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Nr. 168
Amts- Md Mzeigedlatt für deu OberamlsbeM
mit cler Beilage
^Unsere Heimat"
Gegründet 1826.
slagoläer ^agblatt
mi illustrierter Sonntagsbeilage
„Zeierstunäen"
SchrUtlkitun«, Druck und «erlag von ». W. «atser kNarl Zauer) U!ae-U>.
Samstag de« 19. 3uli 1924 Fernsprecher Nr 29
Verbrettetst« Zettunar« Oberon tSdezirt. — Nu- eeigm fivd daher von beste« Grfolg.
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98. Jahrgang
Sven Hedin über den Fnedensvertrag
Der berühmte schwedische Forscher Sven Hedin ist kürzlich von einer Reise um die Erde zurückgekehrt und gibt nun eine Darstellung seiner Rückreise „Bon Peking bis Moskau (F- U Brockhäus, Leipzig). Darin berichtet er u. a. über einen Besuch den er in Moskau dem deutschen Botschafter Ermen Brockdorff-Rantzau machte, und über die Unterhaltung, me er mit ihm über den Friedensvertrag (Bruckdorfs war bekanntlich nach Frhr. Lersner Unterhändler in Versailles) und die Zukunft Deutschlands führte, wobei zwischen beiden vollkommene Uebereinstrmmung herrschte. Sven Hedin schreibt
^Der Frieden war die Krönung des Werks der Verbündeten und vollkommen würdig des feigsten aller Kriege der Geschichte. Dort, in Versailles, wurde ein halbes Jahr später das Deutsche Reich hingemordet. Rein deutsche Provinzen wurden abgetreten, alle Kolonien gingen in die Hände der Sieger über, und Deutschland wurde jeder Mög- Kchkeit beraubt, mit Waffen zu verteidigen, was von seinem Gebiet noch übrig war. Man feierte Orchen der Plünderung, des Diebstahls und Raubs, man legte sich die deutsche Handelsflotte zu, man raubte das Privateigentum der deutschen Bürger, das bei Kriegsausbruch in den Ländern der Entente, ja sogar auf deutschem Boden im lAsatz und in den deutschen Kolonien sich befand — ein Verfahre«; das seinesgleichen wohl nur im Mittelalter findet, man erschwerte den freien Handel, man schonte nicht einmal die Tiere und machte Anspruch auf solche Mengen von Milchkühen, daß Zehntausende von Säuglingen sterben muhten:
Nachdem der Feind in dieser Weise bis auf die Haut aus- gezogen war, verlangte man einen Schadenersatz, den Deutschland niemals bezahlen kann.
Die Ereignisse des Jahrs 1923 haben gezeigt, welche Absichten dem Vertrag von Versailles zugrunde lagen: die Pfänder, der Einfall ins Ruhr gebiet, die Besetzung der Pfalz, die Möglichkeit, die bluten-e Wunde künftig offenzuhalten und das deutsche Volk unter französischen Restpeitschen und Bajonetten zu Knechten zu machen. Im Namen der weißen Rasse und der abendländischen Kultur schickte man Neaertruppen aus Afrika in die besetzten Gebiete, um die Geschlagenen zu demütigen und ihre jungen Frauen und Jünglinge einer bestialischen Widerlichkeit preiszugeben, die jeden anständigen Menschen vor Scham erschauern läßt. Die ganze Welt sieht zu, ohne einen Finger zu rühren. Die Vereinigten Staaten, die die größte Verantwortung für den Ausgang des Weltkriegs tragen und die Lurch Kündigung der französischen Anleihen die Gewalt hätten, einen Damm n setzen, sehen immer noch nicht ihre Pflicht ein, sich an den oersuchen zu beteiligen, Europa zu retten, ehe es zu spät ist. England will, aber kann nicht, wenigstens jetzt nicht. Unterdessen rast Europa blindlings, mit verhängten Zügeln dem Abgrund oder dem nächsten Weltkrieg zu.
