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Nr. 119

Mittwoch, den 26. Mai 1926.

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§ernsprecher Rr. S.

verantwort!. Lchriftlettung: Zrieclrich Han» Scheele. Druck unä Verlag der A. Oelschlöger'schen Suchäruckerei.

101. Iahrqcmq

Eisenbahnkatastrophe in München.

Zwei Personenzüge

aufeinandergefahren.

Bisher 27 Tote.

TU München, 26. Mai. Am Montag abend gegen 11 Uhr ereignete sich in der Nähe Münchens ein schweres Eisenbahn­unglück. Kurz vor dem Hauptbahnhof überfuhr ein beschleunigter Personenzug das Einfahrtsignal und fuhr in größter Fahrt auf einen Personenzug auf, so daß eine Reihe von Wagen in Trüm­mer ging.

Der Zusammenstoß ereignete sich wenige Kilometer vor dem Münchner Ostbahnhof. Der von Rosenheim kommende beschleu­nigte Personenzug überfuhr das Einfahrtsignal und stieß auf einen vollbesetzten Personenzug, der schon einige Zeit auf dem Gleis halten mußte, weil er nicht in den Hauptbahnhof ein- fahren konnte- Der Zusammenprall erfolgte mit solcher Wucht, daß die UngiüSsstätte eine grauenvolle Verwüstung zeigt. Die Eisenbahnwagen sind vollständig zertrümmert. Eine Militärab­teilung arbeitet bei Fackelbeleuchtung fieberhaft an der Bergung der Toten und Verwundeten, was um so schwieriger ist, als die Wagen teilweise ineinander geschoben und übereinander gelagert sind. Bis jetzt sind 24 Tote geborgen. Es sind fast ausschließlich Touristen, die die Pfingstfeiertage im Gebirge verbrachten. Die Toten sind grauenhaft verstümmelt. Unter den Trümmern be­finden sich noch immer Tote und Verwundete. Ein Mädchen wurde in schwer verletztem Zustande aus den Trümmern ge­zogen, das vier Stunden lang in der qualvollen Lage aushar­ren mußte, bis Pioniere die Trümmer beiseite schaffen konnten.

Der amtliche Bericht.

TU München, 26. Mai. lieber das schwere Eisenbahnunglück -kn der Nähe von München wird von der Eisenbahndirektion München gegen 4 Uhr morgens folgender amtlicher Bericht aus­gegeben:

Zug 814 Rosenheim-München ist gestern (Pfingstmontag) abends 10.30 Uhr zwischen Berg am Laim und München-Ost- bahnhos auf den in 'der Einfahrt begriffenen Nachtzug 820 in­folge Ueberfahrens des auf Halt gestellten Mocksignals aufgc- fahrcn- Bisher sind 24 Tote und viele Schwer- und Leichtverletzte festgestellt. Genaue Zahlen und die Namen der Toten und Ver­letzten lassen sich erst noch Beendigung der Aufräumungsarbeiten angeben. Der Betrieb nach Rosenheim wird durch Umleitung der Züge aufrecht erhalten.

Nach einer neuerlichen Meldung ist es inzwischen gelungen, einen großen Teil der Namen der Opfer bereits fcstzustellen, die sämtlich aus München stammen. Auch die Namen der Verletzten find znm weitaus größten Teil bereits bekannt.

Die Reichsüahndirektion hat heute vormittag einen umfang­reichen amtlichen Bericht herausgcgeben, aus dem zu entnehmen ist, daß der Führer des Personenzuges 814 das Blocksignal über­fuhr. Er behauptet, das Signal habe auffrei" gestanden. Die bisherigen Erhebungen haben diese Behauptung nicht zu be­stätigen vermocht. Der Zug 814 ist mit einer Geschwindigkeit von 60 Kilonictcrn in der Stunde gefahren. Erst auf verhältnis­mäßig kurze Entfernung gewahrte der Lokomotivführer des Zuges 814 eines der Schlußlichter des Zuges 820. Er zog sofort die Notbremse und traf alle Maßnahmen, um den Zug in seine Gewalt zu bekommen- Der Ausstoß erfolgte mit aller Gewalt. Von dem Zug 820 wurden die letzten' zwei Wagen vollständig zertrümmert. Der übrige Teil des Zuges blieb so gut wie un­beschädigt. Vom Zug 814 war die Maschine nur wenig beschädigt oder gar nicht. Ter Packwagen war ganz leicht, beschädigt, da­gegen die vier folgenden Wagen vierter Klasse aus dem Gleis geworfen und stark ineinander geschoben. Auch ein weiter rück­wärts stehender Wagen des Zuges 814 war eingedrückt und be­schädigt Der übrig- Teil des Berichtes bestätigt, daß ein Teck der Verunglückten in furchtbarer Weise eingeklemmt waren und mit Sägen und Aerten, sowie mit Schweißapparaten ;rcr ge­macht werden mußten.

