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Interessen oder von Gruppeninteressen be- stimmen lassen will.
Bei allen diesen Entscheidungen ist der Parlamentarische Rat völlig souverän. Ins- besondere steht ihm keine Regierung gegen- über, denn das Gremium der elf Minister- präsidenten hat mit der Einberufung des Parlamentarischen Rats die ihm übertra- genen Vollmachten konsumiert und bleibt le- diglich noch zusammen, um das Problem der
SCHWÄBISCHES TAGBLATT
" Operation DOD"
Von legaler und illegaler Einwanderung nach den USA
C. D. ,, Ich möchte gern auswandern, am lieb- sten in die Vereinigten Staaten" hört man heute oft sagen. Die Beweggründe liegen klar zutage: verlorener Krieg, Not, Arbeitslosigkeit, Berufs- sorgen u. a. m. Viele der Auswanderungswilligen leben von Illusionen, die sich nie erfüllen wer- den. Für uns Deutsche ist die 1921 festgesetzte nichtig, da wir ja mit Amerika noch nicht im Friedenszustand leben. Auswandern können zu- heiraten, Kinder, deren Eltern drüben leben nächst überhaupt nur Frauen, die Amerikaner oder umgekehrt. Besonders hochwertige Spezia- listen können für befristete Zeit, je nach Ver- trag, zugelassen werden.
Das abkürzende Stichwort bedeutet: DO or DIE
( tun oder sterben). Für 200 bis 500 Dollar und mehr, zuzüglich der Reisespesen vom Ausgangs- punkt nach Havanna, wurden die Illegalen mittels gefälschter Papiere zu ihrem gewünschten Ziel gebracht. Von Cardenas( Kuba) aus fuhren Schnellboote mit ihrer Menschenfracht zum In-
31. August 1948
Kuriose Ordensverleihungen
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ez. Italienische politische Kreise sind baß er- staunt so wird aus Rom gemeldet. Worüber? Rußland hat dagegen protestiert, daß an italieni- sche Einheiten und Soldaten, die im letzten Krieg gegen die Russen gekämpft haben, republikani- sche Auszeichnungen verliehen werden. Jetzt. Heute. Mehr als drei Jahre danach. An jene Sol- daten, die auf Befehl des ,, Duce" nach Rußland zogen! Ein Sprecher der italienischen Regierung er-
Aenderung der Ländergrenzen einer Lösung Jahresquote( 26 000) zurzeit überhaupt null und selstreifen Elliot Key in der Briecane Bay an der klärte, die Verleihung der Orden sei lediglich
zuzuführen. Es wird also jede Initiative aus dem Schoße dieses Parlaments kommen müs- sen. Welche Verantwortung damit auf die Schultern der großen politischen Parteien ge- legt ist, braucht wohl nicht besonders darge- tan zu werden.
Doch wird das Ergebnis der Arbeiten des Parlamentarischen Rates nicht nur davon ab- hängen, ob die beiden großen politischen Parteien den Weg zu konstruktiver Synthese im Geiste des politischen und sozialen Fort- schritts finden werden die nicht durch Kompromisse, sondern durch eine klare dia- lektische Auseinandersetzung" am besten vorbereitet wird, sondern in erheblichem
Maße von dem Verhalten der Besatzungs- mächte. Diese werden während der Beratun- gen des Parlamentarischen Rates über das Grundgesetz miteinander das Besatzungssta- tut beraten, das den Bereich abstecken wird, Innerhalb dessen die nunmehr geschaffene relative Freiheit der Deutschen sich auswir- ken soll. Wenn dieses Besatzungsstatut diesen Bereich allzu eng abstecken sollte, wird der Parlamentarische Rat vielleicht den Erlaß eines ,, Grundgesetzes" für sinnlos und darum seine eigene Existenz für überflüssig halten müssen.