Gewisse Mächte, so hieß es, waren ins Feld gezogen, um in Zukunft alle Kriege unmöglich zu machen. In Versailles zog man die neuen Grenzen zwischen den Staaten Europas ui einer so wahnsinnigen Weise, daß man unter Aufbietung ^',.?^rsten Gedankenschärfe kaum einen besseren Grund zu künftigen Kriegen hätte legen können. Frieden aus Erden sollte herrschen. Aber alle stehen bis an die Zähne gerüstet bereit, sich auseinander zu stürzen. Um sein eigenes Gewissen zu beruhigen und die Massen zu täuschen, gründete man den Völkerbund. Aber die Staaten, die am ehesten stutze brauchten, Rußland und Deutschland, wurden draußen g:.,alten. Als ein Krieg zwischen Italien und Griechenland vor der Tür stand, erfuhr die Menschheit, was der Völkerbund wert ist, wenn es ernst wird.
Man sprach bei passender und unpassender Gelegenheit oavoiy d:e Welt reif für Demokratie zu machen, man sprach . ^^sümmungsrecht der Völker, von Recht und Gerechtigkeit. In Wirklichkeit trug man dazu bei, einer Tyrannei den Weg zu bahnen, wie sie vor dem Krieg nicht ihres- 8-eichen hatte. Man fragte nicht nach den Wünschen der Visier, man beging oder duldete alle Arten Unrecht und Un- Serechtigkeit.
v Bolschewik! zu verurteilen, findet man keine Worte, >e stark genug sind. Aber ist man selbst auch nur um ein m bosser? Alle Grausamkeit gegen lebende Wesen ist Die Novemberrevolution 1918 verlief wenigstens mell, wahrend die Aushungerung der armen Bevölkerung V besetzten Gebieten Deutschlands sich Zeit läßt.
Wir leben in einer von Lügen vergifteten Luft. Wohin ouch wenden, hören wir die heimtückischen Reden r falschen Propheten. Sie kommen zu uns in Schafkleidern, sie reißende Wölfe. An ihren Früchten wer- n wir sie erkennen. „Man erntet nicht Weintrauben von Feigen von Disteln." Solange ihre Stimmen kann die Menschheit nicht hoffen, lichter« Zeiten
entpegengefnhrt zu werden.
s^i Gedanken gab ich mich bin, während ich in einer vromsie zur deuffchen Botschaft fuhr, uni-^bemsche Botschaft ist in einem prächtigen Gebäude Rantzau empfing mich in seiner Wohnung, E« in- die jetzt in Moskau bewohnt wird.
Nlerenurte ihn, meine Ansicht über das Verhältnis zwi-
scheu Rußland und. Deutschland zu hören. Ich sagte, Rußlands gewaltige Hilfsquellen würden nicht ohne deutschen Unternehmungsgeist und deutsche - Intelligenz und Organisationsgeschick fruchtbar gemacht werden können. Deutschland braucht ein Hinterland, ein neues Arbeitsfeld als Ersatz für seine verlorenen Kolonien und seine gestohlene Handelsflotte.
Auch über Deutschlands Zukunft hatten wir dieselben Ansichten. Die Zeit arbeitet für die Deutschen, — wenn sie nur unter dem französischen Joch zusammenhalten könnten! Eines Tags wird das französische Volk zur Einsicht erwachen, welche Torheit die Gewaltpolitik ihrer Führer ist. Sie werden in ihren eigenen Brieftaschen und an ihren Spargeldern auf der Bank finden, daß Ruhr und Pfalz schlechte Geschäfte gewesen sind. Es wird ihnen vielleicht erschreckend klar werden, daß sie sich selbst schadeten, indem sie Deutschland schadeten.
Wenn diese Stunde kommt, wird Deutschlands Aufblühen beginnen und mit ungeahnter Schnelligkeit fortschreiten. Es wird dann auch nicht lange dauern, bis Deutschland eine neue Großmachtsze.t erreicht.
Ein amerikanischer Vorstotz zur AnnuMerung des Versailler Friedens.
Am 12. Mai d. I. hat der einzige sozialdemokratische Abgeordnete im amerikanischen Abgeordnetenhaus, Victor L. Berger, aus Milwaukee, eine Resolution eingebracht, deren Schicksal wir mit gespanntester Aufmerksamkeit zu verfolgen alle Ursache haben. Nicht izur wird darin die Forderung aufgestellt, einem Gerichtshof von neutralen Sachverständigen möge die Prüfung der Kriegsschuldfrage überwiesen werden, und damit der Antrag der sogenannten deutschen Volksbeauftragten vom 29. November 1918 erneut ausgenommen, sondern Darüber hinaus heißt es in der Resolution:
' „Präsident Coolidge' möge bevollmächtigt und aufgesordeA werden, „eine Zusammenkunft der Vertreter der Stgnaiarmächte des Versailler Vertrages nach Washington e i n-z u b c: u f e n Diese Konferenz soll den Friedensvertrag entsprechend den von Wilson aufgestellten 14 Punkten revidieren, die beim Abschluß des Waffenstillstandes von den Mittelmächten angenommen wurden."
