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Amls-m- Auzelgeblalk für den Vbemmlsbezirk Angeld

mit äer Beilage

Unsere Heimat"

Nagoläer Oagblatt

mit illustrierter Lonntagsbeilage

Feierstunäen"

Schriftletwng, Druck und Berlag von S. W. Zaiser (Narl Zatser) Nagold.

Verbreitetst« Zeitung im Oberar. tSbezirl. An­zeige» fird daher von beste« Erfolg.

Wir eluftrLa« »tr» rer» »«rl«t «rwLhr Sinn,««»». «» »trd kein» « »Sbr d-fM Lb»r»o««,ll, da« «»»«t«»» »der Reklame« Ue beftt»»«« ««»aabe« »de» »» »r ,»« »Sulchte« «tell, erlchet»«». zu Falle» »»« riderer »«» »aU bepebt k«M »ul»e«ch «j Sieferuug »er Zetmug »der a»s Mtckjadluug d. »er»,lpr«1s»».

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Rr. 88 Gegründet 1826 Mittwoch den 9. April 1924 Fernsprecher Nr 29 98. Jahrgang

Tagesspiegetz

Staatsrot Rau (Zentr.), bisher Vertreter des Arbeits- Md Ernährungsmmisteriums. wurde zum wüAtembergischen Staatspräsidenten gewählt.

Reichskanzler Dr. Marx ist zur Eröffnung der Messe in Frankfurt am Main eingstrofsen.

Der Papst hat Herr« Krupp von Dohlen und Halbach empfangen.

Der Bericht des Sachverständigen-Ausschussss Dawes soft am Mittwoch 10 Uhr der EntschädignngskommMou über­geben und daraus der Presse zugestellt werden.

Nach einer Mitteilung des englischen Kriegsministers be­trägt der -Mannschafksbestand -es englischen Besehungsheers (ohne Offiziere) uftv. L666 Mann.

Der landumtschastl.llebergervsnrr"

Der bekannte sozialdemokratische Schriftsteller Max Schippet schreibt in denSozialistischen Monatheften" über die angebliche Geldaufhäujung in der Land­wirtschaft:

Wir waren gewohnt, im anschwellenden Geldzustrom zu den ländlichen Genossenschaften und Spareinrichtungen den schlagendsten Beweis für die ununterbrochenen riesen­haften Uebergewinne der landwirtschaftlichen Unternehmer zu erblicken. Tatsächlich spiegelte sich in ihnen nur, im Ver­gleich zu gewerblichen und vollends kommerziellen Verhält­nissen die längergestreckte Spanne des landwirtschaftlichen Geldumschlags, das stärkere zeitliche Ausemanderfallen von Gelderlös für das mcrrkfertige Erzeugnis und Geldverwen­dung für die neubeginnende Produktion wider. Ost sogar weiter nichts als die wachsende Unzulänglichkeit der Geld- eingänge für umfassendere, obwohl bitter notwendige An­lage- und Betriebsausgaben; ähnlich wie der städtische Mas- senkansument lange Zeit Geld für vergänglichen Tagesluxus Widrig" hatte, weil es zu den nötigsten Anschaffungen von Kleidung, Wäsche, Möbeln niemals reichte. Nicht selten frei- äch vermochten unsere parteigenössischcn Antiagrarier einfach Papiermilliarden und Goldmarkpfennigbruchteile nicht aus­einander zu halten. Heute, am Ende der Entrüstungsperiode, entdecken wir zu unserer nicht geringen Verblüffung, daß die Depositengelder bei den landwirtschaftlichen Kreditgenossen­schaften vor dem Krieg sich auf 4,7 Milliarden Goldmark beliefen, im September 1923 dagegen auf sage nd schreibe zanzc 30 000 Goldmark."

Dann wendet sich Schippe! zu der Frage der Preis­bildung, besonders während des Höhepunktes der Jnsla- Kon. Und er stellt da im einzelnen folgendes fest:

Vor dem Kriege standen die Preise des schütz,zöllnerischen Deutschlands beträchtlich höher als in dem großen Export­reich Amerika und in dem Freihandelsland England. (Der Roggen ist zu wenig internationale Handelsware, um hier durchschlagende Erfahrungen -bieten zu können. Nach der Reichsstatistik war jedoch auch hier in Berlin der Jahres­durchschnitts preis 1913 8.22 Mk.. der Durchschnitt vom Mai t923 6.70 Mk., vom August 1923 sogar nur 4.92 Mk., wäh­rend der Januar 1924 mit 7.03 Mk. angegeben wird. Am IL: Februar stand die Berliner Notierung mit 6.63 Mk, unter dem Durchschnitt aller kontinentalsuropmschen Notie­rungen, gleich 7.62 Mk.) Seit dem Krieg und der Ueber- stangsfriedenszeit haben wir dagegen unsere Getreide- Preise durch die zwangswirtschaftlichen Anordnungen stets künstlich niedriger gehalten als auf dem Welt- pwrkL

