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Die Rraft des Liedes.
Wenn ihr traurig seid und die Melancholie will überhand nehmen so sprecht: Aus, ich muß unsrem Herrn Christo ein Lied onschlagen aus dem Rreal: denn die Schrift lehret mich, er höre gerne fröhlichen Gesang und Saltenspiel. Und greift frisch in di« Claves und finget drein, bi» dir Gedanken vergehen, «ie David und LlisSuS taten. Kommt der Teufel wieder und gibt euch eine Sorge oder traurige Gedanken «in, so wehrt euch frisch und sprecht: Aus, Leusel, ich muß jetzt meinem Herrn Christo fingen und spielen. Luther
Der wert -es deutschen evangelischen Kirchenliedes.
Ueber den hohen Wert des deutschen evangel. Kirchenlieds hat ein Literaturhistoriker von Ruf (Wilhelm Scherer) folgender Urteil abgegeben: .Die meiste« Lieder Luthers sind in den Jahren 1523 und 1524 entstanden. ES herrscht in ibnen ein so männlicher Ton, wie er noch niemals in der deutschen Lyrik erklungen war. Wie der Dramatiker hinter seinen Figuren verschwindet, so tritt Luther mit seinem persönlichen Empfinden zurück. Wie der Dramatiker aus einer fremden Seele herausredet, so faßt Luther die Gesinnung der Gläubigen in machtvolle Worte» Worin alle zum Gottesdienst versammelten Christen einig find, dar läßt er sie auS- sprechen. Die Angst der Seele vor dem bösen Feinde, der sie verfolgt, in dessen Banden sie schmachtet, sündig und der Erlösung bedürftig: dar Vertrauen auf den höchsten, den allmächtigen Schutz und die Gewißheit des Steges durch göttliche Hilfe, durch die Wohltat der Erlösung, die uns der Glaube erwirbt. Die Gestalt des christlichen Retters ist dar eigentliche Ideal der ReformationSzeit. Nirgends lebt eS herrlicher als in dem Lied: „Eine feste Burg ist unser Gott". ES ist der Abdruck einer schwer bedrängten Augenblicks und zugleich das wahre Bild von Luthers eigener, starker Seele. — Paul Gerhardt war eine friedfertige Natur und der Geist der Frieden» wohnt auch in seinen Gedichten, welche rein aus dem frommen Gefühle hervorgingen und auf da« fromme Gefühl wirkten. Viele davon sind wahre geistliche Volkslieder geworden, an denen sich Millionen gläubiger Seelen seit mehr als 200 Jahren erbaut haben und noch erbauen. In seinen schönsten Liedern hat er einen herrlich weichen, harmonischen Ton getroffen, wobei die friedliche Einstimmung mit Gott alle Worte und alle Gedanken in ein friedliches Klingen aufzulösen scheint. Wenn bet Luther die Welt voll Sturm und Gewitter ist, so liegt sie bet Gerhardt in beständigem Sonnenglanz. Die Poesie Gerhardt« ist der Anfang jener unvergleichlichen warmen Lyrik, de« höchsten Stolze« der neueren Poesie. — Joachim NeanderS Gedichte sind größtenteils der Ausdruck seiner inneren Verkehr» mit Gott, ganz persönlich, ganz gefühlt, wie ein einzelner fühlt, neben dem die Menschheit ringsum verschwindet und der sich auf- fchwingt zu seinem Erlöser. — Gerhard Tersteegen» Gedichte haben einen vorstechend sanften Charakter, ein schöner Abeudfriede liegt darüber. Er weiß, sein Leben ist ein Wandern zur großen Ewigkeit; sein Heim ist nicht in dieser Zeit. Die Befreiungskriege haben un« einzelne kraftvolle GlaubenS- lieder von Ernst Moritz Arndt und Schenkendorf geschenkt. Auf SpittaS und GerokS Harfe erklangen glaubensinnige, wertvolle Lieder. Bet dem Jubiläum de» evangelischen Kirchenliedes gedenkt die evangelische Kirche dankbar der Schätze, die ihr die Vergangenheit geschenkt hat.
Singet aus Herzenslust!
Werdet voll Geistes und redet untereinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern und singet dem Herrn mit eurem Herzen. Paulus.
Pirsr Nummer umfaßt 8 Skiteu.
Hiksu die tiluftrikttk Krilage „Feierstunden".
Nachklang
zur Matthäus-Passion vom 30. März 1924 in äer Ztaätkirche in Nagolä.
