Die Räumung Kleiuafieus.
1 London, !3. April. Die Alliierten haben der Regierung von Angora geantwortet, Ne müßten eS ahlehnen, die Räumung Kleinasteri« durch die Griechen in die von ihnen vorgeschlagenen WaffenstillstandSbedinguugen aufzunehmen. Diese Räumung könne erst dann in Frage kommen, wenn die Unterzeichnung des Vertrage» durchgeführt sei.
Die Lckge iu Irland.
1 Lon on, 13. April. In hiesigen politischen Kreisen steht man die Lage in Irland äußerst ernst an. Man fürchtet, daß keine Einigung zustande kommt, sondern daß in Irland die Republik auSgernfen wird.
Die Zulassung der Frauen zur Gerichtsbarkeit.
Berlin, 13. April. Der Reichsrat, der sich seinerzeit mit Stimmgleichheit für die Ablehnung der Vorlage über die" Zulassung der Flauen zum Schöffen- und Geschworenenamt erklärt hatte, beschloß, nachdem nunmehr der Reichstag sich grundsätzlich für die Regierungsvorlage entschieden hatte, mit 39 gegen 23 Siimn.en, gegen die Reichstagsbeschlüsse keinen Elnsp uch zu erheben. — Der Entwurf über die Zulassung der Frauen zu Aemtern ur d Berufen der Rechtspflege, wobei eS sich im allgemeinen um alle juristischen Aenner und Berufe, auch zu StaatsanwaUschaft, Rechtsanwaltschaft-, zum Notariats-, Gerichtsvollzieher und Gerichtsschreiberamr handelt, wurde mit 38 gegen 25 Stimmen mit einem Zusatz angenommen. _
Die Konferenz in Genua.
Weitere Ausschußbildungen w Genua.
Genua, 13. April. Die Kommission der internationalen Konferenz, die zur Erörterung der Verkehrsangelegenheiten gebildet worden war, trat heute Vormittag zum erstenmal zusammen. Der belgische Minister Tyeunis wurde durch Zuruf zum Vorsitzenden gewählt. Von deutscher Seite wurden als Delegierte -sie Reichrmimster Dr. Rathenau u. Schmidt benannt.
Genua, 13. April. Heute Vormittag fand die erste Sitzung der Kommissionen für Wtrlschaftsfragen statt. Der italienische Delegierte Olivetti schlug als Vorsitzenden den Franzosen Colrar und als dessen Vertreter Seydoux vor. Diesem Vorschlag schlossen sich die Engländer und ote Belgier an. Colrat übernaom den Vorsitz und schlug vor, in gleicher Weise wie für die erste und die 2. Kommission alsbald eine Unterkommisston zu bestimmen. Auf eine von Holland eingebrachte und von Norwegen, schließlich aber auch von England unterstützte Anregung, den kleinen Staaten in dieser Kommission mehr alS 4 Vertreter zu geben, wurde beschlossen, daß die kleinen Smaren 5 Vertreter haben sollen. Nach einer Unterbrechung der Sitzung wurden als Vertreter der kleinen Staaten 5 Angehörige der Staaten Norwegen, der Schweiz. Holland, Jugoslawen und Lettland ernannt. Die Unterkommisston wird am Sonnabend zu ihrer ersten Sitzung zusammentreten.
Genua, 13. April. Gestern Vormittag fand eine Sitzung der für die B-Han lang der russischen Fragen gewählten Sach- verständigenkomm'ssio! Halt. An der Sitzung nahm Reichskanzler Dr. Wtnh und Reichs minister des Aeußern. Dr. Rathenau, teil. Es wurde den Sachverständigen die Denkschrift zur Kenntnis gebracht, die in London zur russischen Frage ausgearbeitet wurde.
Barthous Kapitalbock.
Paris, 13. April. Der „Populaire" schreibt zu dem Zwischenfall Barlhou-Tschitscherin, Barthou sei es glücklich gelungen, einen Skandal hervorzurufen, um Frankreich zu isolieren. Durch sein Eingreifen habe er in den Gemütern aller Völker tiefer als je die Ueberzeugung veranlaßt, daß da« Frankreich des nationalen Blocks sich systematisch jeder Beschränkung der Landrüstungen in Europa widersetze und widersetzen werde. Darüber hinaus habe er Trotzki ausgezeichnete Gründe geliefert, seine rote Armee zu behalten. —
8 Nicht rasten wo wir stehen, nein, vorwärtsschreilen. ^
Lichtenstein.