Adenauer warnt RECKLINGHAUSEN. Auf dem zweiten Zo- nenparteitag der CDU wurden die bisherigen ersten und zweiten Vorsitzenden dieser Partei in der britischen Zone, Dr. Adenauer und Dr. Holzapfel, einstimmig wiedergewählt.
Dr. Adenauer bezeichnete in einer Rede die Herstellung eines gutnachbarlichen Verhältnisses zwischen Deutschland, Frankreich und den Bene- luxstaaten als die erste Aufgabe einer kommen- den deutschen Außenpolitik. Er begrüßte die Ini- tlative der französischen Regierung in der Frage des europäischen Zusammenschlusses und be- kannte sich zur europäischen Union. Den Mor- genthau- Plan, dessen Geist in der Demontage- politik immer noch weiterlebe, charakterisierte er als ein ebenso großes Verbrechen gegen die Menschheit, wie es der Nationalsozialismus ge- wesen sei.
BATAVIA. Die holländische Polizei in Batavia wurde in Erwartung von Unruhen anläßlich der Jubiläumsfeier für die Königin Wilhelmine in Alarmzustand versetzt. Vorsorglich wurden bereits 200 Personen verhaftet.
KARACHI. Wegen der durch die Flüchtlinge aufs Außerste gefährdeten Wirtschaftslage wurde für ganz Pakistan der Ausnahmezustand verhängt.
ZAHL DER GEFALLENEN 1939/45 UND 1914/18
IN MILLIONEN
DIE KREISE ENTSPRECHEN DER BEVÖLKERUNGSZAHL 1939( IN MILL)
USA
0,30 0,06
GROSSBRIT
0,31 0,75
Südspitze Floridas. Aus sicheren Verstecken auf Elliot Key ging es dann in kleinen Fischerbooten hinüber aufs Festland. Die Schmuggler standen in engem Kontakt mit Farmern und Fischern an der Küste, die Warnzeichen gaben, wenn die Luft nicht rein war. Nunmehr ist den Revels der Pro- zeß gemacht worden. Das Urteil lautete auf Jahre Gefängnis.( Höchststrafe für das Einbrin- gen illegaler Personen.)
Das heute gültige Quotensystem ist, wie schon angedeutet, im Jahr 1921 von der Regierung aus- gearbeitet und vom Kongreß bestätigt worden. Danach dürfen je Jahr 153 900 Personen in die USA einwandern. Die Zahl der aus den verschie- denen Ländern stammenden Einwohner, die be- reits 1900 drüben ihren festen Wohnsitz hatten, bildet die Grundlage für die Einwandererquo- ten. England( und Nordirland) stehen mit 65 000 an der Spitze. Die neuen Bestimmungen von ändert. Gleichgeblieben ist auch die Grundvor- wartenden Illegalen" auf mindestens 300 000. Die 1929 haben an diesem Quotensystem nichts gc- aussetzung: einwandfreies Leumundzeugnis, ci- gene Geldmittel zur Ueberfahrt und für den er- sten Unterhalt oder entsprechende Bürgschaft in den ,, Staaten".
Wer etwa hofft, mittels eines Visums für einen befristeten Aufenthalt ,, einsickern" zu können, gibt sich einem Irrtum hin. Die zuständigen Kon- Visums. Sollte es einem Schwindler gelingen, sich sulate sind äußerst vorsichtig im Erteilen eines die Einreise zu erschleichen, kann er drüben na- türlich leicht untertauchen, denn das Land ist ja groß und die Vielsprachigkeit erleichtert den Aufenthalt. Der jeweilige Ortsaufenthalt braucht keiner Behörde mitgeteilt zu werden. So ist es begreiflich, wenn man jetzt hört, daß der Men- schenschmuggel in die USA nicht ab-, sondern be- denklich zugenommen hat.
