Vom Kulturwert der Briefmarke

Drei Dinge staatlicher Herkunft sind es, die im guten wi, im schlechten Sinn Einfluß auf die Augenkultur eines Volks ausüben können, die Münze, die Banknote und di« Briefmarke. Ihre Bilder prägen sich mit der Hart­näckigkeit und der Folgerichtigkeit des Dauernden dem Auge ein. Aber weil Münze, Banknote und Briefmarke vorzüglich berufen und geeignet sind, die Belehrung und die Bildung des Volksauges zu vollbringen, müssen sie in Zeichnung und Formung frei sein von Ueberlastung, von allem Verkünstel- ten und Geschraubten, müssen sie der Einfachheit auch des schlichtesten Beschauers Rechnung tragen. Schönheit mit Ein­fachheit zu paaren war stets höchstes Bestreben, höchstes Können der Kunst, muß es aber gerade da umso mehr sein, wo die Kunst nicht um ihrer selbst willen, sondern um der Erziehung des Volks wegen da ist. Und was das rein Stoffliche solcher Darstellungen anlangt, so müssen sie eben­falls im besten Sinne volkstümlich sein. Sie dürfen nicht aus gesteigerten Geschmacks- und Jdeenhöhen herabge­holt sein, sondern müssen anknüpfen an das, was dem Volk im Alltagsleben, aus der Volkssage, aus seiner Geschichte, aus Handel und Wandel bekannt und vertraut ist. Will man schon in Sinnbildern zum Volk sprechen, so muß diese Sprache nicht entlegene wissenschaftliche, geschichtliche und Sagen-Kenntnisse voraussetzen wollen. Ein Hermes in Ko­lumbien, ein Äskulapstab in China wirken nicht bloß im ge­schichtlichen, sondern auch im volkserzieherischen Sinn ver­kehrt. Aber ein Tell oder ein Tellknabe auf Schweizer Marken zum Beispiel ist, wenn dazu die Form die notwen­dig« Schlichtheit aufweist, ein ideales Bildungsmittel für das Auge des Volks.

In dieser Hinsicht kommt der Briefmarke die größte Be­deutung zu. Die Münze rollt nur im eigenen Land. So­weit sie und auch die Note ins Ausland kommen, gelangen sie nur in die Hände weniger. Die Marke überschreitet alle Grenzen und dringt in riesigen Mengen bis in die entfern­testen Länder und darum erweist sie der nationalen Kultur die größten Dienste. Sie gibt fremden, fernen Völkern Be­griff und Idee der nationalen Kultur des Landes.

Viele Staaten unserer Zeit haben in dieser Hinsicht schwer gefehlt. Sie haben die Marke nur als postalisches Mittel

ang eseh en an das es sich nicht lohnt, besondere Mühe zu oerschwenoen. -aver >ewn wenn dte Marke so beschaffen

wäre, daß sie ein wirkliches Volksbildungbsmittel sein könnte, so drohen dieser, ihrer höchsten Mission noch große Gefah­ren vom Staat selbst. Er legt selbst Hand an die künstleri­schen Werte, die er geschaffen hat, durch Stempel und Ueber­druck. Es.sollen damit Stempel und Ueberdruck nicht ver­dammt werden. Sie sind Notwendigkeiten, mit denen zu rechnen ist. Aber wenn der Staat selbst zu der Erkenntnis gelangt ist, daß er in der Briefmarke ein Volksbildungs­mittel ersten Rangs besitzt, so darf er nicht gleichzeitig ihre Bildungskraft dadurch zerstören, daß er das bildende Bild durch einen barbarisch aufgeklecksten Stempel zur Unkennt­nis entstellt, dann darf er einen etwa notwendigen Aufdruck von Worten und Ziffern nicht so breitspurig auf das Marken­bild setzen lassen, daß zwischen dem Gehege der Ueberdruck- lettern nur ein paar nichtssagende Bröckchen der Darstellung mühsam durchschimmern. Der Stempel werde behutsam seitlich an der Marke angebracht. Das ist auch posttechnisch weit Meckmäßiger: denn der Stempel wird auf dem ein­farbigen Papier des Umschlags was ja das Wesentlichste »st stets mL-t leserlicher sein, als auf dem buntfarbigen

jPapier der Marke. Der Ueberdruck kann an^ aus oev Markenrändern genügend deutlich angebracht wcrdeu, ohne die Bildwirkung weserrtlich zu stören.

