Gegen Krieg, Not und Rechtlosigkeit

Europa oder Abendland als Alternative

E. O. Die lebhaften Bemühungen eines eng- lischen Komitees, an dessen Spitze Winston Churchill steht, für die Idee des Vereinten United Europe Anhänger nicht nur in Europa selbst, sondern auch in den eng-

Europa"

-

-

bereits unternommen worden; von den USA durch den Marshall- Plan, von Rußland durch ein Netz gegenseitiger Verpflichtungen der östlichen Staaten. Churchill schlug ein ver- eintes Europa im Rahmen der UN vor; in

lischen Dominien und in den USA zu werben, deren Statut sind regionale Einheiten vorge-

haben im allgemeinen einen langsam steigen- den Erfolg zu verzeichnen; im einzelnen sind manche Bedenken gegen eine solche Konzep- tion erhoben worden. Es zeigt sich nämlich, daß die Erkenntnis einer notwendig sich er- gebenden übernationalen Verbundenheit von vielen geteilt wird, daß aber die praktischen Schwierigkeiten Zoll, Paßwesen, nationale Vorurteile und übergeordnete weltpolitische Gesichtspunkte- nicht ohne langwierige Ver- handlungen zu überwinden sind, selbst wenn alle unmittelbar Beteiligten den besten Willen

haben.

-

zur

Zum Appell zur Vereinigung wird am Ende einer Entwicklung aufgerufen, die von einer durchaus zentralen, geistigen wie politischen Einheit dem römischen Weltreich Zersplitterung in Nationalstaaten führte. Die Kräfte, die dabei wirksam waren, sind es noch heute; sie erhielten nach dem ersten Weltkrieg eine internationale, ausdrückliche Rechtferti- gung und es erhebt sich die Frage, ob diese Tendenz nun umgekehrt werden kann.

Nationalstaaten sind Individuen, die sich auf ihre sprachliche, kulturelle und geschichtliche Besonderheit berufen; wo in der Vergangen- heit der Versuch unternommen wurde, sie zu einheitlichen Handlungen zusammenzuschlie- Ben, blieb er auf einzelne Aktionen oder zu- mindest kurze Zeit des Gedeihens beschränkt. Ihr Kennzeichen war, daß sie sich gegen irgendeinen anderen Mächtigen richteten, sie waren Notbündnisse, die auseinanderfielen, wenn die Bedrohung vorüber war. Dauerhafte übernationale Staaten, die Völker verschiede- ner Herkunft, Sprache und Gesittung einschlos- sen, sind stets durch Eroberung mit nachfol- gender Friedenszeit gebildet worden. Als Rom seinen Höhepunkt erreicht hatte jenes Staatsgebäude, das uns heute fasziniert blickte es auf zahllose blutige Kriege zurück. Die Enkel hatten die Flüche ihrer Ahnen, die vor den römischen Kohorten weichen mußten, vergessen.

-

Ein heutiges europäisches Bündnis muß auf diese beiden Grundlagen der Einheit verzich- ten; sie werden nach unser aller Wille aus- drücklich abgelehnt. Worauf soll es sich aber stützen?

-

Die Ursache, die heute einen Zusammen- schluß fordert, ist nicht die Herrschaftslaune einer mächtigen Persönlichkeit, sondern das Wohl und Wehe des Individuums das heißt, die Ursache ist nicht politischer, sondern wirt- schaftlicher Art. Nach einem Jahrtausend krie- gerischer und machtpolitischer Expansion sind die Völker Europas wieder auf den eigenen Boden, die eigene Wirtschaftskraft angewie- sen: die koloniale Aera neigt sich dem Ende zu. Die meisten europäischen Staaten stellten und stellen zum Teil nach heute Spitzen

-

von vielgliedrigen Staatsorganismen dar, die weit über Europa hinaus ragen. Der Vorschlag einer Einheit berücksichtigt die gegenwärtige wie auch die zukünftige Entwicklung, welche die in Europa lokalisierten Zentren dieser Or- ganisation bestehen lassen wird, während der größte Teil der überseeischen Besitzungen mehr oder weniger unabhängig von ihnen sich wei- terentwickelt. Es ist ein bemerkenswertes Zei-- chen der Zeit, daß ausgerechnet aus England, einem Lande, das für eine gewisse Abkehr von Europa und eine Hinwendung zu außereuro- päischen Interessen sprichwörtlich wurde, der Ruf nach der europäischen Einheit so laut er- hoben wird.