115) Romantische Sage von Wilhelm Hauff.
Das Mädchen hatte die blonden Haare, die offene Stirne, die Züge ihres Varers; nur die List, die aus seinen Augen, die Kühnheit und Kraft, die aus seinem Wesen sprach, war bei ihr, wenn sie nicht schüchtern und blöde war, in eine neckende Freundlichkeit und in ein rüstige» behendes Wesen übergegangen. So hatte sie Georg erkannt, als er im Hause des Pfeifers wohnte. Doch heute schien sie vor den vielen vornehmen Leuten etwas schüchtern, ja es wollte ihm sogar scheinen, als sei ein neuer Zug in ihr Gesicht gekommen, den er früher nicht an ihr bemerkt hatte, eine gewisse Wehmut und Trauer, die sich um ihren Mund und in ihren Augen auSsprach.
Die PfeiferSfrau wußte, was Lebensart sei, sie verbeugte sich daher von der Türe der Tyrnitz in einem fort, bi» sie zum Stuhle des Herzogs kam. Frau Rosel hatte noch die Röte des Zornes auf ihren mageren Wangen, denn die Landsknechte, namentlich der Magdeburger und Kasper Staberl, hatten sie höchlichst beleidigt und sie eine dürre Stange geheißen. Ehe sie sich noch sammeln und den Herrschaften geziemend die Familie ihres Bruder» vorstellen konnte, hatte die runde Frau schon einen Zipfel von des Herzogs Mantel gefaßt und ihn an die Lippen gedrückt. „Gueten Obed, Herr Herzich!" sprach sie dazu mit tiefen Knicksen, „wi gotS Uich, seit er wieder in Schtuagert send?" Mei Ma läßt lltch schön grüaßa; mer komme aber et zum Herr Herzich, noi, zu dem Herr da drüba wölla mer. Mer hent a Hochzeitschenke für sei Frau. Do sitzt je jo, gang, Bärbels. lang'S aus em Krättle."*)
.Ach I Du liebe: Gott," fiel Frau Rosel ihrer Schwägerin ins Wort, „bitt' untertänigst um Verzeihung, Euer Durchlaucht, daß ich die Leut-' reingebracht habe, 's ist Frau und Kind vom Pfeifer von Hardt. Ach! Du Herrgott, nehmet doch nicht« Übel, Herr Herzog, die Frau meint'S g'wiß gut."
») KrStten. Verkleinerung Krättle - Dagkorb.
„Gre Nouvelle" findet, daß einer der großen Erfolge der Konferenz Tschitscherin zugefallen sei, der die Abrüstungs- frage auf den Tisch geworfen und angeboten habe, mit dem eigenen Lande den Anfang zu machen. Barthou habe mit solcher Ungeschicklichkeit geantwortet, daß das Gerücht von der brutalen Ablehnung Frankreichs bereits Amerika und andere Länder durcheilen niüffe.
Deutsche Denkschrift.
Nach einer Meldung der „Vosstschen Zeitung" aus Genua Übergaben die deutschen Delegierten in der Eröffnungssitzung der Wirtschaftskommission die große deutsche Denkschrift. Wie verlautet, enthält die Denkschrift nach Darlegung der Wirtschaftslage Deutschlands den Vorschlag, eine internationale Anleihe im Namen Deutschlands mit Genehmigung der Entente-Mächte aufzunehmen.
Kommisfionsarbett.
Nach dem dramatischen Zwischenfall zwischen Barihou und Tschitscherin am Eröffnungstage ist man nun in Genua dazu übergegangen, die Hauptarbeit in die Kommissionen zu legen. Damit beginnt überhaupt erst die eigentliche Arbeit. In der breiten Oeffentlichksit des Konferenzsaales ist nur für? allgemeine Redewendungen, für hochtönende Phrasen, Spitzfindigkeiten und Spitzen, aber nicht für rein sachliche Bemerkungen Platz. In den Kommissionen soll sachliche Arbeit geleistet werden. Das bedingt, daß von vornherein ein bestimmt umgrenztes Programm lür jeden einzelnen Arbeitstag ausgestellt wird, das sich nach Lage der Dinge streng nach der Resolution von Cannes richtet. Gewiß, trotzdem wird die Re parationSfrage immer und immer wieder berührt werden; aber ihre Berührung wird wenig nützen, nur eine gründliche und eingehende Bearbeitung dieser Frage kann der Konferenz Aussicht auf einen wirklich durchschlagenden Erfolg geben. Ohne diesen Programmpunkt muß sich die Befürchtung des italienischen Außenministers Schanzer erfüllen, daß Genua als ein bloße» Gerede ende.