Vor einiger Zeit ist es der hervorragend orga- nisierten amerikanischen Abwehrbehörde gelun- gen, eine weitverzweigte, zentral gelenkte Men- schenschmugglerzentrale auzuheben. Sie hat zwi- schen Kuba und Florida ihre dunklen Geschäfte betrieben. Diese Gangsterbande unterhielt ihre Agenten in London, Paris, Zürich, Brüssel und an anderen europäischen Plätzen. Die Brüder Re- vels, waren die Chefs der Bande. Ihr Aktions- plan war die sogenannte„ Operation DOD".
Dieser fürs erste schachmatt gesetzten Bande wird drüben nachgesagt, sie habe am„ fairsten" gearbeitet. Andere Schmugglerzirkel hätten sich ihrer Fracht" nach vorheriger Ausplünderung kurzerhand entledigt und sie ins Meer geworfen oder auf kleinsten Eilanden ausgesetzt, besonders bei plötzlichem Auftauchen von Wachmannschaf- ten. Die zuständige amerikanische Behörde schätzt die Zahl der in Kuba und anderwärts einen versuchen es mit gefälschten Papieren, um nach dem Anlaufen eines amerikanischen Hafens sofort zu ,, verduften", andere verdingen sich als Schiffspersonal. Besonders Wagemutige mieten Fischerboote und versuchen dann die letzte Strecke schwimmend zu durchqueren. Dabei ertrinken viele, denn es verschätzten sich viele in der Entfernung.
Andere Schmuggler verwenden in ihrem„ Be- trieb" auch Flugzeuge. Mit ihnen befördern sie zahlungskräftige Ausländer. Die Maschinen star- ten in Zentralamerika und landen nach ihrem Flug über Mexiko in den sogenannten Everglades. Das sind versteppte und zum Teil sumpfige Ebe- nen im Innern Floridas. Von dort aus werden die Ankömmlinge in Autos weiterbefördert. Die Abwehr durch amerikanische Spezialbehörden ist in letzter Zeit erheblich verstärkt worden, so daß die entsprechenden Erfolge nicht ausgeblieben sind.
Wer aus Deutschland unbedingt in die Staaten einwandern will, wird sich dieser dunklen, hier kurz skizzierten Praktiken nicht bedienen, son- dern lieber auf den Tag warten, an dem er als legaler Einwanderer, ausgestattet mit allen not- wendigen Papieren, die Freiheitssäule passieren kann...
Nachrichten aus aller Welt
KONSTANZ. 70 000 Exemplare der Berliner Aus- gabe der„ Nouvelle de France" wurden von den sowjetischen Behörden auf der Grenzstation Bebra beschlagnahmt.
KOBLENZ. Für Bad Neuenahr wurde eine Spiel- bank genehmigt. Ihr Leiter ist der frühere Chef der Zoppoter Spielbank. Er rechnet vornehmlich mit Spielern aus dem Ausland.
MUNCHEN. Nach ihrer Entlassung aus dem In- ternierungslager hat Frau Emmy Göring mit der Aufzeichnung ihrer Memoiren begonnen.
HOF. Fünf tschechische Maschinen flogen etwa zehn Kilometer nach Bayern ein. Damit wurde zum
DEUTSCHLAND
2,85 1,80
140
78
MILL EINWOHN
175
FRANKREICH 0,2 1,40
ITALIEN 0,3 0,49
7,5 2,25
G
UdSSA
JAPAN
1,51 0,001
UER COMMONW 480
木
30
DOMINIEN
99
BRICOMMONWEALTH 0,45 0,20 File
Am 1. September 1939 begann der zweite Weltkrieg. Unsere Karte zeigt die erschütternde Bilanz der Gefallenenlisten, die bei Einbeziehung aller Todesopfer noch weit übertroffen werden dürfte
Dee Hace von Sigestissen
ม
Und dem Bräutigam gegenüber saß seine Schwägerin Justine, mit hochroten Wangen und grimmig funkelnden Augen, als wollte sie jeden erdolchen, der es wagen würde zu sagen, Ihr Schwager liebe ihre Schwester also doch mehr als sie...
