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Zeierstunäen"

Gegründet 1626,

Dienstag de» 3V. September 1924

Fernsprecher Nr. 29.

«erbrettrtsto jjeuungu» Ober»» tSbezirk. Nu- zeige» stob daher oo» bestem Erfolg.

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38. Jahrgang

Das glückhaft Schiff

In voriger Woche blickte wohl die ganze zivilisierte Weh ruf das Zeppelin-Luftschiss vom Bodensee, das seine Probe­fahrt von fast 2 Tagen unternahm, um in absehbarer Zeit der üraum der Menschheit zur Tat werden zu lassen: das Meer zwischen Europa und Amerika durch ein Luftschiff zu über­runden. Von dieser Probefahrt für den L. Z. 126, der später im amerikanischen Dienst die Bezeichnung Z. R. 3 (Zeppelin Rigid 3 Starrer Zeppelin 3) tragen wird, spricht heute di« Welt. Bald wird die letzte Fahrt unter deutscher Flagge nach Amerika an getreten.

Riesengroß wächst in der Erinnerung die Gestalt des Alten wm Bodensee herauf, des Grafen von Zeppelin, der, veihhaarig, unzähligen Hemmnissen und Widerwärtigkeiten zum Trotz, den Bau seiner Luftschiffe durchsetzte und so in rei­chem Maß die Krönung seines Lebenswerks erlebte. Welch rine Fülle von Geschehnissen in der Entwicklung der Luftfahrt aegt zwischen heute und jenem denkwürdigen Tag im Jahr 1887, an dem Graf Zeppelin als württembergischer Militär- 'bevollmächtigter dem König Karl von Württemberg in einer Denkschrift die Aufgaben bezeichnete, die zur Vervollkomm­nung der lenkbaren Luftschiffe erforderlich seien. In welch prophetische Worte klingt diese Denkschrift aus:Gelingt es, hisse Aufgaben zu lösen, so ist der Luftschiffahrt eine noch ganz unschätzbare Bedeutung, nicht allein für die Kriegsfüh­rung, sondern auch für den allgemeinen Verkehr (kürzeste Lerbindung durch Gebirge oder Meere getrennter Orte), für Erforschung der Erde (Nordpol, Jnnerafrika) in der Zukunft gewiß." Wie schnell sind diese Worte der Verheißung in Er­füllung gegangen. Just vor 25 Jahren wurde der Bau des ersten Versuchsluftschiffs in Manzell in Angriff genommen tie Luftschiffbau-Zeppelin-Gesellschast m. b. H. hätte also in diesem Jahr ein wohlbegründetes Jubiläum feiern können und 126 Luftschiffe verließen den Riesenbau der Luftschiff­halle bei Friedrichshafen. Nordpol und Jnnerafrika dies« Ziele, die dem Grafen Zeppelin zur Erforschung der Erde oorschwebten, sind längst erreichbar geworden, ersterer aller­dings nur in der Theorie. Verfügte doch schon L. 59, das im Jahr 1917 gebaut wurde, rechnerisch über eine größte Fahr- ftreckenentsernung von 8200 Kilometern, die es in der Praxis unter Beweis stellte, als es während des Kriegs von Bul­garien nach Khartum (Sudan) und zurück in rund 100 Stun­den mit etwa 300 Zentnern Nutzladung flog und am End« der Fahrt noch Lebensmittel für weitere 35 Stunden oder weitere 3000 Kilometer an Bord hatte. Uüberhaupt muß man sich immer wieder vor Augen führen, daß schon die früheren Luftschiffe imstande waren, z. T. ganz gewaltige Entfernun­gen zurückzulegen. Das eben genannte L. 59 hätte beispiels­weise bequem von Stettin bis mehrere hundert Kilometer süd­lich von Kamerun oder Togo fliegen können, der Aktions­radius von L. Z. 21 ging bis zur Nordspitze von England vom L. Z. 82 bereits bis nach Chicago, vom L. Z. 105 bis zur Südspitze des amerikanischen Festlands (Feuerland), vom L. Z. 102 bis nach Australien (sämtliche Entfernungen von Friedrichshafen aus gerechnet). Und der letzte Lustkreuzer, 1^6, der 200 Meter lang ist und eine größte Höhe von :...^^ern besitzt (also beinahe 10 Meter höher als ein vier- jtockiges Wohngebäude der deutschen Großstadt), kann mit 100 Zentnern Nutzlast rechnerisch eine Fahrtdauer von 116 Stunden aufweisen, was einem Fahrtbereich von 12 500 Kilo- Metern entsprechen würde. Zum Vergleich dient die Erinne- daß -er Durchmesser der Erde am Aequator rund 12 700 Kilometer beträgt.

