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Die amerikanischen Konsuln sind angewiesen war- ! den, von sich aus die nötigen Maßnahmen zum Schuß der , amerikanischen Interessen zu treffen. !

General Wuveifu, der nir Regierung in Reking bält. marschiert auf Peking. Die Eisenbahnlinie von Peking nach > der Mandschurei ist an der Chinesischen Mauer unterbrochen, - mn den Einbruch der Truppen aus Tscbili zu verhindern.

Die amerikanische Regierung will den streitenden Par- .

teien bei gegebener Zeit ihre Vermittlung anbieten, obwohl die Regierung in Peking sich jede fremde Einmischung ver­beten' hat. ,

Ende aut alles gut i

Oberhausen. 16. Sept. Die französische Besatzung hat ge- i packt und soll heute nachmittag abziehen. Gestern abend trie- j den sich acht bis zehn betrunkene Soldaten in den Straßen - herum, zerschlugen die Schaufenster und mißhandelten einen Ar.zt. der von einem Krankenbesuch kam. aufs schwerste. Schutzpolizei nahm zwei der Barbaren in Schutzhaft, die andern entflohen.

Oberbürgermeister Dr. Eich hoff in Dortmund konnte gestern sein Amt wieder übernehmen. Er war während des passiven Widerstands ausgewiesen worden.

In Homberg treffen die Belgier Anstalten zur Räumung. Die beschlagnahmten Privatwohnungen werden am Donners­tag der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellt.

Recklinghausen wird am 19. Sept. von den feindlichen Truppen geräumt.

Aus dem Militärgefängnis in Dortmund wurden 51 HylHKe entlassen.

Württemberg

Stuttgart. 16. Sept. öOjähriges Militärdienst- subiläum. Der württ. Generalleutnant Hermann o.

Siein, der in Holden bei Lindau seinen Wohnsitz hat, feiert heute sein 50jähriges Militärdienstjubiläum. Er war Kom­mandeur beim Jnf.Regt. 121 in Weingarten und ist zu Be­ginn des Krieges als Kommandeur mit der 51. Stuttgarter Jnf.-Brigade ausgerückt. Er hat sich an der Spitze der 204. Inf.-Div. bei Dixmuiden und Ppern sowie in der ersten und dritten Flandernschlacht und in Frankreich als bewährter Führer hervorgetan.

ep 55. Dundesfest des Württ. evang. Iungmännerbund«. Am Samstag und Sonntag sammelten sich in Stuttgart 4600 bis 5000 Mitglieder der evang. Jünglings- und Jungmänger- oereine zu ihrem 55. Bundesfest. Nachdem am Samstag ein Bundestag stattgefunden hatte, wurde der Festsonntag ein­geleitet durch eine Lieder- und Posaunenmission in dm Stra­ßen und Plätzen Stuttgarts. Am Nachmittag fand in der Stiftskirche ein Festgottesdienst statt mit einer packenden Festpredigt von Pfarrer Maier- Flein und Erstattung des Jahresberichts durch Bundesdirektor Pfarrer Keppleri Eine Nachfeier im Freilichttheater mit einer Ansprache des Bundesvorsitzenden Stadtpf. Heim-Stuttgart, Posaunsn- »orkrägen und einer Reihe weiterer Ansprachen bildete den Abschluß des gehaltvollen Jugendfestes.

Befreit; Unter den bis jetzt von Frankreichbegnadig­ten" 145 deutschen Gefangenen befindet sich auch Kapitän- ieutnant R. An dl er aus Stuttgart, Sohn des Obersten a. D. Andler. Andler, der sich im Tauchbootkrieg hervor­ragend ausgezeichnet hatte, befand sich zur Zeit des passiven Widerstands im Ruhrgebiet und er wurde vom französischen Kriegsgericht zu zehn Jahren schwerer Gefängnisstrafe ver­urteilt, weil er sich mit dem Gedanken getragen haben soll, einen Kanal zu sprengen. Er wurde mit dem Eisenbayn- vberinspektor Gottfried und einigen anderen in das berüch­tigte Gefängnis St. Martin de Re verschleppt.

Beschlagnahme. Die heutige Nummer derSüddeutschen Arbeiterzeitung" ist durch Beschluß des Amtsgerichts Stutt­gart I wegen Vorbereitung zum Hochverrat beschlagnahmt worden.