Als Folge dieser Entwicklung wird Europa härter arbeiten und mehr produzieren müssen als bisher. Der ganze Erdteil befindet sich, aus äußerlich verschiedenen, im Kern aber ähn- lichen Gründen, in einer wirtschaftlichen Not- lage. Und so richtet sich der Zusammenschluß nicht gegen einen politischen Feind, sondern gegen die Menschheitsfeinde Not, Hunger und Armut

Zu den in Europa nebeneinander bestehen- den politischen Zentren, zu denen große außer- europäische Besitzungen gehören und größere gehört haben, zählt nun aber auch eine Macht, die erst jetzt als im europäischen Sinne gleich- berechtigt hinzugetreten ist: Moskau. Während die anderen Zentren an Hinterland verlieren, ist Moskau dabei, seinen Machtbereich zu ver- größern. Für Sowjetrußland gelten die eben skizzierten Gesichtspunkte nicht. Es erhebt sich nun die Frage, inwiefern die übergeordnete Kraft, die als zweite Triebfeder die Einheit bewerkstelligen oder zumindest fördern soll, nämlich die Kraft der abendländisch- christ- lichen Ueberlieferung und ihrer Lebensnormen, für ganz Europa gelten darf.

sehen. Es bleibt die Frage: welches Europa? Die Grenzen des abendländisch- christlichen Europa liegen heute wie vor tausend Jahren etwa dort, wo Karl der Große sie errichtete. Eine Notgemeinschaft der Wirtschaft jedoch könnte ganz Europa umfassen, müßte dann allerdings auch Rußland und die USA hinein- bringen eine Aufgabe, zu der Europa nicht mehr die Kraft besitzt.

Churchill und mit ihm das Komitee hat sich das Abendland berufen. Hat er damit einen ausdrücklich auf das römische Weltreich und veralteten Begriff beschworen- oder bedeu-

tet dies eine bewußte Hinwendung zu einer durch moralische, sittliche und ästhetische ge- meinsame Maßstäbe gestützten einheitlichen schen Vatikan und Washington wie die starke westlichen Welt? Die enge Fühlungnahme zwi- Spannung zwischen Vatikan und östlichen Re- sidenzen läẞt darauf schließen, daß Rom aufs neue Symbol einer westlichen Einheit werden mehr Parias" unter diesen Völkern geben könnte. Dann aber wird es eines Tages nicht dürfen; dann wird der abendländische Lebens- standard nicht mehr an östlichen Beispielen besser oder ungünstiger zu beurteilen sein; gemessen werden dürfen, mögen diese nun dann muß ein wirkliches Gemein- schaftsgefühl sich entwickeln.

Räumen wir nun aber Winston Churchill, der hierzu in einer Versammlung der Gesell- schaft für das vereinte Europa in London im sagt hat, selbst das Wort ein, Mai dieses Jahres recht Bemerkenswertes ge- - wenigstens in seinen maßgeblichsten Aeußerungen.

ERKLÄRUNG DER MENSCHENRECHTE

In Genf hat vom 1. bis zum 19. Dezember die Kommission für Menschenrechte der Vereinten Nationen getagt. Das amerikanische Staatsdepartement hat den Entwurf einer Erklärung der Men- schenrechte ausgearbeitet, der folgenden Wortlaut hat:

,, Alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen bekennen ihren Glauben an die Würde und den Wert der menschlichen Persönlichkeit und verpflichten sich, gemeinsam darauf hinzuwirken, daß die Achtung vor den Rechten des Menschen und den grundlegenden Freiheiten aller herrschen kann. Infolgedessen beschließt die Vollversammlung der Vereinten Nationen, diese Grundrechte und Grundfreiheiten des Individuums in einer feierlichen Erklärung festzulegen und fordert alle Völker der Welt auf, diesen Rechten und Freiheiten, wie sie nachstehend aufgezählt sind, Gel- tung zu verleihen: Artikell

