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Ragolder Tagblak

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Nr. I7S

Tagesspiegel

In Speyer ist der stellvertretende Regierungspräsident der Pfalz von den Franzosen verhaftet worden.

Die Vorberatungen über eine neue Goldanteihe find ab­geschlossen. Die Entscheidung liegt nun beim Reichskabinett.

Der Sieuerausschutz des Reichstags hat die Abzüge von der einbehaltenen Einkommensteuer statt auf das drei- auf das vierfache erhöht.

Der preußische Innenminister Severing hat anläßlich »es von den Kommunisten für den nächsten Sonntag ge­planten Antifaszistenlages Anweisung gegeben. Versamm­lungen unter freiem Himmel und Umzüge an diesem Tag in Erbieten.

Auch in Sachsen sind die öffentlichen Kundgebungen der Kommunisten am 29 Juli verboten worden.

Belgien nimmt gegenüber dein englischen Antwortenk- ivurs keine solch ablehnende Haltung wie Frankreich ein.

Warum Zögert Baldwin?

Der erste Eindruck der Baldwinschen Rede war für viele eine bittere Enttäuschung. Man konnte in führenden Zeitun­gen lesen:Englands Bluff zusammengebrochen" oderBald- win kapituliert'' u. dergl. mehr.

Das ist übertrieben. Das mußte allerdings so wirken für alle, die allzu hohe Hoffnungen auf England setzten, die jetzt ickon ein entschiedenes und entscheidendes Eingreifen Bald- wms erwarteten, die einen sofortigen Bruch des englisch-fran­zösischen Bündnisses in nächste und sicherste Aussicht nahmen.

Das durfte man eben nicht tun. Und wer es dennoch tat, »>-r kennt nicht die längst geübte und längst bewährte Art der mglijchen Politik, die langsam und sicher arbeitet, zögert und zaudert, dabei aber zielbewußt vorbereitet, um den Gegner zuletzt vor eine vollendete Tatsache zu stellen und dabei die schuld seiner Niederlage vor den Augen der Welt auf ihn ab­zuwälzen.

Wie gings nur auch mit Lausanne? Die erste Konfe­renz endete mit einem scheinbaren Schlag gegen England. Frankreichs hinterlistiges Paktieren mit Angora hatte es so­weit gebracht. Lord Curzon aber arbeitete setz: erst recht hin­ter den Kulissen, zog die Türken langsam, aber unwidersteh­lich auf die englische Seite und siehe, die zweite Konferenz war gewonnen. Zwar nicht mit einem vollen Sieg: die Eng­länder müssen Konstantinopel und die Dardanellen innerhalb S Wochen nach der Ratifizierung in Angora räumen, aber dir türkische Freundschaft war gesichert, also die Hauptsache, ohne die sonst Englands asiatische Uebermacht an allen Ecken und Enden gewackelt hätte.

Aeynlich ists auch jetzt in der englisch-französi­schen Auseinandersetzung. Stanley Bald­win, Englands Erstminister, der seinerzeit die amerikanisch- englische Schuldenfrage glänzend gelöst hat, hat sich als wah­rer Staatsmann und kühner Rechner erwiesen, der es versteht, die Dinge langsam ausreifen zu lassen. So auch diesmal.

Und dazu bewogen ihn folgende Gründe: 1. Die Um- stellungderöffentlichenMeinungEnglands. Die Engländer sind bekanntlich politisch reifer als wir Deutsche. Wohl bereitet sich eine Schwenkung der seitherigen Sym­pathien für Frankreich vor. Sie geht aber erst in der oberen Schichte vor sich. Dort sieht man allmählich ein, daß Frank­reich die Welt und nicht zuletzt auch England durch Lug und Trug in den Haß und den Krieg gegen Deutschland hineinge- hetzt hatte. Die alte traditionelle Feindschaft oder wenigstens Abneigung gegen Frankreich fängt an in diesen Kreisen auf­zuleben. Aber die Masse aus der Straße denkt und fühlt im­mer noch franzosenfreundlich und sieht uns Deutsche immer noch als Hunnen an. Man kann sagen, mindestens 60 v. H. der britischen Bevölkrung bewegt sich noch in diesem Geleise. Da braucht es Zeit, bis man sie herausbringt. Darum solltm wn alles aufbieten, daß das englische Volk von den Ruhr­greueln derGrande Nation" möglichst viel zu hören und zu lesen bekommt.