D em Konzertleiter Herrn Ztud.Kat Zchmid und Herrn Zeminarlehrer Jetier gewiämet.
Musik!
O Musik, du hoher Seist, wirkest so erhaben auf mich ein.
Du, des Geistes Wesen, mir so klar beweist, Führest mich ins Reich der Harm onien ein
Ss entlockest du Sedanken,
Zehnend in der Menschen Brust, was gedrückt in schweren Banden, Löset sich in süßer Lust!
O Musik du edle, wie erheben Deiner Zaubertöne Klang;
Sott du hast uns viel gegeben.
Im erhabenen Sesang!
Mang äer Mängel
Im süßen Zauber der ^öne:
Neigt sich herab die Zchöne —
In der Harmonien:
Zarten Melodien-
— Erhaben in ewiger Jugend:
Die Söttin der Dugend!
„Die Unschuld thront".
Und lohnt:
Mit reinster Liebe zartem Zehnen:
Du süßes Dönen —
In der Harmonien innigstem Gedränge 0, Klang — der Klänge.
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M UM M Züchtige zi W ich Rm
Md die Meersllhrl als blinder Passagier.
(4. Fortsetzung.)
Auf de« Weg zur kleiueu Scheidegg.
Wir waren schon frühe ausgebrochen und hochgestiegen, denn dar war heute der Tag, an dem wir Mönch — Eiger — Jungfrau ganz au« der Nähe sehen sollten. Schon der Aufstieg war herrlich. Durch Matten und Waldbänder ging'» hoch. Ueberall, wo wir durch Sennen kamen, glotzten die Kühe und staunten, ob der frühen Wanderer und hoch, hoch droben in den ragenden Bergzacken trieb ein Ztegensenn seine Ziegen au« und jodelte, daß e« von den Wänden hallte.
Gegen 10 Uhr so ungefähr kamen wir zum Hotel Wengenalp. Der Herr Besitzer stand oben unter der Türe und schien sich zu langweilen. „Ach, zwei Spielleute! .'Wie kommt ihr gelegen. Spielt mal Ein» auf, aber ein Lustige», damit meine Kurgäste aufwachen, die liegen noch in den Betten und verschlafen den herrlichsten Morgen". Wir waren gleich dabei. Leise gestimmt und dann geschmettert.
,E« wollt' ein Jägerlein jagen" ....
Wie'» da nach kurzer Zeit an den Fenstern klapperte und al« wir während der Spiele» einmal unverhoffterwetse zu den Fenstern hochguckten, da hatten wir die herrlichste Aussicht auf eine ganze Sammlung lieblichster Mädchenköpfe. Verschiedene verschwanden allerdings rasch, aber dennoch viel zu langsam, al» daß wir nicht längst schon gesehen hätten, daß st« noch nicht die Kleider anhatten, die die Damen sonst für gewöhnlich zu oberst zu tragen pflegen.
In unserem Rücken hatte sich inzwischen ein „Tischlein deck dich" bereitet mit Brot — Milch — Butter — Honig — Käse und dazu noch in der hochfeinsten Aufmachung, war un» natürlich nicht hinderte, trotzdem alle« aufzuefsen. Da faßen wir also aus der Terrasse und guckten hinüber zum Mönch, von dem uns nur ein liefe« Gletschertal trennte. Lawine um Lawine sauste drüben mit Gedonner herab «nd mit dem Fernglas konnten wir sogar in den Felsen de» schwarzen Mönche» Gemsen sehen. Brett und massig zog der
Etgergletscher den Berg herab und die Sonne strahlte, daß auf der Jungfrau die Firnen glänzten.
Nun warS allerdings am gemütlichsten gewesen, denn jetzt kamen all die Mädels und da sollten wir erzählen — spielen — Witze machen. Auch konnten wir dak scharfe Angucken nicht ertragen, das hatten wir den Alpenkühen schon immer übelgenommen, obwohl'« die wenigstens noch originell machten. Nun, der Mädchen waren» auch zu viele, da wurd'S un« etwa« ungemütlich und wir verzogen un» rasch, hinauf zur kleinen Scheidegg.
Kleine Scheidegg.
