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Dr. Stresemann zur Lage
In einer anläßlich der Tagung der Südwestdeutschen Ar- beitsgemeinschast der Deutschen Dolkspartei in Karlsruhe am 15. Juni veranstalteten öffentlichen Versammlung sprach Reichsmimster des Aeuhern Dr. Stresemam» über die politi- sche Loge. Ausgehend von der Veräfseutlichung einer neuen Serie der Akkenpublikakion des Auswärtigen Amtes führt« der Minister aus, diese Publikation behandle die Vorgänge in den Jahren 1897 bis 1903, also gerade jene Zeit, in der die führenden europäischen Mächte darangegangen seien, di« Wett in großem Stil aufzuteilen. In Asien, Afrika und im Stillen Ozean wurden weite Gebiete als Kolonien erworben mrd im Stillen Ozean wurden weite Gebiete als Kolonien erworben und in Interessensphären zerlegt. In dieser im wahren Sinne des Wortes imperialistischen Epoche habe sich Deutschland im Vergleich zu den übrigen Großmächten bescheiden in dem Hintergründe gehalten. DiDe Absicht, mit keiner Großmacht in Gegensatz oder gor in Feindschaft zu gerann, ziehe sich wie ein roter Faden durch alle Handlungen der Diplomatie. Sie war auch der Grund für jene damals streng durchgeführte Politik der freier, Hand, die jedes mehr oder wenige offene Vündnisangebot fremder Regierungen ablehnend beantwortet habe. Deutschland scheute sich, mit Rußland bindende Abkommen zu treffen, um keine england- feindliche Richtung einschlagen zu müssen. Und als Cham- berlain den Beitritt Großbritanniens zum Dreibund anregte, wies man deutscherseits auf die Gefahr einer dadurch wahr- peinlich werdenden Gegnerschaft zu Rußland hin. Ob diese Politik vom deutschen Standpunkt nun richtig war, kann bezweifelt werden. Jedenfalls aber war sie bewußt auf die Erhaltung des Friedens gerichtet, die Publikationen des Auswärtigen Amts würden Ende dieses Jahrs abgeschlossen sein. Dann sei es Zeit, auf Grund dieser Gesamtdarstellung der deutschen Politik in den entscheidenden Jahrzehnten der europäischen Entwicklung die Forderung an die anderen Mächte w richten, auch ihrerseits ihre Archive zu öffnen, um so die Grundlagen für eine unparteiische Erörterung der Schuld- trage zu schaffen. Das deutsche Volk und seine Regierung <nüßten diesen Kampf gemeinschaftlich führen.
Gegenüber der heutigen Kritik vertrat der Minister de« Standpunkt: Wir ziehen die Konsequenzen aus dem verlorenen Krieg und zahlen deshalb Kriegsentschädigung, aber wir lehnen es ab. als die moralisch VeraakworSichen irgendwelche Wiedergutmachung zu leisten. Im Verlaufe seiner weiteren Ausführungen betonte der Minister, daß in dieser Zeit der Verhandlungen über das Sachverständigengutachten die Behauptung aufgestellt worden sei, daß die gegenwärtige Regierung keine verfassungsmäßige Grundlage habe. Seit aber di« neue Verfassung bestehe, habe niemand daran gezweifelt, daß die Regierung erst dann das Vertrauen verliere, wenn die Mehrheit ihr das Mißtrauen ausspreche. Der Minister wandt« sich dann gegen die Anschauung Les Auslandes, dah das Deutsche Reich in einer glücklichen Situation sei, weil er keine Kriegsschulden zu bezahlen habe, und wies demgegenüber auf die Verwüstungen hin, die die Inflation in den weitesten Schichten der Sparer und der Anleihebesitzer hervorgerufen habe, wodurch eine der wichtigsten Quellen der früheren Steuerpolitik versiegt sei. Diesen Kreisen zu helfen, sei gegenwärtig unmögliche Sobald aber die Höhe der Summe unserer Verpflichtungen sich übersehen lasse, und aus dem deutschen Budget sich Ueberschüsse ergäben, werde mch diese Frage der Verpflichtungen des Reiches gegenüber diesen Gläubigern praktisch zur Erörterung stehen. Hieraus wandte sich der Minister gegen die von gewisser Wirtschaftler Seite aufgestellte