Ws Kartvffelpreis (für 50 Kg.) verzeichnet die Reichsstatistik 1913 2,71 Mk.; im Erntejahr 1922/23 hiell man ihn noch aus 0,44 Mk. nieder; als letzte Monatspreiss stnden sich alsdann in den amtlichen Tabellen von August bis Dezember 1923 1.34, 0.88,1.25, 1.95 und schließlich 2.01 Mk. Sehnlich, lauten die reichsamtlichen Ueberschriften vom Vieh­markt." '

.Ueber das Preisverhältnis stellt Schippe! fest:

«Das Preisverhättms von 1913 wie 100 :100 genommen, Vste im Durchschnitt der ersten 7 Monate des laufenden «Wirtschaftsjahrs <Juli bis Juni) der Roggen gegen Maschi­nen «ne Kaufkraft von 61 v. H., Mitte Februar gegen Dünge­mittel von 84 v. H. Der Preis eines Pflugs entsprach 1913 «in Wert von 6,6 Zentner Roggen oder von 24 Zentner Kartoffeln, Ende Januar 1924 war dagegen fast ois doppelte Menge Roggen (11 Zentner) und im Oktober 1923 die 4fache Menge Kartoffeln dafür auszuwenden. Im laufenden Wirt­schaftsjahr haben sich zwar die Kartofselpreise gegenüber dem Borzahr ganz wesentlich gebessert; aber ihre Kaufkraft be- durchschnittlich in de» ersten 7 Monaten des laufenden «Mschaftsjahrs twtzdxrn erst 35 resp. 61 v. H. gegenüber Maschinen und Düngemitteln.

M solcher manchen Leser wahrscheinlich überraschenden bekam di« Landwirtschaft in Wirklichkeitjeden Preis bezahlt , weil sie sich nicht auf eine Stufe mit der Auslands- ttmkurrenz zu stellen brauchte weil sie keine Konkurrenz umrnte.

Me LandLagswahl in Bayern

München, 8. April. Heute vormittag lag folgendes amt­liches Ergebnis der Landtagswahlen im rechtsrheinischen Bayern vor:

Bayerische Volkspartei 919 587, Völkischer Block 431 832, Sozialdemokraten 413 862, Bauernbund 307 422, Kommu­nisten 203 017, Vereinigte Rationale Rechte 197 509, Demo­kraten 73 818, Nationalliberale Landespartei 29 416, Christ llchsoziale Partei 22 929, Beamtengruppe Kratofiel 19 840, Deutsche Volkspartei 5 635, Beamtenpartei 4 504, Unab­hängige Soz. 2 393, Unterfränk. Gewerbevorschlag 11022z Heimattreue Koburger 57 833, Mieterliste 389, Republika­nische Partei 285.

Die Abstimmung über den Volksentscheid (es Achen nur noch wenige Bezirke aus) hatte folgendes Ergebt bis: Für den Eutscheid stimmten 1224 017. dagege? 1263 892.

Uober die Verteilung der Landtagssitze läßt sich nur ein Bild von ungefähr geben, da die Wahlen in der Pfalz erst am 4. Mai stattfinden, die der Bayer. Volkspartei. der Deutschen Volkspartei und den Sozialdemokraten Zuwachs bringen werden, während die Deutsch-völkischen im besetzten Gebiet keine Kandidaten aufstellen dürfen. Nach den jetzt vorliegenden Zahlen würden etwa Sitze erhalten:

Bayerische Volkspartei 35, Völkischer Block 20, Sozial­demokraten 17, Vereinigte Nationale Rechte 8, Bauern- und MittelstandsbunÄ 8, Kommunisten 8, Demokraten 2, Ratio- nalliberale Landespartei 1.

