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s-gründ-, >s«. Mittwoch de« 20 . August 1921 s-inipr-ch« Nr 29.
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S 8 . Jahrgang
Tagesspiegel
Pas Reichskabmett Hai den Entwurf des deutsch-spanischen Handelsvertrags genehmigt.
Amtlich wird mitgekeilt, wenn der Reichstag die Dmv-es- aesche bis 30. August nicht annehmen würde, so würde der Dawesplan nicht hinausgeschobest, sondern nach den getroffenen Vereinbarungen würde das ganze Londoner Ab- kommen und die Räumung hinfällig und alle Beteiligten hälkm wieder freie Hand.
Der „Vorwärts" berechnet, daß sich für die Dawesgcsitzk eine Mehrheit von mindestens 42 Stimmen ergeben werde, da auch die Bayerische Volkspartei dafür stimmen werde.
Der Londoner „Daily Telegraph" erfährt aus Vashing, ton Loolidge beabsichtige im Frühjahr eine neue Abrüstungskonferenz einzuladen: Hughes habe bei seinem Besuch in Europa von führenden Persönlichkeiten ermutigende Erkla- umM erhalten.
Zn den Kohlengruben von Dorinage (Belgiens ist all- gemeiner Streik eingetreten.
Die neue Fremdenlegion
Der französische Offizier Jaques Lauzieres veröffentlicht im „Mercure de France" einen Bericht über die nach dem Weltkrieg neugebildete Fremdenlegion, der viel Jntereffantes enthält. Schon vor dem Krieg war es sttlHchweigender Grundsatz der französischen Fremdenlegion in Nordafrika, daß die Angeworbenen nicht nach ihrem wirklichen Namen, Naticnalität und Leumund gefragt wurden. Wer in die Fremdenlegion eintreten wollte, — die meisten wurden dazu unter falschen Vorspiegelungen von den Werbern gepreßt - meldete sich außerhalb Frankreichs bei dem französischen Konsul. Dort fragte man ihn bloß, ob er diensttauglich sei, ob er kein körperliches Gebrechen habe, und händigte ihm sofort das Reisegeld ein. In einigen Orten, die nahe der Grenze liegen, also in Nancy, Lyon, Bordeaux und Marseille, befand sich ein Werbebureau. Der Mann wurde von einem Militärarzt untersucht, und das Weitere war sehr einfach, der neue Legionär gab den erstbesten Namen an, er machte sich jünger oder älter, und er war fortan eine Nummer, ein frmzosifcher Sklave, für zwölf Jahre! Manchmal war es m Verbrecher, ein entsprungener Häftling . . . manchmal es ein braver Mensch, dem es daheim zu enge war, der in der Fremdenlegion seinem Hang nach Abenteuern frönen wollte . . . Vor dem Krieg waren es auch oft Elsässer, noer es waren deutsche Soldaten, denen die Disziplin daheim su strenge dünkte, es waren manchmal Schiffbrüchige, Cnt- tauWe, vom Leben Zermürbte, die Vergessenheit suchten.
Für fast alle wurde die Legion zu einer Hölle. Sie gmubten den Unannehmlichkeiten daheim entronnen zu sein ^ noch härteren Bedingungen gegenüber, einer m-tlerdlosen Disziplin, und zu Vorgesetzten hätten sie meist rohe Leute, die den Dienst in Afrika als eine Buße aufsatzten und sich an ihren Untergebenen rächten. Das ge- smgste Vergehen wurde mit blutiger Härte geahndet, Wider- -Mchkeit bedeutete den Tod. . . Kein Wunder, daß fast keine -»och« verging, ohne daß es nicht in der Legion zu Flucht- versuchen kam. Die meisten endigten unglücklich, in opfert seine Landeskinder nicht für den Dienst
m Afrika, es liefert nur die Umrahmung, Offiziere und Ser- Nsten. "ber auch unter den letzteren ist die Mehrheit den aroigenVMinllEr, entnommen, und der Bewachungsdienst " ^schließlich den schwarzen Truppen übertragen.