Seine Frau aber mied Lorenz, denn sein Herz schlug nur für ihre Schwester. Wie VON KARL FUSS die Dinge lagen, konnten sie nicht lange ver- borgen bleiben, man merkte bald, daß an je- nen Munkeleien vom Vorhochzeitstag doch etwas Wahres gewesen sein mußte. Jetzt wisperte man sich zu, Pia Wetzel sei noch so unberührt wie am ersten Tage. Der Orts- pfarrer, der gütige und weise Freund beider Familien, gab sich alle Mühe, das Geflechte der Leidenschaften zu entwirren, aber Lorenz wies ihn so kühl ab wie Justine, während Pia ihren alten Seelsorger beschwor, die bei- den zu trennen. Aber was bedeutet schon freundlicher Zuspruch und Hinweis auf Sitte und Sittlichkeit, ja was gilt selbst die ange- drohte Strafe für Todsünde, wenn der höl- lische Zauber ach, ihnen war's ein himm- lischer so gewalttätig über zwei Seelen kam wie über diese beiden.
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Alle spürten die Gewitterschwüle, aber bei vorrückender Stunde und wachsender Ge- mütlichkeit" beruhigte man sich bei dem Ge- danken, es habe wahrscheinlich eine kleine dumme Streiterei gegeben vielleicht wollte der Lorenz um ein paar Tage zu früh den Herrn im Hause zeigen, denn bekanntlich ent- scheiden die ersten Wochen bei Neuvermähl- ten, wer in der Ehe die Hosen anhaben wird; oder handelte es sich vielleicht auch um eine harmlose Eifersüchtelei der Braut möglich, daß der Lorenz seiner hübschen Schwägerin ,, vor Torschluß" ein bißchen schön-
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schon
getan! Was ging das die Gäste schließlich
auch an: sie aßen und tranken und tanzten und waren fröhlich und ausgelassen, und es fiel weiter nicht auf, daß Lorenz kaum ein Wort mit Pia wechselte und daß ihn seine Mutter immer wieder flehentlich ansah.
Am nächsten Tag war die Hochzeit. Wenn schon sein Herz ein Nein schrie, sprach Lorenz vor dem Altar das Ja, denn die Mutter hatte ihn unter Tränen beschworen, ihr und dem Hause der Braut nicht einen solchen Schimpf anzutun. Und nur ihr zuliebe hatte er end- lich nachgegeben.
Es war nur eine äußerliche Zustimmung
gewesen.
Justine ging nicht mehr in die Stadt, denn sie sollte und wollte bei Lorenz sein. Leicht fand sich ein Vorwand, sie auf den Wetzel- hof zu holen auf einem großen Besitztum gibt es immer Arbeit für eine Verwandte.
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Die Schwestern gingen sich aus dem Wege, wo und wie sie konnten. Aber diese Möglich- keiten sind in einem bäuerlichen Haushalt, auch bei geteiltem Pflichtenkreis, nicht allzu groß. Sie begegneten sich bei gemeinsamer Arbeit draußen, am gemeinsamen Tisch sie trafen sich nur nicht bei Lorenz. Der be- wissen Kühle, sie war ihm auch vor den handelte übrigens seine Frau mit einer ge- Dienstboten die regierende Bäuerin, er be- sprach die Hofangelegenheiten mit ihr, aber damit begnügte er sich auch. Jeder Versuch Pias, wärmere Gefühle bei ihm anzusprechen, schlug fehl.
Das Verhängnis, das Lorenz und Justine zusammenzwang, mag sich hinterher einem tiefer betrachtenden Blick wohl erschließen.
Wie es öfters so geht, daß unter Schwestern die eine gerade das in höherer und edlerer Prägung zu eigen hat, was das Charakteristi- sche und den besonderen Reiz ihrer Naturen ausmacht, so war es auch in diesem Falle. Lorenz war durch Pia einst angezogen wor- den durch eine gesunde, etwas derbe Hübsch-
fünftenmal seit Juni deutsches Hoheitsgebiet von tschechischen Flugzeugen verletzt.