Der Stimmenzuwachs und -Verlust der einzelnen Par­teien stellt sich ungefähr folgendermaßen Lar: Gegenüber den Landtagswahlen von 1920 haben die Sozialdemokraten rund 340 000, die Demokraten 175 000 Stimmen, die Bayerisch« Volkspartei 250 000 und der Bauernbund 28 000 Stimmen verloren, die Vereinigte Nationale Rechte 180 000 Stimme» wobei die auf die Nationaliiberale Landespartei und di« Deutsche Volkspartei entfallendn Stimmen mitgerechnet sind. Oie Kommunisten haben rund 110 000 Stimmen gewönne»,

Nachklänge zur Landtagswahl in Bayern

München, 8. April. Eine Abordnung des Völkischen Blocks verlangte von Kultusminister Matt, der den abwesen­den Ministerpräsidenten v. Knilling vertritt, die sofortig« Aussetzung des Strafvollzugs für Hitler, Pöhner, Knebel und Weber.

In einer Versammlung der Vaterländischen Verbände in München wurde erklärt, Herr vonKahrsei nicht mehr ge­eignet, den Ehrenvorsitz der Vereinigten vaterländischen Ver­bände in Bayern zu führen.

Die bayerische Regierung hat Huldigungen, die von den Deutschvölkischen für den Geburtstag Lud endo rffs am 9. April geplant waren, verboten.

Paris, 8. April. DasPetit Journal" schreibt, in den bayerischen Wahlen gebe es zwei Sieger, Ludendorsf uni Hitler, und zwei Besiegte, Kronprinz Rupprecht und Dr. von Kahr. Die Wahlen können eine große Ueberraschung für die Reichstagswahlen vorbereiten. Stresemann habe an feinem eigenen Verderben gearbeitet, aber er sei in seinen letzten Gestaltswandlungen noch nicht zu erkennen. Di« Rechte werde gespalten sein, während die Sozialdemokraten eme feste Masse bilden. Die Aussichten für die Erfüllungs- Politik haben sich wieder gebessert.

Neue Nachrichten

Kein Eisenbahnerstreik in Berlin

Berlin, 8. April. Das Reichskabinett hat die Erhöhung des Wochenlohns der Eisenbahnarbeiter von 20 auf 23 Marl nun doch genehmigt, über di« weiteren Forderungen dei Arbeiter wird noch verhandelt. Die Arbeiter werden, wi, verlautet, auf den Achtstundentag verzichten.

Eine Million Goldmark für die Ruhrhilfe.

Berlin, 8. April. Aus dem Rest des Deutschen Volks opfers wurde für die Notleidenden, Gefangenen und Aus- gewiesenen des besetzten Gebiets eine halbe Million Gold mark angewiesen. Der gleiche Betrag kann aus unmittel­baren Spenden und den ersten Erträgen der von der Post Verwaltung herausgegebeueo Nothtlse-Briesmarken zur Per> fÜKUNg gestellt werden.

Der Streik im Berliner Buchdruckgewerbe.

Berlin, 8. April. Da im Berliner Buchdruckgewerbe ln- folge der Ablehnung des Schiedsspruchs durch die Arbeit nehmer zurzeit ein tarisloser Zustand herrscht, haben ein» 40 Firmen, deren Belegschaften die im Schiedsspruch vor xssehene Lohnreglung nicht anerkannt und auf. einem Wo chenlohn von 35 Mark bestanden haben, nunmehr ihrem ge­samter. technischen Personal gekündigt.

Zrvci NioderlagM des Kabinetts Mac Donald

London, 8. April. In der gestrigen Nachmittagssitzuntz .'lee Unterhauses kam der abgeänderte Gesetzentwurf da flezievuntz, daß die unbezahlten Wohnungsmieten -er Ar» brftÄostn aus die Staatskasse übernommen werden solle» während der erste Entwurf die Lasten den Vermietern Haiti ausbindak wolle» Asquith (Liberaler) bekämpfte auch den o^oanderten Entwurf, der von Mac Donald vev keBigt wurde. Nach vierstündiger, stürmischer Verhandlung wurde ein Antrag Chcrmberlains (Kons.), daß die Regie­rung Vas Gesetz zurückziehen solle, mit 221 gegen 212 Srünmeu angenommen. Obgleich der Beschluß eine De­mütigung für das Kabinett bedeutet, erklärte Mac Donald, die LeMerurrg werde nicht zurückbrete» sondern di« Frage von neue«, behandeln.

Set SchÄrß der Sitzung brachten Konservative und Libe­rale zv der Entschließung der Regierung, nach der gewiss« mährend des Kriegs angeordnete Abgaben genehmigt wer­de» sollen, einen Ab änderungs antrag ein, der mit W7 gyge» 170 Stimmen angenommen wurde.