-Ran hätte glauben können, daß nach dem Weltkrieg dis öUfatnrnensetzung der Legion eine Aenderung erfahren Denn die Elsässer sind jetzt zu französischen Bürgern g worden und haben keinen Grund mehr, in die Legion «nzutreten. Und trotzdem hat sich der Prozentsatz an Deut- Dies klingt unglaublich, aber nach dem "ä^res kann man daran nicht zweifeln. Wir Prozentsatz wieder: Deutsche 52. Bub y Manzosen 4 (!!), Oesterreicher 4, Russen 4, Belgier
n', 3. Ungarn 2, Türken 2, Dänen 1, Polen 1, und
m-serd-m weniger als 1 Prozent Marokkaner, Italiener, Griechen, Algerier, Rumänen, Serben, Holländer, und dann je ein Chinese, ein Japaner und ein
^ die deutsche Nation, die der neuen Frem- irgivn Ihren Charakter gibt. Wenn man den Prozent- nach den einzelnen Bataillonen bemißt, so findet man, dsr Entente angehörenden Legionäre meist in subab 3 -- »Ostung in der Verwaltung sitzen, und daß betreffs 67 *,, Ernstes der deutsche und österreichische Einschlag ausmocht! Nun aber kommt etwas sehr Wich- 2 lt 60 Prozent der Legionäre sind unter 25 Jahre
, und man sieht sehr oft achtzehnjährige Gesichter, so daß muß, daß die meisten ihr Alter verheimlicht ^ r daß sie gewaltsamm von den Werbern fort- «Hchleppt wurden!
Prozentsatz der Deutschen wird von Lauzieres naturmj, mit.alisrtei A.-Mü-lM be-nLurest, deren Unwahr-
rc>.t man sofort fühlt. Er möchte wetsmachen, day der Deutsche gefühlsduselig. diszipliniert und Organisator ist, daß er aber weder über Willenskraft noch über einen ausoe- svrochenen nationalen Charakter verfügt. „Und da diese Leute fühlen, daß es in der Heimat on Führern fehlt, ist es natürlich, wenn sie sich zu jener Nation flüchten, die heut« m -er ganzen Welt die neue Kraft, die neue Ordnung und die neue soziale Befruchtung darstellt". (Wörtlich.)
Die Wahrheit ist, daß nach dem Jahr 1918 die französi- schon Werber mit Volldampf arbeiteten. Man würde gar nicht zu Atem kommen, wollte man alle bekannt gewordenen Fälle aufzählen, da die jungen Deutschen unter dem Vor- wand, in Frankreich Arbeit zu finden, nach Nancy geschleppt und dort zur Legion gepreßt wurden . . .
Der Bericht des Herrn Lauzieres ist auch aus einem anderen Grund interessant. Er bemüht sich, die Klagen zu entkräften, die in den Briefen der Legionäre an ihre Angehörigen ausgesprochen werden. Daß es viele Flüchtige gibt, muß er zugestehen, aber er stellt auch mit Stolz fest, daß alle vereitelt wurden, obzwar die Flüchtlinge dabei den Tod fanden, das letztemal gleich wer auf einmal. Die Disziplin sei allerdings sehr streng, aber da könne man nichts machen . . man befinde sich in der Legion und nicht in einer Kleinkinderbewahranstalt. Es kämen, sagt er ferner, in allen Briefen regelmäßig die Stellen vor: „Wir sind elend verpflegt, schlecht untergebracht, das Nachtlager ist unter aller Kritik, die Spitalspflege fast unbekannt, und wir müssen acht Kilometer weit gehen, um Holz zu holen . . ." Herr Lauzieres gesteht, daß diese Klagen berechtigt sind Die Legionäre wohnen in Baracken, deren Dächer aus geteerter Pappe bestehen — es regnet auf die elenden Schlafstätten, dafür wim- mest es von Ungeziefer, der Tabak ist unauffindbar, der Wein sauer wie Essig, in der Apotheke mangelt es am nötigsten .. . Aber dies werde sich mit -er Zeit bessern! .. .
