Dagen angchalten und die Insassen von französischen Posten auf ihre Ausweise geprüft. Die Personen, darunter eine große Anzahl Schulk'nter, mußten den Weg nach Wiesbaden zu Fuß zuiücklegen und wurden dort von 9 Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags eingesperrt, ohne daß ihnen Essen oder die Möglichkeit, die Angehörigen zu verständigen, gegeben worden wäre. Unter den Eltern der feftgehaltenen Kinder, die gerüchtweise von dem Vorfall hörten, herrschte natürlich große Erregung über das Schicksal der Kinder.
Volksabstimmung in der Schweiz.
Bern, 31. Jan. In der gestrigen schweizerischen Volksabstimmung wurde ein Jnitiativbegehren der sozialdemokratischen Partei vom Jahre 1916 auf Abschaffung der Militärgerichtsbarkeit und Unterstellung der Militärstrafsälle unter die Zivilgerichte mit rund 287 090 gegen 139 000 Stimmen und mit 10 gegen 3 Kantone abgelehnt. Ein zarsites Jni- ttativbegehren, ebenfalls aus Abänderung der Staatsoerfassung gerichtet und von 1913 datierend, welches bezweckt, daß künftig die Verträge der Schweiz mit anderen Staaten auch der Volksabstimmnng zu unterbreiten seien sobald es 30<W0 Schweizer Bürger oder 8 Kantone verlangen, wurde mit 284000 gegen 159 000 Stimmen und mit 20 Kantonen gegen 2 Kalitone angenommen. Die Beibehaltung der besonderen Militärjustiz mit Zweidrittelmehrheit wird als schwere Niederlage der revolutionären Kreise bezeichnet. Die Stimmbeteiligung betrug 50 Prozent.
Ende der Konferenz.
Paris, 31. Jan. Die Konferenz ist am Samstag vor 6 Uhr geschloffen worden. Nach einer Meldung der Havas- Agentur ist auch das Protokoll über die Abmachungen in der Reparationsfrage um 5 Uhr unterzeichnet worden. Die Beschlüsse sollen von der deutschen Regierung notifiziert werden. Sie werden demnächst mit dem Begleitschreiben an die deutsche Regierung veröffentlicht werden. Die bereits gemeldeten Sanktonen, die in der Entwaffnungsfrage vorgesehen find, sollen auch für die Reparationsfragen gelten. In Bezug auf die Hilfe für Oestreich ist ein Bericht Loucheurs angenommen worden, der die Gründung eines Finanzsindikats mit einem Kapital voll 200 Mill. Francs vor sieht. Nach einem Spezialbericht der Havasagentur ist das Abkommen über die Entwaffnung um 4 Uhr unterzeichnet worden. Barthou habe beim Verlassen des Sitzungssaales erklärt, die Entwaffnungsfrage sei zur gemeinsamen Befriedigung der Alliierten und im Interesse der Sicherheit ihrer Länder geregelt worden. Nach einer Havasmeldung vertritt die französische Regierung in der Kohlenfrage folgende These: Frankreich verlangt eine monatliche Lieferung von 2 200000 Tonnen. Die Bezahlung von 5 Goldmark pro Tonne, die für die Ernährung der deutschen Bergarbeiter bestimmt war, solle aufgehoben werden, dagegen eine Prämie für besonders gut ausgesuchte Kahlen bewilligt werden. Die Reparationskommission soll die Ausführung des Abkommens überwachen.
Württerubergische Politik.
Gründung des Württ. Gemeindetags.
r In einer von mehr als 1000 Ortsvorstehern und Gemeinde: äten der Landgemeinden und kleineren Städten besuchten Versammlung im Bürgermuseum in Stuttgart fand die Gründung des Württemberg. Gemeindetages statt. Nach den Satzungen ist der Württ. Gemeindetag ein Verband kleinerer Städte u. Landgemeinden mit dem Zweck, die gemeinsamen Jntereffen zu vertreten und gebührenden Einfluß auf dem Gebiet der Gesetzgebung und Verwaltung zu sichern. Gemeinden bis zu 6000 Einwohnern haben pro 1000 je 1 Stimme bei den Versammlungen. Der Vorsitzende wird vom Gesamtvorstand gewählt, der auch einen Geschäftsführer bestellt. Die Errichtung einer hauptamtlichen Geschäftsstelle in Stuttgart wird arigestiebt. Die Grundgebühr für Beiträge beträgt 10 für jedes Mitglied, sowie einen Einheitssatz für jedes angefangene 1000 Einwohner. Die Satzungen wurden nach Aussprache genehmigt. Schultheiß Wenrel- Schnaith hielt einen Vortrag über die nächsten Aufgaben des Gemeindetages. 16 Mitglieder des Gesamtvorstandes wurden gewählt. Die Gründung des Württ. Gemeindetags bildet einen bedeutungsvollen Abschnitt in der Geschichte der württ. Gemeinden.
