Magnus Wörland und seine Erben

N Roman von Günther von Hohenfels

Magnus saß in seinem Zimmer: automatisch nahm er Ke Wäsche und Kleidungsstücke und legte sie in den Koffer. Er wußte nicht, ob er wache oder träume, sein Herz war wie ausgebrannt; da kam auch Onkel schon wieder.

.So, der Paß ist da, alles in Ordnung, aber, mach schnell, es ist höchste Zeit, du ißt in der Bahn."

Magnus schloß den Koffer. Er sah an der Wand umher, da hing seine Geige. Einen Augenblick dachte er daran, sie mitzunehmen, dann schüttelte er den Kopf.

Wozu?

.Ich bringe dich zur Bahn.'

Eie saßen im Auto.

.Run, Kopf hoch, mein Junge, ich werde heute noch selbst zu einem tüchtigen Rechtsanwalt gehen, und Magna bleibt dir. Du mußt fort, du wirst es selbst einsehe«, um Magna und die Mutter habe keine Sorge.'

.Onkel, glaubst du wirklich?'

.Sonst spräche ich anders.'

.Nun ist ja doch alles vorbei, selbst wenn es sich auf- klärk, selbst wenn alles an den Tag kommt, du wirst nie wieder Vertrauen zu mir haben.'

.Ansinn, da, Junge, du hast gar nicht an Geld gedacht. Das wird für das erste reichen; nach Amsterdam bekommst du weitere Weisungen und Nachrichten.'

.Darf ich Magna schreiben?'

.Vorläufig nicht, ich werde sie grüßen.'

Magnus saß ganz zusammengedrückt in einer Ecke des Wagens: sie waren am Bahnhof.

.Nun reiß dich zusammen, es darf niemand etwas sehen.*

Er zwang alle seine Energie zusammen.

.Guten Tag, Wörland.'

.Sieh da, Sörensen!'

Der fehlte dem Senator jetzt gerade.

.Auch verreisen?'

.Hole nur jemanden ab, aber Sie?'

.Bringe meinen Neffen zur Bahn, soll zum ersten Mal als zukünftiger Chef auf eine Reise gehen und mich ver­treten.'

.Soso! Gratuliere! Sehen ja so blaß aus. Sie glücklicher Bräutigam?'

.Ist nicht ganz wohl'

.And dann verreisen?'

.Wird nicht so schlimm, kann keinen Wein vertragen und war gestern mit im Ratskeller.'

.Hab ihn gar nicht gesehen.'

Wörland biß sich auf die Lippen, er selbst war ja gestern mit Sörensen zusammen im Ratskeller gewesen: er tat, als hörte er nicht.

.Sie entschuldigen. Schnell, Junge, der Zug fährt ein.' Er drückte ihm einen Kuß auf den Mund. Magnus schluchzte leise auf.

.Nimm dich zusammen, es wird schon gut.'

Sörensen kam wieder heran.

.Glückliche Reise!'

Zum Glück rückte der Zug an und Magnus konnte in das Abteil treten. Wie Sörensen sich umschaute, war-auch der alte Wörland verschwunden. Sörensen schüttelte den Kopf.

.Da stimmt doch etwas nicht?'

Magnus war auf einen Platz niedergesunken und starrte vor sich hin. Draußen peitschte der Regen gegen die Schei­ben des Zuges. Er saß regungslos, bis die Sonne nieder­sank. Er suchte zu denken und vermochte keinen Gedanken zu fassen. Es war ihm, als sei er hilflos in der Macht des Schicksals. Er wußte nichts mehr, nichts, als daß alles aus war, sein Glück, seine Hoffnung, sein Leben.'

Er saß regungslos, bis die Sonne niedersank. Er achtete nicht, wie die Reisenden kamen und gingen. Er empfand keinen Hunger, er wußte nicht, ob er wache oder träume. Am andern Morgen taumelte er wie ein Schwerkranker in Amsterdam aus dem Zuge.

Drittes Kapitel

Reeder Wörland saß in seinem Privatkonkor; jetzt erst kam er zu rechter Besinnung. Er überdachte noch einmal das Ganze. Jedenfalls hatte er richtig gehandelt, daß er der Firma und seiner Tochter die Schmach ersparte. Er hatte mit seinem Rechtsanwalt gesprvchen; der alte Jurist Schu­mann war ein gewiegter Jurist.

.Lieber Freund, wenn ich aufrichtig sein soll» die Sache steht böse, warum soll der junge Mensch nicht wirklich in der Verzweiflung des Augenblicks. Wenn so ein Wu­cherer ordentlich droht. Aber von Ihrem Standpunkt haben Sie recht: wer weiß, eine Untersuchungshaft'

Dann hatte er den Kopf geschüttelt.

.Schließlich, so schlimm kann es nicht werden. Der Dieb­stahl des Dokuments, der Briefbogen eine Urkunden­fälschung liegt ja in Wirklichkeit gar nicht vor, da'Brief und Quittung ohne Unterschrift sind. Bei der Veruntreu­ung des Geldes kommt es ja darauf an, ob Eie sich ge­schädigt fühlen. Bei der nahen Verwandtschaft, und wenn Sie ausdrücklich erklären, daß Eie von einer Verfolgung absehen'

.So glauben Sie an seine Schuld?'

.Wir werden ja natürlich nach dem Allister suchen, aber an den Haaren ist die Sache doch herbeigezogen. Wie kommt Allister, Neuyork, gerade mit ten Winkel, Amsterdam, zu­sammen? Woher weiß Allister von dem Schuldschein? Wieso gibt ten Winkel denselben zurück, wenn er vorher auf die Zahlung drängt? Jedenfalls ist die Sache recht trübe.' Das war der Bescheid, den er von dem Manne bekommen, den er als Verteidiger genommem-

And doch, er glaubte an Magnas Unschuld. '

Am Abend' fragte ihn seine Frau.

.Wo ist Magnus?'

.Eine eilige Geschäftsreise.'

.Hast du Sorgen?'

.Warum?'

.Ich sehe es dir an.'

^Fortsetzung folgt.)

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Bekanntmachung!

Der Kaffenvorstaud hat einstimmig beschlossen, gegen die Anordnung des VerstcherungSamlS in Sachen Dr. med. Siähle in Nagold sofort beim Ober- verstcherungSamt Beschwerde zu erheben. Zu einer Beschwerde hat die Kasse umsomehr Anlaß, als die maßgebenden Behörden in Stuttgart vor der Be­schlußfassung durch den Vorstand die Auskunft erteilt haben, daß die Kaste gesetzlich berechtigt ist, während deS vertragslosen Zustandes die Bezahlung von Rech­nungen einzelner Serzte flbzulehnen,

Nagold, den 16. Januar 1924.

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