. 2. Ist es dieRücksicht aufAmerlka, die Baldwin m seiner Zurückhaltung bestärkt. Das offizielle Amerika ist wen immer noch deutschfeindlich. Vor allem ist es Präsident ^arding selbst, der sich nicht von seinen Vorurteilen gegen das barbarische und imperialistische Deutschland, das Frank­reich angefallen haben soll und das das Versailler Todes­urteil mit vollem Recht verdient habe, losmachen kann. Bäld­en braucht eben den widerstrebenden Harding an seiner Seite, wenn er etwas gegen Frankreich ausrichten will. Zu distem Zweck finden zugestandenermaßen jetzt schon Verhand- >ungen zw. scheu London und Washington statt.

o. Fürchtet England diemilitärischeUeberlegen- v/i Frankreichs. Mit einer Macht, die über 831828 Awaten, 10 Regimentern Kampfwagen, Riesengeschützen mit -bO Kilometern Schußweite, rund 4000 Frontfliegern verfügt, '" nicht zu spaßen. Dazu die vielen U-Boote, die Frankreich gebaut hat und täglich baut. Da muß doppelt überlegt wer­tst, bis man mit einem solchen Alliierten bricht. Da muß wnidestens um die Wette gerüstet werden, um im Notfall M die Zähne zeigen zu können. Offenbar will Baldwin den «bstand in der Luftflottenfrags möglichst schnell einiger­maßen ausgleichen. Daher die letzte Luftflottenverwilligung

Donnerstag, deu 26 Juli 1928

Mit dem ungeheuren KostenvoranMag von 5,5 Milliarden Pfund Sterling.

4. Will Baldwin die Schuld an dem bevorstehenden Bruch der Entente Frankreich aufbürden. Er ist das seinem Lande schuldig, aber auch den Neutralen, vor allem Amerika. Nur so kann er diese alle und dasWeltge­wissen", falls ein solches existiert, auf seine Seite bringen.

Das sind also die Gründe, die Baldwin zu seinem zögern­den Verhalten in der Ruhrpolitik bewegen. Die Lausanne! Konferenz oder sagen wir besser: die türkische Frage mag der fünfte Grund dafür gewesen sein. Die ist aber jetzt erledigt, und Baldwin ist dadurch wenigstens einer Rücksicht gegen­über Frankreich enthoben.

Für uns aber hat diese ganze Erwägung eine lebenswich­tige Bedeutung. Die ganze seitherige englische Politik: die Cur- zonsche Oberhausrede vom 20. April, der Baldwinsche Frage­bogen an Frankreich, die Unterhauserklärung vom 19. Juli und jetzt der englische Antwortentwurf für die Entente ist eine erfreuliche und vielleicht die bedeutsamste Folge unseres passiven Widerstandes. Geben wir ihn heute auf, dann gibt uns England morgen auf.Nun erst recht!" Auch keinenAbau des passiven Widerstandes"! Das wäre genau so viel wie Kapitulation, eine Störung, eine Sabotierung der englischen Politik. Alles, nur das nicht. 14.