Da sind wir nun unmittelbar unter der Jungfrau. Rechts drüben ist der Mönch und Mischen beiden der Eiger und da» hier, da» ist die Bahn, mit der solche Leute bequem eine Hochtour machen können, die über 40 Franken verfügen. Wir haben'« nicht, deshalb bleiben wir unten. Da sitzen wir an der Wartsaalecke der Jungfraubahn auf unfern Rucksäcken, neben un» die Mustkgeschtrre und betrachten in Muse, waS da alle» auf die Jungfrau will. Eben ist ein Zug von unten heraufgrkommen und da wogte eS durcheinander. Alle Raffen sind da vertreten — Weiße — Schwarze — Gelbe — Amerikaner — Engländer — Franzosen — Große — Kleine — Magere — Wohlgenährte — alle wollen sie auf die Jungfrau. Wir sitzen und gaffen. Da fordert un» eine Engländerin auf, ein Liedchen zu spielen. Sie ist schön und lieb und wir spielen. Im Nu find wir umringt und wir ernten stürmischen Beifall.-Da geschieht dar Große, da« Er
staunliche — die beiden Vagabunden werden zur „ILble ck'kuute" geladen. Im Triumph werden sie zum Hotel geleitet und zwei englische „Gentlemen" schleppen die Rucksäcke. Al» Ehrengäste sitzen sie oben und unten am Tisch, an der einen langen Sette zwei englische Herrn Journalisten und an der andern ein Herr Franzos« und seine Frau Gemahlin. Wie viel Gänge eS gab und ob wir sie richtig behandelten, weiß ich allerdings nicht, aber geschmeckt hat'» und der Weißwein tat nach kurzer Zeit auch seine Wirkung. Aus einmal sprachen wir englisch und französisch wie nie zuvor. ES waren auch jetzt allerdings nur Brocken, aber wir konnten doch wenigsten» mitreden. Um Politik handelte eS sich, um die Ruhrsache. Die Engländer vertraten Deutschland, der Franzose Frankreich und Deutschland, verkörpert in un» zwei Vagabunden, saß kauend dazwischen. Erst ward ganz sachlich ge-
4V0 Jahre evangelisches Gesangbuch
ep. Es sind nunmehr 400 Jahre, seit Luther das erste evang. Gesangbuch, das sog. Enchiridion, erscheinen ließ. So klein das Büchlein war — es enthielt nur 8 meist vo« chm selber gedichtete Lieder — so bedeutete doch seine Herausgabe eine große Tat auf dem Gebiet der religiösen und allgemeinen geistigen Kultur. Zwar hatte schon in der mittelalterlichen Kirche trotz ihrer lateinischen Kultsprache das deutsche Gemüt dem deutschen geistlichen Lied einen Platz am Schluß des Gottesdienstes und bei volkstümlichen Feiern erobert; Luther aber schuf zufolge seinen religiösen Grund- aedcmken für den grundsätzlich in deutscher Sprache zn haltenden Gottesdienst das deutsche Gemeinbelied; neben die Sammlungen kirchlicher Chorgesänge trat nun das Gesangbuch für die Hand des Volks. Der erste bescheidene Anfang, den Luther wagte, „um Ursache zu geben Lenen, die es besser können", rief sofort eine Reihe weiterer mit Noten versehener Liedersammlungen herbei, heute kann man die Zahl deutscher evang. Kirchenlieder, die diesen Namen verdienen, auf etwa 1Ö0 000 veranschlagen.
Diese neue Art deutscher Dichtung brach mit Urgewalt hervor aus den Tiefen des Gemüts, das vom neuen Erleben des Evangeliums überwältigt war und bewies damit ihre poetische Echtheit: »wer solches mit Ernst gläubet", sagt Luther, „der kann es nicht lassen, er muß fröhlich und mit Lust davon singen und sagen, daß es andere auch hören und herzu kommen." Tatsächlich ist das evang Lied ein mindestens ebenso starkes Werbemittel, für die Kirche der Reformation gewesen wie die evang. Predigt; das Gesangbuch wurde zu einer Art Volksbibel, zu einer erstklassigen Quelle der religiösen Belehrung und Erhebung. Wenn es zugleich nach geschichtlichen Zeugnissen Großes geleistet hat, namentlich für die Jugend, im Kampf gegen Schmutz und Schund auf dem Gebiet des Lieds und Gesangs, so weist das hin aus feinen unschätzbaren Wert für die Erziehung des deutschen Volks zur Kunst. Es ist unmöglich, zu verfolgen, wie das Kirchenlied hineinverslochien ist in vier Jahrhunderte deutscher Literatur- und Kunstgeschichte; es sei nur daran erinnert, wie beispielsweise dem Maurers-Sohn Friedrich Hebbel an Paul Gerhardts Abendlied „Nun ruhen all« Wälder" zum ersten Mal eine Ahnung von der „Poesie m ihrem eigentümlichsten Wesen und ihrer tiefsten Bedeutung" aufging, und daß d?b evang. Kirchenmusik einen Tondichter von der Größe Sebastian Bachs auf den Plan rief. Aus das Verhältnis der Konfessionen hat das evang. Gesangbuch versöhnend gewirkt; es enthüll Edclgut aus der mittelalterlichen Kirche in deutscher Umdichtung, und nicht wenig« geistliche Lieder evang. Dichter werden auch in der kath. Kirche geschätzt und selbst gesungen. Ja wellweit sind die Kreise, di« es gezogen hat; ein amerikanischer Sachverständiger erklärt nach eingehenden Forschungen, daß die besten und zahlreichsten Lieder und Weisen in den Missionsgebieten Ueber- setzungen und Entlehnungen aus dem Deutschen seien; Luther, dessen Sturmlied in 70 Sprachen übertragen ist, Paul Gerhardt, dessen Abendlied in 40 Sprachen gesungen wird, überragen an Weltwirkung alle anderen. Um so mehr hat Las an Gütern so arm gewordene deutsche Volk Grund, diesen Schatz zu hüten und ihn in Kirche und Schule zu voller Geltung zu bringen.