Stresemann über die Lage

Berlin, 29. Sept. In einer Versammlung der Deutschen volkspartei hielt Reichsminister De. Stresemann eine Rede, in der er ü. a. ausführte:

Bei den Verhandlungen in London ist vieles nicht er­reicht worden, was wir erstrebten, aber wir haben einmal für die nächsten Jahre sichere Verhältnisse bezüglich der Leistungen Deutschlands. Die Verhandlungen wegen der Anleihe sind nun so weit gefördert, daß -voraussichtlich in den nächsten Tagen eine Entscheidung zu erwarten ist. Die Räu- inung des Ruhrgebiets ist eingeleitet, die Räumung des -Sanktionsgebiets" zugesagt. Entscheidend ist aber vor allem me Enstpannung der politischen Lage. Wir treten in eine o-eit der Handelsvertragsverhandlungen mit den verschie­densten Ländern ein. Für Deutschland wird es darauf an- wknmen, die Meistbegünstigung auf der Grundlage eines maßvollen deutschen Zollschutzes durchzu- Mhren.

Wenn man von uns verlangt, daß wir die Fahrt füt fremde Luftschiffe über Deutschland freigeben, was ms Interesse der Entwicklung des neuen Verkehrsmittels wünschenswert ist, dann muß man uns auch entgegenkom- men in Bezug auf die Entwicklung der deutschen Flu g- teu g e, -die heute künstlich hintangehalten worden ist. Was Deutschland auf diesem Gebiet zu leisten vermag, beweist die Großtat des neuen Zeppelin, auf die das deutsche Volk mit Stolz blickt. Deutschland läßt das größte Mw erfolgreichste Zeppelin-Schiff der Welt bauen, das der «censchhellsentwicklung neue Wege weist, und soll dann ge­

zwungen werden, die Lustschiffhallen rikederzu-- reißen, aus denen ein sol^es Werk des Triumphes menschlichen Geistes und menschlicher Technik hervorgegan­gen ist. D crs i st d er G ei st v o n V ers a i l les, g e g eIZ den wkrunswenden, und gegen den sich mit uns dis zivilisierte Welt mindestens in dieser Frage einmütig wen­den sollte.

Man hat die Londoner Abmachungen in Zusammenhang gebracht mit der Stellung Deutschlands zu den Genfer Ver­handlungen des Völkerbunds. Wenn uns die Mög­lichkeit gegeben ist, ohne AAufgabe unserer grundsätzlichen rußenpolitischen Einstellung im Völkerbund mitzuwirken, soi st dte Frage, ob wir ihm beitreten, nicht eine Par- leiensrage, sondern eine Frage, die kühl und nüchtern vom deutschen Standpunkte abgewogen werden muß. Im Kabinett ist man einig darüber, daß wir bereit sind, dem Völkerbund beizutreten, wenn uns die völlige Gleichbe­rechtigung neben anderen Großmächten gewährleistet wird, und wenn uns nickt Bedingungen ruaemutet werden, die entweder undurchführbar sind wegen der Entwaffnung des deutschen Volks, oder die uns außen­politische Erklärungen zumuten, die gegen unsere Ehre zehen. Um kein Mißverständnis über diese Auffassungen Vorkommen zu lassen, haben wir diese Auffassung in einer Mitteilung niedergelegt, die den am VöllerbunLsrat be­teiligten Regierungen übergeben werden wird, von deren Antwort unsere endgültige Stellungnahme abhängen wird.

In der inneren Politik steht die Regierungs­umbildung im Vordergrund des Interesses. Wir haben mit dem Bürgerblock nichts zu Um, nicht rechts gegen links. Daß in der deutschen Politik die Auffassungen der Mitte führend sein müssen, ergibt sich aus der ganzen Lage unseres politischen Lebens. Jetzt ist durch die Abstim­mung der Deutschnationalen über das Sachverständigen-Gut- achten zwischen einer großen Anzahl von Mitgliedern der deutschnationalen eRichstagsfraktion und der Regierungs­parteien eine Uebereinstimmung eingetreten über die Notwendigkeit der Annahme des Gutachtens, der Grundlage der heutigen Außenpolitik. Seine ehrliche Durch­führung ist ein Erfordernis des Ansehens des eRichs gegen­über den eingegangenen Verpflichtungen. Stellt sich die Deutschnationale Volkspartei auf den Boden dieser außen- oolitisch gegebenen Tatsache, so wäre es falsch, ihre Mitwir­kung von den Regierungsgeschästen auszuschließen. Da wo die Deutschnationale Partei in einzelnen Ländern am Staat mitwirkt, wie es z. B. in Bayern und Württemberg der Fall ist, hat die Negierungspolitik gerade in ?en großen außenpolitischen Entscheidungen nicht Befehdung, sondern Unterstützung erfahren. Für die Innen- und Außenpolitik ist deshalb die Mitwirkung und Mitverant­wortung der Deutschnationalen ersprießlicher als das Hinab­stoßen der Deutschnationalen in eine dann wohl eintretend« hemmungslose Opposition, die gerade im Ausland zu der Auffassung geführt hat, als wenn die außerhalb des Staats stehenden Kräfte stärker wären als der Staat selbst.