Neue Nachrichten
Die Lage in Berlin
Verist», 14. August. Gestern nachmittag 3 Uhr fand ln Ser Reichskanzlei ein Kabinettsrat unter dem Vorsitz -es Reichspräsidenten statt. Der Reichskanzler und die Minister Stresemann und Luther berichteten über die Verhandlungen in London. Das Kabinett billigte die Haltung der Abordnung auf der Konferenz. Hieran schloß sich eine längere Besprechung mit Len Parteiführern, die teilweise sehr lebhaft sich gestaltete. Der Reichskanzler teilte mit, bei künftigen Beschwerden im besetzten Gebiet könne er private Briefe an Herriot richten, um die Abstellung der Uebel- stände herbeizuführen. Me drei Koalitionsparteien und die Sozialdemokraten stimmten den Londoner Abmachungen zu die Vertreter der Bayerischen Volkspartei und der Wirtschaftlichen Vereinigung behielten sich die Stellungnahme bis zur Besprechung in ihren Parteien vor. Die Deutsch- nationalen lehnten es zunächst ab, eine endgültige Erklärung abzugeden. Die Reichsregierung wird an ihrem Standpunkt festhalten und die Dawesgesetze durchzubringen versuchen. Der Reichstag wird auf nächsten Freitag ein- bsrufen, Mitte nächster Woche könnte dann die Entscheidung fallen. Würden die Gesetze nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit finden, so will die Regierung, wie die Blätter berichten, nicht zurücktreten, sondern sie habe die Auflösung des Reichstags ins Auge gefaßt. In diesem Fall würde die Durchführung des Dawesplans mindestens eine Verzögerung von vier Wochen erleiden.
Die linksdemokratische „Berl. Ztg." schreibt, die Londoner Verhandlungen haben sich in der Tat von Berlin aus anders angesehen, als sie sich nunmehr nach der mündlicher Berichterstattung der Abordnung und nach dem Bekannt- werden vieler Einzelheiten darstellen. Die deutsche Oeffent- lichko« sei tatsächlich irregeführt worden.
Die Konferenz der Ministerpräsidenten
Berlin. 19. August. Heute vormittag 10 Uhr traten die Staatspräsidenten und Ministerpräsidenten aller deutschen Tinzelstaaten vollzählig zu einer Besprechung in der Reichskanzlei zusammen. Der Reichskanzler und die übrigen Mib güsder der deutschen Abordnung erstatteten den Berückst über die Londoner Konferenz. Eine breite Aussprache schloß sich an.
Der Reichstagsausschuß für Auswärtiges versammelt sich voraussichtlich am Mittwoch. Die Reichsregierung wird ,!ch über das Londoner Abkommen nicht öffentlich im Reichstag aussprechen, ehe nicht die französische Kammer das Abkommen angenommen hat.
Dis 5 MNstrrden-tzypothek der Industrie i Berlin, 19. Aug.. Das Reichskabinett genehmigte heut« i die beiden Dawesgesetzentwürfe betr. die neue Privatnotenbank und die Hypothekenbelastung der i deutschen Industrie, die demnächst dem Reichstag zu< ! gel-en. Das ledere Gesetz belastet bekanntlich die Jn-ustrii i mit einer Schuldverschreibung von 5 Milliarden Goldmarl > zur LuchxingWg der Entschädiaunas.iablunaen. Daaeae«
w.rd die Industrie von ihrem Anteil zur Deckung der Rentenmark, die allerdings einen weit geringeren Betrag ausmacht, befreit. Die D.'ckung der Rentenbank, die als solch« aufgelöst wird, wird für die dreijährige Uebergangszeit oo« der Landwirtschaft allen übernommen, verstärkt durch di, Einbeziehung der Landwirtschaft des besetzten Gebiets. Di« Bedenken, ob die deutsche Industrie die 5 Milliarden bezw d-ren Verzinsung und jährliche Tilgung wird aufbringe» könn m, ohne die Lebenskraft zu verlieren, glaubt die Reichsregierung dadurch behoben, daß das Industrie-Abkomme«, nunmehr weofällt und daß bei der Abänderung der Kohlen- und Umsatzsteuer gewisse Erleichterungen für die Jndustri, sich ergeben werden.
Sklarz entkommen
Berlin, 19. Aug. Der Großbetrüger Bankier Sklar- scheint ins Ausland entkommen zu sein. Sein Reastsoeistand Rechtsanwalt Dr. Klee in Berlin, wurde wegen Fluchtbegünstigung verhaftet, gegen dessen Sozius RÄ. Dr. S i - rn o n wurde vom Landgeruhtspräsidenten m Bautzen Straf- amrag wegen Beleidigung gestellt.
Die „Berl. Ztg." meldet, der dritte Sozius Lelever ti Berlin habe persönlich bei dem sächsischen Justizminister i, Dresden sich wegen der Verhaftung Klees beschwert, und de, Minister habe dem Untersuchungsrichter Stark in Bautze, sofort die Fortführung weiterer Amtshandlungen in Berli» verboten und ein Dienststrafverfahren gegen Stark ange- ordnet (?). Dr. Simon stellte einen Antrag wegen Freiheitsberaubung, Amtsverbrechen und Amtsmißbrauch".