HANNOER. Der Volksbund deutscher Kriegsgrä- berfürsorge verfügt jetzt über Belegungslisten der deutschen Kriegerfriedhöfe in Griechenland, deren größte in Pylaea, Saloniki, auf Kreta und auf dem Dodekanes liegen.
HAMBURG. In Schwabstedt und Silberstedt wur- den Versammlungen des prodänischen„ Südschles- wigschen Wählerverbandes" durch Demonstranten, hauptsächlich Ostflüchtlinge, gesprengt.
BERN. Das Genocidium" müsse zum internatio- nalen Verbrechen erklärt werden, forderte Profes- sor Raphael Lemkin von der Yale- Universität( USA). " Genocidium" ist ein von ihm geprägter Begriff für die geistige, biologische und physische Vernichtung ganzer Völker oder Menschengruppen.
LONDON. Die Marschälle v. Manstein; v. Rund- stedt und v. Brauchitsch werden unter der Anklage, Kriegsverbrechen begangen zu haben, vor ein Kriegsgericht der britischen Besatzungszone ge-
stellt.
LONDON. Die„ Sunday Times" will wissen, daß im November der Entwurf für eine transatlantische Allianz zwischen den Vereinigten Staaten, Kanada und den Mächten der Westunion fertiggestellt sein
werde.
BELGRAD. Unter den Mitgliedern der albanischen KP, die sich nicht mit der Verurteilung der Füh- rer der jugoslawischen kommunistischen Partel durch die Resolution des Kominform solidarisch er- klärten, sind zahlreiche Verhaftungen vorgenom- men worden.
eine Anerkennung für Mut und militärisches Können. Die moralische Kraft jeder Armee ein- schließlich der sowjetischen beruhe lediglich auf strengster Disziplin.„ Wenn Soldaten und Offi- ziere kämpfen und in Ausübung ihrer Befehle ihr Leben aufs Spiel setzen, dann wäre es unver- ständlich, die mutigen Taten d dieser Kämpfer nicht anerkennen zu wollen."
Eine interessante Rechnung der Landsknechts- ideologie. Wofür man kämpft, ist unwichtig: Hauptsache tapfer und stramm. Strengste Diszi- plin. Anerkennung für Ausführung der eigenen Befehle. Welche Verwirrung. Die politische Kon- junktur tippt auf Kreuzzug gen Osten. Daher Ab- tragung alter Ordensschulden.
Wie wäre es denn, wenn man den tapferen Opfern des Militarismus für alles Ausgestandene großmütig darüber hinwegsehend, inwieweit sie selbst schuldig geworden sind von Staats wegen die Möglichkeit böte, einen ehrbaren Be- ruf zu ergreifen und ihre stramme Vergangenheit zu vergessen. Vielleicht Geld gäbe, anstatt ihnen die Brust noch mit Talmi zu bepflastern. Tapfer- keit, die anbei überall bewiesen werden kann und einer würdigen Sache dienen sollte, bedarf der Knopflöcher nicht, um heraushängen zu kön- nen. Vielleicht denkt man aber zuvor an die Kriegsversehrten und alle anderen dem Moloch Krieg Geopferten.
Um jedoch auch den Italienern gerecht zu wer- den: Sie machen das nicht alleine so, befinden sich dabei in bester Gesellschaft. Nur in Deutsch- land sind im Augenblick die Orden einzig den Bühnen für historische Stücke vorbehalten. Wenn es dabei bleibt, um so besser für uns und alle, die an unserem Beispiel lernen wollen, wie ver- gänglich alle ,, Kreuze" sind, die Grabkreuze aus- genommen. Deshalb werden Größe und Tapfer- keit nicht untergehen, sondern vielmehr wieder Angelegenheit des Herzens sein.
