Produkte und für dis Arbeiten des Hand ! Werks erreicht werden kann.
! Anerkennung für Lebensretter. An den. Parlamentarischen Abeitt, nähmen mich zwei Männer aus Friedrichs ^ Hafen, Mebold und Gv»tling, teil, die sich im Augus! ! "Migen Jahres als Lebensretter einiger Reaierungsmitglie- ! der und Parlamentarier bei dem Bootunfall verdient ge- i macht hatten. Um sie auszuzeichnen, waren sie besonders zr ! dem Abend eingeladen worden-
„Kind, ich habe doch ein Paar gesunde Augen im Kopf — das junge Mädchen, das mich bediente, war Dolores Renoldi. Ich habe sie scharf beobachtet und habe auch ihr unwillkürliches Erschrecken bemerkt, als ich sagte, die Blumen sollten zu Hauptmann Baron Emdingen nach der Lessingstraße geschafft werden. Dringend bitte ich dich aber, in eurem beiderseitigen Interesse, eine Begegnung mit ihr zu meiden. Wozu denn unnötig Peinlichketten heraufbeschwören —"
„Ich unterschreibe Mamas Wunsch ganz nachdrücklich/ Rita", sagte Roger kurz und energisch, „ich hoffe, du richtest dich danach!"
Rita zog ein Mäulchen und warf trotzig den Kopf zurück; man hätte ihr ansehen können, daß ihre Gedanken eigene Wege gingen.
„Gesetzt den Fall, Mama, es ist so, wie du sagst —", wandte sich Roger an Frau Magda, „was könnte die reiche Dolores Renoldi bewogen haben, als Ladnerin zu gehen?"
„Dann ist sie eben nicht mehr reich!" warf Rita triumphierend ein.
Frau Magda Loeser zuckte die Achseln.
„Da stehe ich ebenfalls vor einem Rätsel! Sich freiwillig in eine so untergeordnete Stellung zu begeben» ist doch ausgeschlossen, gerade bei Dolores Renoldi —"
„Vielleicht hat sie ihr Vermögen verloren, so etwas i kommt vor — hat spekuliert —", meinte Rita.
! „Möglich könnte es ja sein! Doch das hätten wir ! schließlich erfahren — denn Papa Loeser ist ja über jede ! Krise im Finanzleben unterrichtet."
! „Dennoch kann ihm auch mal etwas entgangen sein! Man hat sich eben über die Verhältnisse des Konsuls getäuscht! Er wird nichts hinterlafsen haben, und Dolores war zu stolz, das einzugestehen — daher auch ihr unbe- ! g?eiflicher Schritt dir gegenüber, Roger —", bemerkte Rita.
Leonberg, 16. Febr. Unerhörte Flegelhaftigkeit. Fuhr da ein Auto die Stuttgarter Straße den Eng-ek- berg hinauf. Ein ..Herr" und zwei „Damen" saßen drin Als sie an einer des Wegs daherkommenüen Frau vorbei, sichren, zog eines der Frauenzimmer eine Pistole, ziekbi während des Vorbeifahrens auf die Frau und schoß di« Pistol« auf sie aus allernächster Nähe ab. so daß die Fr« wst einen Nervenchok davontrug. Dann hatte das Frauew- znnmer noch die Frechheit, vergnügt lachend zu winken. Die Nummer des Auws ist ausgeschrieben.
Enzweihingen OA. Vaihingen, 16. Febr. N eu ba»- e i n st u r z. Beim Bau einer Trockenkammer in der Ziegelei ! oben plötzlich die Seitenmauern dom Druck der schwere« Zementdecke nach und das Ganze stürzte in sich zusammen, l swei Arbeiter wurden von den herabstürzenden Betonmasse« getroffen, aber glücklicherweise nicht schwer verletzt.
VsWngen a. E„ 16. Febr. Schwindler. Ein Schwind» 'er.- der sich Friedrich Schöll nennt und sich als Neffe des BrAoten Schöll ausgibt, treibt sich im Bezirk herum und ucht Geld zu erschwindeln. Er wird von einer Stuttgarter Firma wegen Betrügereien verfolgt.