Behauptung, daß die Privatwirtschaft der Entente ausgeliefert, die Souveränität über die Eisenduhnen aufgegeben und keine Wirischastskredite gegeben wurden. Diese Kritiker des Gutachtens vergäßen, die heutige Situation mit der Situation nach der Annahme des Gutachtens zu vergleichen. Heute sehen wir, sagte der Minister, den Zusammenbruch der Wirtschaft in den besetzten Gebieten durch die Erpressung der Micumverträge und die ungeheure Belastung des Reiches durch die Vesatzungskosten und die Apmationsabgabe. Wir sehen 10 Millionen Deutsche ohne Wunsche Freiheit und ohne Rechtssicherheit ungeheuren Mamsellen Leiden und seelischen Bedrückungen ausgeliefert. Wir stehen heute trotz der durch die Zahungsunfähigkeit verfaßten Aussetzung der normalen Reparationsleistungen dr einer deutschen Jahresleistung von über einer Milliarde fldmark. Gegenüber der Behauptung Poincares, daß eutschland zahlen könne, aber nicht zahlen wolle, steht di« fyauptung..des Sachverständigengutachtens, daß Deutsch- "^Legenwärtig aus seinem Budget nicht zahlen dürfe, weil dvllnn seine Währung ruiniere. Damit fällt jeder Vor- ^no für die Ruhrbesetzung. Wer die Haltung der jetzigen . gerungen kritisiere, müsse notgedrungen auch die Regie- > kritisieren, auf deren wesentlichsten Gesichtspunk-
Sachverständigengutachten aufgebaut sei. Selbstver- s">ch sei es Aufgabe der Regierung, bei den Verhand- die gegenwärtig im Gange.seien, das Beste heraus- -ff vor allem für die Befugnisse des Eisen-
Dienstag de« 17. Juni 1924 Fernsprecher Nr. 29 98. Jahrgang
r« SSflkNg der GestmDnenfrage und die Frage der Ausgewiefenen sei organisch mit dem Sachverständigengut- nchtm verbunden. Ist das Gutachten, fragte der Minister, eine Lösung der Reparationsfrage, dann ist es auch das Ende aller Methoden, die Während Les Ruhrkampfes als Kriegsmethodeu angewandt wurden. Das gilt auch für die militärische Räumung des Ruhrgebicls, die zu einem be- slimmten-Termin in Aussicht genommen werden muß. Wenn gegenüber, dieser Forderung auf dis sogenannte nationalistische ^Stimmung iu Deutschland hingewiesen wird, darj nicht vergessen werden, daß nicht zuletzt die Duelle dieser Bewegung die Deutschland gegenüber getriebene Politik und vor allem die Methoden Poincares gewesen sind- Der neuen französischen Regierung sichen wir ohne Illusionen, aber »uch ohne Voreingenommenheit gegenüber. Unsere Aufgabe ist es, einen Weg zu finden, der das Nebcneinanderleben von Frankreich und Deutschland sicherstellt, die auf ein friedliches Zusammenleben angewiesen sind und vielfach wirtschaftlich ulst» finanziell vor dem gleichen Problem stehen. Zum »chluß richtete der Minister einen Appell an alle Volksgenossen, den Parkeigeist zu überwinden und besonders die Außenpolitik von parteipolitischer Einstellung zu befreie«. Unsere Aufgabe sei es, das Reich zu erhalten, die besetzten Gebiete von Men vertragswidrigen Lasten zu befreien und jo die Grundlage für den künftigen Wiederaufstieg Deutschlands zu sichern.
Ein Kabinettswechsel in Japan
Die gegenwärtigen innerpolitischen Wirren Japans sind estre Folge des raschen Tempos, in dem sich der Aufstieg des Landes in den letzten Jahrzehnten vollzog. Das durch den Krieg beschleunigte Emporkommen einer Großindustrie Hai die soziale Frage bis zu einer bedenklichen Spannung verschärft. Weite Kreise haben sich in den Zeiten der Kriegskonjunktur stark bereichert, und große Schichten des früher so ansvruchslosen Volks hat ehe Gier nach Geld und Genuß ergriffen, die die moralische Gesundheit des Volks erschüt- terte. Der Anschlag des Studenten Namba c>üf den Prinz- regerrten am 27. Dezember 1923 bekundete, Laß sich das Volk, dessen Geschichte -1500 Jahre hindurch keinen Fürstenmord kcumte, von Grund auf gewandelt hat.