Trauerbeflaggung in München.

TU München, 26. Mai. Im Krankenhaus« sind zwei weitere Verletzte gestoren. Die Zahl der Todesopfer des Unglücks hat sich damit aus 27 erhöht.

In Vertretung des Ministerpräsidenten hat der bayerische Fi­nanzminister Dr. Krausneck ein Beileidsielegramm an den Staatssekretär von Frank und ein Beileidstelegramm an den Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn in Berlin gesandt. Die Polizei beabsichtigt, am Tage der Beisetzung der Opfer des Eisenbahnunglücks, voraussichtlich am Donnerstag, ein Verbot aller Lustarkeiten einschließlich der Theateraufführungen und Kinovorstellungen zu erlassen. Die Stadt München hat Trauer- beflaggung der städtischen Nmtsgeände angeordnet.

Die Zahl der Opfer.

TU München, 26. Mai. Bis gestern mittag waren 27 Namen der Todesopfer festgestellt worden. Unter den insgesamt 83 ver­letzten Personen im Krankenhause befinden sich nur noch zwei, deren Namen bis zur Stunde noch nicht bekannt sind.

Beileid des Reichspräsidenten.

TU Berlin, 26. Mai. Anläßlich des Eisenbahnunglücks bei München hat der Reichspräsident folgendes Telegramm an die Deutsche Reichsbahngesellschaft gerichtet: Tief erschüttert durch die Meldung über das große Eisenbahnunglück im Münchener Ost­bahnhof bitte ich Sie, der Hinterbliebenen der so traurig ums Leben Gekommenen den Ausdruck meines herzlichen Beileides und den Verletzten meine besten Wünsche für baldige Heilung zu übermitteln.

Tages-Spiegel.

Vor dem Münchner Ostbahnhof ereignete sich am Pfingstmontag abend durch das Aufeinandersahren zweier Pcrsonenznge eine furchtbare Katastrophe, bei der 27 Menschen ums Leben kamen-

Reichsbankpräsident Dr. Schacht wird sich in den nächsten Tagen nach London zur Teilnahme an Finanzbesprcchungen begeben.

*

Eine Meldung englischer Blätter, wonach Deutschland eine Re­vision des Dawcsplancs in London beantragen werde, wird von der ReichSregicrung dementiert.

*

Graf Bcrnstorff begründete im Redaktionskomitee der vorberei­tenden Abrüstungskonferenz seine Vorbehalte gegen den eng­lisch-französischen Kompromisrvorschlag.

Der schwedische Reichstag «ahm den deutsch-schwedischen Han­delsvertrag an.

*

Paris befindet sich im Siegesjubel über den Zusammenbruch Abd el Krims- Der Rifführer soll in Frankreich interniert werden.

Gestern ist ein deutsches Flugzeug von Berlin nach Paris und ein französisches Flugzeug von Paris nach Berlin geflogen; damit wurde die Fluglinie Paris-Berlin dem Verkehr über­geben.

Die Frankenkrise.

Gegen die Stützungsmaßnahmen der französischen Regierung.

TU Paris, 2«. Mai. Trotz der Erfolge, die die Regierung mit ihrer Intervention auf dem Devisenmarkt erreicht hat. werden zahlreiche warnende Stimmen laut, die darauf Hinweisen, daß die Methoden, die ausgenommen worden sind, unter Umstünden statt zu einer Besserung, zu einer vollständigen Vernichtung der fran­zösischen Währung führen können. Im Figaro weist Romier, der als Autorität in wirtschaftlichen Fragen gilt, darauf hin, daß die Regierung bei ihren Verhandlungen mit der Bank von Frank- reich mit der größten Leichtfertigkeit vorgegangen sei. Pflicht der Leitung der Bank von Frankreich sei es, in keiner Weise dem Druck der Regierung nachzugeben. Für eine Ruhezeit von 14 Tagen oder drei Wochen riskiere man die Goldreserve der Bank. Der Eindruck, der eine solche Leichtfertigkeit auf die internatio­nale Meinung machen müßte, könne nicht leicht verwischt werden. Auch die Journee industrielle wendet sich gegen eine Heran­ziehung der Goldreserve der Bank von Frankreich und weist aus das verhängnisvolle deutsche Beispiel hin.

Finanzbesprechungen in London.

Dr. Schacht reist nach London.

Kein deutscher Schritt in der Reparationsfrage.