Investigation" Versklavung

Genf, 29. Sept. Der Völkerbund hat endgültig den vom Ausschuß vorgelegten Plan für dieA usübungdesJn- v est i g a t i o n s r e ch t s" (Investigation ist ein verschleiern­der Ausdruck für Ausspionierung. D. Schr.) gegenüber den­jenigen Staaten, die durch die Vertrüge von Versailles, Sk. Germain Trianon und Neuilly derInvestigation" unter­worfen sind, also Deutschland, Oesterreich, Un­garn und Bulgarien an die Türken wagt man sich wiederum nicht heran, der Vertrag von Sevres ist begraben angenommen. Dieser Plan besagt:

Investigationen", Durchsuchungen müssen auf Anord­nung des Völkerbundsrates sich auf die Entwaffnung hinsichtlich aller Militäroerhältnisse zu Lande, zu Wasser and in der Lust in den genannten vier Ländern und beson­dere Gebiete in diesen Ländern beziehen können, und zwar vor allem auf folgende Punkte

s) Gesetzgebung, Militärgeseß und Staats­haushalt;

b) tatsächlich vorhandene Bestände;

c) bestehendes oder im Bau befindliches Makerkal, ein­begriffen Lustschiffahrtsmaterial. Munitionsfabriken und Kriegsmaschinen;

a) Militärischer Unterricht und Ausbil­dung für den Kriegsfall: e) Bau von neuen Kriegsschiffen.

Ohne dem Recht jedes Mitglieds des Völker­bundes vorzugreifen, den Rät unmittelbar anzurufen, kann jede Regierung eines Staats, der zum Völkerbund ge­hört, dem Generalsekretär Mitteilungen machen, auf Grund Keren sofort eine Durchsuchung des zur Anzeige gebrachten Staates angeordnet werden kann.

JederNachbarstaat der genannten vier (Sklaven-) Staaten (Deutschland, Oesterreich, Ungarn und Bulgarien) soll, auch wenn er nicht im Rat vertreten ist (also Polen. Südslavien, Rumänien) doch in dem ständigen Ueber- wackungsausschuß vertreten sein. Die Mitglieder die­

ses beratenden Ausschusses nehmen selbst an der Durchführ­ung nicht teil. Deutschland, Oe st erreich, Ungarn undVulgarien dürfen im Ausschuß nicht ver­treten sein. Damit die Durchschnüffelung stets über­raschend kommt, dürfen die Vorsitzenden derInvestiga­tions-Kommissionen erst im letzten Augenblick enthüllen, was sie jeweils untersuchen lassen wollen. Sie sind ermäch- >gtt, den verschiedenen Gruppen ihres Ausschusseszur Voll­endung ihrer Arbeiten" voll st e Bewegungsfreiheit zu geben. Die Ausschüsse haben nur den Sachverhalt bezw. Tatbestand festzustellen. Der ständige beratende Ausschuß kann keinen Befehl erlassen, der die vom Völkerbundsrat ur­sprünglich festgesetzten Weisungen verändern würde.

In einen solchenVölkerbund" soll Deutschland e>ntreten2

Paris, 29. Sept. Hier ist man mit den Beschlüssen über hie Investigation in denbesiegten" Ländern sehr zu- stieden. Sie haben die Erwartungen übertroffen. Wenn England im Januar 1925 Köln räumen sollte, werde dieses Gebiet nun sofort dem Völkerbund unter st ellth die Gefahr, daß Deutschland dortrüsten" könnte, sei also beseitigt.