Stürmisch fordert die Mehrheit des Volks das allgemeine Wahlrecht für die Männer. Und diese Forderung ist verständlich, wenn man bedenkt, daß von weit über 50 Millionen Japaner nur drei Millionen wahlberechtigt sind. Dag große Erd- und Seebeben, das am 1. September v. I. in Tokio und Iokohama das Wirtschaftsleben des Landes Ins ms Herz traf, hat die sogenannte Versicherungsfrage geschossen: die japanischen Feuerversicherungsgesellschasten wollen denjenigen, die durch den Brand beim Erdbeben geschädigt worden sind, 10 v. H. ihrer Versicherungssumme ouszahlem wenn der Staat eine Anleihe bewilligt. Schon der Vorgänger des jetzt zurückgetretenen Ministerpräsidenten Vicomte Kijura, der nach dem Anschlag auf den Prinzregenteu in d«« letzten Tagen des verflossenen Jahrs aus dem Amt geschiedene Graf Jamamoto, beantragte eine solche Anleihe, aber das Parlament erklärte sich dagegen.
Diese Weigerung läßt erkennen, wie gering im japanb-
ickeu Parlament die Erkenntnis von den wahren Urw-N«, ver oauernosn uno M) immer mehr.verjchärfendcn inner-
politischen Krise ist. Der herrschende Reichtum will von feinem politischen Einfluß nichts opfern und denkt an keine« sozialen Ausgleich. Alles kommt darauf an, ob sich ein stav ker Mann findet, der sich gegen den kurzsichtigen Eigennuj der Parteien und der im politischen wie im wirtschaftlichen Leben ausschlaggebenden Kreise durchsetzen kann. Kijura erwies sich als dieser starke Mann nicht.
Der neue Ministerpräsident Vicomte Kalo, einst Minister des Auswärtigen im Kabinett Okuma, das im August 1914 Deutschland das Ultimatum stellte und den Krieg erklärte, war im Gegensatz zu den Kabinetten Les letzten Jahrzehnts, die bessere Beziehungen zu Japans drei Nachbar», China, Rußland und Amerika, onstrebten, stets ein erttärter Freund Englands. Sein Kabinett uürd vor allem iu China wenig freudig begrüßt werden, denn von Kato flam- men die 21 Forderungen, die Japan im Jahr 1S15 an China richtete. _
Neue Nachrichten.
Rlicum verlängert
Düsseldorf, 15. Juni. Der am 15. Juni ablaufende Der- jrag zwischen der Micum und dem Ruhrbergbau wird un- »erändert bis zum 30. Juni verlängert. Es wurde vereinbart, daß das nächste vom 1. Juli ab zu schließende Ab- kommen hinsichtlich der Kohlenpreise, Zölle, Zu- und Ablaut- Maßnahmen und anderer Geldabaaben rückwirkende Kras, >om 16. Juni ab erhalten kann.
Die Separatisten und General de Metz
Speyer, 14. Juni. Am Mittwoch vergangener Woche traten, wie jetzt bekannt wird, alle Separatistenführer aus der Pfalz und die Vorstandsmitglieder der sogenannter Rheinischen Arbeiterpartei in der französischen Bezirksdeie- gation in Speyer zu einer zweistündigen Konferenz zusanr
mem'Weiter steht fest, daß bei dem Oberleutnant Pasquir vom Stab des Generals de Metz die berüchtigten Separatistenführer Sckmitz-Epper und Salzberg, ein wegen Betrüb und Unterschlagung im rechtsrheinischen Deutschland mit Gefängnis vorbestrafter Pole, täglich ein- und ausgingen.
Die offenbare Begünstigung der Separatisten soll nur den Sonderbündlern zeigen, daß General de Metz seine alten Pläne noch nicht aufgegeben hat und daß sie sich bei einem neuen Putsch, wie er im Rheinland auch geplant ist. aus du Unterstützung des Generals de Metz verlassen können.
Der bayrische Handelsminister über die Lage
Nürnberg. 16. Juni. Auf der Hauptversammlung dek bayerischen Landesgewerbeanstalt in Nürnberg schilderte der« bayerische Handelsminister v. Meine! die ernste Lage der deustchen Wirtschaft, die außerordentlich gesunkene Kau" kraft des Volkes und den erschreckenden Rückgang der Leutchen Ausfuhr. Bei einer solchen Sachlage bleibe nichts an- veres übrig, als das Sachverständigengutachten anzunehmen, »bwohl es unsere Leistungsfähigkeit ganz bedeutend überschätze.