Die Franzosen reisen ab, wenn die Reparationsfrags in die Debatte geworfen wird. Sie haben die gleiche Drohung gegen die Aufrollung der Abrüstungsfrags verkündet. Trotzdem hat Tschitscherin das Wagnis unternommen, und wenn nicht alles täuscht, hat Lloyd George bet diesem Wagnis befriedigt geschmunzelt. Fragt sich nun, wie die deutschen Vertreter sich in der Kommission bewähren werd'en. Die Franzosen haben ihren anfänglichen Widerstand gegen vertrauliche KommtssionSsttzuugen und vor allem gegen die sogen, politische Kommission aufgegeben., In dieser Kommission sitzen sie mit den Deutschen Schulter an Schulter. Hier kommt alles darauf an, daß sich die Deutschen nicht von Herrn Barthou und Barrere einschüchtern lasten. In Genua spricht man davon, Rathenau trage einen neuen Vorschlag in seinem Busen. ES ging das Gerücht, daß im Rahmen der Antwort auf die Reparationsnote gew ste deutsche Vorschläge wegen Auflegung einer internationalen Anleihe gemacht werden sollten. In der dann veröffentlichten Fassung sind diese Vorschläge forigeblieben. Sollen sie nun in Genua da» Licht der Welt erblicken? Wir glauben, daß auch von Deutschland aus die beginnende Kommtssions arbeit so scharf und so aufmerksam betrachtet werden muß, wie das bet der verkündeten Vertraulichkeit der Besprechungen und bet der völligen Desorganisation der amtlichen Nachrichtenübermittlung aus Genua nur irgendwie möglich ist.
Aus aller Welt
Wiedergefunden.
-j- Berlin, 13. April. Durch eine polizeiliche Haussuchung sind der „B-Z-am Mittag" zufolge, Frühdrucke des 15. Jahrhunderts, die seit Jahresfrist der Berliner Staatsbiblrothek entwendet worden waren, bet dem Studienrat de» Berliner Sophiengymnasiums Dr. Dvbe oorgefunden worden. Dobs erklärt, die Jncunabeln, deren Wert etwa eine Million beträgt, aus dritter Hand erworben zu haben.
Der Herzog lachte mehr über diese Entschuldigung der Frau Rosel als über die Reden ihrer Schwägerin: „Was macht denn dein Mann, der Pfeifer? Wird er Uns bald besuchen? Warum kam er nicht mit Euch?"
„Sell Hot sein Grund, Herr!" erwiderte die runde Frau. „Wenn'« Krieg geit, bleibt er g'wieß et aus, do ka mer'n brauche; aber im Frieda? Noi, do denkt er, mit grauße Herr« ist et guet Kirsche fresta."
Frau Rosel wollte beinahe verzweifeln über die Naivität der runden Frau. Ste zog ste am Rock und am langen Zopfband, es half nichts, die Frau des Pfeifers sprach zu großer Ergötzung de» Herzogs und seiner Gäste immer weiter, und da» unauslöschliche Gelächter, das ihre Antworten erregten, schien ihr Freude zu machen. Bärbels hatte indessen mit dem Deckel des Körbchens gespielt, ste hatte einigemal gewagt, ihre Blicke zu erheben, um jenes Gesicht wteder- zusehen, daS im Fieber der Krankheit so oft an ihrem Busen geruht und in ihren treuen Armen Ruhe und Schlummer gefunden hatte, jenen Mund wiederzusehen, den sie so oft heimlicherweise mit ihren Lippen berührt hatte, und jene Augen, deren klarer, freundlicher Strahl ewig in ihrem Gedächtnis fortglühte. Sie erhob ihre Blicke immer wieder von neuem, doch wenn ste bis an seinen Mund gekommen war, schlug ste ste wieder — aus Furcht, seinem Auge zu begegnen — herab.
„Siehe, Marie," hörte sie ihn sagen, „daS ist das gute Kind, das mich pflegte, als ich krank in ihre» Vaters Hütte lag, das mir den Weg nach Ltchtenstein zeigte."