Auf Annahme hat dieser Antrag ja wohl vorerst kaum zu rechnen, obwohl nicht zu verkennen ist, daß Millionen von Amerikanern seit langem brennende Scham empfinden beim Gedanken daran, wie die feierliche Zusage des Staatssekretärs Lansing und der Entente am ö. November 1918, Deutschland werde im Falle der Waffenniederkegung einen „Frieden der 14 Punkte" erhalten, in Versailles eingehalten worden ist. Aber es fällt kein Baum auf den ersten Streich, und allzu große Hoffnungen dürfen wir daher an den Vergerschen Antrag nicht knüpfen. Schon allein die Erörterung der Resolution aber kann für uns sehr nützlich sein, indem sie die Erkenntnis ausbreiten wird, welcher beispiellose Betrug 1918-19 am deutschen Volke verübt worden ist.
Der Antrag ist gewissermaßen die praktische Konsequenz der sensationellen Senatsrede des Senators Owen von Oklahoma, der am 18. Dezember an Hand authentischer Dokumente nachwies, daß Deutschland keine Schuld am Kriegsausbruch hatte, daß vielmehr Rußland und Frankreich schon seit 1911 unablässig zum Kriege trieben. Und gleichzeitig ist die Bergersche Resolution auch ein Schachzug gegen das Sachverständigen-Eutachten, in dem in ungeniertester Weise, unter Ignorierung der Owenschen Enthüllungen, die Legende von Deutschlands Schuld am Kriege noch einmal wie eine Selbstverständlichkeit behandelt und erneut ausgesprochen wird.
Es steht seit langem fest, daß das bisherige amtliche Schweigen der deutschen Regierung zur Kriegsschuldfrage ein schwerer und verhängnisvoller Fehler war. Es würde schlechterdings unverantwortlich sein, wenn unsere amtlichen Stellen nicht ihr Aeußerstes täten, um noch vor der Erörterung der Vergerschen Resolution im Repräsentantenhaus durch einen energischen amtlichen Protest gegen die neue Kriegsschuldlüge des Sachverständigen-Eutachtens dem uns wohlgesinnten Ausland in die Hände zu arbeiten.
Die polnischen Unruhestifter.
Die polnischen Unruhstifter sitzen diesseits und jenseits der Grenze, als ob die Aussicht, aus dem gröbsten Finanzelend in absehbarer Zeit herauszukommen, den polnischen Größenwahn wieder zu einem Ausmaß hat anschwellen lassen, welches für die zunächst betroffenen Nachbarn nachgerade unerträglich wird. Nicht nur» daß der polnische Staatspräsident in einer offiziellen Rede Wendungen gebrauchte, die sowohl von Rußland als von Deutschland trotz des abschwächenden Kommentars der Presse nur als Kriegsdrohungen aufgefaßt werden konnten — auch die praktische Politik in Oberschlesien läuft neuerdings auf eine gefährliche Wühlerei gegen das gesamte Deutschtum zu beiden Seiten der Grenze hinaus. Es sind im deutschen Oberschlesien Verhaftungen einer Reihe von Individuen vor» genommen worden, die an einer weitverzweigten Verschwörung zur Losreißung deutscher Gebietsteile im polnischen Gebiet arbeiteten. Die volnische Regierung besaß
daraufhin die Anmaßung, eine Note zu überreichen, in der gegen die Verhaftungen protestiert wird, weil sie die friedlichen Beziehungen zwischen der polnischen und deutschen Bevölkerung stören könnten. Und das zur selben Zeit, in der die Bedrohungen der deutschen Minderheit Polnisch-Oberschlesiens Formen angenommen haben, die das Schlimmste befürchten lassen. Man will dort nicht nur als Vergeltungsmaßregel eine Anzahl Reichsdeutscher aus- weisen, sondern ist drauf und dran, das deutsche Element in der Selbstverwaltung Oberschlesiens vollständig auszuschalten. Korfanty hat im Oberschlesischen Landtag schon offen erklärt, daß seine Partei sich jetzt für die völlige Aufhebung der Autonomie Polnisch-Oberschlesiens einsetzen werde. Die Gesetze, die hier von polnischer Seite eingebracht werden zur Ausschließung des deutschen Elementes, tragen bereits offen einen völlig verfassungswidrigen Charakter. Und das stellt sich dann hin und jammert dem Völkerbund und dem französischen Schutzherrn lange Litaneien vor von der Unterdrückung der Polen in Deutschland!