Jedes Individuum hat das Recht auf Leben, auf Freiheit und auf gleichen Schutz im Sinne des Gesetzes. Artikel II

Jedes Individuum hat Anspruch auf Freiheit der Information, des Wortes und des Ausdrucks, auf Religions-, Gewissens- und Meinungsfreiheit, auf Versammlungs- und Vereinsfreiheit, sowie die Möglichkeit, an seine Regierung und an die Vereinten Nationen Gesuche zu richten.

Artikel III

Niemand kann einer unbegründeten Einmischung in sein Privatleben, seine Familienangelegen- heiten, sein Heim, seine Korrespondenz oder seinen persönlichen Ruf unterworfen werden. Nie- mand kann willkürlich seines Eigentums beraubt werden.

Artikel IV

Die Möglichkeit der freien Ortsveränderung innerhalb der Grenzen des Staates, der Auswan- derung und der Asylsuche fern von jeder Verfolgung wird gewährleistet.

Artikel V

Niemand darf in Sklaverei oder unfreiwilliger Knechtschaft gehalten werden. Niemand- darf gefoltert oder einer grausamen oder unmenschlichen Bestrafung oder unwürdigen Behandlung unterworfen werden.

Artikel VI

Niemand darf willkürlich verhaftet oder in Haft gehalten. werden. Jede verhaftete Person hat Anspruch darauf, schleunigst über die gegen sie erhobenen Anklagen informiert und innerhalb einer angemessenen Frist abgeurteilt oder freigelassen zu werden.

Artikel VII

Jedes Individuum hat das Recht, hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten von einem unabhän- gigen und unparteiischen Gericht gehört zu werden, und hat Anspruch auf den Beistand eines Anwalts. Niemand kann für ein Verbrechen verurteilt oder bestraft werden, außer auf Grund. eines öffentlichen Urteils, welches auf einem im Augenblick der Tat in Kraft befindlichen Gesetz beruht. Jedes Individuum ist unabhängig von seinen Funktionen und seinem Statut den Regeln des Gesetzes unterworfen.

Artikel VIII

Jedes Individuum hat Anspruch auf eine Staatsangehörigkeit. Jedes Individuum hat das Recht, direkt oder durch Vermittlung seiner Vertreter an der Regierung tatsächlichen Anteil zu nehmen und sich an den Wahlen zu beteiligen, die periodisch frei oder geheim stattfinden.

Artikel IX

Jedes Individuum hat Anspruch auf ein anständiges Leben, auf Arbeit und auf Besserung sei- nes Wohlbefindens, auf Gesundheit, Unterricht und soziale Sicherheit. Alle müssen eine gleiche Chance auf Teilnahme am wirtschaftlichen und kulturellen Leben der Gemeinschaft haben.

Artikel X

Jedes Individuum in der ganzen Welt hat Anspruch auf die Individualrechte und grundlegen- den Freiheiten, wie sie in der vorliegenden Erklärung festgelegt sind, ohne Unterschied von Rasse, Geschlecht, Sprache oder Religion. Die volle Ausübung dieser Rechte erfordert die Anerkennung der Rechte der anderen und den geseglichen Schutz der Freiheit, des Allgemeinwohls und der Sicherheit aller.

Dieser amerikanische Gesetzentwurf, der in Genf von Frau Eleanore Roosevelt vorgelegt wurde, wird für alle 57 unterzeichnenden Mitgliedstaaten der UN bindend sein.

Lionel Curtis: Weltkrieg- Ursache und Verhütung

Lionel Curtis: ,, World War. Its Cause and Cure". Oxford University Press London 1945. Berech- tigte Uebersetzung von Wilh. Dorn; Deutsche Ausgabe: Verlag.Willi Webels, Essen- Steele, 1947.