Erhöhung der Leuerungszuschlüge für Beamte.
Nachdem für die Reichsbeamten durch das Reichsgesetz der bisherige Teuerungszuschlag zum Grundgehalt und zum Ortszuschlag erhöht und zugleich unter Abstufung nach den Ortsklassen neu geregelt worden ist, läßt es sich nicht umgehen, auch für die württ. Beamtenschaft eine Erhöhung der Teuerungszuschläge in derselben und nicht in anderer Weise durchzuführen. Hienach wird der Teuerungszuschlag zum Grundgehalt und zum Ortszuschlag mit Wirkung von, 1 . Januar 1921 ab für die Orte der Ortsklasse ^ auf 70°/», der Ortsklasse 8 auf 67°/», der Ortsklasse O auf 65°/», der Ortsklasse O auf 60°/«, der Ortsklasse 8 auf 55°/o festgesetzt. Die erhöhten Bezüge werden im Laufe des Monats Februar zur Auszahlung kommen können.
Für die Schwäbische Volksbühne.
Im Sieglehaus in Stuttgart fand am Samstag eine Versammlung statt, um über die Erhaltung u. wirtschaftliche Sicherstellung der Schwäb. Volksbühne Beschluß zu fassen. Es hatten sich dazu die Vertreter zahlreicher miltlerer und kleinerer Städte eingefunden, darunter mehrere Stadlvorstände, ferner Landtagsabgeordnete und als Vertreter des Kultministeriums Ministerialrat Frey. Direktor Bäuerle vom Verein zur Förderung der Volksbühne in Württemberg, begrüßte die Tagung und legte die wirtschaftliche Notlage der Volksbühne dar. die im letzten Jahre mit einem Äbmangcl von 200000 Mark abgeschlossen, Heuer mit einem solchen von 300 000 Mark zu rechnen hat. O.B.M. Jäkle Heidenheim machte bestimmte Vorschläge für die Sanierung des Unternehmens durch Gründung eines SMttcheaterbundes, Schaffung von örtlichen Organisationen und Ausschüssen, Vermehrung der Propaganda und Bestellung eines Landesausschusses für die wirtschaftlichen Zwecke der Bühne. An der Aussprache, die sich sehr lebhaft und interessant gestaltete, beteiligten sich u. a. O.B.M Hepp Reutlingen,O.B.M. Schwarz- Aalen, O.B.M. Dr. Hartenstein-Ludwigsburg, der Geschäftsführer des württ. Städtetags Rechtsrat Dr. Frank, Minister a. D. Heymann, Professor Bauser Nagold, Prof. Wild-Hall, Studtenrat Leu-Kirchbeim, Stadtschultheiß Fröhlich Crailsheim, Frl. Gem.Rat Höhn Friedrichshofen, Gewerkschaftssekretär Sailer-Schwenningen. Ministerialrat Frey gab seiner Freude über die Leistungen der Volksbühne Ausdruck und hob hervor, daß eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse leider nicht zu erhoffen sei, aber mit einem Mindestprogramm werde man auch durch die schweren Zeilen hindurch kommen. Direktor Bäuerle faßte das Ergebnis der Beratung dahin zusammen, daß der einmütige Wille zur dauernden Erhaltung der Volksbühne vorhanden, daß die Städte bereit seien, der Volksbühne wirtschaftliche Beihilfen zu gewähren, daß sich die Städte und Orte, in denen die Bühne spiele, zu einem Bunde zusammenschließen wollen, daß örtliche Ausschüsse eingerichtet werden sollen, und daß sich bereits ein Ausschuß ge bildet habe, bestehend aus Jäkle, Hartenstein, Frank und Fröhlich-Crailsheim, zur weiteren Beratung und Förderung der wirtschaftlichen Fragen und Aufgaben der Schwäbischen Volksbühne.
Die Oelgewinrmng aus Schiefer.