Gmund, 16. Febr. Guter Geschäftsgang. Der Geschäftsgang in der hiesigen Edelmetallindustrie hat sich, l essrwers in Großsiiberwaren, feinen Goldwaren und im Iun'-'ens-ewerbe, in letzter Zeit so gebessert, -aß die Kurzarbeit nahezu aufgehört hat und in manchen Betrieben so»
; ar über die Zeit gearbeitet inerden muß.
Schwenningen, 16. Felm. G asversorg >: n g. Der Gemein-derat hat die Einführung der Gasversorgung beschlossen, und zwar soll es durch Fernleitung, die etwa 60 OM kosten wird, aus Villingeg bezogen werden.
Blaubenren. 16. Febr. !i nfal!. In der Portlandzementwarenfabrik Gebr. Spohn A.-G. verunglückte der ledige Schmied I. Duck von Gerhanscn. Er liegt mit schweren Verletzungen darnieder.
Mblingon, OA- Laupheim, 16. Febr. Eingemndung nach Ul m? Hier fand eine Vürgeroersammlung statt, i« -er Schultheiß Mendler über die Bestrebungen zur Eingemeindung von Wiblingen nach Ulm berichtete. Der Gemeinderat hat indessen in den letzten Tagen dis Ulmer Bestimmungen nicht angenommen. Auch die Stimmung in der Bevölkerung scheint vorwiegend gegen die Eingemeindung gerichtet zu sein.
Biberach, 16. Febr. Auswertung. Der Porstand und Aussichtsrat des Konsum- und Sparvereins Biberach hat in seiner letzten Sitzung einstimmig beschlossen, die vo» den Mitgliedern angelegten Spargelder mit hundert Prozent aufzuwerten.
Hechingen, 16. Febr. Heimatzeitung. Mit dem heutigen Tag erscheint hier die erste Nummer eines hohen- zollerischen Heimatblatts, genannt „'s Zollerländle".
Wohlweislich hatte sie selbst gegen Roger darüber geschwie-; gen, daß Dolores Zeugin der verhängnisvollen Unterredung zwischen ihr, Rita, und Roger gewesen und nur diese Grund zur Aufhebung des Verlöbnisses gegeben haben konnte-alles brauchten die Männer ja nicht zu
wissen, dachte die kleine Katze.
„Auch das wäre nicht von der Hand zu weisen! Dennoch würde manches in der Berechnung nicht stimmen! Zum Beispiel: das große Haus ist nicht verkauft —"
„Weil es wohl noch keinen Liebhaber gefunden hat, und der Justizrat Schellenberger ist verschwiegen, der alte Fuchs!"
Eifrig spann Rita ihre Mutmaßungen. „Die Konsulin ist nach Brasilien zu ihren Verwandten und Dolores muß sich eben, wie andere auch, ihr Brot verdienen — als Blumenbinderin gelingt ihr das noch am ehesten. Ja, ja, Fräulein Renoldi, das haben Sie sich im vorigen Jahre um diese Zeit nicht träumen lassen! — ah, Roger, du kannst wirklich froh sein, daß du sie nicht gekriegt hast!"
„Bin ich auch, mein Täubchen!" Zärtlich küßte er Rita auf die frische Wange. „So Hab' ich dich doch —"
Froh war's ihm aber nicht zu Mute. Wenn Ritas Mutter recht hatte, war's eine verflucht fatale Sache, die frühere Braut unter solchen Umständen hier in der Stadt zu wißen!
Rita sah lächelnd und verliebt in seine blauen Augen.
„Kannst du auch, mein Junge!-Du Maming, er
ist wieder ungehorsam gewesen — aus böhcrer Gewalt
heraus — es war wirklich zum letzten Male-wir
rufen deine Großmut und Fürsprache an —", ermutigend nickte die junge Frau dem Gatten zu und erzählte von seinem Spielverlnst — „er hat wirklich nichts dafür ge- könnt, Mama! Soll er sich am letzten Tag dort noch Nachreden-lassen —-"
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