c Verlängerung des menschlichen Lel ens

^ Die neuzeitliche Gestaltung der Zivilisation bringt viel« gesundheitliche Nachteile mit sich. Die Einpferchung großer Menschenmassen in ausgedehnten Städten, die Ausgestaltung vielfach ungenügender Wohnungsverhältnisse, die Zunahme einseitig belastender Fabrikarbeit, die Einbürgerung schäd­licher Reiz- und Genußmittel, das alles sind Dinge, die der Gesundheit schaden und das menschliche Leben verkürzen. Ihnen stehen die Erkenntnisse der neuzeitlichen Gesundheits­pflege gegenüber, wachsende Fürsorge für große Bevölke­rungskreise, zunehmendes Wissen von gesundheitlichen Not­wendigkeiten, endlich auch bessere Waffen im Kampf gegen eine große Anzahl von Krankheiten, namentlich gegen die kindlichen Ernährungsstörungen und Krankheiten seuchen- hafter Natur.

Die Folge ist eine Zunahme des Lebensalters. Das menschliche Leben ist im Lauf der Zeiten soweit sta­tistische Verfolgung möglich tst verlängert worden. In Europa sind im Lauf des letzten Jahrzehnts solche Verände­rungen im Aufbau der Bevölkerung entstanden, daß ein un­mittelbarer Vergleich mit den Entwicklungszeiten vorher nicht möglich ist. In den Vereinigten Staaten von Amerika tritt aber die Entwicklung des Bevölkerungsauf­baus im Sinn einer Lebensverlängerung bis in die neueste Zeit deutlich zu Tag. Um den Beginn des neunzehnten Jahrhunderts betrug das Durchschnittsalter dort ungefähr 85 Jahre, am Ende des Jahrhunderts hatte es sich auf etwa 45 Jahre erhoben, im Jahre 1921 betrug es 58 Jahrs. Im Zeitraum von rund 120 Jabren hat die Durchschnitts­dauer des menschlichen Lebens also um 23 Jahre zugenom­men.

Dieselben Ursachen, die für die Lebensgestaltung und -Verlängerung in Amerika maßgebend sind, kommen auch bei uns in Geltung. Namentlich in England, das seit langer Zeit eine gute Gesundheitsstatistik besitzt, sind Vergleiche gut durchzuführen. Der Krieg hat das Bild der neuesten Zeit in den europäischen Staaten aber verwirrt. Auch in Euro­pa hat sich die Lebensdauer bedeutend verlängert. Die Fort­schritte der Gesundheitspflege kommen eben vor allem den lebenskräftigen, jüngeren Altersgruppen zugute. Seit einem halben Jahrhundert haben sich die Todesfälle in der Alters- zrupp« 05 Jahre um die Hälfte verm'"dert. -benso in den folgenden Jahrgängen, in der Altersgruppe '1520 sogar um zwei Drittel. Auch die Lebensaüssichten der älteren Personen haben sich im Durchschnitt günstiger gestaltet: die Lebensgrenze ist weiter hinausgerückt. . '

Nicht verwunderlich ist, daß mit der Verlängerung der durchschnittlichen Lebensdauer eine Zunahme der Älters- krankheiten in engerem und weiterem Sinn eingetreten ist. Wider den Tod ist kein Kraut gewachsen", auch die mo­dernste Medizin wird keines finden. Wohl ist sie dagegen imstande, das Sinnlose, das darin liegt, daß das kaum ge­borene Kind wieder von der Erde verschwindet, daß gesunde und kräftige Leute in jungen Jahren dahingerafft werden, zu mildern. Sie kann helfen, den natürlichen Alterstod, das langsame Erlöschen, häufiger zu machen. Nicht eine be­trächtliche Erhöhung des durchschnittlichen Lebensalters ist dazu notwendig, aber auch möglich. Dr. W. Sch.

Vom deutschen wein.