Ueber die Aussichten der Oelgewinnung aus Schiefer, an der sich der württembergische Staat beteiligt, wurde in einer Sitzung des Finanzausschusses mitgeteilt, daß die Oelausbeute sich um das Doppelte gesteigert habe. Voraussichtlich werde die Oelgewinnung sich dauernd lohnen. Die Schieferverwertung werde der Staat in Händen behalten. Die aus dem entölten Schiffer hergestellten Steine hätten sich bewährt und die daraus hergestellten Wände erwiesen sich im Vergleich zu den Ziegelwänden als wärmer.
Der Sierhandel.
Stuttgart. 31. Jan. In Württemberg, wo seit August 1920 wie in Bayern die öffentliche Bewirtschaftung der Eier aufgehoben worden ist, ist durch eine Verfügung der Landesversorgungsstelle der Auskauf von Eiern zu Zwecken des Handels der Genehmigungsvflicht unterworfen worden. Großhändler und ihre Unteraufkäufer bedürfen eines Erlaubnisscheines, die Kleinhändler eine Bescheinigung über die Anmeldung ihres Geschäftes.
» Parteiagitation bei der Reichswehr. Die Fraktion der Bür- gerpartet und des Bauernbundes hat im Landtag folgende Anfrage
8 Umsonst bist du von edler Glut entbrannt, 8
L Wenn du nicht sonnenklar dein Ziel erkannt. 8
8 Uhland. F
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Im Schatten dev Schuld.
23) Original-Roman von Hanna Förster.
Sie hatte bei ihren Worten Graf Eberhard angesehen, ein ganz klein wenig neugierig. Doch in dem stolzen Männerantlitz bewegte sich keine Miene. Kühl und ruhig begegneten die grauen Augen denen Annelieses — sie verrieten nichts von den Gedanken, die der Graf bei dem Namen Hilla von Gebhardt empfand.
„Er ist unergründlich," dachte Anneliese. „Nun, die schöne Hilla, die mir eigentlich gar nicht so sehr sympathisch ist, wird mit diesem stolzen Mann keinen leichten Stand haben. Schade, eigentlich gönne ich ihr den Grafen nicht, denn im Grunde ist er doch ein ritterlicher Charakter — bloß ich möchte ihn nicht zum Manne haben."
Es war nun doch die Rede von den einzelnen Herren und Damen, die man einladen wollte — die beiden Grafen waren so alte Freunde und verkehrten schon seit ihrer Kindheit auf Lomitz, so daß man sie unbefangen in alles mögliche einweihte und ihnen gegenüber gar keine Förmlichkeit kannte.
Die Baronin bat die beiden Herren, doch auch zum Abendbrot zu bleiben, doch das lehnten sie dankend ab. Sie hatten zu Hause noch allerlei zu erledigen. Graf Benno wollte am späten Abend noch nach seiner Garnison zurückreiten.
„Ich bin eigentlich nur auf einen Sprung gekommen", fügte er hinzu, dabei Anneliese ansehend, so daß diese so selbständige junge Dame ein ganz klein wenig außer Fassung kam. Dann nahm man in der herzlichsten Weise Abschied, und der Baron begleitete seine Gäste, die den halbstündigen
Weg vom Vorwerk bis hierher zu Fuß zurückgelegt halten und auch zu Fuß nach Hause gingen, bis zu dem breiten Weg, der von dem Lowitzer Herrenhaus abzweigte und nach etwa fünf Minuten auf die Landstraße mündete.
Die beiden Brüder, von denen der ältere den jüngeren ein Stück überragte, obwohl man auch Graf Benno nichts weniger als klein nennen konnte, gingen zuerst eine Weile schweigend nebeneinander her. Endlich brach der Jüngere die Stille. Er hing sehr an Eberhard, liebte und verehrte ihn als ein Vorbild aller edeln männlichen Tugenden. Aber heute war er nicht mit ihm zufrieden gewesen, und seine offene Natur verlangte nach einer Aussprache.
„Fandest du Fräulein Ullmer nicht auch ganz reizend?" fragte er. „Weißt du, ich habe selten solch eine liebliche Mädchenerscheinung gesehen."
„Ja, sie ist hübsch." kam es kurz von den Lippen des Grafen Eberhard.
„Hübsch," wiederholte der jüngere Bruder, „erlaube, lieber Eberhard, diese Bezeichnung paßt wirklich nicht für ein derartig entzückend holdes Geschöpf wie Renate von Ullmer."
„Deine Begeisterung in Ehren, Benno, aber für mich liegt absolut kein Grund vor, für die Schönheit der Enkelin von Frau von Nehrings zu schwärmen."