Die Zurücknahme der Rentenmark

Auf Grund des neuen Bank- und Münzgesetzes sollen be­kanntlich die Reichsmarknoten der neuen Reichsbank sowi« die von ihr auszugebenden Münzen alleinige gesetzlich« Zahlungsmittel sein. Der Grundsatz der goldgedeckten Wäh­rung, bezw. späterhin der reinen Goldwährung, soll durch- geführt werden. Infolgedessen soll die Rentenmark allmäh­lich aus dem Verkehr gezogen werden.

Zunächst wird bestimmt, daß die Deutsche Rentenbank über den Betrag der bei Inkrafttreten des Gesetzes von ihr ausgegebenen Rentenbankscheine hinaus neue Scheine nicht inehr ausgeben darf. Die noch nicht ausgegebenen Renten« danknoten, die sich im Besitz der Rentenbank befinden, müssen der Reichsbank zur Vernichtung übergeben werden. Me Mentenbank hat den Gesamtbetrag der von ihr ausgegebenen Noten innerhalb längstens 10 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes einzulösen. Bei der Zurückziehung der Rentenmark­noten ist zu unterscheiden zwischen dem Betrag, der in Hohe von 1200 Millionen Rentenmark für Reichskredite hingegeben worden ist, und der Summe von 870 Millionen Rentenmart die als Wirtschaftskredite, in erster Linie als Kre­dite für landwirtschaftliche Zwecke, in den Verkehr gebracht worden sind. Während die ersten innerhalb längstens zehn Jahren zurückzuziehen sind, sind die Wirtschaftskredite binnen drei Jahren vom 1. Dezember 1924 gerechnet, abzuwickeln. Die Zurückziehung der gegen die Reichskredite in Höhe von 1200 Millionen Rentenmark ausgegebenen Scheine hat die Reichsbank zu übernehmen:-bei ihr wird hierfür ein Til­gungsgrundstock gebildet, der in folgender Weise gespeist wird: zunächst hat die Rentenbank ihre Einnahmen aus den Grundschuldzinsen (von denen, soweit der Betrag 60 Millio­nen übersteigt', 25 Millionen für die neue landwirtschaftlich« Kreditanstalt abzuzweigen sind) an den Tilgungsgrundstoä abzuführen. Sodann hat das Reich jährlich 60 Millionen Mark an diesen Grundstock zu entrichten; auch fließt der derr Reich zustehende Gewinnanteil an der Reichsbank dein Grundstock zu. Da die Einnahmen aus den Grundschulden jährlich mehr als 85 Millionen Mark betragen dürften und weiterhin die voraussichtlichen Gewinnanteile des Reichs au der Reichsbank dem Tilgungsgrundstock zugeführt werden; so wird es wohl möglich sein, die Zurückziehung der 1206 Millionen Rentenmark bereits vor Ablauf von zehn Jahren durchzuführen.

Wie schon erwähnt, spielen die Grundschuldzinsen hierbei eine entscheidende Rolle; während die für die Renten- bani bisher bestehende Belastung der industriellen, gewerb­lichen und Handelsbetriebe, einschließlich der Banken, auf­gehoben wird, bleibt die Belastung der Landwirt­schaft bestehen: das Kapital der Deutschen Rentenbank wird infolgedessen von 3,2 Milliarden auf 2 Milliarden er­mäßigt. Dieser Betrag wird aus die Landwirtschaft, auch der besetzten Gebiete, als Grundschuld umgelegt; die Last fül den einzelnen Landwirt wird sich infolge des erweiterten Belastungsgebietes insofern vermindern, als die Ver­zinsung der Grundschuld nur 5 Prozent, statt bisher! 8 Prozent betragen soll. Wenn auch die Höhe der Grund- jchuld 5 Prozent, statt bisher 4 Prozent des Wehrbeitrags­werts ausmachen soll, so wird doch die Berichtigung des Wehrbeitragswerts zusammen mit der Verringerung der Zinsen eine Ermäßigung der von dem einzel­nen Landwirt zu leistenden Summe bewirken.

Außer den erwähnten,1200 Millionen Rentcnmark, di« ourch die an das Reich gewährten Kredite in Umlauf ge­kommen sind, sind dann noch, wie bereits erwähnt, die 876 Millionen Wirtschaftskredite abzuwickeln. Da diese Kredit« überwiegend der Landu-i-ff: -st zur Verfügung gestellt wor­den waren, kann die Al nur verhältnismäßig lang­

sam durchgesührt werden: deshalb sieht der lmüetzen'wurs auch vor, daß die Abwicklung mit tunlichster Beschleunigung, jedoch unter anaemes jener Rücksichtnahme