Aus dem Parte'.l öen

In einer Vertreter-Versammlung der Deutschnatio- pale» Volkspartei in Württemberg sWürtt. Vürgerpartei) machte Staatspräsident Bazille Mitteilung Über die Haltung der Württ. Staatsregierung zu den Dawes- iaesetze» und legte dann die Gründe für die Haltung der Deutschnationalen Reichstagsfraktion in diesen Fragen dar. lvei der Reichstags-Abstimung am 29. August handelte es sich Vicht mehr allein um das Londoner Abkommen, das durch das Macht st reden der Sozialdemokratie längst di de» Hintergrund gedrängt war. Die Sozialdemokratie »sollte im Reichstag wieder die Herrschaft erlangen: sie konnte Vuf einen Sieg bei Neuwahlen rechnen, da ihr eine gewal- Kge Hilfe vom Ausland zugeflossen wäre. Eine sozialistische lRegieruag aber hätte in kurzer Zeit den Untergang unseres VaterLmdes Herberge führ:, da die deutsche Wirtschaft, die auf

Auslandskredite angewiesen sei, völlig verloren gewesen wäre. Ein sozialistisch regiertes Deutschland erhalte aber vom Großkapital keine Kredite. So habe die Fraktion vor der Frage gestanden: den Vertrag, der mit der nationalen Ehre unvereinbar und unerfüllbar sei anzunehmen oder die nationale Zukunft durch ein Nein zu vernichten. Das Lon­doner Abkommen setzte voraus, daß Deutschland den Welt­markt erobere, denn sonst feien die in chm vorgeschriebe­nen Leistungen nicht aufzubringen, dem werden sich aber unsere Gegner entgegensetzen, Die Notwendigkeit der Aenderung werde sich also bald Herausstellen und von einem Teil unserer Gegner selbst betrieben werden. Die ge­waltigen Fragen, die die Menschheit gegenwärtig bewegen, werden wohl kaum mit feindlichen Mitteln ge- st werden. Bei der Aussprache kamen Vertreter der An­nahme wie der Ablehnung der Dawesgesetze zum Wort. In einer einstimmig angenommenen Entschließung wurde ausge­sprochen, daß die Gewichte der Abstimungsgründe gewürdigt werden in der Ueberzeugung, daß beide Richtungen nach sorgfältiger Gewisfensprüfung gehandelt haben. Die Einig­keit der Partei müsse ungestört erhalten werden.

Der Landssausschuß der Deutschnationalen Volkspartei in Baden faßte in einer Sitzung in Karlsruhe eine Ent­schließung, die Partei müsse jetzt erst recht einig sein und blei­ben.

DieOberschwäbische Volkszeitung" berichtet: In füh-

renoenKretsenoes württ. Zentrum stzk rurzmy die Schutzzollfrage besprochen worden. Einmütig hat man, , nach achtungsvollem Anhören aller von Verbraucherseite vor- ! gebrachten Gegengründe beschlossen, an der Forderung des i Schutzzolles für landwirtschaftliche Erzeugnisse ohne Ein- fchrcinkung festzuhalten. Man hat von der Zweckmäßigkeit i dieser Forderung auch die Vertreter der Verbraucher zu über- i zeugen vermocht, so daß also ein geschlossenes Ein- . treten des württ. Zentrums für die Schutz- j zollvorlage in der von der Regierung eingebrachten - Form erwartet werden darf. Für die aus dem Reich ange- l kündigten Versuche des Abdrängens nach links unter Wieder­aufnahme der Sozialdemokraten in die Regierungs- i koalition, was die absolute Ausschaltung der Deutschnatio­nalen bedeuten würde, hat man im württ. Zentrum nach den ^ mit der Sozialdemokratie gemachten Erfahrungen nichts übrig.

Aus dem Lande

Eßlingen, 16. Sept. Selbstmord. Ein bei der hie­sigen Bierniederlage der Brauerei Wulle beschäftigter 60jäh- riger verh. Bierführer hat sich in einem Garten bei seiner Arbeitsstelle erhängt. Die Tat dürfte auf Unregelmäßigkei­ten beim Geldeinzug zurückzuführen sein.