Das war eine deutliche Abweisung. Haarscharf kamen die Worte, und das stolze Männergestcht zeigte einen Ausdruck von stolzester Unnahbarkeit.
Etwas betroffen blickte Benno den Bruder an. Daß ihn alles, was mit der jetzigen Besitzerin von Schloß Hollwangen zusammenhing, doch immer so aufregte. Er würde viel darum gegeben haben, wenn Eberhard ein wenig von seinem eigenen Gleichmut, seiner heiteren Lebensauffassung gehabt hätte. Nach einer kleinen Pause nahm er von neuem das Wort.
„Fräulein von Ullmer ist doch nur eine Stiefenkelin von Frau von Nehring, und darüber waren sich unser verstorbener Vater sowie alle, die die Erbschaftssache damals mit-
elngebracht: Nach Zeiiungsmitleilungen ist von Selten de, Komandos tm Wehrkreis 5 ein Flugblatt, unterzeichnet Johannes Fischer, vor- standsmilglted der Deutsch demokratischen Partei bei den Truppen in Mffnauslage verbreitet worden. Sind diese Milt Hungen richtig? Bej 'hendenfalls: was gedenkt das Slaalsministerium zu lun, um sür die Zukunft eine solche unzulässige Beeinflußung der Truppen zu Gun- s ten einer politischen Partei aus öffem lichen Mitteln zu verhindern.
Aus Stadr und Bezirk.
Nagold, 1. Februar l»2i
)!l Krankenunterstützungsverein. Der Krankenuntetstützungs- verein Nogotd hieb am Sonntag im Tasth z. Tckwone seine diesjährige Gerleralveisawmiung ab. die infolge des schönen Weiters nur schwach be- sucht war. Nach Begrüßung der Ei schienenen durch den Vorstand wurde in die Tagesordnung elngetreten und der Kaffen- und Rrchenschasisbcricht für 1920 verlesen. Ein Einspruch wurde nicht erhoben und daher dem Kassier Entlastung erreilt. Nach lebhafter Debatte wurde der Mitglieds- beitrag zufolge Antrags d«s Ausschusses - zunächst jedoch nur aus 1 Jahr
— auf 1 .^t pro Monat erhöht und dementsprechend das Krankengeld aus 1 ^ täglich und das Sterbegeld auf 65 festgesetzt. Für die langjährigen Ausschußmitglieder Ehr. Raas. Schuhmacher und Ehr. Reich, Tuchmacher wurde Jakob Walz. Oekonom u. tzch. Schichte. Schreiner- Meister in den Ausschuß gewählt. Zum Schluß dankte der Vorstand den Anwesenden sür ihr Erscheinen Vielleicht kann sich nun mancher, dem die Leistungen seither zu gering waren, entschließen, dem Verein als Mitglied beizutreten. Anmeldungen nimmt der Kassier Schuhmachermeister Müller jederzeit entgegen.
* „Jugendfreunde". Unter großem Hallo und Jubel, der sich von Aufzug zu Aufzug steigerte, kam gestern abend das Fulda'sche Lustspiel „Jugendfreunde" zur Aufführung. „Tiefe" Einblicke hat man in die Freuden und Leiden djeser vier kneiplustigen Junggesellen und später ach so „biederen" Ehemänner. Als Amor kam, zerstörte er ihre alte Gemütlichkeit, die Weltanschauungen verkrachten, der Schwur auf dem Rütli — d. h. auf Dr. Martins Bude — ewig Junggesellen zu bleiben, ging schmählich flöten und einer gestand dem andern seine heimliche Verlobung ein. Man balancierte weiter, verheiratete sich, machte die „übliche" Hochzeitsreise und traf sich wieder bei dem hübschen eingefleischten Junggesellen Martens, der von seinen Reiseein- Lrücken" lebte, die er seinem „Freund", der Stenographin Lenz, so herzlich zu diktieren wußte, daß sich seine erst große Niedergeschlagenheit über den „Verlust" seiner Freunde gerade in das Gegenteil, in die Liebe zu ihr umschlug. Gut