Kein Abstimmungszwang
FREIBURG. Im Mittelpunkt der Debatten der Landesausschuẞtagung der CDU Badens, die am Samstagnachmittag im Kaufhaussaal stattfand, stand die Frage der staatlichen Neuordnung im südwestdeutschen Raum. Während Staatspräsi- dent Wohleb sich für eine etappenweise Ver- einigung, d. h. zunächst einmal für eine solche von Süd- und Nordbaden einsetzte, vertrat Land- tagsabgeordneter Bürgermeister Schneider ( Konstanz) die direkte Lösung durch den gleich- zeitigen Zusammenschluß von Gesamtbaden und Gesamtwürttemberg- Hohenzollern.
Da keine Einigung der beiden Richtungen er- zielt werden konnte, gab der Vorsitzende der CDU Badens, Abg. Dichtel, bekannt, daß die Partei jedem ihrer Mitglieder bei den kommen- den Entscheidungen absolute Freiheit lasse und keinerlei Wahlparole ausgebe.
Augsburg will zu Württemberg
AUGSBURG. Eine Resolution führender Ein- wohner des bayerischen Regierungsbezirkes Schwaben faßte eine Entschließung, die dem Län- dergrenzenausschuß vorgelegt werden soll und eine Angliederung Schwabens an den württem- bergisch- badischen Südweststaat verlangt. Dabei müsse das kulturhistorisch und wirtschaftlich eng verbundene Dreieck Augsburg- Ulm- Boden- see wiederhergestellt werden, mit Augsburg als Verwaltungssitz. Infolge der Verschiedenartigkeit der Mentalität habe der bayerische Staat seine Aufgaben gegenüber Schwaben nicht erfüllt.
Nur belastet?
STUTTGART. In der Berufungsverhandlung gegen Dr. Schacht, der von der Spruchkam- mer in die Gruppe der Hauptschuldigen einge- reiht worden war, stellte der öffentliche Kläger am Freitagnachmittag den Antrag, den Spruch werfen und den Betroffenen in die Gruppe II der Belasteten einzustufen.
BELGRAD. Für seine Grammoskämpfer verleiht der ersten Instanz in einigen Punkten zu ver- General Markos jetzt den Grammosorden.
HELSINKI. Bei den Feierlichkeiten anläßlich des 30. Jahrestages der Gründung der kommunistischen Partei Finnlands waren die kommunistischen Par- telen Großbritanniens, Polens, Rumäniens und der skandinavischen Länder vertreten. Die russischen Kommunisten blieben aus.
DAMASKUS. Straßenräuber plünderten auf der großen Straße nach Damaskus den syrischen Fl- nanzminister aus.
J
heit biegsame Figur, bei vollem Körper- bau, sinnliche Kraft in einem großen rund- lichen Gesicht dann aber auch durch ihre gewandte Art, der behendes Denken und schlagfertiger Witz nicht fremd waren. Ju- stine nun war durch ihren langen Aufenthalt in der Stadt noch feiner" geworden, ohne daß sie ihre bäuerliche Abstammung verleug- nen wollte, ja gerade diese Mischung von ländlicher Frische und städtischer Kultur verlieh ihr einen eigentümlich prickelnden Reiz. Und was bei Pia eben hübsch zu nennen war, das war bei ihr unmittelbar schön: ihre Gestalt war von vollendetem Ebenmaß und die sinnliche Lockung eines offenen, bei ihr mehr ins Ovale gezogenen Antlitzes durch stärkere geistige Beschäftigung gemildert und geadelt. So hatte jede der beiden Schwestern ihre besondere Anziehungskraft, und wer sie nebeneinander sah, dem fehlte wohl nur die dritte, um sich in der schwierigen Rolle des Wenn Lorenz so bedingungslos zu Justine ge- zogen wurde, so freilich wohl durch ihre Liebe zur Musik und die Fähigkeit, ihr in her- vorragendem Spiel Ausdruck zu verleihen ein Vorzug, der der Schwester völlig abging. Wer weiß, wie alles gekommen wäre, hätte ihre erste Begegnung nicht gerade unter den ver- führerischen Klängen eines Mozart- Rondos stattgefunden. Die Musik war es auch, die sie jetzt beide immer wieder zum Instrumente trieb und zusammenführte.
antiken Schönheitsrichters Paris zu fühlen!