Gerlingen OA. Leonberg, 16. Sept. Vom Baum ge- lstü rz t. Beim Herabholen von Nüssen fiel der ledige Elek­tromechaniker Karl Schweizer so unglücklich vom Baum, daß er ins Bezirkskrankenhaus verbracht werden mußte, wo er feinen schweren Verletzungen erlag.

Bietigheim, 16. Sept. In der hiesigen Sandgrube fanden Arbeiter in ungefähr 6 Meter Tiefe einen Mammutzahn. Derselbe hat eine Anfangsstärke von 9 Zentimeter, er ist sehr gut erhalten und hat eine Länge von 85 Zentimeter. Die Spitze ist abgebrochen; deren Länge betrug etwa 40 Zenti­meter. An der Bruchstelle ist er noch ungefähr 6,5 Zentimeter stark. Die Grabarbeiten werden weiter geführt.

Dünsbach OA. Gerabronn, 16. Sept. Brand. Die Scheuer des Gutsbesitzers Lohmann ist mit reichlichen Ge­treide- und Futtervorräten und mehreren Maschinen durch einen Brand vollständig eingeäschert worden. Der Ge­schädigte ist nur ungenügend versichert,

Schlierbach OA. Göppingen, 16. Sept. Selbstmord. Nachdem sich ein hiesiger Bauernsohn vor 14 Tagen durch Erhängen das Leben genommen hat, wurde dessen Vater dm letzten Sonntag an derselben Stelle ebenfalls erhängt aufgefunden. Letzterer mußte in vergangenen Jahren einige- Viale in eine Heilanstalt gebracht werden und so ist anzuneh­men, daß der Sohn mit derselben Krankheit erblich belastet war. > , --r - ^ ,

z Ehningen OA. Böblingen, 15. Sept. Explosion. In der Branntweinbrennerei zum Löwen hat durch Versagen des unter Verschluß stehenden Brennapparats und Auslau­fen von 150 Liter Rohbranntwein eine Spritexplosion statt­gesunden, wobei der Besitzer, der Steuerwächter sowie drei weitere Personen, die im Nebenraum beschäftigt waren, zu Boden geworfen und mehr oder weniger Brandwunden er- hielten. Die beiden Räume brannten lichterloh. Der Druck war so stark, daß eine neue Türe wie Strohhalm gebrochen ^ ist und eine 70 Zentimeter starke Steinwand gewichen ist.

Reutlingen, 16. Sept. Reformationsjubiläum. Eingeleitet durch eine lit. Rüstfeier am Samstag fand am Sonntag die Feier der Erinnerung an die Reformation der ehem. Reichsstadt i. I. 1524 statt. Am Vormittag fanden in allen Kirchen Festgottesdienste statt, wobei Kirchenpräsident O. Dr. Mer z in der Marienkirche eine Ansprache hielt und der innigen Verbundenheit der Landeskirche mit der Jubel­stadt Ausdruck verlieh. Dekan Wurm zeigte in seiner Fest­predigt die Bedeutung der Reutlinger Reformation als Ge­wissens- und Volksfache. Von den Kirchen ging es unter Worantritt der kirchlichen und bürgerlichen Kollegien im Fest­zug zum Marktplatz, wo Oberbürgermeister He pp und Stadtpfarrer Stahldes Markteides von 1524, des Schwu­res der Zünfte und Bürgerschaft, beim reinen Gotteswort zu bleiben, in packenden Ansprachen gedachten. Am Spät­nachmittag wurden in der Leonhardskirche zwei Bach'sche Kantaten aufgeführt; die Festversammlung des württemb. Hauptvereins des Evang. Bundes am Abend hatte zum Hauptinhalt einen Vortrag von Prälat O. Dr. Schoell über die Reutlinger Reformation und die Gegenwart.

Heiden heim, 16. Sept. Naturtheater. Die Sonn- tagsvorstellung vonWilhelm Teil" im Naturtheater war wieder vollständig ausverkauft. Die Schülervorstellung am Samstag nachmittag war von etwa 2800 Kindern be­isucht, so daß sogar der für das Spiel benötigte Platz teilweise 8» deren Aufstellung verwendet werden mußte. Zwei Son­derzüge brachten Kinder von der Richtung Aalen und Ulm. Sogar die Bayernstadt Diüingen schickte 300 Kinder.