Vom Ruhrkrieg

Belgien ist Englands Standpunkt zugänglicher

Paris, 25. Juli. Der französische Botschafter in London, der sich seit Freitag in Paris aufgchalten hat, ist gestern aus seinen Posten zurückgekehrt. Der französische Botschafter in Brüssel überbrachte gestern vormittag dem Außenminister Laspar den Antwortentwurf auf die englischen Dokumente in der Reparationsfrage, den Poincare als Grundlage für die französisch-belgischen Verhandlungen übermitteln ließ. Nach demPetit Parisien" ist noch einige Tage mit franzö­sisch-belgischen Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu rechnen. Das Blatt glaubt bestätigen zu können, daß in der Frage des passiven Widerstandes und in der Frage der e t a p p e n m e i s e n Räumung des Ruhrgebiets nach Maßgabe der deutschen Zahlungen die belgische Regie­rung ihren Standpunkt nicht ändern werde. Es sei aber mög­lich, daß hinsichtlich der Reparationen die Minister Theunü und Jaspar versuchen würden, eine Verständigungs­grundlage in London dadurch zu finden, daß sie einigt Argumente aufnehmen, die schon wiederholt in den letzter Monaten formuliert worden seien. Es sei möglich, daß sie nicht das starre Feschalten in Paris an der vollkommener! Aufrechterhaltung des Londoner Zahlungsplanes teilen, dev die britische Regierung als veraltet ansehe. Zweifellos seien sie mit der französischen Regierung über das Mindestmaß ans die beiden Länder von Deutschland erlangen müßten, vollkommen einio aber sie seien sogar einer Herabsetzung des Betrags der Schufen der Obligationen der Serie C feindlich gesinnt, solange die Frage der internationalen Schulden nicht geregelt sei, scheine es doch, daß London diese Frage zurück- gestellt habe. Außerdem sei es im Hinblick auf den Hinweis des britischen Kabinetts auf die belgischen Studien wahr­scheinlich, daß die Belgier eine neue Untersuchung über di« Zahlungsfähigkeit Deutschlands unter der Bedingung anneh­men würden, daß sie internationalen Sachver­ständigen anvertraut werde. Schließlich glaubt das Blatt, daß auch noch die Frage erörtert werden müsse, ob Frank« reich und Belgien der englischen Regierung eine gemeinsam« Antwort erteilen werden. DerMatin", der sich eben­falls mit den französisch-belgischen Verhandlungen beschäf­tigt, glaubt bestätigen zu können, daß die Meinungs­verschiedenheiten, die noch zwischen Paris und Lon­don bestehen, beträchtlich sind.

Der Frank als Lockmittel

Paris, 25. Juli. DemEcho de Paris" wird aus Mainz berichtet: Angesichts der fortgesetzten Entwertung der Mark hat die französisch-belgische Eisenbahnregie beschlossen, dis Bezahlung der deutschen Angestellten und Hilfsarbeiter auf der Grundlage des Franken vorzunehmen.

Fortgesetzte Reichsbanküberfälle der Franzosen

Mainz, 25. Juli. Die Franzosen haben gestern nacht und vn Laufe des heutigen Vormittags aus der Reichsbank, die sie bereits seit längerer Zeit besetzt halten, die vorhandenen Gelder geraubt. Wie man hört, wurde der Tressor un.er Lei­tung eines Pariser Spezialisten mittels Sauerstoffapparates und Pickeln gufgebrochen. Das Geld, dessen Summe sich auf 2550 Milliarden belaufen dürfte, wurde mittels Lastautos weggeführt.

Dortmund, 25. Juli. Gestern wurde die Neuhsbank von den Franzosen besetzt, die 60 Milliarden beschlagnahmen wollten, aber nur rund eine Milliarde in der Re'chsbank vor- sanden. Der Betrieb wurde geschlossen, die Bank st noch be­sitzt. Die Vorstandsbeamten wurden vorläufig zurückbehalten.

Heldmehrung-

Paris, 25. Juli. Kriegsminister Maginot reist heute in Begleitung der Generale Buat und Bocquet nach dem Ruhr- gebiet ab. Er wird in Düsseldorf morgen vormittag bei einer

Zerusprecher Xo. M

Verbreitetste Zeitung im Oberamtsbezirk. An­zeigen find daher von bestem Erfolg.

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97. Jahrgang

Parade dem Eener al Degoutte das Erotzkreuz der Ehrenlegion überreichen. Hierbei soll, nach Havas, auch der englische Oberkommandierende, General Godley^ anwesend sein.

Ein französischer Geheimkurier verhaftet Berlin, 25. Juli. Blättermeldungen aus Hagen zufolg« wurde zwischen Arnsberg und Freudenberg in dem von Ber- !ln kommenden D-Zug ein französischer Geheimkurier der französischen Botschaft in Berlin, der auch Spitzeldien st e verrichtete, von der Schutzpolizei, die eine Paßkontrolle vor­nahm, verhaftet. Es wurden bei ihm Dokumente gefunden, die für den französischen Kommandanten der Ruhrarmee be-» stimmt waren.

Neue Nachrichten

Die Gefahren desAntisaszislentages"

Berlin, 25. Juli, Der Reichsminister des Innern ließ am 16 Juli ein Rundschreiben an alle Landesregierungen er­gehen, worin auf die Möglichkeit von Zusammenstößen, ins- bcsondere am 29. Juli, hingswiesen und ersucht wird, alle Maßnahmen zur Verhinderung von Störungen der Ruhe und Ordnung zu treffen. Ganz besonders wird aus die genaue Durchführung der reichs- und landesgesetzlichev Bestimmungen über das Waffentragen und das Miiführen von Waffen in Versammlungen und Aufzügen hingewiesen. Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit der Ruhe und Ge­schlossenheit im Innern gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt ersucht -er Rerchsminister, von vornherein mit wirksamer Mitteln einzuareifen und nötigenfalls die Versammlungen unter freiem Himmel für den 29. Juli überhaupt zu ver­bieten.