Drohende Aussperrung
München, 16. Juni. Nach Blättermeldungen kündigte der klrbeitgeberverband der bayerischen Kohlenbergwerke der gesamten Belegschaft am 10. 6. zum 26. 6., weil er die nach dem Schiedsspruch für die Kohlenarbeiter zu zahlende vierprozentige Lohnzulage nicht zahlen könne. Kommt eine kinigung nicht zustande, so sei mit der Aussperrung von ttrva 5000 Arbeitern im bayerischen Kohlenbergbau z» rechnen. ^
Französisch-belgische Besprechung
Paris, 16. Juni. Der Brüsseler Korrespondent des ,Te:nps" meldet, in Brüssel sei man der Ansicht, daß, bevor irgendwelche interalliierte Verhandlungen stattsänden, eine iranzösisch-bel gische Besprechung abgehalten iverden müsse wegen der engen Solidarität der beiden alliierten Länder seit der Besetzung des Ruhrgebietes. Obwohl noch nichts darüber entschieden sei, nehme man an, daß ein« Unterredung zwischen dem französischen Ministerpräsidenten und den belgischen Ministern Ende der ^ Paris oder
Brüssel stattfinden könne.
Hcrriok Außenminister
Paris, 16. Juni. Ministerpräsident Herriothat gestern nachmittag die Regierungsvollmacht und die Leitung d« auswärtigen Angelegenheiten übernommen-
Die «ve» Minister
Parks, 1 Z. Juni. Die Ernennung der neuen Minister des Kabinetts Herriot wurde heute vormittag mr „Journal Officiel" veröffentlicht. Das Kabinett fetzt sich z stammen ans 14 Ministern und 4 llnterstaatssekretören. Es gehörten ihm an 4 Senatoren: Renault, Clementei Pey- trat und Francois Albert, sämtlich von der Fraktion der de- chEatstchen Linken. Zwei Mitglieder gehören zu den So- zialistisch-Republikaneru: Reynaldy und Laurent Eynac, acht zur radikalen Kammerfraktion: Herriot. Chautemps. Du- Es.uift Queruille. Eodard, Beladier, Dalbiez und Mayer. Drei Munster und UnterstaatssekretÜre gehören der sozial- republikanischen Gruppe (Partei Painleve—Vriand) an: Be- mer-Laplerre, Pierre Robert und de Morv-Giafferi. General Rollet rst das einzige Mitgüed des Kabinetts, das nicht dem Parlament entnommen ist. Der Ministerpräsident hat heut« vonntttcrg seine erste Regierungshcmdlung dadurch vollzogen, daß er in Begleitung des Kriegsministers und des Marine- mimsters dem „ll nbekannten Soldaten" eine Huldigung darbrachte. ^
G
HePttot über die Ernennung Nollets zum Kriegsminister:
Pari», 16 . Juni. Die Ernennung de» General» Rollet zum Krieg-minister erläuterte Herriot den Journalisten wie folgt:
Rollet hat mich aufgeklärt über da», wa» sich in Deutschland ereignet hat und wa» ich teil» schon gewußt habe. Er, der Deutschland gut kennt, hat den sehr klaren Eindruck, daß er sich unter den gleichen Bedingungen wie Preußen nach 1806 wieder organisiert. Ich bin entschloffen, gegenüber der deutschen Demokratie liberale Politik zu treiben, aber e» ist nötig, daß e» verhindert wird, daß die Nationalisten ihre Propaganda und Organisation weiter betteiben. E» ist notwendig, daß da» jetzige System sich ändert. Wenn wir keine Befriedigung erlangen können, so seien Sie überzeugt, daß wir viel schärfer gegenüber Deutschland sein werden, al» andere. Wir werden es sein, weil e» sich darum handelt, den Frieden zu sichern; die Achtung vor unseren Rechten und die Entwicklung der demokratischen Bewegung. Drutschland muß wissen, daß wir liberal sind, daß wir un» aber auch nicht täuschen lassen. Die Teilnahme Rollet» an der Regierung ist für die Nationalisten und alle Deutschen ein sichtbare» Zeichen, daß wir ihnen nicht gestatten werden, un» zu täuschen und den Frieden zu kompromittieren.