Ulm, 16. Sept. Generalversammlung der kathol. Geistlichen. Hier fand die sehr gut besuchte Generalversammlung des Vereins der kath. Geistlichen ! Württembergs, dem über 900 Geistliche angehören, statt, l Ein Vertreter des B. Ordinats, Domkavitular Fischer war dabei anwesend. Den Hauptpunkt der Verhandlungen bil­dete die neue Gehaltsordnung. Alle Redner sprachen sich dahin aus, es möchte die neue Gehaltsordnung abgeändsrt > werden, da sie ganz besonders gegenüber älteren Geistlichen ! in der dritten Gehaltsgruppe sehr hart und bitter auswirke.

! Die gerechteste Gehaltsregelung fei die, die bis^. Juni 1924 in Geltung war. d

Ulm, 16. Sept. Der Gemeinderat setzte die Fremden- wohnsteuer von 25 auf 10 Prozent herab. Vis 1. No­vember hofft man die verfehlte Steuer ganz wegzubringen.

Gefahren für das Münster. DieDeutsche Bauzeitung" berichtet von weitgehenden Verwitterungen am Steinwerk des Ulmer Münsters, besonders an der Zier-Architektur, von Schäden an der Bedachung und von Veränderungen am Baugefüge am oberen Teil des Achtecks, am Viereck und an den Fundamenten des Hauptturms, die vielleicht auf Ver­änderungen im Baugrund zurückzuführen sind. Pros. Dr. Sauer-Stuttgart hat den Baugrund und den Grundwasser­spiegel untersucht, doch sind noch weitere Bohrungen erfor­derlich. Die Kleinodien mittelalterlicher Glasmalerei, die Fenster, sind von Edelrost angegriffen, der Figurenschmuck

am Hauptportal und an den Strebepfeilern des Chors vei- Verwitterung ausgesetzt. Zur Erhaltung der vor 60 reu wiedererstandenen Bauhütte wird durch Lotterien e^ Grundstock geschaffen werden müssen. "

Albeck OA. Ulm, 16. Sept. Totschlag. Am Sonn- lua kamen einige Burschen aus geringfügigem Anlaß B'.riAechsel. Dabei nahm der Müllerssohn Christ. hE euien Prügel und schlug ihn dem Dienstknecht Georg Ehret

von Bernstadt an den Kopf. Der Getroffene stürzte zu Pg, den und starb an Schädelzertrümmerung. Der Täter wurde festgenommen und nach Ulm eingeliefert.

Schelklingen, 16. Sept. Vom Manöver. Der erste Tag der Feldübungen, die von Münsingen aus über die Blaubeurer Alb hin sich abgespielt haben, ist gut vorüber­gegangen. Er wurde leider durch starke Regengüsse, die alle Wege aufweichten, etwas erschwert. Gestern abend biwa­kierten Truppen der Roten Armee rings um Schelklingey. Schelklingen selbst und das nahe gelegene Kloster Urspring sind Unterkunftsort für den Stab der 5. Division.

Laichingen, 16. Sept. Gemeinheit. Nachts wurden an der Straße LaichingenFeldstetten 29 der Gemeinde Laichingen und 27 der Gemeinde Feldstetten gehörige, vor

2 Jahren angepflanzte Obstbäumchen von roher Hand ab- geknickt. Außerdem sind Röhren zerstört worden.

Ärnach OA. Waldsee, 16. Sept. Brand. Früh 8 Uhr schlug im Hause des Zimmermanns Franz Sigg plötzlich Feuer zum Dach hinaus. Das Anwesen brannte bis auf nie Grundmauern nieder. Das Mobiliar konnte größten­teils gerettet werden, dagegen find die Futter- und Frucht- « orräte ein Raub der Flammen geworden.

Wangen i. A.. 16. Sept. Schwindelmanöver. Ein Reisender suchte zur Umarbeitung gebrauchter; Filzhüte Bestellungen auf und ließ sich die Hüte und für das Stück

3 -st Vorschuß geben. Nach eingezogener Erkundigung sind die Auftraggeber geprellt worden.