Marie wandte sich um und ergriff gütig ihre Hand; daS Mädchen zitterte, und ihre Wangen färbte ein dunkles Rot; sie öffnete ihr Körbchen und überreichte ein Stück schöner Leinwand und einige Bündel Flachs, so fein unir zart wie Seide. Ste versuchte zu sprechen, aber umsonst, sie küßte die Hand der jungen Frau, und eine Träne fiel herab auf ihren Ehering.
„Ei. Bärbels," schalt Frau Rosel. „fei doch nicht so schüchtern und ängstlich. Gnädige» Fräulein — wollte sagen gnädige Frau, habt Nachsicht, ste kommt selten zu vornehmen Leuten. Es ist niemand so gut, er hat zweierlei Mut, heißt es im Sprichwort. Das Mädchen kann sonst so fröhlich sein wie eine Schwalbe im Frühling —"
„Ich danke dir, Bärbele," sagte Marie. „Wie schön
Englische Arbeitslose als reiche Ausländer in Oesterreich.
-f Aus Salzburg wird der Wiener „Parlamentskorrespon- denz" berichtet: Nach Salzburg, Kufstein, Innsbruck und anderen alpenländischen Städten und Orten sind interessante Gäste gekommen, nämlich englische Arbeitslose. Die englischen Arbeitslosen, die in den feinsten Hotels in Oesterreich wohnen, genießen die englische Arbeitslosenunterstützung, die ihnen die englische Regierung zunächst auf zwei Monate zusichert, mit dem Bedeuten, daß sich diese Arbeitslosen in Oesterreich oder im Deutschen Reiche eine Arbeit suchen. Infolge des Tiefstandes unserer Valuta sind die englischen Arbeitslosen in der Lage, in erstklassigen Hotels zu leben. Im Salzburger Hotel sind 100 englische Arbeitslose abgestiegen, die lür Wohnung und Verpflegung täglich 16 Schilling« — da« sind 24000 bis 25000 Kronen — auSzugrben in der Lage sind. Im ganzen dürften in den Alpenländern Salzburg. Tirol und Vorarlberg ein paar Tausend englischer Arbeitsloser eingetroffen sein.
Aus Stadt und Bezirk.
Nagold, 15. April 1922.
* Osterandacht. Dem Mädchenbibelkreis ist es zu danken, daß am Abend des Osterfestes (8 Uhr) im VsreinshauS saal eine Lichtbilderveranftaltung geboten wird, in der das Leben Jesu Christi im farbigen Bild und umrahmt von Gesängen wie Gedichten an unseren Augen vorbsiztehen wird. Diese feierliche und künstlerisch wertvolle Abendandacht wird gewiß alle Gemüter erbarmen. Kinder mögen erst vom 12. Jahr an mitgebracht werden, da Raummangel zu befürchien ist.
Beerdigung. Bet prächtigem FrühltngSwetter bewegte sich am Nachmittag des Karfreitag ein, aus allen Schichtender Bevölkerung gebildeter, fast endloser Leichenzug, worunter das Semtnarkollegium zahlreiche Lehrer und Seminaristen von Stadt und Land, geschlossen der Homöop. Verein und Gewerbe- verein, von der Calwer Straße durch dre Stadt nach dem schön gelegenen Frtedhsf. Es galt, »te sterbl>ch-n Reste des am Dienstag Vormittag aus dem Leben geschiedenen Studienrat a. D. Kübele zur letzten Ruhe zu besten. Dekan Ono legte seiner eindrucksvollen L-ichenpredigt Psalm 90,10 zugrunoe und schilderte den teuren Dahtnge'chtedenen als vorbildlichen Lehrer und Erzieher, als wahren Christen, als guten Mensch, der auch die Bestrebungen auf den verschiedenen Gebieten eifrig und befruchtend unterstützte; als Familrenoater durste ec an seinen Kindern viel Freude, aber auch Leid —der Krieg forderte seinen Ziveirjüngsten, Traugott, als Opfer — erleben. Die Tcauerchö e hatte ein Lehrerchor unter Meister Grreb'S Direktion übernommen, der einige Choräle sehr wirkungsvoll vortrug. Studiendirektor Dicterle dankte für seine in fast 4 Jahrzehnten bewährte Pflichtreue, Liebe und Freundschaft. Stuoienrat W-inbrenner rief namens ehemaliger Mitarbeiter Worte der Dankbarkeit