G. S. Die machtpolitischen Spannungen sind seit dem Zusammenbruch des Deutschen Rei- ches kaum geringer geworden, die Sorgen um den Frieden nicht kleiner. Wir wissen nur zu gut, daß jede neue kriegerische Auseinander- setzung unsern Untergang besiegeln würde. Das Interesse an der Verhütung des Krieges, der fortan immer ein Weltkrieg sein wird, ist das Interesse an unserem Sein oder Nichtsein.

Für Lionel Curtis ist Weltkrieg das

einer Hypertrophie der nationalen Souveräni-

den Krieg vermeiden. Darin dürfte Curtis auf volle Zustimmung rechnen. Fragwürdiger wird diese Zustimmung bei seiner Behauptung, daß das Dogma, Kriege entspringen aus wirt- halbe Wahrheit sei, daß sie vielmehr in der schaftlichen Bedingungen, weniger als eine Unfähigkeit begründet seien, ein verantwort- liches Regierungssystem zu schaffen, das auch imstande ist, rechtzeitig die notwendigen Vor- kehrungen zu treffen, d. h. den Ausbau einer starken militärischen Macht vorzunehmen, die Aggressoren außerhalb der Union die Lust nimmt, irgendeinen friedliebenden Staat an-

zugreifen.

einmal vor Jahren und dann wieder vor noch Diese Töne sind zu bekannt. Es hieß schon gar nicht langer Zeit, die beste Friedens-

Vereintes Europa

Aus einer Rede Winston Churchills Es wurde von einem jungen englischen

Schriftsteller, Mr. Sewell, klar ausgesprochen, daß die wahre Trennungslinie zwischen Europa und Asien keine Gebirgskette, keine natür- ten und Ideen sei, das wir westliche Zivilisa- liche Grenze, sondern ein System von Ansich- tion nennen. ,, In dem reichhaltigen Vorbild dieser Kultur", sagt Mr. Sewell ,,, gibt es viele liche Botschaft von Nächstenliebe und Erlö- Ufer: den jüdischen Gottesglauben, die christ- sung, die griechische Liebe der Wahrheit, Schönheit und Güte, den römischen Geist für Gesetzlichkeit. Europa ist eine geistige Kon- zeptisch. Aber wenn die Menschen aufhören, diese Konzeption in ihren Gedanken festzu- halten, wenn sie aufhören, deren Wert in ihren Herzen zu spüren, wird sie sterben." Dies sind nicht meine Worte, aber sie drücken meine Ansicht aus.

*

Hier ist der anständigste, ausgewogenste, schöpferischste Teil der Welt. Einfluß und Macht Europas und des Christentums haben vier Jahrhunderte den Gang der Geschichte bestimmt und beherrscht. Die Söhne und Töch- ter Europas sind hinausgegangen und haben ihre Botschaft überallhin in die Welt getra- gen. Religion, Gesetz, Unterrichtung, Kunst, Wissenschaft, Industrie überall in der Welt, in so vielen Ländern, unter jedem Himmel und in jedem Klima tragen sie den Stempel europäischen Ursprungs. Aber was ist Europa heute? Es ist ein Müllhaufen, ein Ar- menhaus, ein Brutboden von Krankheit und Haß. Alte nationalistische Feindschaften und moderne ideologische Richtungen zerreißen die unglückliche, hungrige Bevölkerung. Falsche Propheten verlangen die restlose Ausbezah- lung alter Schulden mit mathematischer Ge- nauigkeit, und schlechte Führer verweisen auf die schonungslose Zurückerstattung als, dem Weg zur Prospérité.

Gibt es denn da keine Ruhepause? Ist Europas Mission an ihrem Ende angelangt?... Werden wir Europäer mit all unseren tropi- schen und kolonialen Nebenstaaten, mit un- seren seit langem geschaffenen Handelsverbin- dungen, mit allen Leistungen moderner Pro- duktion und modernen Transportwesens wirk- lich unfähig, auch nur den Hunger von der Masse unserer Völker fernzuhalten? Werden wir alle, durch unsere Armut und durch un- sere Fehden, auf immerdar eine Last und eine Gefahr für den Rest der Welt?