Rücktritt des thüringischen Finanzministers

DÄmar, 8. April. Der thüringische Finanzminister Dr. Stolze ist zurückgetreten. Der Rücktritt ist eine Folge von Schwierigkeiten, die sich in der Angelegenheit des Staats- bankpräsidenten Loeb mit dem Völkischen Block und dem Landbunde ergaben.

Der Bericht Dawes

Paris, 8. April. DerMatin" ist bereits in der Lage, ehren Auszug aus dem Bericht des ersten Sachverständigen- Ausschusses zu veröffentlichen. Die Angaben bestätigten im allgemeinen die in letzter Zeit bereits von den Pariser Blät­tern veröffentlichten Mitteilungen. Von Interesse ist, daß der Bericht u. a. ausführt, die w-irtschatfliche Wiederherstel­lung Deutschlands sei nur unter der Bedingung möglich, daß Deutschland die freie wirtschaftliche Verfügung über die be­setzten Gebiete, Zölle usw. wiedergegeben werden lieber die militärische Besetzung schweigt sich der Bericht aus.

Wurttewbergischer Landtag

Hieber leh«t die Mederwcchl ad

Stuttgart, 8. AprS.

Der Landtag trat heute vormittag 11 Uhr zur Wahl des Staatspräsidenten zusammen. Die Tribünen sin) überfüllt und das Haus voll besetzt.

Zunächst wurde ein Antrag Keil (Soz.), eine Entschließung der. Außerkraftsetzung der Personalabbauverordnung und aller Abbaumaßnahmen auf dem Gebiet des Schulwesens als zweiter Punkt auf die Tagesordnung zu setzen, gegen die Stimmen der Demokraten, Sozialdemokraten und Kommu­nisten abgelehnt.

In der weiteren, teilweise sehr lebhaften Erörterung be­stritt -er Abg. Bock (Ztr.) Nochmals die Notwendigkeit des Regierungsrücktritts und verlangte, daß das alte Ministerium die Geschäfte weitersühre bis nach den Wahle» In der Zwi­schenzeit solle es von der Entscheidung politischer Fragen ab» sehe» jedoch den Staatshaushalt im Gleichgewicht halten und die Wahlfreiheit garantieren. Abg. Schees (Dem.) er- klärte, daß Hieber die Wiederwahl ablehne. Durch den Antrag des Zentrums sei in den Abbau eine Lücke gerissen. Die demokratische Partei könne dem Vorschlag, daß die Regierung die Geschäfte weiterführen solle, nicht beitreten.

Abg. Bazille widerspricht dem Vorredner. Der Abbau der Oberämter sei vorläufig eingestellt worden, weil Sünden

auf diesem Gebiet nicht so leicht wieder gutzumachen wären wie bei anderen Abbaumaßnahmen. Es sei nur beschlossen worden, mit dem Vollzug der Verordnung einige Wochen zu warten. Damit ging nichts verloren, denn der Vollzug hätte ohnedies Monate erfordert. Eine Notwendigkeit, daß die Re­gierung die Geschäfte niederlegte, bestand nicht, denn der Zentrumsantrag bedeutete kein Mißtrauensvotum. Die Her­ren (die Demokratie), die beantragt haben, heute die Wahl' eines Staatspräsidenten 'vorzunehmen, waren sich doch sicher; klar darüber, wie die Wahl erfolgen soll. Wir sehen ihre» Vorschlägen entgegen. (Große Unruhe.)

Abg. Bock (Ztr.): Nachdem Schees erklärte, daß der bis­herige Staatspräsident die Wiederwahl ablehne, sei ein« Unterbrechung der Sitzung notwendig. Abg. Schees (Dem.)i erklärte sich mit der Vertagung einverstanden. Die Parteien,' die die Regierung gestürzt haben, müssen auch entsprechend« Vorschläge machen. Auf denselben Standpunkt stellte sich, Abg. Keil (Soz.); die Regierung brauche die Geschäfte nickst auf längere Zeit, etwa 6 bis 8 Wochen, fortruführen. Auf so­lange Zeit könne man kein geschlechtsloses Kabinett bilde». Das verbiete schon die Fühlung mit der Reichsregierung, dis. vor Entscheidungen von ungeheurer Tragweite stehe.

Die Sitzung wurde auf 3 Uhr nachmittags vertagt.

Staatsrcck Rau zum Staatspräsidenten gewählt

Nachmittags 3 Uhr trat der Landtag unter großer Span­nung wieder zusammen. An der Wahl des Staatspräsidcn-