Wein, Weib und Gesang, ein Dreiklang und eitz Einklang! Zahlreich sind die Poeten, die ihn in anmutige, und kecken Versen besangen, zahlreich die Künstler, die h, Gemälden und Zeichnungen seiner lebensbejahenden Poesie sinnig-heiteren Ausdruck gaben. Dies Zusammenströme« von Weib, Lied und Minne bildet auch den Grundakkord eines soeben imPrismaverlage", Berlin, erschienene« Merkchens. Fedor von Zobeltitz hat hier eine Ge. schichte des Weins geschrieben, an der Hand fachmännische« Materials und auf Grund eigener Studien, aber es ist selbst­verständlich, daß er dabei nietrocken" bleibt und nie in einen gelehrsamen Ton verfällt. Seine reiche Erzählungs­kunst verleugnet auch hier sich nicht, sein erquickliches Plau­dertalent überträgt auf den Leser die Laune eines frohen Genießens man fühlt sich wohl bei der Unterhaltung dieses geschulten Weltmannes, und, falls man nicht gerade Temperenzler ist, würzt man vielleicht die Lektüre durch einen frischen Schoppen und summt ein Liedchen dazu. Denn wenn der Verfasser dasWeib" auch sozusagen nur zwischen den Zeilen lächeln lasten kann: der Gesang ist der Begleiter des Weins, der mit seiner beschwingenden Kraft vie Freude am Lied unwillkürlich auf die Lippen drängt, und so ist denn dies Büchlein vom Wein zugleich der Ver­such einer Monographie des Weinlieds geworden. Durch alle Rebengefilde Deutschlands führt uns der Verfasser' über das Paradies des Rheingaus in die Nachbargelände' an die Ufer der Mosel, Ruwer, Saar, Ahr, in die Pfalz und ins Schwabenland, nach Franken und in das Elsaß, an den Neckar und an die Saale, überall hin, wo der Weinstock gedeiht, wo es einen Ort gibtzum Schwärmen und zum Trinken", wie Hermann Allmers singt. Auch derKultur des Trinkens" gehört ein Kapitel an, und es mag be­ruhigend für unsere Fanatiker der Abstinenz sein, daß dies gewissermaßen einBeitrag zur Bekämpfung der Trunk­sucht" ist. Einen besonderen Vorzug des reizvollen Buches bildet der reiche Schmuck an Einschaltbildern, allsamt j» vorzüglicher Reproduktion nach den Aufnahmen, die für den gleich betitelten Kriegerschen Kulturfilm der Ufa hergestellt wurden. Besonders begrüßenswert ist nicht zuletzt der trotz aller ausgezeichneten Ausstattung außerordentlich niedrige Preis von 2,50 M. für das mit Leinwandrücke« geschmackvoll gebundene und mit dreifarbiger Einband­zeichnung versehene Büchlein. dl. k.

Mtzecke.

Raffke beim Fußballspielen:JungenS, haut Euch nicht um den eenen Ball, ich koofe jedem von Euch so'n Ding',

*

Schlechtes Gewissen.Herr Ober, können Nk nicht die Katze rauSjagen?"

Nein, wissen Sie, er gibt heute Hasenbraten und da sind dte Gäste immer beruhigt, wenn sie dte Katze herum- laufen sehen,"

-t-

Schadenfreude. Die Mutter hatte ihre beiden Zwillinge gebadet und zu Bett gebracht. AIS sie Ihnen Gute Nacht sagte, konnte der eine sich vor Lachen nicht mehr Hallen.

Worüber freust du dich denn so?"

Du hast dich geirrt," erwiderte der vergnügte Illing. Du hast den Karl zweimal gebadet."

Kirchensteuer.

Gegenwärtig werden neben andern Steuerbescheiden auch dte vorläufigen Mitteilungen über den Anteil an der Kirchen­steuer auSgegeden. Unsere Gemeindeglieder haben daß Recht, Aufklärung zu erhalten über die Notwendigkeit dieser Steuer und über ihre Verwendung. Im lausenden Steuersahr (vom 1 . April 1624 bis 31. März 1925) muß die hohe Summe von etwa 16000 Toldmark von der Kmihen- gemeinde durch Umlage aufgebracht werden. Davon entfallen ungefähr 6000 aui dte OrtSkirchensteuer, etwa 10000 aus die Landeskirchensteuer.