Die Zeit ist gekommen, daß diese Fragen beantwortet werden müssen. Dies ist die Stunde der Entscheidung und die Entscheidung ist unbedingt klar. Wenn sich die Bevölke- rung Europas entschließt, zusammenzukom- men und zusammen für den gemeinsamen Vorteil zu arbeiten, Wohltaten statt Wunden auszutauschen, wird es immer noch in ihrer Macht stehen, die Schrecken und das Elend, von denen sie umgeben ist, fortzustoßen und es den Strömen der Freiheit, des Glückes und des Ueberflusses zu ermöglichen, wieder ihre heilende Wirkung zu üben. Dies ist die letzte Gelegenheit, und wenn wir sie versäumen, kann niemand vorhersagen, ob sie zurückkeh- ren wird oder welches die folgende Kata- strophe sein wird.

*

Das Zentrale umfaßt das ernsteste Problem, dem sich heute Europa gegenüber sieht: es ist die Zukunft Deutschlands. Ohne eine Lösung dieses Problems kann es nie ein vereintes Europa geben. Außerhalb des Rahmens und im Gegensatz zum Hintergrund eines verein- ten Europas ist dieses Problem unlösbar. In einem Kontinent verschiedener voneinander getrennter Nationalstaaten wird Deutschland und sein schwer arbeitendes Volk nicht die Mittel oder den Raum finden, seine Energien zu verwenden... Aber auf der größeren Bühne eines vereinten Europas wird die deutsche In- dustrie und der deutsche Genius konstruktive und friedliche Betätigungsmöglichkeiten ha- ben. Statt eines Zentrums von Armut und Ge- fahr wird das deutsche Volk befähigt wer- den, allgemeines Gedeihen... nicht nur sich selbst, sondern dem Kontinent zu verschaffen.

Und hier will ich das Interesse der breiten Masse der Schaffenden aufrufen. Wir sehen armseliger Heimstätten in Europa wie in vor unseren Augen Hunderte von Millionen Ländern außerhalb Europas, die vom Kriege betroffen wurden. Werden sie nicht die Mög- lichkeit haben, wieder aufzukommen und zu gedeihen, soll der ehrliche, anständige Brot- verdiener niemals imstande sein, die Früchte seiner Arbeit zu ernten?... Darf er niemals frei von der Furcht ausländischen Ueberfalls, oder, was noch schlimmer ist, des Klopfens Geliebten aus dem Schutz des Gesetzes und der politischen Polizei an seiner Tür, um die der Gerechtigkeit zu entführen, sein?

%

Die Grenzen des Abendlandes sind nicht die Symptom einer tiefeingewurzelten Krankheit, Grenzen Europas. Abendland" ist ein geisti- tät. Das 19. Jahrhundert ist die Blütezeit einer ger ,,, Europa" ein ziemlich willkürlicher geo- im Zusammenbruch befindlichen Ideologie des garantie sei eine starke Wehr. Jedesmal führte graphischer Begriff. Zwei Jahrtausende lang und länger wurde die Grenze des Abendlan- Nationalstaates, der die von ihm untrennbare diese starke Wehr zum Krieg. Wie sie jetzt zum Frieden führen soll, wenn des nach Osten vorgeschoben. Man kann den hungen der Nationalstaaten untereinander sind sie von der anderen Seite und mit puritani- reits starke Sympathie bei den führenden deutschen und österreichischen Charakter zum Beispiel nur verstehen, wenn man die histo- Anarchie; die Ueberwindung dieser Anarchie scher Selbstgerechtigkeit gefordert wird, ist ist nur möglich durch die neue sinnvolle Ord- nung eines übernationalen Rechts.