Der sozialdemokratische Partenvorst and keilt demVorwärts" mit, daß die Vereinigte sozialdemokra­tische Partei mit dem von den Kommunisten auf den 29. Jul angesetzten Antifaszistentag nichts zu tun hat. Die ört sichen Organisationen haben die Teilnahme an den Ver avstaltungen abzulehnen.

Die Frankfurter Mordtat

Frankfurt a. M» 85. Juli. Die Untersuchung -er Un- ruhen, bei denen der Staatsanwaltschaftsrat 2r. Haas tot- geschlagen wurde, hat zur Folge gehabt, daß bisher 17 Per­sonen verhaftet worden sind. In einem »er Züge, die Kom­munisten führten, wurde ein Schild mitgetragen, auf dem stand:Blut geht vor Recht!" In den hiesigen Morgenaus­gaben der Zeitungen wird der Polizei zum Vorwurf gemacht, daß sie nicht genügend Vorsicht habe walten lassen. Die Ober- staatsanwaltschaft hat an den Justizminister einen ausführ­lichen Bericht über die Vorgänge gesandt.

DieFranks. Ztg." macht der Sozialdemokratie wegen ihres Zusammengehens mit den Kommunisten bei Veran­staltung der Straßenkundgebung Vorwürfe. Sie schreibt u. a.: Gewiß, es war der übelste Janhagel, der in vollkommener Versiertheit ein Menschenleben hinmordete, es war jugend- sicher Pöbel, der in Häuser und Gaststätten eindrang, um sich an fremdem Eigentum zu vergreifen, keiner Zrrstorungs- sircht zu frönen. Mit dem politischen Glaubensbekenntnis haben diese Taten nichts zu tun. Es war aber eine Probe auf die Art, wie sich in den Köpfen eines haltlosen Pöbels- einer Gesellschaftsschichk mit völlig zersetzter Moral, mik niedrigsten Instinkten und ohne jegliche sittlichen Hem­mungen die Schlagworte einer politischen Kundgebung zu Begriffen und schließlich zu Taten formen. Nicht zum ersten Male sind solche entsetzlichen Ausschreitungen in Frankfurt zu r«rzeichnen. es lagen wahrsich genug Erfahrungen vor. ist« bei politischen Kundgebungen in einer Zeit schwerster sozialer, wirtschafüicher und politischer Belastungen und Erschütte­rungen zur Vorsicht und Behutsamkeit mahnten. In einer so überhitzten Atmosphäre, wie sie diese Tage der Maflenver- Üendung und der Bedrohung des Staatsgefüges durch Lußere und innere Belastung mit sich bringen, kommen nied­rigste Instinkte der Menschen obenauf un- entzünden sich an dem geringsten Fünkchen, das unachtsam auf diese hem­mungslosen Menschen fallen gelaffen wird. Und das hätte man wissen und berücksichtigen muffen, als man d'e Kund­gebung organisierte, und wenn man nicht stärkste Gewißheit hatte, Ausschreitungen verhüten zu können, so mußte von dieser Form einer Kundgebung abgesehen werden. Das hat man nicht getan, und mit aller Schwere fällt die Verantwor­tung für das Furchtbare des gestrigen Tages auch auf die prlitischen Parteien, die die Veranstaltung auf dem Röir.er- berg organisiert haben.

Riesenschäden in Breslau

Breslau, 24. Juli. DenNeuesten Nachrichten" zufolge stellte ein Versicherungsbeamter in einer im Obecpräsidium abgehaltenen Versammlung von Arbeitgebern fest, daß die Geschäftsinhaber durch die Tumulte einen Schaden von M i l- Iiarden erlitten haben. Amtlich wird nunmehr festgestellt, daß am Freitag und in der Nacht zum Sonnabend 10 9 Ge - schäfte geplündert wurden; die weitaus größere Zahl von diesen befindet sich in Händen von Christen, so daß die Behauptung gewisser Zeitungen, daß die Tumulte durch Antisemiten anaezettelt worden seien, hinfällig wird.