dem dahiugeschiedenen Kollegen nach. Studienrat Bach^eler Nür-tngen zollte als Vertreter früherer Zöglinge dem lieben Oberlehrer herzlichen Dank. Für den Brztikslehrerversin sprach Professor Bauser und rühmte Kübele als eifriges, treues VereinsMitglied, das der Lehrerorgam- sation 50 Jahre angehöcte. Oberlehrer Günther schilderte die rastlose Tätigkeit des Dahingegangenerr als Gründer und Vorstand des Homöopathischeil Vereins Nagold und Ausschuß Mitglied des Landesverbands homöop. Vereine Württembergs. Namens des Gewerbevsreins widmete dessen Vorstand, Elektrizitätswerksbesttzer Wohlbold, dem einstigen Vorstand und Schriftführer Worte der Dankbarkeit und Verehrung. Alle Redner versicherten unter Kranzniederlegung, dem nun Entschlafenen ein treues Andenken bewahren zu wollen. Auch wir-verlieren in dem Dahingegangeusn einen stets dienstbereiten geschätzten Mitarbeiter. Schristlettung und Verlag werden Herrn Stud.-Rat Kübele ein ehrendes Andenken bewahren. Zur Würdigung der Persönlichkeit des Verstorbenen lassen wir noch einen kurzen Abriß seines Lebens folgen. — Friedrich Köbele wurde geboren am 7. Dez. 185l in Alpirs- bach im Kinztg'al. Bald zeigten sich die- außerordentlichen
deine Leinwand ist! Die hast du wohl selbst gesponnen?"
Das Mädchen lächelte durch Tränen; ste nickte ein Ja!
— zu sprechen schien ihr in diesem Augenblick unmöglich zu sein. Der Herzog befreite ste von dieser Verlegenheit, um sie in eine noch größere zu ziehen. „Wahrhaftig, ein schönes Kind hat Hans, der Spielman«." rief er aus und winkte ihr, näher zu treten. „Hoch gewachsen und lieblich anzuschauen! Schaut nur, Herr Kanzler, was ihr daS rote Mieder und das kurze Röckchsn gut ansteht, wie? Ambrosius Volland, meinst du nicht, wir könnten durch ein allgemeines Edikt diese nted liche Tracht auch bei unfern Schönen in Stuttgart einführen?"
Der Kanzler verzog sein Gesicht zu einem greulichen Lächeln. Er beschaute das errötende Mädchen »om Kopfe bis zu den Füßen. „Man könnte zum Grund angeben," sagte er, „daß dadurch eine Elle in der Länge erspart würde. So gut Euer Durchlaucht vor einigen Jahren das Maß und Gewicht hat kleiner machen lassen, habt Ihr nach allen Regeln der Logika auch das Recht, dem Frauenzimmer die Röck- lein zu verkürzen. Wäre aber damit nichts gewonnen, denn
— hi, hi, ht l Schaut nur, was dort wegfiele, müßten dann die hiesigen Schönen oben wieder ansetzen. Und wer weiß, ob ste sich gern dazu verständen? Ste gehören zum Geschlecht der Pfauen, und Ihr wißt schon, daß diese nicht gern auf ihre Beine stehen."
„Hast recht, Ambrosius." lachte der Herzog. „Es geht doch nichts über einen gelehrten Herrn. Aber sag' einmal, Kind, hast du auch schon einen Schatz? Einen Liebsten?
„Ei waS, Euer DurchlauchtI" unterbrach ihn die runde Frau. „Wer wird so ebbe» von so ema Kind dsnka! Ss tscht a ehrlichS Mädle, Herr Herzich!"
Der Herzog schien nicht auf diese Bemerkung zu hören, er betrachtete lächelnd die Verlegenheit, die sich auf den reinen Zügen des Mädchens abspiegelte. Ste seufzte leise, ste spielte mit den bunten Bändern ihrer Zöpfe, ste sandte unwillkürlich einen Blick, aber einen Blick voll Liebe auf Georg von Sturmseder und schluq dann errötend wieder die Augen nieder. Der Herzog, dem die» alles nicht entging, brach in lautes Lachen aus, in das die übrigen Männer einstimmten. „Junge Frau," sagte er zu Marie, „jetzt könnt Ihr billig die Eifersucht Eures Herrn teilen, wenn Ihr gesehen hättet, was ich sah, könntet Ihr allerlei deuteln Und vermuten."
(Fortsetzung folgt).