TU Berlin, »6. Mai. Der Rcichsdankprcisident Dr. Schacht wird die nächsten Tage nach London fahren, um dort mit den füh­renden englischen und amerikanischen Finanzmännern zusammen­zutreffen, um sich mit ihnen in Anwesenheit des Reparations­agenten Parker Gilbert auszusprechen. Die -englische Presse zieht aus dieser Zusammenkunft weitgehende Schlüsse und glaubt, daß von deutscher Seite der Antrag auf soforiige Revision des Dawesgutachtens gestellt werden würde. Das wird von der deutschen Regierung offiziell dementiert:

Die Meldung der Times über die Zusammenkunft des Gou­verneurs der Bank von England mit Reichsbankpräsident Schacht und dem Reparationsagenten Parker Gilbert wird offenbar überschätzt. Ein« Zusammenkunft Normans mit Strong, dem Gouverneur der Federal Reserve Bank, war schon seit langem vorbereitet. Es sei nichts Auffälliges, daß auch Schacht und der Reparationsagent sich an diesen Besprechungen.beteiligen würden. Entgegen der Timesmeldung kann aber festgestellt werden, daß die Reichsregierung im gegenwärtigen Zeitpunkt für eine Re­vision des Dawesabkommens die Initiative nicht ergreifen wird. Die Frage der Räumung der zweiten und dritten Zone, sowie die Verminderung der Besatzungstruppen in den besetzten Gebieten ist natürlich jederzeit Gegenstand des ernstesten Interesses der Reichsregierung.

Eigentlich wäre ein solches Dementi gar nicht nötig, denn es ist gang selbstverständlich, daß ein« Anregung zu einer solchen Revision von deutscher Seite heute noch nicht gegeben werden kan«. Wir würde« nur unser« internationale Position verschlech­

tern, wenn wir auf einen Umsturz des Reparationsabkommens dringen würden. Die Initiative hierzu muß von anderer Seite ausgehen, die Zeit arbeitet für uns.

Der Zweck der Reise Dr. Schachts.

Wie die Telcgraphenunion aus privater Quelle erfährt, soll der Zweck des Besuches des Reichsbankpräsidenten die Anknüpfung von Anleiheverhandlungen sein. Ferner wird berichtet, daß es sich um di« Hinausschiebung der in Deutschland vorgesehenen Biersteuererhöhung handele, sowie um die 26proyentige Repara­tionsabgabe. England erhält wie hinzugefügt wird, zur Zeit aus der Wprozentigen Abgabe einen höheren Betrag als nach dem Dawesplan vorgesehen.

Amerika und der Dawesplan.

TU Newyork, 26. Mai. Journal of Commerce beschäftigt sich in einem langen Artikel mit dem Dawesplan und geht auf die Ausführungen eines Berliner Korrespondenten näher etn. Das Blatt stellt wiederum fest, daß der Dawesplan undurchführbar sei. Es weist ferner darauf hin, daß jetzt auch in gut unterrichteten amerikanischen Wirtschastskreisen die Ueberzeugung zunehme, daß der gegenwärtige Dawesplan völlig umgebaut werde« müsse, wenn er zur Regelung der Reparationsfrage dienen solle. Deutsch­land, so heißt es weiter, sei unfähig, die im Dawesplpan vorge­sehenen jährlichen Höchstzahkmgen zu leisten. Der Plan zeig« keinen Weg, wie das Transferproblem gelöst werden könne. Der Dawesplan müsse bereits in kürzester Zeit geändert weiden. Amerika könne bei der Abänderung des Plans sich nicht auf die Rolle her interessierten Zuschauers beschränken.

Das Ende des Rifkrieges.

Abd cl Krim soll in Frankreich interniert werden.

TU. Paris, 26. Mat. General Simon, der Leiter der Kon, ferenz von Udjda, erklärt« in einem Interview mit dem ,,Soir, es frage sich sehr, ob die französische Regierung auf die Vor­schläge des Eiff-Führers Abd el Krim übechaupt ein« Antwort erteilen werde. Falls der Ministerrat sich dafür entschließt, dürfte Abd el Krim aufgefordert werden, bei den französischen Vor­posten sich einzusinden, wo er unter sicherer Bedeckung in das französische Hauptquartier gebracht wird Die französisch« Regie­rung halt in der Tat die Gefangensetzung des Riff-Führers für unumgänglich notwendig, erklärt sich aber bereit, Abd el Krim eine Stätte in Frankreich anzuweisen.

Vulkanausbruch ln Japan.

Eine Riesenkatastrophe.

TU Tokio, 26. Mai. Infolge Ausbruchs des Vulkans To» kachi sind 200 Personen in der durch den Ausbruch entstandenen Springflut ertrunken. Etwa 2000 Menschen werden vermißt. Der Ausbruch des bisher als erloschen betrachteten Vulkans Tokachi, der auf der Insel Hokkaido gelegen ist, verursachte ein Getöse, das noch in einer Entfernung von 33 Kilometern hörbar war. Sechzig Häuser wurden von der Lava zugedeckt. In einer Dchtqefelgrube wurden zahlreiche Bergleute verschüttet. Die Einwohner der am Fuß des Vulkans gelegenen Stadt Mips W> geflüchtet