Her Wiederaufbau der Welthandels- flotte.
Der Weltkrieg hatte bekanntlich alle Fäden zwischen deu Völkern dieser Erde zerrissen. Der sogenannte „Friede" vermochte sie nicht sogleich wieder zusammenzuknüpsen. Zur Gegenteil: die Rivalität zwischen den „Siegerstaaten", die sich den Raub untereinander teilten, wuchs mit jedem Jahr, und das geraubte Gut ward ihnen allen zum Verhängnis. Der überseeische Frachtenmarkt war vollkommen verstopft. Das Tonnageangebot in allen Häfen der Welt überstieg die Anforderungen über das Vielfache. Tausende von Tonnen an Frachtraum lagen brach. Schiffsleiber rosteten und verfaulten. In Amerika wrackte man ein Schiff nach dem andern ab, und niemand wollte selbst für das Kleinholz und Schrott noch etwas bezahlen. Deutschland hatte man unter dem berühmten Schein des Rechtes von Gnaden des Versailler Vertrages so gut wie seine gesamte Handelsflotte weggenommen. Nun lagen die Schiffe mit ihrem Tonnage- Ueberfluß da und drückten auf den internationalen Frachtenmarkt.
Erst ganz allmählich wurde der Weltmarkt wieder lebendig. Nach und nach kamen die ehemals alten Freunde in den verschiedenen Erdteilen wieder „ins Geschäft", denn man erkannte, daß es ..so" auf die Dauer nichr gehen konnte. „Schiffahrt treiben ist notwendig — Kriegführen nicht" — so könnte man das alte Hansawahrwort ins Neuzeitliche umprägen. Das sahen- denn auch die Kaufleute hüben und drüben ein — und siehe dar- selbst das viel verleumdete, barbarische und aus dem Volker» konzert schmählich verstoßene Deutschland zeigte, daß cs noch die: alte Zähigkeit und Beharrlichkeit seiner Vorväter besaß und- aller Vergewaltigungen und Zertrümmerungs-Versuche seiner Feinde zum Trotz den Wiederaufbau auch seiner auswärtigen Beziehungen betrieb.
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Die Welttonnage stieg dank kräftigen Wiederauflebens der Echiffbautätigkeit im gleichen Maße wie sich der Weltverkehr' wieder belebte. Während noch im Jahre 1922 die Welttonnage 6 436 238 Br.-Reg.-T. ausmachte, erhöhte sie sich im Vorjahre bereits auf 6 516 623 Br.-Reg.-T. Die neuesten Statistiken nach dem bekannten Lloyds-Register zeigen einen weiteren Fortschritt auf diesem wichtigen Welthandclsgediet. In den letzten Iahres- aufnahmen steht Deutschland erfreulicher Weise an zweiter Stelle: seine Neubauten belaufen sich auf 52,6 Proz., während England nur 20 Proz. erreicht. Amerika steht mit 57,2 Proz. an der Spitze der Statistik. Man sieht daher — wie kann man es anders erwarten — schon wieder mit scheelen Augen aus den Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte, in der besonders natürlich England schon wieder einen Konkurrenten wittert. Die englische Presse bringt auch bereits wieder hinlänglich bekannte Alarmartikel und auch die — russisch« Presse kann sich über das deutsche „Wunder" gar nicht genug — entrüsten. Leider schätzt man den Umfang unseres Wiederaufbaues auf diesem Gebiet vollkommen falsch ein. Er ist gewiß ansehnlich und allen Lobes wert, wenn man unsere schwierigen Verhältnisse bedenkt. Andererseits darf man doch nicht vergessen, daß wir ja überhaupt so gut wie gar keine Handelsflotte nach Versailles mehr besaßen, und nun erst ganz allmählich mit unseren Neubauten wieder einen bescheidenen Teil der für unser 60-Millionen-Volk notwendigen Tonnage zu erreichen uns bemühen, — als „Konkurrenten" ernsthasl aber naturgemäß überhaupt nicht in Flage ; kommen.