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Der Bauer tat, als gebe es keinen schwelen- den Zündstoff auf dem Wetzelhof, wenigstens merkte man ihm nichts an. Er ging tagsüber in gesammelter Ruhe seinen Geschäften nach, wie es sich gehörte wie es sich nicht gehörte. Er hatte sich dazu und nachts zu Justine, bequemt, Pia zu seiner Ehefrau zu machen, er hatte ihr aber an jenem verhängnisvollen Tage erklärt, daß er sie nie als solche behan- deln werde, wenn sie auf der Heirat bestünde. Sie hatte auf ihr bestanden, nun mußte sie die Folgen auf sich nehmen. Es focht sein Ge-
Herausgeber und Schriftleiter: W. H. Hebsacker( z. Zt. in Url.) Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger Weitere Mitglieder, der Redaktion: Dr. Helmut Kiecza und Joseph Klingelhöfer Monatlicher Bezugspreis einschl. Trägerlohn 1.80 DM, durch die Post 2.16 DM. Einzelverkaufspreis 20 Pf. Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag
wissen nicht an, er haßte sie, weil sie ihn nicht freigegeben für seine Liebe zu Justine.
Das ging so eine ganze Zeit. Kein Pfarrer und keine Mutter und keine Schwiegermutter konnten an dem Zustand etwas ändern.
Auch die beiden Schwestern haßten sich jetzt grimmig. Für Pia war es ausgemacht, daß Justine den Lorenz irgendwie verzaubert hatte, vielleicht durch die ,, dumme Musik", und da- mit mochte sie gar nicht so unrecht haben. War denn das je erhört, daß ein Mann am Tag vor der Hochzeit, nach Monaten einer an gegenseitigen Beweisen der Zärtlichkeit durch- aus nicht armen Brautzeit, plötzlich, urplötz- lich erklärt, er liebe jetzt eine andere, die eigene Schwester gar, und sie solle zurücktre- ten, wenn sie nicht alle drei unglücklich ma- chen wolle. So konnte sie, die Lorenz mit der ungebrochenen Kraft ihrer sinnlichen und durchaus nicht unedlen Natur liebte, die Lage nur so ansehen, daß sich Justine in letzter Stunde ihrem Glück in den Weg gestellt hatte. Sie hatte einst an der Schwester innig gehan- gen, vielleicht unbewußt als an der feineren Prägung ihre seigenen Seins; um so grausamer
waren nun Schmerz und Enttäuschung, um so bitterer der Haß. Jeder anderen Nebenbuhlerin hätte sie eher verziehen als gerade ihr.
Justine aber, anfangs nicht ohne Mitleid mit der bislang gleichfalls geliebten Schwester, deren tragisches Los sie wohl erkannte, sie ver- mochte nach einiger Zeit in Pia doch nur noch die Frau zu sehen, die ihrem Glück im Wege stand. Sie hatte damals, überwältigt vom. Dämon der plötzlichen Leidenschaft, Lorenz kühnlich zugestimmt, der Welt ruhig ein übles Schauspiel zu bieten und über Pia hinweg ihr irgendwo in der Fremde; enttäuscht hatte sie Glück miteinander zu begründen, und sei es schließlich den Tränen der Mutter erlag und sich Lorenzens Entscheidung gefügt, als er Pia wenigstens äußerlich zu machte, und sie triumphierte, daß er danach sie dennoch an seiner Seite, in seinem Hause wünschte. ( Fortsetzung folgt)
seiner Frau