Ueber den Bedarf an OrtSkirchensteuer gibt Nach­weis der Voranschlag der Kirchengemeinde für da» Rech­nungsjahr 1924 Derselbe steht 2230 Einnahmen und 8344 Ausgaben vor, schließt also ab mit einem Abmangel von 6114 ^k. Unter den regelmäßigen Einnahmen der Ktrchengemeinde standen früher an erster Stelle die Kapital­zinse mit einem ungefähren Ertrag von 1600 Durch die völlige Entwertung aller Wertpapiere hat die Ktrchengemeinde da« Schicksal aller Kleinrentner erlitten: sie hat ihr ganzer kleiner Vermögen und seine bescheidenen Zinsen verloren. Nunmehr ist die Ktrchenpflege hauptsächlich auf den Ertrag der Kirchenopfers angewiesen, dar auf 1200 im Jahr veranschlagt ist. Dazu kommt noch der übliche Beitrag der Stadtgemeinde zum MeSnergehalt mit 300 und ein dan­kenswerter außerordentlicher städtischer Beitrag von 500 zur Erneuerung der Kirchen staffeln (s. nachher). Unter den Ausgaben beträgt der Allgemeine VerwaltungSaufwand 705 der Aufwand auf das Vermögen 3324 bei dem letzteren sind e» hauptsächlich die Kosten für die dringend notwendige Erneuerung de« TreppenaufgangS zur Kirche und für dte Instandhaltung der Stadtkirche und der Friedhof- ktrche mit zusammen 3120 ^k. Der Aufwand für dte kirch­lichen Bedürfnisse im engeren Sinn (MeSnergehalt, Organt- stengehalt, Turmblasen, Heizung und Beleuchtung der Kirche u. a.) erfordert 3415 Endlich kommen noch einige kleinere Posten (Beitrag an da» VereinShauS für die dort staltftnden- den Gottesdienste u. a.) Der Kirchengemetnderat hat diesen Voranschlag in mehreren Sitzungen auf» gründlichste beraten und sich in den Ausgaben gewissenhaft nur auf dar Aller- notwendigste beschränkt.

Zu dem Bedarf unserer hiesigen OrtSkirchengemeinde kommen die allgemeinen landeskirchlichen Bedürf­nisse*) vor allem die Aufwendungen für die Pfarrgehälter, die HilfSgetstlichenstellen, die Ruhegehalte und Hinterbliebenen- bezöge, den Oberkirchenrat, dte LandeSkirchenversammlung, MttzinSentschädtgungen, Fortbildungskurse unständiger Geist­licher u. a. Bisher hat die Kosten für die» alle»

*) Die folgenden Ausführungen über die Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche und über die Landeskirchensteuer sind zu einem Teil einem Aufsatz des Evang. Gemeindeblatts für Stuttgart entnommen.

restlos der Staat bestritten, weil er durch den Einzug deS altwürttembergischen Kirchenguts hiezu verpflichtet war. Auch in der neuen württ. Verfassung von 1919 ist diese Verpflichtung drs Staats aus drückltch anerkannt; er soll darnach der Kirche als Abfindung ihrer Vermögensansprüche eine Rente nach ihren bestehenden Bedürfnissen geben und bis zum Inkrafttreten dieser Ordnung die Bedürfnisse beider Kirchen (der evang. und der kathol.) nach den bisher geltenden Bestimmungen aus der Staatskasse bestreiten. Die Aussetzung einer Rente war bisher nicht mög­lich wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage. Da jedoch durch das neue Staatsgesetz über die Kirchen seit l, April d. I. den Kirchen ein vermehrte« Selbstverwaltungsrecht und auch das Recht zur Erhebung einer Landeskirchensteuer ver­liehen tst, mußte auch das finanzielle Verhältnis zwischen Staat und Kirchen wenigsten» vorläufig neu geordnet werden. Auf Seiten der eoangel. Kirche wurde der Standpunkt eingenommen, daß der Staat, ent­sprechend der Verfassung, auch weiterhin für die bestehenden kirchlichen Bedürfnisse aufzukommen habe und daß durch dte Landeskirchensteuer hauptsächlich neu entstehende Bedürfnisse zu decken seien; dies war auch die einmütige Auffassung der LandeSkirchenversammlung. Auf Seiten der Staatsregierung stand dagegen schon länger die Absicht, einen größeren Teil auch de» bisherigen staatlichen Auf­wands für dte Ktrche auf die neue Landeskirchen- st euer abzuwälzen. Eine Einigung darüber kam zwischen Staat und Kirche bis heute noch nicht zustande. Im Som­mer 1923 setzten die staatlichen Organe in einem Nachtrags­plan den staatlichen Anteil am landeskirchlichen Aufwand auf etwa °/« fest, so daß dte Kirche V« zu tragen hatte. Im März 1924 wurde die StoatSletstung für 1924 mit Hilfe deS Ermächtigungsgesetzes auf etwa festgesetzt, wobei dte Kirche V» ( etwa 1 Gotdmillion) zu übernehmen hatte. Zugleich wurde ausgesprochen, daß im Fall einer Erhöhung der Be­amtenbezüge die Ministerien ermächtigt seien, dte Staats» letstungen für die Pfarrgehalte in demselben Verhältnis zu erhöhen. Die jetzige Regierung aber, die wir seit den Neu­wahlen haben, beabsichtigt, nachdem seit 1 . Juni dr. IS. die Beamtenbezüge erhöht sind, nur noch b /4 der Gesamt­leistung zu übernehmen, so daß dte Ktrche V« aufzu- brtngen hätte. Die» geschieht zu einer Zeit, wo der Staat noch dar gesamte Ktrchengut in seinem Besitz und in seiner Nutznießung hat. WaS er als Inhaber diese» Kirchengutes früher geleistet hat, erklärt er jetzt nicht mehr leisten zu kön­nen. Man steht aber auch dabet: je weiter der Staat seine Leistung für die Ktrche herabsetzt, desto mehr muß dte LandeS- kirchensteuer htnaufgesetzt werden. Wer also etwa über die Höhe der Landeskirchensteuer klagt, müßte sich in erster Linie an dte staatl. Stellen und an dte Landtagsabgeordneten wenden.