Verhaftung deutscher Industriellen durch Polen
kattowih (poln. Schlesien), 19. Aug. Die polnische Regierung hat die vier Direktoren der Hohenloheweckc Schmidt, Defert, Schwarzer und Cits verhaften lassen unter der Beschuldigung, sie haben mehr als 15 Millionen poln. Gulden Steuern hinterzogen. Die polnischen Blatte, Hetzen, die Regierung solle das Verhältnis zu den Hohen- lol-ewerken gründlich anders gestalten. — Die Polen--ezw. die in Polnisch-Schlesien eingenisteten französischen Indu- striellen wollen sich offenbar unter dem Äorwand de, Steuerhinterziehung der großen Hohenlohewerke bemächti- gen, ek^r die 15jährige Schutzfrist (laut Rauboertrag d« Bälksrbundsrats) abgetaufen ist.
Le Trocquer bringt seine Plane in Erinnerung
Baris, 19. August. Im „Matin" veröffentlicht d« srü' er« Minister L« Trocquer, der sich nicht in Ver« osijenheit geraten lassen möchte, einest Artikel mit der Heben schrist: .Wenn Deutschland Sachtteferungen macht . . .!" Tl glaubt, daß von den nn Dawesschen Plan vorgesehenen Leistungen Deutschlands nicht viel anderes als Sachleistun- gen übrigbleiben werde. Bor allen Dingen befürwortet L« Trocquer. wie er schon während seiner Amtszeit getan hat. di, B «schSftiguna deutscher Arbeiter ist Frank- reich stk öffentliche Arbeiten. Die Arbeiten sollen nach seine, Lnficht unter der Leitung französischer Ingenieure ausge- führt werden. Die Unternehmer sollen Deutsche sein, die sich in Frankreich mit ihrem Personal und ihrem Materiell ein- rickll«, müßten. In Bezug auf die soziale Gesetzgebung solle» sie den in Deutschland bestehenden Bestimmungen untc-worssn sein, jedoch sollen für sie die polizeilichen Bestimmungen, die in Frankreich gelten, angewandt werden. Ihre Löhn« sollen sich in drei Teile teilen: 1. den Teil, der dem Unterhalt ihrer Familien in Deutschland entspricht, K. den Kosten für Wohnung und Nahrung, die di« Arbeiter dem Unternehmer bezogen müssen, 3. den täglichen Ausgaben, die die Arbeiter in Frankreich zu bestreiten hätten. Le Troc- quer sieht für seine Arbeiten (Bau von Kanälen, Eisenbahnen «sw. im ganzen Frankreich) eine Summe von 18-l Milliarden Franken vor, von denen Deutschland zwei Drittel
zu -«zahlen hätte.
— Der Sachverständigenplan spricht aber nicht von solchen Arbeiten; «r kennt nur di« Uabertragung des von Deutschland gezahlten Gelds in Devisen, in Materialien nnd bei deren Unmöglichkeit vorübergehende Anlage in deutschen Werten. Auf dem Weg freier Vereinbarung könnten vielleicht Arbeiten ausgemacht werden, aber ob Neigung bestrich Arbeiten für die Konkurrenz, die keine WlederherstsKmig
Triumphzng Herriot»
Paris. 19. August. Als Herriot bei feiner Rückreise von London in Dieppe landete, hatte sich eine große Menschen- menge am Hasen eingefunden, die Herriot stürmisch be- grüßte. Herriot hielt eine Ansprache: Er habe in London Frankreich und den Frieden verteidigt. Das Schiedsgenck.is- verfahren sei zum Sieg geführt worden, das die beste Büro- 'chast für die Sicherheit der zivilisierten Völker ',ei. (Wozu dann die Verlängerung der Besetzung? D. Schr.» Sein« Pflicht als Republikaner sei gewesen, patriotisch und mensich- lich zu sein. In den „schlimmsten Augenblicken" der Per- Handlungen habe er daran gedacht, daß es Väter und Mutter gebe, die es danken werden, daß die Abordnung daran ccdaä i habe, sie zu schützen. — In Paris füllten Zetmtau- sende die Straßen, so daß der Kraftwag-n Hernnrs Müh« hatte, vcriaäiis zu