europa der Kultur des ,, Morgenlandes" an-

nationale Souveränität vollendete. Die Bezie-

rische Rolle Deutschlands und Oesterreichs als die zweier Vorposten abendländischer Kultur gegen Osten begriffen hat. Heute wird Ost- Die wahren Ursachen von Weltkriegen sind nicht Diktatoren auf der einen und friedliche geschlossen, woher die meisten der dort leben- Vertreter der Demokratien auf der andern den Völker ja einmal gekommen sind. Ein Seite, die wirkliche Ursache ist die jetzt noch Zeichen dafür ist die Unterordnung der ortho- durch Mechanisierung vollendete Zerstücke- doxen Kirchen unter das Patriarchat in Mos- lung in mehr als 60 souveräne Staaten. Am kau und die Fehde gegen die westliche, die Beispiel des britischen Commonwealth zeigt römisch- katholische Kirche. Moskau liegt zwar Curtis den Aufbau einer Union souveräner in Europa, aber es ist in ganz anderer Weise friedliebender Staaten, die einen Teil ihrer mit dem östlichen Hinterland verbunden, als Souveränität aufgeben müßten zugunsten einer etwa eine westliche Hauptstadt es mit afrika- von den Völkern direkt gewählten übernatio- nischen oder indischen Besitzungen war und nalen Regierung. Damit gingen die Entschei- ist. Wenn wir auf Rom als Beispiel und histo- dung über Krieg und Frieden und die Rege- rische Mahnung blicken, rückt auch die Ab- lung und Ausübung der auswärtigen Bezie- wehrstellung römischer Legionen gegen den hungen dieser Staaten an die übernationale Osten in unser Gesichtsfeld; diese geschicht- Regierung über; den nationalen Regierungen liche Tatsache läßt sich nicht übersehen. aber blieben Zeit und Kraft und die Mittel Die Einigungsbestrebungen des Londoner zur Lösung der sozialen Fragen. Komitees sind vorerst theoretischer Natur; praktische Schritte sind aber von anderen

Soziale Reformen und Frieden sind aber untrennbare Ziele. Wer die ersteren will, muß

daß man

Der Plan des vereinten Europa findet be- Staatsmännern in fast allen Ländern. Europa nicht einzusehen. Bemerkenswert ist ferner, muß sich vereinen, oder es muß untergehen", auch nach dem Verschwinden sagte der gegenwärtige Premierminister, Mi- luste, Entmachtung, Hunger, Krankheit und Krieg... und ich habe keinen Grund, anzu- Deutschlands als Machtfaktor, das Kriegsver- ster Attlee, vor dem letzten schrecklichen nicht zuletzt der eindeutige Wille der Ueber- nehmen, daß er diese frühere Erklärung zu lebenden der Katastrophe bewirkt haben, noch einer Zeit zurücknehmen wird, da die Rich- mit Angriffen auf friedliebende Staaten rech- tigkeit seiner Worte auf der Hand liegt. Wir net. Der Weltfrieden ist daher bei Curtis end- verstehen natürlich, daß die Regierungen- gültig nur gesichert, wenn das mächtigste aller gern, aktive Handlungen zu unternehmen, bis freien Völker, die USA, sich entschließt, seine die öffentliche Meinung selbst sich entschie- auswärtige Politik in einer zum Zwecke des dener ausgesprochen hat. Friedens ins Leben gerufenen Union aufgehen große und konservative Nation jemals frei- Europa die letzte und vollkommene Lösung zu lassen. ,, Aber ich glaube nicht, daß diese Wir behaupten nicht, daß das vereinte willig einer Union beitreten wird, die in ihren für alle Probleme internationaler Beziehun- Anfängen hauptsächlich britisch sein würde", meint er resigniert. Die fortschreitende macht- politische Entwicklung gibt diesem Zweifel recht. Die aufgezeigte Union wäre wohl nicht nur in ihren Anfängen, sondern auch in ihrem Ende amerikanisch. Das Buch verdient Beach- tung und zwingt zur Stellungnahme in einer für alle Völker lebenswichtigen Frage.

*

gen darstellt. Die Schaffung einer autorita- tiven, souveränen Weltregierung ist das letzte Ziel, das wir erstreben müssen. Wenn nicht irgendeine wirkungsvolle Weltregierung mit dem Zweck, Kriege zu verhindern, eingesetzt werden kann und ihre Herrschaft antritt, sind die Aussichten für den Frieden und für den Fortschritt dunkel und zweifelhaft.