Friedrichshofen, 16. Sept. Die diamantene Hochzeit feier­ten Schneidermeister Martin und feine Ehefrau Sophie g 7b, Wund t. D?r Jubelbräutigam ist 87, die Braut U Jahre alt.

Weißenau OA. Ravensburg, 16. Sept. Sturz von, Wagen. Die 48jährige Witwe Magdalena Katz ftüiU letzten Freitag so unglücklich von dem von ihr nen Oehmdwagen, daß sie nun an^ib^, inneren Verletzun­gen erlegen ist. ' ^

Aus Stadt und Land.

Nagold, den 17. September IM.

Weivspruch. Es kommt dis Zeit, da der Lenz entflieht, wo die Röte der Wange in die Nase zieht.

Amtliches. Der Herr Staatspräsident hat den Bezirk- Notar auf gehobener Stelle Popp in Nagold seinem Ansuchen gemäß an da« Bezirksnotariat Zuffenhausen versetzt.

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Ermäßigung der Postgebühren. Wie verlautet, sollen aus 1. Dezember die Fernsprech- und Telegraphengebiihren in gewissem Umfang ermäßigt werden. Die Herabsetzung der Postscheck- und Anweisungsgebühren wurde bereits an­gekündigt.

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Jugendamt Nagold. Bet der in der gestrigen Num­mer mitgeteiiten Nachricht von der Trennung des Jugend- amtSbeztrks Nagold-Herrenberg in zwei selbständige Bezirk ist ein Druckfehler unterlaufen. Herr Obersekretär Röck« wurde zum AmtSvormund, nicht wie versehentlich angegebni zum AmtSvorstand bestellt. *

Altweibersommer. Schon zieht die Sonne nicht mehr ihren hohen und stolzen Bogen am blauen Firmament. Schon werden die Lage kürzer und kürzer; und daS prangende, buntere Gewand, daS Baum und Strauch an Stelle dek üp­pigen, grünen LaubkleideS eingetauscht haben, belehrt unk, daß der Sommer mit seinen heiteren Freuden zur Rüste neigt, daß der rauhere Herbst seinen Einzug gehauen hat. Noch ist er aber nicht zur unumschränkten Herrschaft gelangt. Warm und wonnig ringt der Sommer noch um ein kurzes, flüchti­ges Verweilen. Noch einmal wird der Himmel klar, blauen die Lüfte leicht und lau und strahlend in kristallener Helle, Der Vogelfang ist freilich längst verschollen. Nicht mehr ja­gen die Schwalben in pfeilschnellem Fluge dahin. Andere Erscheinungen fesseln jetzt die Sinne. Seltsame, weiße Schleiergebilde schweben auf und niederwallend im Sonnen­glanz. Bäume und Sträuchen überziehen sie mit schimmern­der, seidiger Pracht. Dem Wanderer, der fröhlich auf der Landstraße fürbaß schreitet, strecken sie ihre flatternden Arme nach und umschlingen seine Glieder, als wollten sie ihn kosend und schmeichelnd fesseln. Woher stammen diese duftigen Schleier? Kommen sie au« Märchenlanden? Die Phantasie der Volker hat sie mit überirdischem Zauber geschmückt. Sollen doch die weißen Sommerfäden dar feine Gespinst der Elfen oder Zwerge sein. Später, in christlichen Zeiten, stellte sich der Volksglaube um und bezog den Flugsommer oder die GraSwebe, oder wie sonst die seltsam schwingenden Som- merfäden heißen mochten auf die Himmelskönigin.Marien­garn",Martenfäden" wurden sie nun genannt im Süden Deutschlands und im romanischen Frankreich. Die forschende Wissenschaft, die ins Wesen der Erscheinungen dringt, zerstörte freilich diesen frommen Glauben. Sie hat längst festgeftellt, daß der Altweibersommer, wie er wenig schmeichelhaft tm Norden heißt, daS zarte Erzeugnis kleinster Feldspinnen ist, die seit Urzeiten für ihre Person dar schwierige Problem ge­löst haben, durch eigene Kraft in die Lüfte zu steigen unv mit den Winden sortzusegeln. Au« ihren Spinnwarze" schicken diese Tierchen kaum sichtbare Fäden hinaus und über' lassen sich, an ihnen hängend, den Strömungen der Lust. Wollen die Sptnnchen landen, so klettern sie an ihren Faden