Nunmehr muß also dte Kirche zur Deckung eines Teils der landerkirchlichen Bedürfnisse die Landeskirchensteuer einführen. Ungünstig ist nicht nur der gegenwätttge Zeit­

punkt der allgemeinen wirtschaftlichen Lage. Ungünstig ist auch dies, daß für dte Berechnung der Umlage die Reicht- einkommevsteuer von 1922 zu Grunde gelegt werden muß, während sich doch die Verhältnisse seitdem völlig veränden haben. Die katholische Kirche erhebt auf 1000 Papiermail der ReichSeinkommensteurr 1922 30 Goldpfennig Landekkii- chensteuer, wozu noch von jeder Pfarrgemetnde für jede Pfmc- ftelle eine besondere Summe bezahlt werden muß. Die eoan- gelische Kirche berechnete zunächst nur 15 Goldpfennig au! 1000 Papiermark Reichsetnkommensteuer, wird abei allerdings schon im September noch eine Nachsteuer 00 « 10 Goldpfennig umlegen müssen, also im Ganzen LS Goldpfennig Landeskirchensteuer auf 1000 Papiermarl RetchSeinkommensteuer erheben. Für die Nagolder Kirchen- gemeinde wurde dte Landeskirchensteuer vom Kirchengemeinde- rat gleich mit 25 Goldpfennig berechnet, so daß also die Steuer­zahler unserer Gemeinde aus ihrem Steuerzettel dte ganze Steuerschuld vorfinden und keine Nachforderung mehr zu erwarten haben. Von dieser Steuerschuld entfallen bet uni V» auf die OrtSkirchenstener, auf die Landeskirchensteuer, Jedem Steuerpflichtigen wird sein Anteil an der Steuer jetzt schon mitgeteilt, damit er bei größeren Beträgen seine Zah­lungen nach seinen Verhältnissen verteilen kann.

Noch ein Wort über die Art der Umlegung der Steuer auf die Steuerpflichtigen. Da dte Zugrunde­legung der RetchSeinkommensteuer von 1922 in den meisten Einzelfällen heute eine Ungerechtigkeit bedeuten würde, hat sich der Kirchengemetnderat nach reiflicher Ueberlegung zu« ersten Mal zur Erhebung der Steuer nach Klassen, der sog. Klaffensteuer, entschlossen. Dabei wurden dte einzel­nen Steuerpflichtigen unter sorgfältigster und qewtssenhastestei Berücksichtigung ihrer gesamten heutigen Einkommens-u, VermögenSverhciltniffe in eine Reihe von Klaffen etngeteilt, für dte je ein besonderer Steuersatz festgesetzt wurde. D« Ktrchengemeinberat glaubt damit das höchstmögliche Maß von steuerlicher Gerechtigkeit erreicht zu haben. Selbstverständlich wurden alle bedürftigen Gemeindeglteder ohne Einkommen von der Steuer ganz fretgelaffen.

ES muß zugegeben werden, daß die Kirchensteuer in diesem Jahr bedeutend höhere Anforderungen an dte Gemeinde- glieder stellt als früher und daß sie neben all den sonstigen Abgaben recht ins Gewicht fällt. Auf der andern Sette dar! doch nach allem bisher Gesagten auch betont werden, daß I» auf der Grundlage der größten Sparsamkeit, unter Beschrän­kung auf dar absolut Notwendigste, berechnet ist. Es °arl auch an die zum Teil recht hohen Beiträge erinnert werden, dte sonstige Organisationen und Vereine von ihren Mng»i' der» erheben. Es ist uns nun Gelegenheit gegeben, zuzngkn, ob wir auch Opfer bringen können für unsere Kirche, im dankbaren Bewußtsein de» Segens, den wir in ihr empfangen. Vielleicht läßt sich auch Manche» dadurch veranlassen, dieses Gut nun desto fleißiger zu gebrauchen.

Dekan Otto.