Ein feste Burg ist unser Gott,
Ein gute Wehr und Waffen,
Er hilft uns frei von aller Not,
Die uns jetzt hat betroffen.
Der alt böse Hemd, mit Ernst ers jetzt meint Groß Macht und viel List, sein grausam Rüstung ist Auf Erd ist nicht seinsgleichen.
M. Luther.
sprachen, als wir aber nach zwei Stunden von einem Spaziergang zum Etgergletscher zurückkehrten, da hörten wir schon von der Ferne unsere politisierende Tischgesellschaft. Aus beiden Seiten waren noch einige Vertreter dazugekommen und mit hochroten Köpfen behandelten sie das Verhältnis England—Frankreich. Da empfahlen wir uns höflichst, nicht ohne von der Frau Hotelbesttzertn noch reichlich beschenkt worden zu sein.
Arber die Pässe.
Das ist die Straße, die über die Pässe führt über Srim- sel—Furka—Gotthard — hinüber in« Welschland — nach Italien. Sollen wir'S wagen, zu Fuß über die Pässe zu gehen, die jeden Tag zuschneien können? — Wir sitzen im Straßengraben bet Meiringen und überlegen. . . . „Die Straße, die nach Italien führt . . . nach Italien I" Jawohl wir wagen'S und koste eS, was eS wolle.
Die letzte Ortschaft an der Grimselstraße, Guttannen, haben wir hinter un« und da sind wir bald schon bet der letzten Sennhütte. Der Senn vom „Kunzentännle" ist freundlich und seine Hütte liegt ideal, mitten im Grün der Matte, durch die ein klare» Alpenbächletn munter plätschert. Rings herum weiden Alpenkühe und dazwtschendurch tummeln sich muntere Ferkelchen. Hier fühlen wir un» wohl und da die Gelegenheit gerade so günstig ist, wollen wir un« hier den Bart abkratzen. Wer weiß, wenn man wieder dazukommt. — Ich seife mich ein. Erstaunt stehen die Ferkelchen dabei.
So etwa» ist ihnen noch nie vorgekommen.-Eben
habe ich den ersten Strich getan, da höre ich ein verdächtiges Grunzen hinter meinem Rücken, in der Gegend der Rucksäcke. Ich drehe mich um. War muß ich sehen?-Mein Ruck
sack ist vollständig auSgepackt. — Kasperstguren, Strümpfe, Taschentücher — alle« liegt in wildem Durcheinander am Boden. Ein Ferkel ist eben daran, den „Teufel" aufzufressen. Ein anderes hat unfern ganzen Vorrat an Waschseife sch»" verzehrt und macht sich eben daran, ein große» Stück Emmentaler Käse aus der Vorratskammer, dem Reseroehemd, herauszuwickeln. Mit einem Satz bin ich dabei und hinter dem UnglückStier her. Ueber die Matte hinunter geht die Jagd, der Straße entlang. Und wie wir da so um die Wette r«N' neu, ich eingefeift noch und mit dem Rasiermesser bewaffne'' da fährt ein vollbesetzte» Personenauto vorbei. — Alle« gröhlt und ich werde photographiert. (Fortsetzung folg»-/