— man traf sich — und die Intrige der Frau begann. Was war das für ein Krach! Männer und Frauen waren aufgelöst, empört, man küßte sich, man schmeichelte sich, dach alles vergebens — der Stolz — die Ehre eines jeden loderte in der grellsten Empörung, eine Besänftigung war unmöglich. — Der Schluß folgte. Die graue Katzenjammerstimmung andern Tags verflog bei Bier und Kraftentschlüssen und dem Knalleffekt der Verlobung des Martens mit seinem „Freund und Getreuen" Dora Lenz. Die Wiedergabe des Stücks war unvergleichlich. Aus den Quellen sämtlicher Spieler sprudelte Lachen und Weinen, Witz, Verzweiflung und unbändige Heiterkeit. Die stoische Ruhe des Malers Hagendorn, de« Siegfried o. d. Heyden spielte, begeisterte. Stets brachte er den letzten Trumpf aufs Trapetz, seiner. Urwüchsigkeit, Gutmütigkeit und Trockenheit muß unbedingt die Krone zugedacht werden. Nicht minder verkörperte Bernh. Weiß den Dr. Martens, in Spie! und Geste ein vollendeter Genießer. Hans Meißner, der nervöse Musikschriilsteller und Esthet, glänzte im vollsten Lichte seiner spielerischen Eigenarten. Scholz der Techniker fand in Gustel Fröhlich den hingebungsvollen, zarten, von Liebe beseelten Jüngling. Die Lisbet, Toni und Amelt, grundverschieden in ihrer Art, wurden bewundernswürdig von Nelli Arno. Emmy Graetz und Margot Hermer gestaltet. Dora Lenz und Stefan der Diener, Gertrud Ziegler, die unbewußt raffinierte war köstlich, und Arnold Heiderich verstand sich vorzüglich auf den „aristokratischen" Typ des Kammerdieners, der in seinen alten Tagen noch Lust zum Heiraten bekommt. Wie zu erwarten war, bildete die Aufführung einen Glanz u. Höhepunkt der Schwäb. Volksbühne, der auch restlos durch uner- müdlichen Beifall des zahlreich anwesenden Publikums anerkannt wurde. — Der gestrigen „Don Carlos" - Besprechung ist noch berichtigend nachzutragen, daß nicht Bernhard Weiß, sondern Hans Meißner den Marquis Posa spielte.
* Schwäbische Volksbühne. Die heute statlfindende
erlebt hatten, einig, daß Herr von Nehring nicht als schul
diger Teil gelten konnte. Nur des allerdings sehr großen Fehlers der Schwäche konnte man ihn zeihen. Aber man darf dabei doch nicht vergessen, daß er diese Frau, die von großer Schönheit war, leidenschaftlich liebte. Anneliese er- zählte mir auch, daß sie von ihrem Vater wüßte, welch eine sanfte vornehme Frau Fiäulein von Ullmers Großmutter gewesen, die erste Gattin deS Herrn von Nehring. Und auch ihre Mutter soll eine feine charaktervolle Frau gewesen sein, die nie einen Pfennig weder von ihrem Vater noch von ihrer Stiefmutter annahm."
Scheinbar hatte Graf Eberhard gar kein Interesse für diese Mitteilungen des Bruders. Nur °ein ganz scharfer Beobachter hätte feststellen können, wie er mit größter Aufmerksamkeit zuhörte.
Jetzt sagte er spöttisch:
„Da ist es ja sehr seltsam, daß die Frau, die nie etwa» von der unrechtmäßigen Besitzerin von Schloß Hollwangen annahm, ihre Tochter nicht aufklärte. Wenn Fräulein von Ullmer wüßte, daß ihre Großmutter nur durch die häßlichste Erbschleicherei, mit Hilfe von niedrigen Verleumdungen in den Besitz der Hollwangenschen Güter gelangte, dann wäre sie wohl nie zu ihr gegangen, dessen bin ich sicher."
Ueberrascht sah Benno auf den Bruder, der zuletzt fast hastig gesprochen hatte. Also so hoch dachte er von Anne- lteses Freundin — seltsam, wo er sie doch erst heute kennen gelernt und kaum ein paar Worte mit ihr gewechselt hatte. Und weshalb dann seine Schroffheit ihr gegenüber, wenn er sie so beurteilte. .
Unwillkürlich formten sich seine Gedanken zu Worten.
„Wenn du da« weißt, Eberhard — eS ist natürlich auch meine Ansicht, daß Fräulein von Ullmer nichts von der Erb- schleicherei ahnt, und daß sie ein sehr charaktervolles Mädchen ist wie konn.est du da in solch bitterem, höhnischem Ton zu ihr sprechen, al« sie die harmlose Frage an mich richtete? Du hast ihr mit deinen Wvrten weh getan, das sah ich."
Wor1setz«n« fvlgt.)